Bibelarbeit zu Matthäus 17, 1-13 erstellt von Michael Strauch


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1. Gliederung

2. Evangeliensynopse - Zusätze? Anderer Blickwinkel?

3. Zur Auslegung

1. Gliederung

  1. Die Verklärung Jesu auf dem Berg im Beisein dreier Jünger (V.1-9)
  2. Jesus deutet die Wiederkunft des Elia auf Johannes den Täufer (V.10-13)

2. Evangeliensynopse - Zusätze? Anderer Blickwinkel?

Vgl. Mk 9, 2-13; Lk 9,28-36 (2Pt 1, 16-18)

Markus:

Lukas:

3. Zur Auslegung

Vers 1: Die Zeitangabe und ihr Sinn

Beginnt mit einer Zeitangabe (was nicht so häufig vorkommt): Nach 6 Tagen. Lukas erwähnt 8 Tage nach diesem Gesrpäch. Nach welchem Gespräch? Eindeutig die erste Leidensankündigung Jesu in Kapitel 16,21ff. Wir wissen, wie schwer den Jüngern dieses Gespräch fiel. Wie erinnern uns, wie Petrus heftig zur Seite nahm und ihn bewahren wollte vor solch einem schmachvollen Ende. Petrus hat den Sohn Gottes verkündigt, Jesus sein Leiden und Sterben. Was die Jünger nicht ahnen, dass sie in dieser Zeit Jesus verlassen werden, um nach seinem Kreuzestod irritiert und trostlos sich verstecken. Weil Jesus es weiß, stärkt er sie, indem er ihren Glauben an seine Sohnschaft, an seine Messianität stärkt durch die Verklärung. Dieses Ereignis war für die Jünger von großer Bedeutung und sicher auch ein starker Trost. Ein Beleg ist, dass sie eine Zeitangabe setzten: nach 6 (8) Tagen nach diesem Gespräch!

Doch Jesus nimmt nicht alle mit. Er trifft eine Auswahl, die wir schon von anderen Begebenheiten kennen: Petrus, danach Jakobus und schließlich Johannes.

Auf welchem Berg stiegen sie?

Keiner der Evangelisten erwähnt es. Der Berg Tabor ist relativ unwahrscheinlich, da schon zu Jesu Zeiten eine Festung stand. Ich unterlasse hier jede Spekulation. Wichtig ist zu erwähnen, dass der Anlass der Bergbesteigung ist, das der Herr das Gebet sucht. Er will beten, abseits, und doch in der „geistlichen Waffenbruderschaft" seiner Brüder. Der Herr weiß, was ihm bevor steht.

Vers 2: Die Verklärung

Dann wird in knappen Worten zum Ausdruck gebracht, was menschliches Denken übersteigt. Das griech.Wort für „umgestalten" kennen wir vom Ausdruck „Metamorphose". Eine Veränderung, wie sie geschieht, welche Kräfte wissenschaftlich zu untersuchen wären - alles bleibt für unsere Ohren und Augen ohne Erklärung. Es geschieht einfach. Es werden nur Dinge genannt, die die Jünger aus ihrem Umfeld zaghaft erfaßten. Vielleicht auch erst hinterher. Wichtig ist hier zu wissen: wenn die Kleider weiß und hell schienen, gleißend, blendend, wie das ungebrochene weiße Licht der Sonne, dann war das nach antiker Vorstellung der Beweis: hier steht ein Gott!! Das leuchtende Gesicht Jesu erinnert an das Gesicht des Mose, als er mit Gott auf dem Horeb gesprochen hatte und sein Gesicht verbergen mußte. Gottheit, Gottes Anwesenheit, Herrlichkeit, Reinheit. Ganz im Gegensatz zu den schwarzen Kleidern, die Verurteilte trugen, wenn sie vor der jüdischen Gerichtsbarkeit des Synhedrin erscheinen mußten.

Vers 3: Mose und Elia

Warum Mose und Elia?

