Bibelarbeit über Matthäus 16, 13 - 20
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Das Bekenntnis des Petrus
erstellt durch Michael Strauch
A. Die Verse 13-20
Die kleine Gruppe setzt über. Diesmal in die Gegend von Cäsarea Philippi. Hiermit ist nicht die Residenz der römischen Prokuratoren gemeint, dieses Cäsarea lag am Meer. Philippus, der Tetrarch, hat diese Stadt im Quellgebiet des Jordan aufgebaut und nach seinem Namen benannt. Dort stand ein Heiligtum zu Ehren des Gottes Pan. Die Bevölkerung war überwiegend heidnischer Abstammung. Jesus und seine Jünger befinden sich demnach im hohen Norden Palästinas. Wieder ist der Ortswechsel auffällig. Die Unruhe des Textes wird spürbarer. Der Herr vermeidet zunehmend mehr den Kontakt mit Menschen und hält sich nicht mehr so oft an den Stätten seiner früheren Wirksamkeit auf. Bis Kapitel 17,14 hören wir nichts davon, dass er mit anderen Menschen außer seinen Jüngern in Kontakt kommt.
1. Die Frage Jesu
Ich glaube nicht, dass es den Herrn Jesus groß interessiert, was die Leute von ihm sagen. Es ist eine Einleitung, ein bewusst lehrreicher Gegensatz zur eigentlichen Frage. Jesus weiß, was die Leute denken und sagen. Aber er will, dass der Jünger sich ein eigenes Bild macht. Seine Erfahrungen mit Jesus, seine Worte, seine Einsichten zusammenfaßt in ein Bekenntnis. Die Reihenfolge der Antworten der Jünger ist interessant. Der Vergleich Jesu mit Johannes dem Täufer kennen wir von Kap 14,2 - wo Herodes in innerer Panik in Jesus den inkarnierten Täufer zu erkennen glaubt. So stellen die Jünger die Meinung des Herodes und vermutlich seiner Gefolgsleute an erster Stelle. Als nächstes die Meinung vieler im Volk. Schon in Johannes dem Täufer vermuteten die Leute den wiederkommenden Elias, was Jesus ja auch bestätigt hat. Doch Johannes der Täufer scheint vergessen. Nun sehen sie in Jesus einen großen Propheten wie Elia oder gar Jeremia. Letzteres geht vielleicht zurück aufgrund eines Traumes des Judas Makkabäus (vgl. 2Makk 2,1-9; 15, 12-16), nachdem J.Makkabäus im Traum Jeremia erschien. Dieser Vergleich ist dennoch nicht unpassend. Denn kaum ein Prophet hat so sehr gelitten unter der Verwerflichkeit und Gottlosigkeit des Volkes Gottes wie einst Jeremia. Ob es noch Menschen im Volk gab, die in Jesus den Messias erkannten? Die Jünger scheinen davon nichts zu wissen, oder es befinden sich alle, die so glauben, mittlerweile in Jesu unmittelbarer Nähe. Nun kommt die Frage Jesu: was denkt ihr, der ich sei? Was habt ihr begriffen? Was oder wen habt ihr in meiner Gestalt erkannt?
2. Das Bekenntnis zu Jesus
Haben die Jünger nicht dieses Bekenntnis schon einmal alle gesprochen? In Kapitel 14, nach dem Erleben mit Petrus und Jesus auf dem Wasser? Wo sie alle ausrufen: du bist wahrhaftig der Sohn Gottes? Nein. Vom Grundtext kann man auch übersetzen: du bist ein Sohn Gottes. Sie waren überwältigt über Jesu Macht und sahen in ihm einen großen Propheten, einen Engel, einer der großen Söhne Gottes, übermenschlicher Natur. Vielleicht auch wirklich mehr. Tatsache ist, dass Petrus geradezu feierlich das Bekenntnis ausspricht, dass unmißverständlich ist. Jesus ist ho Christos ho hious tou Theou tou Zontos - der Christus, der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Dieses Bekenntnis zum Messias ist eindeutig. Er ist der Sohn des lebendigen, wirklich erfahrbaren und lebendig machenden Gottes. Das ihr Glaube und ihr Bekenntnis.
