Bibelarbeiten

erstellt von Michael Strauch


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A. Einführung in die Offenbarung

A.1. Klärung des Verfassers

1.1. Kirchenzeugen

Der Verfasser heißt laut Kap1, 1.4.9 und 22,8: Johannes. Nach altkirchlicher Überlieferung ist es der Jünger Johannes, der Sohn des Zebedäus und Bruder des Jakobus. Zeuge dafür ist Justin, ein philosophisch gebildeter Christ, der um 165 n.Chr.in Rom den Märtyrertod starb. Ein weiterer Zeuge ist der um 170 n.Chr. gestorbene Irenäus, Bischof von Lyon, Frankreich.

1.2. Textuelle Zeugenschaft

Das Johannesevangelium, die Johannesbriefe und die Offenbarung sind in ihrem Schreibstil alle ähnlich. Z.B. nennt Johannes Jesus das LOGOS, das Wort Gottes. Wir finden diesen Ausdruck in Johannes 1,1.14, sowie auch in Offenbarung 19,13. Oder: Jesus lädt ein, von ihm das Wasser des Lebens zu nehmen. Wir finden das in Joh 7,37 als auch in Offb 21,6; 22,17. Oder: In Joh 1,29 nennt Johannes Jesus das Lamm - denselben Ausdruck finden wir ständig in der Offenbarung (z.B. Kap 5,6-22,1). Das Lamm ist auch im AT das Bild des Opfertieres. Johannes legt sein Gewicht darauf, dass die entscheidende Tat im ganzen Erdenleben Jesu, durch die die große Wende zum Guten für die Menschheit, ja den ganzen Kosmos herbeigeführt wurde, in seinem Sterben geschieht. Jesus hat durch seinen Opfertod Frieden geschaffen.

Im Johannesevangelium wird beschrieben, wie das Lamm die Schuldfrage löst, in der Offenbarung wird die Machtfrage gelöst!

2. Ort und Zeit der Abfassung

Offb 1,9: Johannes schreibt, dass er um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen von Jesus auf der Insel Patmos verbannt wurde. Patmos galt damals allgemein als Verbannungs-insel, folglich ist Johannes nicht aus missionarischem Interesse, sondern Zwangs halber dorthin verschleppt worden. Grünzweig: das war ein erstes Wetterleuchten eines ernsthaften und schweren Konfliktes mit der römischen Staatsmacht! Der römische Kaiser (zuerst Augustus, später Tiberius, Caligula etc. )nahm mehr und mehr den Anspruch an, ein Gott zu sein und dementsprechend verehrt zu sein. Besonders im Ostteil des Reiches, wo ein Gottkönig nichts Ungewöhnliches darstellte, fasste dieser Kult schnell Fuß. In der Provinz Asia mit der Hauptstadt Ephesus wurde dieser Kaiserkult mit Nachdruck durchgesetzt. Laut dem ersten Gebot Gottes kann man sich vorstellen, wie sehr die Christen damals in ernste Bedrängnis fielen.

Die Offenbarung ist aus bestimmten Gründen um das Jahr 90 n.Chr. geschrieben worden. Johannes wurde Opfer einer Christenverfolgung. Einer der ersten Verfolgungen geschah unter Kaiser Nero, der in den Jahren 54-68 n.Chr. regierte. Doch diese Verfolgung glich eher einer Augenblickslaune, war nicht planmäßig und überschritt auch nicht die Grenzen Roms. Schlimmer, planmäßiger und gezielter, sowie Landübergreifender fand die Christenverfolgung unter Kaiser Domitian statt, der um das Jahr 81-96 n.Chr. regierte. Domitian versuchte, das marode Reich dadurch zu festigen, dass er sich als Gott verehren ließ und alle Gegner zu beseitigen trachtete. In den Christen fand er Menschen, die eigentlich zu den loyalsten Bürgern gehörten, trotzdem traf sie die Verfolgung. Irenäus schreibt, dass Johannes die Offenbarung während der Zeit Domitians verfasst hat.

3. Die Empfänger des Buches und sein Inhalt

 

4. Die Besonderheit der Offenbarung

 

 

B: Die Stellung der 0ffenbarung im Lauf der Kirchengeschichte

 

 

Um die Aufnahme der 0ffenbarung in den biblischen Kanon gab es einen langen Kampf. 

