Römer 2,1–10 Bibelarbeit

 

 

Wer wird vor Gott bestehen?

 

Du kannst dich nicht entschuldigen

Der Römerbrief ist wie ein großer mittelalterlicher Dom, über dessen Eingangsportal sich ein

Relief befindet, das das Jüngste Gericht darstellt. Christus, der Richter, auf seinem

Thronsessel. Zu seiner Rechten die, die zu ihm gehören und sich über seine Herrschaft

freuen. Zur Linken die Verdammten. Jeder, der sich unter die Kanzel setzen möchte, um das

befreiende Evangelium zu hören, muss zuerst unter dem Gerichtstor hindurch (Vers 3 u. 8,

9 ).

So geht es uns, wenn wir den Römerbrief lesen. Zuerst müssen wir das Eingangstor

passieren, ehe wir zu den herrlichen weiteren Kapiteln kommen. Dahin, wo uns die Liebe

Gottes in ihrer ganzen Herrlichkeit aufgeschlossen wird. Das hat Konsequenzen:

Zunächst einmal: Dass wir uns beugen, wenn wir durch dieses Tor gehen, dass wir ja sagen

zu dem Urteil Gottes über unser Leben. „Darum, o Mensch, du kannst dich nicht

entschuldigen, wer du auch bist!“ schreibt Paulus (Vers 1 f).

Wir sind ja keine Computer, die keine Fehler machen können. Es sei denn, man hat sie

falsch programmiert. Sondern darin hat uns Gott unsere Würde und Freiheit gegeben, dass

wir, wenn wir schuldig werden, auf die Schuld hin ansprechbar sind. Wir sollen, wir dürfen

uns beugen, indem wir Gottes Urteil Recht geben und das vor ihm zugeben, was wir falsch

gemacht haben. Keiner kann sich dabei entschuldigen. Wir sind ja schnell dabei, die Schuld

bei anderen zu suchen. Da sind die Eltern schuld, die uns so erzogen haben. Die

Erbanlagen, weil wir so sind. Die Umstände, die uns in eine bestimmte Situation

hineingebracht haben. Aber - Diese Argumente gelten vor Gott nicht.

 

Sich prüfen lassen

Wenn wir uns wirklich selbst prüfen, dann können wir nicht beim Allgemeinen stehen bleiben,

sondern uns ganz konkret und ganz praktisch von Gott die Punkte in unserem alltäglichen

Leben zeigen lassen, wo er möchte, dass wir uns durch ihn erneuern lassen.

Dabei können und sollen wir die Möglichkeiten zu seelsorgerlichen Gesprächen nutzen! Hier

ist die Möglichkeit, was uns bedrängt, vor Gott so auszusprechen, dass seine Heilung in die

notvollen Bereiche unseres Lebens hineinwirken kann. Das ist dann das Ende der

Fluchtversuche und der Schuldumverteilung. Und wenn wir in der Buße und Beichte leben,

werden wir auch zum seelsorgerlichen Dienst an anderen vorbereitet.

Dann wird in unseren Gesprächen mit anderen Menschen deutlich werden, dass wir Heilige

mit Vergangenheit sind. Mit schuldbeladener Vergangenheit. Und wir, die Heiligen mit

Vergangenheit, Befreiung und Vergebung empfangen haben. Deshalb ist der andere auch

ein Sünder mit Zukunft. Es gibt bei Gott keine Heiligen ohne Vergangenheit. Und keine

Sünder ohne Zukunft. Nicht von oben herab richten sollen wir, sondern einladen und locken,

weil wir wissen: Gottes Gnade ist größer als unser Herz.

Schließlich geht es noch um eine weitere Konsequenz aus dem Urteil Gottes: Wir sollen den

anderen vor dem Urteil Gottes warnen, damit er nicht hineinstolpert, nicht aus Versehen die

Güte Gottes verwechselt mit Gleichgültigkeit und Nachgiebigkeit.

Der andere muss begreifen: Gott ist es mit seinem Wort und seinem Gebot ernst. „Du häufst

Dir selber den Zorn auf den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten

Gerichtes!“(V. 5)

Es ist wie bei vielen Erdbeben. Sie erinnern sich sicher an das Seebeben vor stark einem

Jahr, den Tsunami. Der erste Erdbebenstoß kündet oft einen zweiten, viel schwereren an.

Aber dazwischen ist eine Zeit der Gnade. Dazwischen ist Zeit und Möglichkeit, sich aus dem

Haus hinaus ins Freie zu retten. Manche damals machten das, und liefen weg vom Meer. Sie

waren gerettet. Die andern blieben und wurden vom Meer überwältigt und gingen unter.

