Predigt über Matthäus 14,1ff und Markus 6, 14-29


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Einleitung

Lieben Sie Krimis? Diese Frage, liebe Gemeinde, stellte einmal Helmuth Burkhardt Dozent auf St.Chrischona in einer Predigt. Über ihren Inhalt weiß ich nicht mehr viel - nur dieser Satz blieb mir in lebhafter Erinnerung. Lieben Sie Krimis! I vergangenen Urlaub im schönen Ostfriesland hatte ich reichlich Gelegenheit zum Lesen. Nach einer Woche hatte ich die geistliche Lektüre satt und ich griff in einer Buchhandlung nach einem Krimi. Nicht von der billigen Sorte. Ich entschied mich für die "Queen of Crime", der Lady Agatha Christi. In diesen Büchern geht es hintergründig um Mord, vordergründig, und das machen die Bücher so reizvoll, um Charaktere. Agatha Christi widmet unendlich viel Geduld dem Menschen. Männer und Frauen mit schlimmer und völlig normaler Vorgeschichte. Und diese Kriminalgeschichten handeln davon, was einen Menschen dazu bringen kann, etwas zu tun, was er nie von sich gedacht hätte. Oft wird der Mensch Opfer einer persönlichen Schwäche. Die Tragik liegt darin, daß er für diese Schwäche das eine opfert, was der Schwäche bisher immer einen Maulkorb umgehängt hat, das Gewissen. Ich lade Sie heute abend zu einem Krimi in der Bibel ein. Zu einem grausigen Mordfall ohne direkten Täter. Und es wird am Schluß die Frage bleiben: Wer war eigentlich der Mörder? Zu was ist im Grunde jeder Mensch fähig, wenn er zugunsten einer persönlichen Unzulänglichkeit die Stimme Gottes ersterben läßt - das Gewissen. Doch hören wir zuerst einmal zu:

Lesung von Matthäus 14,1ff oder Markus 6, 14 - 29

1. Johannes der Täufer - oder wer zuviel weiß, muß sterben

Im Grunde genommen weiß es ganz Israel und die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Herodes, einer der Söhne des Herodes des Großen, hatte offenbar einen Bruder oder Halbbruder, der in Rom lebte. Und dieser Bruder mit Namen Philippus hatte eine sehr gut aussehende Frau. Wie alles genau kam, wer kann das sagen? Eines ist sicher: Herodes hat seiner Frau den Laufpaß gegeben und hat die Frechheit besessen, im Hause seines eigenen Bruders seiner Schwägerin einen Heiratsantrag zu machen. Diese wiederum ließ sich von Philippus scheiden und lebte ein pompöses Leben mit ihrem Aufschneider und im Grunde genommen Weichling Herodes. Dieser herrschte unter Roms Gnaden als königlicher Verwalter in Galiläa und einem Teil von Ostisrael - Peräa. Die Juden nannten in -"Basileus" König, obwohl ihm der Orden keineswegs zustand. Aber er und seine Herodias genossen es. Was juckt es ihn, daß Gräber etwas heiliges für die Juden darstellt? Wir leben in einem rationalen Zeitalter - und so erbaute er seine Residenzstadt Tiberias am See Gennezareth auf einem jüdischen Friedhofsgelände mit der Folge, daß kein Jude die Stadt betrat, selbst Jesus nicht, und jeder in haßte. Alle wußten, Herodes beging nicht nur Blutschande, er war auch ein Ehebrecher. Alle wußten, dieser Frauenheld war gottloser als der Kaiser in Rom, aber sie nannten ihn alle Basileus. In einer Landschaft, indem das Unrecht geduldet wird, wo man statt Ehebrecher König sagt, wo jeder schweigt um der eigenen gesunden Haut willen, in dieser Umgebung entsteht nur zu gern eine Herrscherkaste nach dem Vorbild des Herodes.

