Bibelarbeit über Matthäus 14, 22 – 36
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Unterteilt in die Abschnitte:
Der Gang Jesu auf dem Wasser (V.22-33)
Krankenheilungen am See Genezareth (V.34-36)
Einleitende Gedanken:
Wir finden es bei Matthäus immer wieder: der Gang des Jüngers zu Jesus. Das ganze Evangelium war bisher gekennzeichnet von einer wellenartigen Bewegung, nämlich dass Menschen aus dem ganzen Land zu Jesus kamen. Es kamen Pharisäer, Schriftgelehrte, das Volk, die Kranken, ja sogar Herodes und der Teufel selbst. Darunter viele der Schriftgelehrten, Herodes und der Satan, die sogar Dämme bauen wollten, damit gar keine Welle Jesus mehr erreicht. Ohne Erfolg. Die Masse kam zu Jesus – wie ein Welle, die an den Strand spült, aber dann wieder zurückweicht. Es bleibt ein Zagen und Zögern. Der letzte Schritt des beständigen Nachfolgens geschieht nicht. Oder doch? Doch, inmitten dieser Menschenwogen gibt es den beständigen Zug zu Jesus. Der Wind, der diese Welle treibt, ist der Glaube. Wir erinnern uns an die Weisen aus dem Morgenland (K.2,1ff). Sie "fielen nieder und huldigten ihm!" Oder bei der Berufung der Jünger (K.4,18ff): "Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.
Und dann wieder die Wellen des Volkes: "Als die Leute dort ihn erkannten, schickten sie Boten in die ganze Umgebung!" (K 14,34). Wir bleiben in diesem, hier allerdings realen Bild von Jesu Gang auf dem Wasser.
Einzelauslegung:
Vers 22:
Die Situation:
Es geschieht hier etwas eigenartiges. Jesus fordert seine Jünger sehr nachdrücklich auf, schon in den Kahn zu steigen und voraus zu fahren. Er wolle die Menge verabschieden. Theodor Zahn (T.Zahn, Das Evangelium des Matthäus, TVG, 1984, S.513) stellt dazu für mich einsichtig fest, dass Jesus keinen Grund hatte, die Jünger wegen der Menge zu entlassen. Auch finden wir Jesus im Gebet und seine Jünger sind in der Nähe. Warum hat der Herr seine Jünger voraus geschickt? Wir können die Antwort nur darin sehen, dass er den Jüngern auf die baldige Art begegnen würde. Tiefer lässt uns Matthäus nicht schauen.
"Er forderte sie auf..." Im Grundtext steht: (änankasen) zwingen, nötigen. Im Sinne von: nachdrücklich auffordern.
Vers 23 – 25:
Das wird nicht so schnell gegangen sein, dass der Herr die vielen Menschen wegschickte. Der Herr schickt sie nach Hause, weil er sich nun im Gebet dem Vater widmet und der kleinen Schar von Jüngern. Jesu Art und Weise, wie er sein Werk ausgeführt hat, bleibt für mich immer ein Wunder. Es widerspricht so oft den gängigen Erfahrungen. Ich muss immer daran denken, dass der Herr sich ca. drei Jahre zum Wirken nahm. Und von diesen drei Jahren hat er sehr viel Zeit seinen Jüngern gewidmet. In diesem Fall wirkt der Herr immer wie ein Trainer, der – am Beispiel der Brotvermehrung – seine Jünger sendet. Jesus schickt die Menge nach Hause, weil er Zeit zum Gebet braucht und haben will. Er steigt auf einen Berg, um "in der Einsamkeit zu beten!" Allein hier wäre eine Bibelarbeit notwendig zum Thema Gebet und Berg. Vielleicht gibt die Höhe des Berges dem Beter das Empfinden, dem Himmel näher zu sein. Matthäus betont das nicht. Er sagt: Jesus wollte mit seinem Vater allein sein.
"Spät am Abend..." Vom Grundtext ist es so zu verstehen, dass der Herr vor Anbruch der Dunkelheit auf den Berg stieg und bis zur vierten Nachtwache, also gegen drei Uhr morgens dort im Gebet verharrte. Die Jünger waren derweil gerade in der Mitte des Sees angelangt und kämpften verzweifelt mit den Wellen. Das ergibt einen für Matthäus so typischen Kontrast: Jesus in der Stille des Gebets, die Jünger im Aufruhr der Elemente.
Im übrigen scheint es mir, als hätte Matthäus nie großes Interesse am besonderen Darstellen des Ungewöhnlichen. Matthäus will das Augenmerk nicht auf das Wunder, sondern auf den Wundertäter richten. Darum erwähnt er kurz und knapp: Jesus kam zu den Jüngern. Er ging auf den See." (übrigens:Eine Stadie betrug ca. 180 m). Die Jünger wurden hart bedrängt. Das griech. Wort basanizomenon kann mit "foltern", hier eher "hart zusetzen" übersetzt werden.
