Bibelarbeit zu Matthäus 26, 69-27,14

erstellt von Michael Strauch


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Folgende Unterteilung:

1. Kap 26, 69-75: Die Verleugnung des Petrus

2. Kap 27, 1+2; 11-14: Jesus vor Pilatus

3. Kap 27, 3-10: Reue und Selbstmord des Judas

A: Evangeliensynopse:

zu 1: Die Verleugnung des Petrus:

bei Markus (MK 14, 66-72)

Von Markus erfahren wir:

Einschub:

Drei trauende Menschen: der weinende Petrus, der leidende Christus und der schreiende Judas. Drei Ankläger: die Mägde den Petrus, die Hohenpriester den Christus, Judas sich selbst. Hier kämpfen zwei Sinneswahrnehmungen mit: Das Auge - die Magd schaut Petrus eindringlich an, der Herr sieht den Petrus an, Judas sieht das Unglück an (Kap 27,3). Die Ohren: Der Hahn krähte zweimal. Ein Jünger weint, weil er mit Worten verleugnet hat, ein Jünger stirbt, weil seine Worte den Herrn verraten haben. der Herr schweigt und wird zum Tode verurteilt.

Bei Johannes: (Joh 18,25-27)

Von Johannes, der sich sehr kurz fäßt, erfahren wir noch zusätzlich:

zu 2. Kap 27, 1+2; 11-14: Jesus vor Pilatus

bei Markus (MK 15, 1-5)

Von Markus erfahren wir:

bei Lukas:(Lk 23, 1-5)

Von Lukas erfahren wir:

Bei Johannes: (Joh 18,28-40)

Von Johannes, der sich sehr ausführlich damit befäßt, erfahren wir noch zusätzlich:

3. Kap 27, 3-10: Reue und Selbstmord des Judas

bei Markus, Lukas und Johannes:

Markus, Lukas und Johannes erwähnen den Tod des Judas nicht.

Nur Matthäus berichtet von Judas. Siehe auch Apg 1,15-21.

B: Zur Exegese:

zu 1: Kap 26, 69-75: Die Verleugnung des Petrus

Großartig ist die Heilige Schrift. In ihr finden wir Schlachtengetümmel, große Bewegungen und Wunder, und dann, immer wieder, den Enzelnen. Inmitten des größten Geschehens aller Zeiten hat Gott Zeit und hält es über die Maßen wichtig, den Blick auf 62;Einzelne" zu lenken. Anders als die Biographien unserer Glaubenshelden, finden wir in der Bibel Menschen in ihrem Versagen. Drei tragische Gestalten: Petrus, der wie ein verirrtes Kind den Geliebten von ferne sieht und doch nicht näher kann. Judas, der den Geliebten verriet und nun unter der grauenvollen Last der eigenen Schuld sich selbst richtet und inmitten der Beiden der Herr Jesus Christus, Opfer von Intrigen, Lügen, Schlägen. Und die Hände, die ihn schlagen, sind die, die ihn verherrlichen sollten. Der ganze Text atmet die Verzweiflung, die nackte Angst, das Grauen, Schreien, Fluchen, Weinen - und inmitten all dem: das Schweigen des Lammes Gottes. Gott nimmt uns bei der Hand. Unmerklich sitzen wir mit am Feuer, stehen neben Pilatus und hören das Klimpern der Silbermünzen, wie sie gleich Totenglocken gegen die Wände des Tempels schlagen. Zuerst sitzen wir aber am Feuer:

Die Nacht ist kalt. Vielleicht ist sie kälter als die bisherigen Nächte. Es ist die Nacht, in der niemand wirken kann. Die Nacht der Sitzungen, wo Stadtoberhäupter, Theologen und Älteste Mordpläne schmieden und dreiste Komplotte. Die Nacht, wo ein Jünger sich die Schlinge um den Hals legt, die Nacht der Nächte. Kalt ist es in dieser Nacht. Kalt sind die Herzen. Sie alle, ob Jünger oder Schriftgelehrte, ob Nachfolger oder Gegner, sie alle werden in dieser einen Nacht unendlich schuldig. Sie werden und handeln irre an diesem Menschen. Die Nacht, wo man sich wärmen möchte. Doch Feuer kann das Frösteln im Innern nicht vertreiben.