So ist unsere Situation. Das Gericht Gottes über die Sünder ist uns angesagt. Das ist das

erste „See – beben“. Es will uns wach machen. Aber- Nun dürfen wir hinauslaufen und

Rettung und Gnade suchen, bevor der zweite, der endgültige Seebeben- Stoß des Jüngsten

Gerichtes kommt. Gott schenkt uns Zeit dazu: „Weißt du nicht dass Gottes Güte dich zur

Buße leitet?“ (V. 4). Diese Zeit müssen wir nutzen.

 

Gott sieht die Person nicht an

Sie ist uns oft wichtig: unsere Person. Wir legen großen Wert auf eine ordentliche

Erscheinung und möglichst gute Selbstdarstellung. Wir pflegen ihr Bild. Mit Kosmetik,

Fitnessstudio, Titel, Geld und Ansehen macht mancher etwas aus sich. Andere glänzen mit

ihrer Bildung, mit ihrem Wissen. Sicher gehören auch die so genannten inneren Werte dazu,

die uns zur Person werden lassen. Wer gar noch auf eine besondere Herkunft verweisen

kann, der ist in dieser Welt fein raus. Den Menschen kann man so Eindruck machen. Nicht

aber dem heiligen und gerechten Gott. Gott lässt sich durch niemandes Auftreten

beeindrucken.(Vers11) Auch wenn wir uns oft blenden lassen.

Zur Zeit des Apostels Paulus gab es das alles auch schon: Leute, die es zu etwas gebracht

hatten. Leute mit Ansehen und Einfluss. Und es gab die breite Masse von Menschen, die

nichts vorzuweisen hatte. Der Apostel Paulus aber wusste, dass bei all der Vielfalt von

Menschen für alle das gleiche galt und gilt: Alle gehen verloren! Ob man nun in einer

Lehmhütte zu Hause ist oder einen Palast bewohnt. Verloren geht man immer!

Ob man regelmäßig in den Gottesdienst geht oder in die Gemeinschaftsstunde.

Was das heißt? Nun, Mensch, die verloren gehen, haben keine Zukunft, keine gute Zukunft.

Verlorengehen heißt: Aus Gottes Hand fallen. Und zwar für alle Ewigkeit. Wie ist es zu dem

allem gekommen?

Der Apostel schreibt es hier: Durch die Sünde. Sünde ist gefährlich, weil sie Langzeitwirkung

hat. Sie ist das Gift, das uns umbringt „an dem Tag, an dem Gott das Verborgene des

Menschen durch Jesus Christus richten wird“.(Vers 16)

 

Mit der Hilfe Jesu das „Gesetz“ leben und gerettet werden

Es gibt für keinen Menschen ein Entrinnen. Unsere Werke folgen uns nach. Sie holen uns

spätestens in der Ewigkeit wieder ein. Aber: Wohl dem, der in diesem Leben den entdeckt

hat, zu dem jeder kommen darf. Der von der Vergebung und Rechtfertigung durch Jesus

Christus lebt und sich von seinen unguten „Werken“ trennen lassen möchte.

Und der wirklich das tun will, was Gott will. „Wer das Gesetz tut, der wird gerecht sein“

(Vers13).

Aber wie? Das können wir nicht allein. So leben wie es sich unser Herr vorstellt, das können

wir nur mit seiner Hilfe. Mit seinem heiligen Geist. Kirschkerne, gesammelt und in ein Kissen

genäht, können Wärme speichern. Nur ein paar Minuten auf die Heizung gelegt, verströmen

sie lange Zeit wohltuende Wärme und Behaglichkeit. Sie geben ab, was sie vorher in sich

aufgenommen haben.

Nicht dass wir das geheiligte Leben selber produzieren könnten. Sondern, dass wir die

Dinge, die das „Gesetz“ fordert, mit der Hilfe des Geistes Jesu leben und weitergeben, wenn

wir uns vorher von ihm haben „erwärmen“ lassen.(Vers 29, vgl. auch Gal. 5, 22).

 

Fragen zum Gespräch:

Gibt es meinem Leben Punkte, die nicht stimmen und die Gott eigentlich erneuern

müsste? Bin ich bereit hier etwas konkret zu unternehmen?

Habe ich einen Seelsorger, mit dem ich darüber sprechen kann?

Wo sollte die Güte Gottes mich dankbar machen?

Wo nehme ich die Güte Gottes als Selbstverständlichkeit?

Welche Punkte kann ich nennen, in denen ich sie in den letzten Tagen erfahren habe?

(Vielleicht können Sie Gott einen „Dankesbrief“ schreiben…)

Kennen Sie Menschen, die sich von Gottes Geist haben erwärmen lassen und dies

ausstrahlen? Wie wirkt sich das aus? Was können Sie von ihnen lernen?

Pfarrer Immanuel Raiser, Spielberg-Egenhausen

 

Impulse zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:

Beispielgeschichte, wie unverdiente Güte zur Umkehr führen kann (V. 4): „Alle Freude

dahin“ aus „Geschichten für die Jungschar von A-Z“.