1. Von den Anfängen der Kirche bis zur Reformation

Tertullian (150-240) zählte die 0ffenbarung. zum NT, ebenso Origines und Athanasius (4.Jht). Eusebius nahm eher eine kritische Stellung ein. Die anerkannten Bücher und die umstrittenen Bücher unterscheidet Eusebius. Er zählt die 0ffenbarung. zu zweiteren (Homologumena und Antilogumena).

2 . Zeit der Reformation und die Stellung zur 0ffenbarung

Luther hat die 0ffenbarung. ans Ende des Kanons gestellt. Ähnlich Zwingli: Von der Apokalypse nehme ich kein Zeugnis an, denn sie ist kein theologisches Buch. Calvin lässt die 0ffenbarung in seiner Kommentarreihe einfach weg.

In der Zeit des Pietismus hatte die 0ffenbarung einen hohen Stellenwert. J.A.Bengel hat die Offenbarung in den Mittelpunkt seiner Auslegung gestellt. Er versuchte, eine himmlische Chronologie zu Jesu Wiederkunft zu errechnen. 1824-64 begründete Auberlin den neuen Pietismus. Diese Linie finden wir auch bei Karl Hartenstein und Fritz Grünzweig.

3. Die Wirkung der Aufklärung

Die Aufklärung hatte ein Misstrauen gegen die 0ffenbarung. Grund: Die Wiederkunft Jesu Christi sei unglaubhaft. 1905 schrieb Bousset einen Versuch, die 0ffenbarung  aus synchronen Elementen darzustellen  Es stellt sich die Frage, ob etwas dran sei, dass die Offb. ein kritisch zu nehmendes Buch ist.

Ich persönlich denke nicht. Warum nicht?

1.      Eine Ablehnung der 0ffenbarung im Laufe der Kirchengeschichte ist stark beeinflusst durch die jeweilige, gesellschaftliche Situation.

2.      In den ersten Jahrhunderten fürchtete man sich vor Schwärmereien (wie z.B. die Montanisten). Montanus z.B. sah sich als eine Figur aus Offb. 11.

3.      Während der Reformation gab es ähnliche schwierige Bewegungen (Thomas Müntzer/die Täufer).

4.      Man hat auch die Zeit des Leidens nicht mehr. Bengel sagte: Ohne Tränen ist die Offenbarung nicht geschrieben, ohne Tränen wird sie auch nicht verstanden.

 

Daraus ergibt sich eine doppelte Aufgabe:

1.      Wir müssen in der Auslegung stets darauf achten, dass das Christuszeugnis der Offenbarung mit dem des NT übereinstimmt.

2.      Die Eschatologie der 0ffenbarung hat in der Botschaft vom Kreuz und Auferstehung ihren Ursprung.

 

4. Zu den Kommentaren und ihren Gewichtungen:

 

Es gibt 2 Gruppen von Kommentaren:

Erstere betonen die historisch chronologische. Deutung (was kommt alles auf uns zu?) zweiter betonen die symbolische Deutung (keine 0ffenbarung in Raum und Zeit, eher allgemeine Wahrheiten im historischen Gewand),

I. Die Kirchengeschichtliche Deutung

1.      Weltgeschichte unter heilsgeschichtlichem Blickwinkel dargestellt zwischen dem 1 und 2 Kommen Jesu (Vertreter: Luther, Bengel)

2.      Endgeschichtliche Schule: Vertreter der Entrückung der Gemeinde (Offb. 1,19)

3.      Reichsgeschichtliche Deutung: Offenbarung geschieht vor unseren Augen, ein anderer Teil in der Zukunft. Die Zäsur läge bei Offb. 1 2. (Vertreter: Hartenstein, Grünzweig)

II. Symbolische Deutung

1. Zeitgeschichtliche Deutung

Viele Ereignisse weisen auf Geschehnisse des 1 .Jht. Die Botschaft ist im mythologischen

Rahmen gekleidet. (Christenverfolgung unter Domitian etc.). Den Antichristen als solchen gibt es nicht. Er steht für eine Botschaft, die entmythologisiert  erroiert werden muss.

