Thema: Reich Gottes

Grundlage: Referat von Dekan i.R. Martin Holland zusammengestellt : Michael Strauch

I. Gliederung

· Das Reich Gottes - was ist damit gemeint?

· Das Königreich Gottes im AT

· Das Königreich Gottes im NT

· Das Wesen des Reiches Gottes

II. Ausführung

2.1. Das Reich Gottes - was ist damit gemeint

Zitat Mk 1,15: Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium.

Das Reich Gottes war das zentrale Thema Jesu. Wir sehen an diesem Beispielvers, daß der Herr es gleich zu Beginn gebraucht. Matthäus gebraucht ein anderes Wort: er spricht vom "Himmelreich". Das hängt vermutlich damit zusammen, daß der Jude den Namen Gottes aus Ehrfurcht nicht gerne aussprach und nach Umschreibungen suchte. So entstand das Wort: Himmelreich (Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr -Matth 5,3). Was aber ist das Reich Gottes? Was ist überhaupt mit REICH gemeint? Leitet sich dieses Wort von "reich an Menschen" oder "reich an Rohstoffen" oder "reich an Land" ab? Mit dem allem hat das Wort "Reich Gottes" nichts zu tun.Hinzu kommt, daß das Wort Reich bei uns Deutschen einen negativen Beigeschmack hat. Zu einem Reich gehört ein König. Wir kennen keinen König mehr. Auch der Bundeskanzler ist mit einem König nicht vergleichbar. Das macht es für Menschen, die in einem demokratischen Staat leben, sehr schwer, zu verstehen, was mit einem Reich gemeint ist. Ein würtembergischer Fürst soll - nachdem die Fürsten anderer deutscher Fürstentümer ihren materiellen oder personellen Reichtum dargestellt - gefragt worden sein, was sein Land vorzuweisen habe. Er antwortete, daß er weder mit Bodenschätzen oder ähnlichem protzen könne. Aber, so meinte er, er könne seinen Kopf am Abend in den Schoß eines jeden Untertanen legen und würde am Morgen gesund wieder erwachen. Darauf meinten die anderen Adeligen: Du bist der Reichste von uns allen!" In dieser Episode wird deutlich, daß es um den Fürsten/sprich um den König geht. Er ist der Mittelpunkt und genießt das Vertrauen und die Liebe seiner Untertanen. Es geht nicht um die Untertanen, nicht um ihre Werke oder um das Land, es geht nicht um Institutionen oder ähnlichem: es geht im Reich Gottes um den König. Es geht um die Person Jesus Christus. Darum lesen wir im griechischen Grundtext auch "basileia tou theou" - K ö n i g reich Gottes.

2.2: Das Königreich Gottes im AT

Im AT hatten alle Länder rund um Israel einen König. Es gab große Könige wie die Pharaonen, sowie kleine Stadtkönige in rauhen Mengen. Es aber absolut unüblich und außergewöhnlich, daß Israel keinen König hatte. Gott war der König Israels. Richter 8,23: "Aber Gideon sprach zu ihnen: Ich will nicht Herrscher über euch sein, und mein Sohn soll auch nicht Herrscher über euch sein, sonder der Herr soll Herrscher über euch sein!" Erst 200 Jahre nach der Landnahme wollten die Israeliten einen König. Die Gründe sind vielschichtig. Zum einen haben sie wohl gedacht, daß Samuel, der Prophet nicht jünger wird und seine Nachfolger, sprich seine Söhne lebten alles andere als fromm. 1Samuel 8, 5-7: "und sprachen zu ihm (Samuel): siehe, du bist alt geworden und deine Söhne wandeln nicht in deinen Wegen. So setze einen König über uns, der uns richte, wie ihn alle Heiden haben!" Gott tröstet Samuel mit den wichtigen Worten: "...denn sie haben nicht dich, sondern mich verworfen, daß ich nicht mehr König unter ihnen sein soll!"

Es geht beim Reich Gottes also um die erneute Inthronisation Gottes in seinem Volk!

In Jesaja 40.3-5 wird dargestellt, wie die Berge und Täler eben gemacht werden sollen, damit nichts den Einzug des Königs aller Könige aufhalten oder stören soll. Israel rechnete also mit der festen Gewißheit, daß der König, dem das Reich gehört, wieder kommt und seinen Platz einnimmt. Er ist ein König, sein Reich ist ein Reich des Friedens, das diese Welt, in jeder Mensch sich selbst ein Wolf ist (Zitat Holland: Homo hominis lupus est - der Mensch ist sich selbst ein Wolf; oder Zinzendorf: Humanität ohne Divinität wird zur Bestialität. Auf gut deutsch: ein Mensch verkommt ohne Gott zum reißenden Tier). Der König schafft hier die Wende, den Frieden, die Ordnung. Vgl. Jesaja 9: er löst die Frage der Unterdrückten, er löst die Frage der Gerechtigkeit.