Eine Erklärung könnte sein, dass beide von Gott direkt aufgenommen wurden. Mose starb zwar eines natürlichen Todes, aber sein Leichnam wurde nicht gefunden. Nach jüdischer Vorstellung war die Bestattung des Leibes Mose durch Gott persönlich gleichzusetzen mit seiner Versetzung in den Himmel. Von Elia wissen wir, dass er mit feurigen Rossen gen Himmel fuhr.

Die unsichtbare Gemeinde

Was aber noch bedeutender ist, dass wir, wie es im Hebräerbrief heißt, umgeben sind von einer Wolke von Zeugen. Ein Tatbestand, der einem evangelischen Christen sehr fremd geworden ist und dieser zu leichtfertig die katholische Glaubensansicht von den „Heiligen" verwirft. Ich kann diese Auffassung nicht 1:1 übernehmen, was aber wahr ist, dass die Heiligen, die in Gott gestorben sind, teilhaben am weltweiten Heilsgeschehen Jesu Christi.

Ein weiterer Gedanke: wie eng - ich betone - wie eng, wie freundschaftlich und geachtet ist der Glaubende, dass der Sohn Gottes sich mit Menschen über göttliche Dinge unterhält. Wie können Menschen den Sohn Gottes trösten, beraten, stärken - was immer in diesem Gespräch vorkam? Christus ist ganz eng mit der Gesamtheit der Gemeinde verbunden. Das Gebet gewinnt hier eine eindeutige Dominanz. So wird Reich Gottes gebaut. Durch das Beiseite genommen werden. Durch das still werden. Durch das Gebet.

Vers 4: Petrus will im Himmel bleiben

Wie ist die Reaktion des Petrus zu verstehen?

Ein paarmal wird erwähnt, dass Petrus nicht wußte, was er sagte. Er fuhr aus dem Schlaf hoch, vielleicht war er auch wie in Trance angesichts dieses überwältigenden Augenblicks. Ich erinnere mich noch gut: ich war einmal in der Türkei und begann, das Land zu lieben. Eines Abends stand ich an der Ägais in einem Fjord. Ich blickte hinaus in das Abendrot. Im flammenden Schein der untergehenden Sonne sah ich die Silhouette der Minarette, Bergketten und primitiver Behausungen. Ich erlebte so ein Glücksgefühl, dass ich ausrief: „Ich will nicht mehr nach Hause. Ich will ich bleiben!"

Das ist nur ein schwaches Beispiel. Petrus und seine Jünger vergaßen vermutlich alles in diesem Moment. Das Gespräch über das Leiden, das Gezänke mit den Pharisäern, die Schwere der Jüngerschaft. Hier oben auf dem Gipfel war es herrlich. Umgeben von dem Herrn Jesus in seiner Gottheit, umgeben von den großen Männern der Geschichte Israels. Und wenn einem ein solcher Platz so glücklich macht, dann will man „bauen!"

Die Reaktion des Petrus war: hier will ich mein Leben verbringen. Jesus zu haben, die Propheten zu haben, in Gottes Nähe zu sein wurde ihm alles.

Doch wie weit noch der Unterschied bestand, beweist die Distanz. Die verklärten Propheten unterreden sich ernsthaft über das Kreuz. Sie kommen herab zu Jesus und stärken ihn. Petrus kommt herauf und will dort bleiben. Doch Jesus ist gekommen, die Welt zu erlösen. Er gibt sich mit drei geretteten Seelen nicht zufrieden.

Vers 5: Die Stimme des Vaters

Die Verklärung Jesu gerät in einen unüberbietbaren Höhepunkt. Jesus ist nicht nur in lebendiger Gemeinschaft mit der irdischen und himmlischen Gemeinde, sondern wo der Sohn ist, da ist auch der Vater. Gott erscheint, nicht in einer Vision oder Offenbarung, sondern tatsächlich - eingehüllt in einer Wolke, die in der Geschichte des Gottesvolkes so wohlbekannt war. In dieser Wolke spricht Gott. Und er bezeugt den Sohn. Jesus wird nicht allein optisch für die Jünger als Gott erkennbar, sondern auch für ihre jüdischen Ohren vom himmlischen Vater bestätigt. Er ist Gottes Sohn. Er ist es, dem man gehorchen soll. Er ist es, der Gott in allen Dingen gefällt. Hier wird die Sohnschaft Jesu bestätigt, bekräftigt und bezeugt. Für die unfaßbare Anfechtung, die die Jünger noch erwartet, ein wichtiger Tag.

