Pfingsten: Was
Christen tun können, um die Gaben des Heiligen Geistes zu empfangen
Habe ich wirklich den Heiligen
Geist.
Strauch in IDEA Pfingsten 2001
In Deutschland und in
der Schweiz werden an den Pfingsttagen wieder tausende meist junge Leute zu großen
Treffen und Konferenzen zusammenkommen. Aber mir scheint, dabei geht es eher um
die geschickte Nutzung eines langen Wochenendes in einer angenehmen Jahreszeit
als um das von Lukas, im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte berichtete
Pfingstereignis. Inhaltlich wissen wir mit Festen wie Weihnachten, Karteitag
und Ostern ~ bedeutend mehr anzufangen. Bei einigen von uns scheint das
eigentliche Pfingstgeschehen geradezu angstbesetzt zu sein: die Ausgießung
des Heiligen Geistes, die Sprachenwunder und Szenen, die Beobachter im Jahre 30
dazu verleiteten, an u ermäßigen Alkoholkonsum zu denken
(Apostelgeschichte 2, 13) - wer wünscht sich das schon? Gerade
Evangelikale tun sich schwer damit.
Aber da sich Christen ausnahmslos zur Autorität und Vertrauenswürdigkeit
der Heiligen Schrift bekennen, sollte es möglich sein, die Bibel zu
fragen. Dort heißt es, daß jeder Christ den Heiligen Geist in sich
hat. Doch was bedeutet es, vom Heiligen Geist bewohnt zu sein? Welche
Voraussetzungen sind dabei erforderlich? Braucht man dazu ein spezielles
Bekehrungsdatum und eine besondere Geistestaufe?
Die Sprachlosigkeit in manche iner evangelikal geprägten Gemeinde im Blick
auf den Heiligen Geist ist in keiner Weise biblisch. Der Heilige Geist ist
schließlich keine Randerscheinung in der Heiligen Schrift. In ihm
begegnet uns der lebendige Gott selbst. Jesus sagt seinen Jüngern:
"Wenn ich nicht gehe, kommt der Tröster nicht zu euch" (Johannes
16, 7)! Der Begriff, der hier gebraucht wird, läßt sich mit"Anwalt"
oder Fürsprecher" übersetzen. Wörtlich geht es dabei um
den, der "an unsere Seite gerufen" wird. Genau das ist die ureigene
Aufgabe des Heiligen Geistes. Jesus sagt: "Ich will euch nicht als Waisen
zurücklassen, ich komme zu euch" (Johannes 14, 18). Das klingt
paradox, denn schließlich bereitet er seine Jünger darauf vor, daß
er sie verläßt. Aber er macht ihnen damit unmißverständlich
deutlich, daß er ihnen durch den Heiligen Geist näher sein wird als
während der drei Jahre auf den Straßen Galiläas und Judäas.
Gott ist da - im Geist
Wieviel mehr gilt das für uns heute! Wir sind auf den Heiligen Geist angewiesen. In ihm ist uns Gott unvorstellbar nah. Damit ist bereits heute ein Stück Himmel angebrochen, denn im 2. Korintherbrief (6, 16b) zitiert Paulus in diesem Zusammenhang ein großes alttestamentliches Zukunftswort: "Ich will unter ihnen wohnen und wandeln und wi ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein" (Hesekiel 37, 27). In der Offenbarung wird damit die neue Welt Gottes beschrieben.
Mit anderen Worten: Im Heiligein Geist ist Gott heute schon mitten unter uns gegenwärtig. In Erweckungszeiten wurde diese Gegenwart Gottes oft in besondere Weise erlebt. Pfarrer Otto Riecker berichtet davon zu Beginn der Erweckung in Adelshofen (bei Heilbronn). In einer Gebetsstunde der Evangelischen Allianz l955 wurde Gottes Gegenwart in fast beängstigender Weise spürbar. So etwas haben wir nicht in der Hand. Der helige Geist ist für uns nicht verfügbar Es ist immer Gottes Geschenk, wenn so etwas geschieht. Vermutlich hat die Jerusalemer Gemeinde ähnliches erlebt, wenn Lukas schreibt: "Als sie gebetet hatten, bebte der Ort, an die sie versammelt waren, und alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt, und sie verkündigten freimütig das Wort Gottes" (Apostelgeschichte 4, 3 1). Wie sehr brauchen wir das!