Männer, die einen Schein der Frömmigkeit haben - wir lesen, daß Herodes sehr gern die Stimme des großen Predigers in der Wüste hörte. Und das sogar mit einem gewissen Ernst. So eine richtig schaurige Gerichtspredigt wirkt auf ihn wie ein scharfer Schnapps - man schüttelt sich, es beißt und brennt, man sagt sich, der hat im Magen (im Leben) wieder mal aufgeräumt, und dann lebt man genauso weiter wie zuvor auch. Herodes war nicht taub für die Stimme Gottes. Er hörte sie, er nahm sie wahr. Jesus klopfte an die Herzenstür. Seine Hand war schon immer an der Klinke. Aber der Preis schien ihm zu hoch. Wir machen hier einen kurzen Einschnitt: Was war die Schwäche des Herodes? Waren es die typischen Unzulänglichkeiten eines Despoten? Der englische Erweckungsprediger H.Spurgeon bringt es auf den Punkt, wenn er die drei Versuchungen nennt, die einen Prediger, ich meine aber auch jeden Christen zu Fall bringen können: Girls, Gold and Glory - Frauen (Männer), Geld/Besitz und Ansehen (Ruhm und Ehre). Herodes hatte eine Schwäche für Frauen, für Prunk und Glanz und für Eitelkeit (siehe rauschende Feste). Die Frage stellt sich: Was sind meine Schwächen?

2. Herodias - eine Frau, die ihre Schwäche für Stärke hält

Johannes der Täufer hat es gewagt. Er hat Farbe bekannt, Unrecht beim Namen genannt und das öffentlich. Johannes ließ den Basileus eben nicht "in Ruhe", damit ich meine Ruhe habe. Und gerade darin bewies er geistliche Souveränität. Dekan Dellit hat am 16.Juni 1996 anläßlich eines Jubiläums in seiner Begrüßungsrede zu den Anwesenden gesagt, daß er es an der Landeskirchlichen Gemeinschaft bemängele, daß sie alle Pfarrer in gläubig und nicht gläubig unterteile. Johannes der Täufer warf dem selbst ernannten Kleinkönig nicht vor, daß er nicht gläubig sei. Aber er sagte ihm, was alle dachten: Du lebst im Ehebruch! Du hast eine Blutschande auf deinem Gewissen. Dekan Dellit hat recht, wenn er sagt, wir sollen aufhören, uns anzumaßen, ein Urteil den Glauben der Pfarrer auszusprechen. Aber wer hat den Mut von uns, dem Dekan mal zu sagen, daß die Kirche in vielen Gemeinden nicht mehr die Notwendigkeit der Bekehrung predigt? Wer sucht das Gespräch mit ihm? Die Juden haßten den Herodes, aber solange er sie in Ruhe ließ, lassen sie ihn auch in Ruhe. Dem Johannes war das Schicksal des Herodes nicht gleichgültig. Und Herodes spürte vielleicht etwas davon. Sein Gewissen wurde jedesmal berührt. Dafür wurde Johannes gehaßt, nicht von Herodes, aber von denen, die ihm stets gottlose Gesellschaft leisteten. Wenn ein Gott ferner Mensch ins Nachdenken kommt,. kann man davon ausgehen, daß es noch Gottlosere gibt, die ihn daran hindern, mehr ins Licht zu treten.