Vers 6: Der Mensch begegnet Gott

Nun ist es vorbei mit der Beschaulichkeit. Noch wollte Petrus Hütten bauen, nun - wie er Gottes gewaltige Stimme hört - fällt er nieder mit den anderen und „fürchtet sich sehr!" Wenn man das schon einmal erlebt hat, dass ein Mensch „in einem lesen" konnte, was man zu verbergen trachtete, dann wird einem ja schon mulmig zumute. Nun stelle man sich vor, man steht dem gegenüber, der jede Zelle geschaffen hat und kennt. Der alles, aber wirklich alles von einem weiß. Jede Lüge, jeden unguten Gedanken, jedes böse Wort...Und der Macht hat, alles zu tun. Die erste Reaktion wird „Furcht" sein und Anbetung. Mir persönlich ist, ohne an diesem Punkt zanken zu wollen, dass das Erlebnis, Gott zu unmittelbar zu begegnen, dazu führt, das die Jünger auf ihr Angesicht fallen. Sie geraten nicht in Verzückung wie die Gnostiker, nicht in tranceähnlichen Zustand, nicht in Gelächter und fielen schon gar nicht auf den Rücken. Ich komme ursprünglich aus der charismatischen Welle und habe in dieser Zeit viel, viel lebendiges Christsein erfahren, das ich in anderen Richtungen sehr vermisse. Ich habe in Gottesdiensten erlebt, was es heißt, Gottes Gegenwart in seiner Nähe zu meinen. Ich schreibe „zu meinen", weil ich aus dem Blickwinkel meiner Subjektivität spreche. Meine Reaktion war damals: Furcht. Ich hatte Furcht und mir vielen sprichwörtlich „alle Sünden" ein.

Vers 7: Gott begnetet dem Menschen

Die Reaktion Jesu ist heilig, anmutig und voller Liebe. Jeder Satz, den Matthäus in Vers 7 gebraucht, will mit Pausen gelesen sein.

Vers 8: Verherrlichung und Kreuz

Die Herrlichkeit ist vorbei. Oder besser: sie ist da, voll und ganz. Doch verborgen im Menschsein Jesu Christi. Ein kurzer, süßer Augenblick des Schauens. Nun gilt der Glaube allein. Das Werk Jesu will und muß im Glauben erfaßt werden. Denn wenn das Erlösungwerk Jesu vom Sehen erfaßt wird, dann wird der Blick gebrochen spätestens am Kreuz. Dort, wo das einst strahlende Gewand blutbesudelt, verschmutzt, zerteilt, umwürfelt in den Händen der Legionäre liegt. Dort, wo das strahlende Angesicht Jesu gekrönt ist mit Dornen, Leiden und unsagbarer Qual. Dort, wo die beiden Begleiter Jesu - Mose und Elia - ersetzt werden durch zwei Verbrecher. Dort, wo der einst erhöhte Christus auf hohem Berg nun auf Golgatha vom Kreuz erhoben wird. Dort, wo der Vater den Sohn lobte, seine Liebe ihm zusprach und nun sich in Schweigen hüllt angesichts der Sünde einer ganzen Welt, die Christus trug. Dort, wo die Jünger Hütten bauen wollten und nun das Angesicht verbergen. Dort, wo sie bleiben wollten und nun sich beeilen, zu verschwinden. Es muß im Glauben erfaßt werden.

