Bibelarbeit über Matthäus 14, 13 - 21

erstellt durch Michael Stauch


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Wir können besonders in den Kapiteln 10-13 verfolgen, wie die Stellung der Schriftgelehrten und Pharisäer, die Stellung des Volkes und die der Bedürftigen zu Jesus sich vollzieht. Wir können verfolgen, wie der Abstand und die Feindschaft der erst Genannten zu Jesus immer stärker wurde. Und Jesus redete zum Volk in Kapitel 13 in Gleichnissen, die offenbarten und gleichzeitig verhüllten. Nun erleben wir Jesus wieder wie in Kapitel 8 und 9, wo er mit großer Barmherzigkeit und Liebe dem Volk sich zuwendet und sie alle beschenkt. Wo Jesus Einzelnen geholfen hat, sie von Krankheiten und Dämonie befreit hat, so beschenkt er nun das ganze Volk, ungeachtet ihres Glaubens oder ihrer Haltung zu ihm. Sie alle bekommen von Jesus Brot! Wir werden an die vielen Situationen erinnert, wo Jesus Tischgemeinschaft hatte. Zuletzt in Kapitel 9, als er den Apostel Matthäus berief und mit den Zöllner Tischgemeinschaft hielt. Wir werden erinnert an Matthäus 11,28, wo Jesus dem Volk zuruft, sie mögen doch zu ihm kommen, er wolle sie versorgen. Vielleicht beschreibt dieses Kapitel am ehesten das Bild des großen Hirten, um den sich seine Schafe sammeln und er führt sie auf frische Weide. Hinzu kommt, daß der Herr mit schöpferischer Kraft den Menschen Brot gibt. Auch hier werden wir erinnert an Matthäus 4, als der Teufel zu Jesus sagt, er solle seinen Hunger stillen und die Steine zu Brot verwandeln. Und wir werden erinnert an Matthäus 12,38ff, wo die Pharisäer vielleicht gerade so ein Zeichen wollten. In beiden Fällen hat es der Herr verweigert. Hier hat das Volk, die Männer und Frauen und besonders auch die Kinder, die haben Hunger und der Herr gibt allen. Unerschöpflich ist seine Kraft. Er gibt ihnen das geistliche und immer auch das materielle Brot! Hier möge erwähnt sein, wie kunstvoll Matthäus alle Geschehen mit Jesus zusammengefügt hat. Jesus möchte mit diesen Menschen Gemeinschaft haben. Schon sehen wir einen Vorläufer des Abendmahls, doch wir spüren es: der Abstand des Volkes zu Jesus ist trotz allem nicht aufgehoben. Die Frage aus Kapitel 12,23: Ist dieser nicht Davids Sohn? taucht nicht mehr auf. Es reicht höchstens bis zum "Brotkönig" (Joh 6,15). Nun, da Johannes, der Täufer tot ist, stellt sich auch noch einmal die Frage, ob er Elia sei. Aber der Messias? Hat sich das Volk den Messias als jemanden vorgestellt, der Brot unter die Menge verteilt? Der Abstand bleibt bestehen und endet einmal in dem lauten, einheitlichen Ruf:"Kreuzige ihn. Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!"

Zur Exegese:

Vers 13 und 14:

Jesus hörte von der Hinrichtung des geliebten Johannes, dem Täufer. Ob in den Köpfen der Jünger noch einmal die flammende Rede Jesu aufflackerte, als er sprach (K.10,34): Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert...zu erregen wider seinen Vater und die Tochter wider ihre Mutter..." Salome, Herodias, Herodes...Johannes wurde das Opfer und den Jüngern wurde plastisch vor Augen geführt, wie schwer es sein kann, Jünger Jesu zu sein. Daß sie ihrem Herrn trotzdem treu bleiben, zeigt ihre geistliche Haltung und Liebe zu Christus. Und tut der Herr auch genau das, was er seinen Jüngern gesagt hat (10,23):" ...so fliehet in eine andere!" Jesus weicht dem Druck gegen das Himmelreich aus, er flüchtet nicht feige, sondern sucht Stille für sich und Stille für seine Jünger. Doch die wird er nicht bekommen. Kaum ist er an einen Ort gefahren, den Matthäus nicht nennt, kaum hat er seinen Fuß auf trockenen Boden gesetzt, da ist die Menge schon vor ihm da. Und dieser Herr, dem man nach modernen Managementmethoden doch sagen müßte: Du mußt auch hart sein können. Jetzt schick das Volk nach Hause und komme Du zur Ruhe!", dieser Herr dreht es das Herz um. Es scheint, als müsse er helfen, heilen, trösten, aufrichten. Auch wenn er weiß, daß die geheilten Hände, Füße, Münder und Augen ihn bald ans Kreuz wünschen.