Es ist eigenartig: die Jünger bekommen einen klaren Befehl: fahrt zum nächsten Ufer. Jesus zieht sich zurück. Ohne den Herrn fahren sie gehorsam los und erleben nur "Gegenwind und Todesangst!" Jesu Befehle zu folgen, kann äußerst unangenehm werden. Jesu Willen zu tun, viele Nachteile mit sich bringen. Aber gerade in dem sie sich ins Boot setzen und Jesu Aufforderung nachgehen, erleben sie auch sein Wirken. Der Herr will seinen Jüngern – wie so oft – Glaube lehren!
Vers 26:
Die Jünger haben mit dem Herrn schon mancherlei Wunder erlebt. Ihre Welt ist sicher um einiges realistischer geworden. Besondere Gänsehaut durchfährt sie sicher noch, wenn sie an Gerar denken, wo der Herr den besessenen Gerasener heilte. Mich wundert es nicht, dass die Jünger in Panik geraten, wenn sie eine helle Gestalt auf dem Wasser gehen sehen. Dazu noch auf sie zu. Und hier hören wir die tapfere, gestandene, sicher auch muskelstarke Männer schreien. Schreien vor der unsichtbaren Welt und vor deren Macht. Jesus wird dieser Gewalt am Kreuz bald völlig ausgesetzt sein. Und kommt, was dem Matthäus das Wichtigste ist: die Begegnung des Jüngers mit dem Herrn. Der Zuspruch, der Glaube wirken soll. Und der Gang auf den unsicheren Elementen.
Vers 27-31:
Jesus ruft ihnen zu: Habt Vertrauen. Fürchtet euch nicht länger! Und im Grundtext besonders deutlich: ego eimi: ich, ich bin es.
Doch die Jünger verlieren ihren Schrecken nicht. Petrus – hier der für ihn typische Zweifel: "Herr, wenn du es bist, dann..." Jesus sagt zu Petrus nur: Komm. Und dann geschieht der Glaube. Der Gang eines Menschen, schnurgerade zu Jesus, den Blick fest auf ihn gerichtet. Das ist Glaube. Zu erleben, dass das, was der Meister vermag, auch der Jünger kann, solange er glaubt. Aber auch zu erleben, dass der Meister den Glauben ergreift, der schwankend wird, auf die Wellen schaut, den Blick von ihm abwendet. Beides. Beides finden wir im Petrus wieder: den starken Glauben, das tiefe Zutrauen: Herr, mit Dir kann ich über Mauer springen. Und dann wieder der ganze Mensch Petrus. Der die Wellen sieht, den Blick abwendet vom Herrn. Seinen Glauben "über Bord zu werfen" scheint. Doch im letzten Augenblick gelingt der Augenkontakt. Petrus hat kein Zutrauen mehr, er sieht nur noch die äußeren Berge und den harten Gegenwind. Aber er tut das einzig richtige. Er schreit: Herr, rette mich. SOS. Save our Souls. Rette mein Leben. Lass mich nicht untergehen. "Darum soll jeder Fromme in der Not zu dir beten; fluten hohe Wasser heran, ihn werden sie nicht erreichen!" (Ps 32,6). Jesus hilft und sieht auch den Glauben, der nur noch in Form eines verzweifelten Gebets zu ihm dringt. Jesus ergreift die Hand des Petrus. Und da haben wir es wieder: die Berührung. Das Festhalten. Jesus glaubt für seinen Jünger mit, will aber, dass er glauben lernt.
Ein Herr, der auf den Elementen gehen kann. Ein Jünger, der im Blick auf ihn ebenfalls die Elemente übersteigt. Und dann ein Herr, der diesem Jünger glauben lehrt: komm! Vertraue mir. Hab keine Angst. Und: ich bin dir, alle Tage, bis ans Ende der Welt. Die Fluten sollen dich nicht ersäufen (Jes 43,2). Ein Herr, der dann zu den anderen ins Boot steigt und mit ihm kehrt sprichwörtlich die tobende Welt außen und innen zur Ruh. Wie können sie anders, als anbetend vor diesem Gewaltigen und zugleich so Barmherzigen niederfallen und sagen: Du bist so ganz anders als diese Welt. Du musst Gott sein, Gottes Sohn bist du.
Krankenheilungen am See Genezareth (V.34-36)
Wie anders ist die Begegnung hier. Auch hier kommen Menschen scharenweise zu Jesus. Auch hier bitten sie darum, "berühren" zu dürfen. Doch es ist nicht der Glaube. Sie wollen geheilt werden und danach Jesus "einen guten Mann sein lassen!"
Das Schiff geht bei Gennesar vor Anker, südlich von Kapernaum, wohin sie der Wind getrieben hatte. Auch nach der Sturmstillung ankerten die Jünger also gleich dort, wo es am nächsten war. Dort sprach es sich in Windeseile herum, dass der Herr da war und somit die Chance bestand, von Krankheiten frei zu werden. Die Heilung vollzog sich dort – ähnlich wie bei der blutflüssigen Frau allein durch die Berührung seines Gewandes. Aber so wie der Herr bei dieser Berührung im Weitergehen begriffen war, so gehe ich davon aus, dass der Herr sich in der Gegend nicht aufhalten wollte.