Herodias ist eine Frau nach dem Format einer Isebel. Schön, schlau und gerissen. Ihre Schwäche ist ihr abgrundtiefer, nachtragender Haß, Sie haßt Johannes für die ihr angetane Schmach. Sie haßt ihn mit jener kühlen Berechenbarkeit, die sie einer lautlosen Spinne ähneln läßt. Im griechischen Text des heutigen Abschnittes steht: eukairos. Wörtlich: Guter Zeitpunkt. Ihr Plan ist ausgeklügelt bis ins letzte Detail: Ein rauschendes Fest, hohe Militärs und alle Vornehmen Israels sind eingeladen. Sie werden viel Wein saufen. Herodias kennt ihren Gatten haargenau. Sie weiß, daß er im nüchternen Zustand Johannes zwar einkerkern ließ - auf ihr ständiges Drängen hin - aber töten läßt er ihn nicht. Er hat Angst vor ihm. Es ist ein Heiliger. Nüchtern nicht, gut, dann muß er trunken sein. Weiter ist Herodes eitel. Wenn alle Großen da sind, prahlt er und schießt maßlos übers Ziel hinaus. Doch das alles reicht noch nicht. Wie kriege ich meinen Mann ins Netz? Prunksucht, Ehrsucht (Gold and Glory) sind gegeben. Ah ja: Girls. Frauen. Ganz plötzlich bringt Herodias-wohlweislich stets vornehm im Hintergrund, ihre eigene Tochter ins Spiel, deren Schwäche sie ebenfalls auszunutzen weiß, Ihre Sucht, gefallen zu wollen. Sie tanzt einen erotischen Tanz. Das Netz wird enger gespannt. Herodes hat seinen Schwächen nicht wiederstanden.

Er hat gesoffen, geprahlt und der Erotik der eigenen Tochter gefrönt - das schreiende Gewissen abgetötet, immer wieder das Kissen der Begierde drüber gestopft: Ich geh dir alles, was du willst. Die Hälfte des Königreiches von mir aus! lallt er. Salome hat nur eines im Kopf, sie ist die Schönheitskönigin des Abends. Sie rennt zur Mutter. Warum sollte ich eigentlich tanzen? Das weiß nur Herodias. Da! Die Spinne beißt zu. Ich will den Kopf des Johannes!

3. Mit wem soll ich mich vergleichen?

Johannes stirbt. Er wird zum sinnlosen Opfer einer hassenden Frau, eines betrunkenen Schwächlings, der auch der letzten Warnung Gottes nicht mehr gehorcht, und dem Glamourgirl Salome. Die Jünger des Johannes holen den kopflosen Meister ab und begraben ihn. Der Vorhang fällt. Wer ist der Täter? Der Fall bleibt ungelöst. Ein Gerichtsprozeß findet nicht statt. Das Leben geht weiter. Alle wissen es. Keiner tut was. Am Johannes hat man ja gesehen, wohin es führt, wenn man sich zu weit aus dem Fenster wagt. Doch bei Gott ist die Geschichte nicht zu Ende. Erinnern wir uns, der heutige Abschnitt begann damit, daß ein zweiter Mann auf der Bildfläche erscheint. Einer, der auf Herodes noch unheimlicher wirken muß: Jesus Christus. Hat nicht Johannes von ihm erzählt? Die Gerüchte über ihn überschlagen sich. Johannes ist wieder auferstanden! Nein, es ist Elia. Der Messias! Diesem Jesus würde er ebenfalls kurz vor der Hinrichtung wieder sehen. Wir lesen in der Bibel, daß er sich freute, Jesus zu sehen. Er wollte ihn hören. Er fragte ihn viele Fragen. Im Lk. Kap 23, 9 lesen wir aber das erschreckende Wort: Er aber antwortete ihm (Herodes) nichts.

Schluß

Dieser Jesus Christus ging ans Kreuz. Wie Johannes starb er, weil er dich liebt und es wagt, Dir die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit über deine Schwächen, die er tragen möchte. Die Wahrheit über deine Sünde, die er Dir vergeben möchte. All das nehmen wir dankbar an. Er sagt uns aber auch, wenn wir unsere Schwäche für Stärke halten. Wenn wir Sünde verniedlichen und unser Gewissen ersticken wollen. Er sagt uns die Wahrheit, wenn wir die Bibel lesen und Predigt nach Predigt hören, aber wenn es keine Konsequenzen in unserem Leben hat. Ich frage Dich: wirst Du Jesus lieben dafür, daß er Dich an deine Versäumnisse erinnert? Ich bitte Dich, höre auf seine Stimme, tue was er sagt. Es gibt ein zu spät. Herodes ist ein schreckliches Beispiel dafür, was es heißt, daß Jesus einmal nicht mehr redet. Amen.