Vers 15:

Jesus ist auf dem See Genezareth gefahren und kam in eine Gegend, die "öde" war. Ich vermute, daß der Herr sich nicht im Osten aufhielt, wo er den Besessenen heilte, auch nicht im Westen in Kapernaum. Der Süden wohl auch nicht. Bleibt der Norden, vielleicht in der Nähe der Golan-Höhen. Vermutlich gab es dort versprengte, kleine Dörfer oder Weizenfelder, wo die Bauern ihre Hütten hatten. Dort wollten die Jünger die Menschen verweisen, daß sie sich etwas zu essen kaufen können. (Es ist interessant, wie einfach es heute ist, sich Nahrungsmittel zu kaufen. Da kann man überall in einen Laden schnell gehen. Damals war es wirklich ein Problem).

Vers 16-18:

Ich habe mich oft gefragt, wenn ich in dieser Zeit gelebt hätte, wie ich reagiert hätte. Die Jünger hatten doch soviel Wunder mit Jesus erlebt, warum kam ihnen nicht der Gedanke, daß der Herr hier aushelfen kann? Warum nicht mit den Worten Marias sprechen bei der Hochzeit von Kana: "Was er euch sagt, das tut!" Aber werden die Jünger darum getadelt? Fehlt ihnen der Glaube? Matthäus erwähnt keinen Tadel. Es scheint korrekt, daß der Jünger mit den natürlichen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, versuchen soll, die Not zu lindern. Wunder sind nicht etwas, daß der Herr frei nach Belieben aus einem Zauberhut hervorbringt. Sie bleiben von ihrem Wesenszug etwas, das völlig unerwartet eintritt und wieder aufhört. Man kann Wunder von Jesus nicht erpressen, einklagen, fordern. Die Jünger erbitten es nicht einmal. Sie sind bereit, zu organisieren, was nötig ist. Und sie sind offen, wenn der Herr ein Wunder schenkt.

Mit dem Fisch ist wohl "gesalzener Fisch" gemeint, der auf diese Art aufgehoben wurde. Auch hier wird deutlich, daß die Jünger im begrenzten Maße "Vorräte" dabei hatten.

Mit diesen geringen Mitteln sollen s i e das Volk sättigen. Sie haben nur fünf Brote und zwei Fische. Aber mit dem Herrn haben sie Tonnenweise Brot und Fisch. Der Herr bewirkt das Wunder, der Jünger teilt die Frucht des Wunders aus! So bleibt das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit. Aber es hebt nicht meinen Einsatz auf, das Wunder Jesu den Menschen zu bringen. Aller "geistlicher Erfolg" wird hier relativ. Weil alles dem Herrn gehört.

Vers 19:

Es sei nebenbei erwähnt, daß es interessant ist, wie Jesus betet: Er nimmt das Brot in die Hand, er blickt hoch zum Himmel und spricht aller Wahrscheinlichkeit ein jüdisches Dankgebet: "Gesegnet bist Du, Du Allerhöchster, der Du das Brot aus der Erde wachsen läßt!" (Eulogätos ho exalgon arton ex täs gäs)..

Jesus bricht das Brot, worin wieder das Brechen seines Leibes herausklingt. Er bricht das Brot und sendet die Jünger unter die verlorenen Schafe Israels.

Vers 20 und 21:

Sie wurden alle satt. Jesus versorgt geistlich und materiell. Das ist wichtig. Denn hier zeigt Jesus seinen ihm eigenen und auch urchristlichen Wesenszug: das geistliches Brot und materielles Brot vom Jünger gleichermaßen zu geben sind. Jesus erweist sich als der Herr, indem er teilt, was er hat. Er teilt seine Zeit, seine Kraft, seine wenige Habe mit denen, die nichts haben. Die Menschen sehen das Wunder. Wären wir die Veranstalter gewesen, wir hätten vermutlich berichtet, daß über 5000 Menschen zu unserer Versammlung kamen. Wir hätten erzählt, daß Gott ein großes Wunder vollbracht hat und hätten es mit der geistlichen Gesundheit unserer Gemeinde und unserer Theologie in Einklang gebracht. Nicht so bei Jesus. Bei Jesus finden wir keine Überbetonung des Wunders. Es geschieht geradezu unauffällig. Matthäus fragt auch nicht, wie es geschehen ist. Es geschieht, es wird dankbar angenommen, es bleibt sogar viel übrig. Wichtig ist der Herr. Wichtig ist, das der Herr seine Jünger zu geben veranlaßt von dem, was sie haben. Sie arbeiten diakonisch. Sie erinnern mich an die Leute, die bei Massenmahlzeiten am Tisch stehen und das Essen austeilen. Wer will sie erwähnen? Matthäus erwähnt es. Ihm ist es wichtig. Alles geschieht in einer spirituellen Nüchternheit. Das Wunder geschieht im alltäglichen Rahmen.