Was können wir tun?
Um so wichtiger ist
allerdings die Frage: Was können wir tun, um in ( Kraft des Heiligen
Geistes zu leben Wie weit reicht unsere Verantwortung dabei? Genau das ist der
Punkt, an dem die Meinungen zwischen Charimatikem und anderen Evangelikalen
auseinandergehen. Der US- Erweckungsprediger Charles Finne (1792-1876)
berichtet, daß sie unter dramatischen Umständen mit dem Geist Gottes
getauft wurden. Finne, schreibt: -Da strömte plötzlich der Geist Gottes
auf mich nieder und überflutete mich ganz und gar ... Es war mir, als
stehe ich unter dem Einfluß eines elektrischen Stromes, der mir durch und
durch ging. Liebeswelle auf Liebeswelle schien sich über mich
zu ergießen ... Unaufhörlich wogte es über mich hin, bis ich
endlich ausrief: Wenn es so weitergeht, muß ich sterben. Halt inne,
Herr!" Auch Dwight Moody erlebte ähnliches. Sind solche Erfahrungen
notwendig, um ein geisterfüllter Christ zu sein?
Die Voraussetzung: Umkehr
Zunächst
einmal nennt das Neue Testament nur eine Voraussetzung, um vom Geist Gottes
bewohnt zu sein: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den
Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, so werdet ihr die Gabe des
Heiligen Geistes empfangen (Apostelgeschichte 2,28). Ohne eine klare Umkehr zu
Jesus Christus bekommt man nicht den Heiligen Geist. An keiner Stelle ini Neuen
Testament ist davon die Rede, daß uns das Leben als Christ vererbt oder
ungefragt übereignet wird. Neutestarnentlicher Glaube beginnt immer mit
einer Bekehrung zu Jesus Christus.
Dabei geht es allerdings nicht um dramatische Bekehrungsgeschichten. Gerade
pietistisch geprägte Christen haben darauf zu achten, daß sie hier
Inhalt und Gefäß nicht miteinander vermischen. Die Umstände und
Rahmenhandlungen von Bekehrungen sind vielfältig, aber im Kein geht es
dabei immer um eins: Ein Mensch bekennt seine egozentrische Lebensweise als
Schuld,vor Gott und vertraut sich Jesus Christus an. Er nimmt die Vergebung der
Schuld für sich in Anspruch und gibt die Regie seines Lebens in die Hände
Gottes (l. Ihessalonicher 1, 9). Ein solcher Mensch wird von neuem geboren
(Johannes 3, 5) und damit zur Wohnung des Heiligen Geistes (l. Korinther 3, 16;
6, 19).
Wenn die Freude ausbleibt
...
Aber gibt es nicht viele erfahrungsarme und gelangweilte Christen, die sich
zwar bekehrt haben, aber in deren Leben nur wenig von der Freude und den
Kraftwirkungen des Heiligen Geistes sichtbar wird? Es gibt,sie - und es ist
keine Hilfe, wenn Pietisten und Evangelikale dies zum Normalzustand erklären.
Bei aller Wertschätzung derer, die nicht müde werden, vor-einem
erfahrungsorientierten Christsein zu warnen: In der Apostelgeschichte begegnet
uns eine
unglaubliche Dynamik des Heligen Geistes: Er bringt die neutestamentliche
Gemeinde zusammen, er wirkt in ihr und durch sie Wunder, beruft Menschen, rüstet
sie mit Begabungen aus und führt sie bis in die Detailplanung auf den Straßen
der antiken Welt. Es kann nicht richtig sein, solche Erfahrungen einzufrieren
und heute nicht mehr mit ihnen zu rechnen. Schließlich bekennen wir den
Glauben an den einen Herrn, der gestern, heute und in alle Ewigkeit derselbe
ist.
Gott will mehr Bewegung
Ich bin überzeugt,
daß Gottes Geist heute in unserem Land viel mehr in Bewegung bringen möchte,
als wir es gerade erleben. Aber wie kommt ein glaubender Mensch zu einem
geisterfüllten und von Gott bevollmächtigten Leben? Zunächst müssen
wir begreifen, daß Gottes Geist dynamisches und schöpferisches Leben
ist. Wir können uns mit dem Geist füllen lassen (Epheser 5, 18b), ihn
aber auch beleidigen (Epheser 4, 30) oder gar auslöschen (l.