2. Die ökumenische Theologie

Völlige Endhistorisierung. Die 0ffenbarung spricht nicht von einem in der Zukunft auf uns zukommendes Ereignis. Es geht hier vielmehr nur um ewig gültige Wahrheiten. (Vertreter: Moltmann, Ellul, teilweise D.Sölle)

 

III. Formulierung einer eigenen Position

 

Jede Deutung hat eine gewisse Berechtigung. Manches ist sicher symbolisch zu verstehen, anderes wieder wörtlich. Vorerst haben wir zwei Hauptschwächen kennen gelernt:

  1. Sich auf Daten (Zahlen etc.) zu verlassen (vgl. Bengel)

  2. Die Enthistorisierung (siehe liberale Theologie - Vertreter Jacques Ellul)

Wie kann man diese Fehler vermeiden

  1. Die zentrale Botschaft der 0ffenbarung liegt weder in Daten noch in ewigen Wahrheiten (gemeint ist die Verkürzung der Offenbarung auf die Hoffnung oder den Trost, dass Jesus wiederkommt, mehr hat die Offenbarung nicht zu bedeuten). Sondern es geht um die Verkündigung des Sieges Jesu Christi.

  2. Wie lässt sich das belegen? Offb. 19,10: Und ich fiel vor seinen Füßen nieder, ihn anzubeten. Und er sprach zu mir: Siehe zu, tue es nicht! Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder. die das Zeugnis Jesu haben. Bete Gott an. Denn das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung. Der zentrale Schwerpunkt der prophetischen Botschaft und von der Apokalyptik ist der Sieg Jesu Christi. Alles andere der Offenbarung sind ausziehende Linien dieses Sieges.    Vgl. Offb. l, 5.6

  3. Die Offenbarung. spricht nicht vom Weg Jesu ans Kreuz, sondern vom Sieg, der sich aus dem Kreuz ergibt Vom Kreuz zum Reich. Die großen Auswirkungen für die ganze Welt. Offb. 55-7: das Lamm nimmt die Bevollmächtigung, die Welt neu zu gestalten. Jesus löste zuerst die Schuldfrage, dann als Folge die Machtfrage

  4. 4. Diese Zielsetzung der Offenbarung weist sie als kanonisches Buch aus. Aber die Offenbarung beschreibt den Weg von Kreuz zum Reich in Bildern Die 0ffenbarung spricht in Zeichen, aber auch von Ereignissen in Raum und Zeit. Diese Ereignisse bekommen wir nur in Grundzügen mitgeteilt. Darum ist eine letztgültige Übertragung nicht möglich. Das Faktum von den räumlichen und zeitlichen Abläufen lässt sich belegen z.B. in Offb. 1 5,1 (Einleitung zu den sieben Schalengerichten). Hier wird klar vorausgesetzt, dass es um ein chronologisches  Nacheinander sich handelt. Hadorn: Die 0ffenbarung hat ein klares zeitliches Schema. Die Offenbarung redet von Raum und Zeit. Sehr viele Raum- und Zeitangaben kommen vor. Weiter ist es offensichtlich, dass die biblische Prophetie sich nicht auf einen einmaligen Punkt/Ereignis fixiert. Stichwort der perspektivischen Verkürzung: Die Ereignisse finden statt, allerdings in einzelnen Abständen (die nicht geschildert werden,           7 Schalen; 3 Reiter; Gericht).

H. Bezzel und H.Thilicke bemerken: biblische. Prophetie hat unterschiedliche Tiefenschichten

  1. Die Vorerfüllung

  2. Die Enderfüllung

Die Offenbarung ist reichsgeschichtlich und endgeschichtlich zugleich. Er erfüllt sich jetzt und später. Alle Auslegungen von der 0ffenbarung dürfen nie als ganz korrekt, sondern als sich ergänzend angesehen werden.