Wie hart wird ihr Glaube auf die Probe gestellt, wenn sie diesen lebendigen Gottessohn tot und leblos am Kreuz sehen werden.
Es sei darauf hingewiesen, dass Petrus ganz bestimmt nicht allein diese Erkenntnis hatte. Der Herr ist kein Lehrer, der seine Schüler fragt und den belohnt, der am klügsten und schnellsten zu antworten weiß. So hat der Herr gesagt: für wen haltet i h r mich? Petrus spricht aus, was alle denken, alle bekennen und dies ist uns überliefert. Jesus ist der Christus!
Das ist das ganze Wirken und Schaffen Jesu. Wie kam Petrus zu dieser Auffassung? Durch den unermüdlichen Einsatz Jesu? Durch seine vollmächtigen Predigten? Sicher auch. Aber besonders auch durch die übermenschlichen Taten, die der Herr vollbracht hat seit Beginn ihrer Begegnung. Jesus, der Herr über die Naturgewalten, der Herr über Krankheit, Tod und Leid. Jesus, der keine Angst vor seinen Feinden kennt. Jesus, der Sohn des lebendigen Gottes. Selig ist Petrus, selig sind die Jünger, selig ist und bleibt der Mensch, der in Jesus den Christus erkennt und für sich annimmt. Durch eigenes Nachdenken und Studieren kann ich darauf nicht kommen. Jesus sagt, der Vater habe es ihm offenbart. Kein Mensch kann den Christus als den Sohn Gottes erkennen. Der Mensch mag eine religiösen Sehnsucht in sich tragen, geistlich aber ist er tot. Gott selbst muß in dem Menschen diesen Blitz der Erkenntnis aufleuchten lassen.
3. Die neue Namensgebung
Petrus gibt dem Herrn die Krone, den Messiastitel. Jesus wiederum ehrt den Petrus. Er solle Fels genannt werden, denn auf einem Felsen will er seine Gemeinde bauen. Fels, ein Hinweis auf den starken Typus des Petrus? Ein Hinweis darauf, dass eine Leiterfigur in der Gemeinde eine starke, gefestigte Person sein muß? Kaum, denn Petrus war und blieb in seinem Charakter immer wieder schwankend. Nur kurze Zeit später wird ihn der Herr schwer in die Schranken weisen und bei der Verurteilung Jesu finden wir Petrus als Verleugner. Nein, der Begriff des Felsens scheint zu seinem Typ geradezu im Gegensatz zu stehen. Die Stärke des Felsens ist Gott eigen. Die Psalmisten nennen Gott, den Herrn einen Felsen, auf dem man sicher stehen könne. Gott wird sich dem Apostel Petrus verherrlichen, durch ihn seine Gemeinde festigen und sicheren Stand geben. Wo noch der Säemann keine oder nur kümmerliche Frucht zu erwarten hat, wenn sein Same auf felsigem Boden fällt, so ist es für den Baumeister unerlässlich, wenn er ein Haus bauen will, dass er nach felsigem Grund sucht. Denn das Haus, das gebaut werden soll, soll ewig bestehen. Ist nun Petrus das Fundament der Kirche? Denn hier meldet sich die katholische Kirche und bezieht den Anspruch des Papstes ja nun besonders auf diesen Hintergrund. Wir denken dabei an den Schluß der Bergpredigt, wo Jesus das Gleichnis von den beiden Häusern anspricht. Das eine sei auf Sand gebaut, das andere auf Felsen. Gedacht ist dabei, dass man früher in den Felsen einen Schacht geschlagen hat. Und in diesen Schacht, dem telemos (Fundament) wurde ein festes Haus gebaut. Bei Petrus ist von dem Fundament nicht die Rede. Petus wird auch nicht als Telemos bezeichnet, sondern als petros oder petra (Stein, Fels). Hier eine Verbindung mit solch einer Tragweite zu schaffen, halte ich für völlig untragbar und eine Vergewaltigung der Aussagen. Jesus hat sich einen Bauplatz ausgesucht. Und dieses Fundament ist fest. So fest, dass der Satan das Gebäude nicht zu stürzen vermag. Und Petrus ist der erste Stein, der auf diesem Fundament gesetzt wird. Andere werden folgen. Erschwerend kommt, dass der Herr sich selbst als Eckstein
bezeichnete. In Eph 2,20 wird es besonders deutlich. Gott hat auf das Fundament der Propheten und Apostel seine Gemeinde gebaut. Er ist dabei der Eckstein, das tragende Teil. Petrus und seine Nachfolger bilden die Steine, aus dem das Haus Gottes besteht.