In Jesaja 6, wo der Herr dem Propheten im Tempel begegnet, wird deutlich, daß der Herr seinen Thron einnimmt. Doch er regiert durch seinen Boten. Seine volle königliche Macht kommt noch nicht voll zum Tragen. Noch wird gepredigt, noch dürfen Ohren sich ungestraft verschließen.

2.3. Das Königreich Gottes im NT

Was aber meint Jesus mit der basileia tou theou? Wir wissen aus der zweiten Bitte des Vater unser, daß das Kommen des Reiches Gottes dem Herrn ein innigstes Anliegen war. Entscheidend ist Jesu "Antrittspredigt" in der Synagoge. In Lk 4, 16-20 zitiert er Jesaja 61und macht mit seinen Worten, daß heute dieses Wort erfüllt sei, deutlich: das Reich Gottes kommt mit seiner Person. Er ist der Friedenskönig, er bringt den Frieden, die Erneuerung, das Reich Gottes. Interessant ist, daß Jesus bei Zitierung der alttestamentlichen Verse einen Teil aus Jesaja 61, 2 d wegläßt. Nämlich, wo vom Gericht die Rede ist. Jesus redet später noch viel vom Gericht (Matth 24+25), aber sein erstes Anliegen ist das Retten, Auferbauen, Suchen. Auch die Evangelisten machen deutlich, daß mit Jesus der König gekommen ist. Die Evangelisten sprechen von der "Dornenkrönung" Jesu. Sein Kreuzestod ist eine Erhöhung. Aufmerksam zu lesen wäre auch Mk 11,9ff in Zusammenhang mit Mt 21. In Mt wird nämlich von zwei Eseln berichtet. Auf welchem der beiden Esel hat nun der Herr gesessen? Holland vermutet, daß die Kleider auf beide Esel gelegt wurden und der Herr zwischen den beiden saß, so wie es in der Antike nicht unüblich war. Die beiden Esel wären wie Stuhllehnen und weisen auf den Thron des Königs hin. Aber Esel, Dornenkrone und Kreuz machen deutlich: das Reich Gottes ist noch verborgen. Jesu Priorität ist das Retten, nicht das Richten.

In Matth 25,1ff wird deutlich, daß es sich letztendlich beim Reich Gottes um den Bräutigam selbst handelt. Es geht alles um den König, er muß die Mitte meines Lebens, Denkens und Sinnens sein.

2.4. Das Wesen des Reiches Gottes

Ist Jesus der Mittelpunkt unsres Lebens. Ein französischer Philosoph hat einmal gesagt: "Jesus wollte das Kommen des Reiches Gottes, gekommen aber ist die Kirche!" In der Kirche geht es um Rollen, Diskussionen, Macht und Ansehen. Das ist nicht das Reich Gottes. Das Reich Gottes findet nicht zwingend statt, wo Versammlungen reich an Menschen sind. Sondern Reich Gottes ist dort, wo Christus im Mittelpunkt steht. Holland: heute applaudieren wir zu den Leistungen der Menschen. Wir sind froh und dankbar, wenn unsere Aktion "gelungen" ist und jeder zufrieden nach hause geht. Es geht aber um das alles nicht, sondern es geht um Christus. Wer Christus zum Mittelpunkt hat, erlebt tiefer gehende Freude. In unseren Gemeinschaftsstunden, aber auch in den Gottesdiensten ist kaum etwas von dieser Freude zu spüren. Heißt es, daß Christus nicht die Mitte unseres Handelns ist? Wo Christus nicht der Mittelpunkt ist, verkommt die Liebe zur technischen Paraphrase. So sprechen wir heute von "abschalten" oder von Gemeinde als "Auslaufmodell".

Holland nannte das Gebet als eine unbedingt neu zu entdeckende Form und Möglichkeit, Gott sich wieder zu nähern. Das Gebet als Ausdruck dafür, daß Christus wieder unsere Mitte wird. Insofern war die Predigt von Thomas Blehr auf dem Schönblick in Bezug auf das Gebet prophetisch.