Vers 9: Das Gebot zu schweigen

Man beachte die Bewegung, die der Text vorgibt. Zuerst das Aufwärtsgehen auf den physischen Berg, das Gipfelerlebnis in geistlichen Welten und dann das Zurückfallen in die greifbare Realität und das Herabsteigen zu den Menschen.

Warum aber sollen die Jünger darüber schweigen?

Wir wissen aus vielen Begegnungen, dass der Anspruch der Messianität den Mächtigen ein großes Dorn im Auge war. Es gibt Momente, die scheinen so klar und eindeutig, Wege, die so Gott gezeigt sich erweisen, dass man es allen erzählen möchte. Und die anderen haben die Einsicht nicht, haben das Erlebte nicht erfahren oder es wirkt auf sie beunruhigend. Es gibt Wahrheiten, die zu verkünden einen Zeitpunkt haben. Wer mit der Tür ins Haus rennt, wer nicht warten kann und nicht betend hört, wann Gott grünes Licht gibt, der baut sein eigenes Werk. Wohl kann Gott auch damit noch etwas anfangen. Das Volk ist noch nicht so weit. Wenn sie in Jesus jetzt den Messias sehen, werden sie am Kreuz ihn verlassen. Die Jünger müssen warten, bis Christus auferstanden ist.

Vers 10-13: Diskussion über die Wiederkunft des Elia

Die Jünger haben Christus gesehen. In seiner Göttlichkeit, in seiner Sohnschaft. Gott selbst hat sich zu ihm bekannt. Nun empfinden sie einen beunruhigenden Widerspruch, ihre theologische Erziehung mahnt ein Manko an:

Wenn Jesus der Messias ist, wieso ist Elia noch nicht erschienen?

Nochmal zum Verständnis: lt. dem Propheten Maleachi solle Elia vor dem Sohn Gottes erscheinen. Nach Einsicht der Jünger war Elia aber noch nicht da, wie kann Jesus dann der Messias sein? Ja, wieso ist Elia ihnen erschienen? Sie fragen den Herrn Jesus und er gibt ihnen die Antwort.

Wenn wir uns an Elia erinnern, so haben wir einen Mann vor uns, der mit großer Kraft (man denke an die Baalspriester) dafür eintrat, dass das Volk an Gott nicht untreu wurde. Er entlarvte, enttarnte und überführte die falschen Propheten, Götzendienerei und wurde dafür hart verfolgt und halb zu Tode gejagt. Johannes der Täufer gleicht ihm in vielen Dingen. Schließlich mußte Johannes den Tod erleiden für die Aussagen, die er gegen das Königshaus machte. So wurde er mit seinem Bußruf zum Wegbereiter. Als er starb, wußte der Herr, dass nun sein neues Werk, die Erlösung im Sinne des neuen Testamentes bevorstand.

Die Erlösung geschieht unter Kampf, nicht „in weichen Kleidern!"

Ganz klar, Jesus legt die Schrift recht aus und verweist darauf hin, dass die bisherigen Theologen, die Schriftgelehrten, die die Jünger in frühem Alter prägten, heuchlerisch auslegten. Sie hielten den Elia hoch und wünschten sein Kommen, wohlmeindend, sie würden ein gutes Zeugnis ausgestellt bekommen. Tatsache war, das man Elia verfolgte, verachtete, seinen Worten kein Gehör schenkte. Und doch redete Gott durch diesen. Und in dieser Tradition geht Christus seinen Weg. Unter Anfechtung, unter Drohung, kollidierend mit den unzähligen Eigeninteressen seiner Widersacher. Was aber besonders hervorzuheben ist Vers 12, wo es im griech. heißt: lego de hümin - ich aber sage euch! Jesus ist Herr auch über die Schrift. Er legt sie aus, wie sie ausgelegt werden muß. Die Jünger begriffen: Elia war gekommen in Johannes dem Täufer. Er kam nicht zurück im flammenden Wagen und feurigen Kleidern, sondern in Kamelhaar und Heuschrecken essend. Nicht vom Himmel, sondern von der Wüste. Der Glaube erfaßt es, das Schauen bekommt keine Nahrung.