4. Die Pforten der Hölle
Was ist mit diesem seltsamen Bild gemeint? In der Bibel wie auch teilweise in der übrigen Umwelt herrschte die Vorstellung, dass der Kosmos aus einem dreistöckigen Gebäude oder Bauwerk besteht. Im Himmel/über dem Himmel steht Gottes Thron. Dort ist Gottes Residenz, dort der Sitz der guten Geister. Die Erde ist "der Fußschemel seiner Füße!" Die Erde in der Mitte hat Gott dem Menschen als Wohnraum gegeben. Er hat den Menschen angewiesen, die Erde zu beherrschen, sie zu bebauen und zu bewahren. Unter der Erde, auf Säulen stehend, liegt der Hades. Das Totenreich, das Haus des Todes und Hort derer, die Sünde und Tod in die Menschheit gebracht haben. Diese Grenzen sind allerdings fließend, oder besser ausgedrückt, die Bewohner sind nicht gebunden. So finden wir den Satan mit seinem Gefolge auf der Erde, ja sogar vor Gott treten (Hiob 1). Vom Herrn Jesus lesen wir, dass er nach seinem Tod am Kreuz ins Reich der Toten ging. Auch der Mensch soll nicht an die Erde gebunden bleiben. Natürlich ist Gott am wenigstens gebunden. Er ist, wo er immer er sein will. Und so, wie Gott segnet, unermüdlich dem Menschen nachgeht und als Höhepunkt seinen Sohn zur Erlösung des Menschen gibt, so schadet der Satan unermüdlich besonders den Christen, versucht ihn abzubringen vom Glauben und mordet, lügt und schadet, wo immer Gott es zulässt. Und doch ist das Reich Satans ein anders als das der Erde und des Himmels. Wohl lesen wir in Gen 7,11 z.B. von Fenster des Himmels, oder auch Gitter. Aber nie vom Tor zur Erde, geschweige denn einer Himmelstür. Aber vom Abgrund lesen wir von den Pforten (pülei), von großen Torflügeln zur Unterwelt. Diese Pülei sind aber inhaltlich gebunden an die Vorstellung, dass der Hades eine Art Schloss oder Burg ist. Oder besser, eine Art geschlossene Stadt! Wenn Jesus also von den Pforten spricht und Begriffe wie "überwältigen" spricht, so ist ein Bild gebraucht, dass vor den Toren ein Kampf tobt oder kriegerische Ausfälle gewagt werden. In der Bibel ist es ein fester Begriff: wer die Tore der Stadt besiegt, hat die Stadt selbst im Griff. D.h. also, dass vor den Toren des Hades ein gewaltiger Kampf sich abspielt und es wohl darum geht, dass der Satan diesen Angriff Gottes auf sein Reich nicht gewinnen wird. Jesus wird den "Belsebul" = Hausherrn - überwältigen, fesseln und wird durch Tod und Auferstehung ihm entreißen, was er an sich bindet. Jesus wird dem Tode die Macht nehmen.