Thessalonicher 5, 19). Je mehr wir uns in die Nähe Gottes begeben (Jakobus
4, 8), uns ihm ausliefern (l. Ihessalonicher 4, 3) und ihm gehorchen
(Apostelgeschichte 5, 32), desto mehr werden wir auch seine Geisteskraft
erleben. Wer aber von Zuschauerrängen aus nach geistlichen Erfahrungen
Ausschau hält, muß sich nicht wundem, wenn er davon nichts zu spüren
bekommt.
Hat mich der Heilige
Geist?
Wichtig ist, daß
wir uns folgende Schlüsselfragen stellen: Für wen arbeiten wir? Um
wessen Ehre geht es uns? Weil wir diesen zentralen Fragen so oft ausweichen,
gibt es viel Hektik ohne geistlichen Tiefgang unter uns. Der Pfarrer und Autor
Francis Schaeffer schrieb bereits vor drei Jahrzehnten: "Das zentrale
Problem unserer Zeit besteht darin, daß die Kirche des Herrn Jesus
Christus - und das gilt für einzelne Christen genauso wie für ganze
Gemeinden - geneigt ist, das Werk des Herrn eher aus der Kraft des Fleisches,
als aus der Kraft des Geistes zu tun." Dieser Satz hat bis heute nichts an
Aktualität verloren. Die entscheidende Frage für einen Christen
lautet also nicht: Habe ich den Heiligen Geist?, sondern: Hat der Heilige Geist
mich?
Aber brauchen wir darüber hinaus nicht doch noch eine besondere Taufe mit
dem Geist? Gibt es nicht auch im Neuen Testament Beispiele dafür, daß
eine Geistestaufe unabhängig von der Bekehrung geschehen kann? Es gibt
solche Beispiele, und ich bin von der Zuverlässigkeit der Berichte darüber
überzeugt. Aber nach meiner Erkenntnis dürfen wir keine Lehre daraus
ableiten.
Ich selber bete vor besonderen Aufgaben und Herausforderungen ganz kindlich um
die Ausrüstung und Bevollmächtigung mit dem Geist Gottes. Schließlich
vertraue ich Jesus, wenn er uns sagt: "Wie viel mehr wird der Vater im
Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten (Lukas 11, 13). Oft
habe ich so gebetet. Es ist die Systematik, die mich stört und die manche
Christen dazu verleitet, sich auf eine besondere Erfahrung der Geistestaufe zu
fixieren und von ihr alles zu erwarten. Bei aller Vielfalt von Geisterfahrungen
in der urchristlichen Gemeinde finde ich bei Paulus eben keine lehrmäßige
Unterscheidung zwischen geistgetauften Gemeindegliedem und anderen, denen diese
Erfahrung noch fehlt. Im Gegenteil, er geht davon aus, daß alle mit dem
einen Geist getränkt sind, (l. Korinther 12, 13), selbst die
"fleischlichen' Christen in Korinth.
Was am wichtigsten ist
Am wichtigsten
und wertvollsten im Blick auf den Heiligen Geist war die Beschäftigung
mit der Bibel. Dort entdeckte ich, wie wichtig die Ausrüstung mit ihm für
mein Leben ist und wie vieles ich bisher aus meiner eigenen Kraft zu
verwirklichen suchte. Es war geradezu eine Befreiung für mich, zu
begreifen, daß nicht meine Willensanstrengung, sondern ein Leben unter
der Führung des Heiligen Geistes der Schlüssel zur geistlichen Frucht
ist. Ich lernte, beiseite zu treten und zuzuschauen, wie der Geist Gottes mich
gebrauchte. Es gab auch viele Rückfälle, und es gibt sie bis heute.
Und doch beginne ich jeden Tag im Vertrauen darauf, daß Gottes Geist mein
Leben führt. Ich sage ihm, wie sehr ich mir das wünsche. Ich erlebe,
wie der Geist Gottes mich beeinflußt, korrigiert und auf besondere
Situationen aufmerksam-macht. Manchmal erfahre ich sehr konkret seine Führung.
Ohne das Bewußtsein seiner Gegenwart kann ich mir mein Christsein
nicht mehr vorstellen. Z