5. Hier eine Liste möglicher Kommentare

5.1 Zum Kauf empfohlene Bücher

1.      Grünzweig F., Johannes-Offenbarung, 2 Bde, in Bibelkommentar Bd. 24/25, Hgr von G.Maier, Stuttgart. 3.Auflage 1988

2.      Pohl Adolf. Die Offenbarung des Johannes, Bd. 1 und roter Nachfolgeband. Erschienen in der Reihe Wuppertaler Studienbibel, herausgegeben von F.Rienecker und W.de Boor.

3.      Frey, Helmuth: Das Ziel aller Dinge, Stuttgart 4.Auflage 1977

4.      Schnepel E.; Wie sieht die Zukunft der Menschheit aus? Die Offenbarung des Johannes, Liebenzell 2Aufl, 1978

5.      Mounce, R.H. The book of revelation, in: The New International Commentary on NT, <?xml:namespace prefix = st1 ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:smarttags" />Grand Rapids, repr. 1990

6.      Hartenstein, K.; Der wiederkommenden Herr  Eine Auslegung der Offenbarung Johannes für die Gemeinde, 5.Auflage, 1983

7.      Kraft, H. Die Offenbarung des Johannes, in: Handbuch z.NT, begr. v.H.Lietzmann, Bd 16a, Tübingen 1974

8.      <?xml:namespace prefix = st2 ns = "urn:schemas:contacts" />Guthrie,D. The Relevance of John`s Apocalypse, Exeter 1987

 

5.2 Beachtenswerte Kommentare

 

  1. Hadorn, W. Die Offenbarung des Johannes, in: Theol. Handkomm. zum NT, Bd XVIII, Leipzig, 1928

  2. Brütsch, Chr; Die Offenbarung Jesu Christi-Johannes Apokalypse, 3Bde. Zürich 2.Auflage 1970

  3. Zahn, Th. Die Offenbarung des Johannes, 2 Bde.; Leipzig und Erlangen 1924/6 in: Kommentar zum NT, Bd XVIII

  4. Lohse, E.; Die Offenbarung Johannes, in: das NT Deutsch, Bd.11; Göttingen 11.Auflage 1976

  5. Ellul, J.; Apokalypse-die Offenbarung des Johannes-Enthüllung der Wirklichkeit, Neukirchen-Vluyn 1981

  6. Lohmeyer E. Die Offenbarung Johannes, in: Handbuch zum NT, Bd XVI, Tübingen 1926, Hrg. von Bornkamm

  7. Bousset, W; die Offenbarung Johannes, 6.Auflage 1906, in: Meyers kritisch, exegetischem Kommentar über das NT, 16 Abt.

 

 

5.3 Wichtige Sekundärliteratur zur Offenbarung Johannes

 

  1. Müller, Ulrich B.; Prophetie und Predigt im NT, Gütersloh, Verlagsh. 1975

  2. Aune, David B.; Prophecy in early Christianity and the ancient medit. world, Erdmanns, Michigan 1983

  3. Beagley Alan James; The `Sitz im Leben`of the Apocalypse with particular reference to the role of dthe church`s enemies, Berlin 1987

  4. Stott, John, What Christ thinks of the Church Rev. 1-3, Word publishing 1990

  5. Shepard, Jr.; Messey, H., The Paschal Liturgy and the apocalypse, in: Boumenical Studies 6, London 1960

  6. Schüssler-Fiorenza, E.; The book of Revelation  Justice and Judgement, Philadelphia 1985

  7. Daalen, David H.van, A guide to the Revelation, London 1986

  8. Maier, G.; Die Johannesoffenbarung und die Kirche, Tübingen 1981

  9. Koch, K.Schmidt Joh.hrg.; Apokalyptik, Wiss.Buchgesellschaft 1982

  10. Brandenburger, E., Markus 13 und die Apokalyptik, Göttgn. 1984

  11. Böcher, O.; Kirche in Zeit und Endzeit; Aufsätze zur Offenbarung Johannes, Neukirchen 1982

  12. Karrer, M.; Die Johannesoffenbarung als Brief; Studien zu ihrem lit., historischen und theologischem Ort, Göttingen 1986

  13. Kegel, G.; Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde  Das NT und die Heilung der Welt, Gütersloh 1988

  14. Kretschmar, G.; Die Offenbarung Johannes  Die Geschichte ihrer Auslegung im1.Jahrhundert, Stuttgart 1985