Das Bild beinhaltet aber auch, dass aus dieser finsteren Burg die Schar der Dämonen immer wieder ausbricht, um der Christenheit Böses zuzufügen. Und an Angriffen wird es gewiss nicht fehlen. Mordend, brandschatzend, verfolgend, lästernd zieht der Satan hervor. Er arbeitet mit allen nur erdenklichen Tricks. Es soll ihm nichts nützen. Das Haus, dass der Herr bauen will, wird bestehen bleiben. Der Schlüssel, Bild des Eigentümers der Stadt, wird in den Händen der Gemeinde Jesu bleiben. Der Hausschlüssel hat in der Regel der Hausherr oder jemand, der vom Hausherrn beauftragt ist. In Kap 10,25 nannte Jesus das Haus "Gemeinde", es ist "seine Gemeinde". Jesus ist der Hausherr. Und dieser Hausherr bestimmt Petrus und gibt ihm die Schlüssel. Jesus überträgt dem Petrus die Schlüssel zur Gemeinde auf Erden im Sinne des Verwalters, nicht dessen, der im Hause zu entscheiden hat. Auch ist mit dem Schlüssel nicht der Weg zum Himmel gemeint. Wer in den Himmel kommt oder nicht, entscheidet durch die ganze Schrift hindurch eindeutig belegt, Gott selbst. Schrecklich der Gedanke, wenn ein Mensch hier noch mitredet. Erschwerend kommt hinzu, dass "Schlüssel" im Plural steht. Petrus bekommt offenbar einen Bund Schlüssel, nicht "den Schlüssel!" Gemeint ist wohl, dass Petrus einem Mann gleicht, der Zugang hat zu den einzelnen Zimmern und Kammern des Hauases Gottes und darauf hervorholen soll, was für die Gemeinde gut ist und ihr dient. Was soll nun aber Petrus binden oder lösen? In Apg 15,19 also dem ersten Apostelkonzil, haben wir ein Beispiel für die Aktion des Petrus, den offenbar jeder akzeptierte. Damals ging es um die Frage, was die Heidenchristen vom jüdisch-mosaischem Opferkult und den Gesetzen alles halten sollten. Und Petrus entscheidet, selektiert einiges aus, läßt anderes stehen.
Petrus soll also nicht über Menschen bestimmen, sondern wie ein Verwalter des Hauses eine "Gemeindeordnung" aufstellen. Diese Ordnung soll für die Christen auf Erden Gültigkeit haben.
5. Noch ein Wort zur Stellung des Petrus
Petrus ist der Grundstein, auf den Jesus den Bau seiner Gemeinde begonnen hat. Nicht mehr und auch nicht weniger. Er ist für die Christenheit eine durchaus maßgebende Person.
Die übrigen Apostel bilden mit ihm den Bau. Neue Steine kommen täglich dazu. Christus ist der Eckstein, das tragende Element.
Petrus ist der erste, große Bekenner und Herold der Gottessohnschaft Jesu. Feierlich belohnt ihn der Herr, dass er zum Grundstein seines Hauses wird.
Das Fundament bildet Petrus nicht allein. Wir haben gehört, dazu gehören die Apostel, die Propheten etc. Petrus wird um Urbild des Gemeindeleiters und des Mannes, der verbindlich Gemeindeordnung überwacht und aufstellt. Aber auch das bleibt nicht bei ihm allein. In Kap 18, 15 spricht Jesus von der Gemeinde in gleicher Weise.
Jesus hat fernerhin nicht davon gesprochen, dass die Schlüssel übertragbar seien oder übertragen werden müßten. Vielmehr war es gerade in der Geburtsstunde der christlichen Kirche entscheidend und wichtig, die Schienen für die Zukunft richtig zu legen. Die Schlüsselgewalt im verwalterischen Sinne übt die Gemeinde als Ganzes aus und örtlich, je nach dem, wie sie sich Ordnungen auferlegt und sie Gott dienen.