Vers 69: Petrus saß draußen im Hof der Tempelanlage. In unmittelbarer Nähe fand der Prozess gegen Jesus statt. Ob Petrus das Schlagen hörte, wie rohe Hände den Herrn ins Gesicht fuhren? Er sitzt am Feuer, gesellt sich gefährlich nahe zu anderen Leuten. Drei Jahre lang war er fest an der Seite Jesu. Drei Jahre lang hat er alle und alles verlassen. Wer Jesu Gegner war, war auch seiner. Nun sucht er sie wieder, die alten Bekanntschaften, das alte, jüdische und damit geordnete Leben. Er ist 62;draußen" und gesellt sich unter anderem zu der Dienerschaft der Priester. Doch wer Jesus nachgefolgt ist, kann nicht einfach zurück. Eine Magd des Hohenpriesters nimmt den Fremden genauer ins Visier. Sie beobachtet ihn, grübelt und entsinnt sich. Wenn sie sich an keinen der Jünger erinnern könnte, an diesen erinnert sie sich. Er war quasi ein Wortführer. Sie steht auf, tretet zu ihm hin und tut das, was wir von Kindestagen kennen und was in allen diktatorischen Staaten funktioniert: Denunziation. 62;Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa. Mit dem Mann aus Nazareth." Ein 62;Mann aus Galiläa" konnte damals auch mit anderen Ohren gehört werden - ein Zelot. Ein Aufrührer gegen das römische Imperium.

Vers 70: Und Petrus reagiert, wie die meisten Menschen auch später reagieren. Wenn es um die eigene Haut geht, zieht man sich aus der Affäre. Auch Schweigen zum offenen Unrecht ist Schuld. War denn diese Leugnung nötig? Erinnern wir uns, wie Jesus im Garten Gethsemane seine Schächer fragte, wenn sie suchten und sie antworteten: Jesus von Nazareth. Und wie der Herr sagte, das er es sei und die anderen solle man laufen lassen. Die Jünger verfolgte in dieser Nacht niemand. In dieser Nacht sog der Herr alle Blicke, alle Gedanken, alle Fäuste und Flüche, allen Spott und alle Urteile auf sich wie ein Magnet.

Doch Petrus hat Angst. Angst, wie einst Sara Angst hatte und um ein Geringeres log (Genesis 18,15. Petrus antwortet sofort: Ich weiß nicht, ich verstehe nicht! Die Antwort ist geschickt gewählt, denn er leugnet den Herrn aus seiner Sicht nur halb. Er stellt sich dumm wie einst David beim König der Philister.

Vers 71+72: Doch dem Petrus wird es mulmig. Er steht auf und verläßt die Gruppe, bewegt sich in Richtung Torhalle, dem Eingang zum königlichen Palast. Doch dann beginnt das Getuschel. Wer erst einmal den Schatten der Denunziation an sich hat, kommt nicht mehr so leicht davon.

Eine weitere Frau will ihn gesehen haben. Sie spricht mit den Nachbarn und bedient sich ebenfalls der uralten Methode, um Menschen an den Pranger zu stellen: die üble Nachrede. Petrus leugnet nun deutlich und bekräftigt es mit einem Eid. Er kennt diesen 62;Menschen" nicht.

Ob Petrus in diesem Moment alles vergaß? Vergessen die Worte, die der Herr in der Bergpredigt über das Schwören sagte? Petrus schwört vermutlich bei Gott, dass er Jesus nicht kennt. Mit dem Schwur fällt er zurück in die alte Gemeinschaft, doch sie nimmt ihn nicht mehr an. Er ist suspekt geworden. Mitgehangen, mitgefangen. Nach Markus kräht in diesem Moment zum ersten Mal der Hahn! Der Morgen graute, die kultischen Handlungen und Vorbereitungen wurden beim Hahnenschrei beendet.

Einschub:

Auf vielen Kirchtürmen prangt eigenartiger Weise ein Wetterhahn. Eigenartig, weil er doch eine unangenehme Erinnerung darstellt an den Fall des großen Petrus. Unangenehm, weil er stets die Kirche und ihre Gläubigen mahnt: verleugnet den Herrn Jesus nicht. Der Hahn ist zum Wetterhahn geworden, der je nach Windrichtung mal in diese, mal in die andere Richtung sich dreht. Doch wie immer es sich auch dreht, er bleibt der Hahn, der ausruft: verleugnet den Herrn Jesus nicht! Kann ich den Herrn Jesus verleugnen? Jeder ist von uns dazu fähig. Und wenn wir den Herrn in schweren Momenten nicht verleugnen, ist es Gottes Schutz. Aber geschieht Verleugnung auch im Kleinen, Unscheinbaren? Was meint denn 62;verleugnen" am Beispiel des Petrus? Verleugnen heißt, Abstand nehmen, sich zur Wahrheit nicht bekennen, weil man dann unter Umständen 62;ein Geschmäckle" hat. Man will mit allen Menschen, besonders den direkten Nachbarn (am Feuer) in Frieden leben. In der Nähe zu Jesus gehören und in brenzligen Momenten einen Fuß in der Gesellschaft haben. Man kann das auch fromm tarnen, indem man sagt: man soll als Christ kein Anstoß sein. Oder man will die Menschen lieben und sie gewinnen für das Evangelium. Und dann sagt man schweigend zu vielem Ja und Amen, wo ein klares Wort nötig wäre. Vielleicht sogar ein klarer Schritt. Mächtig ist der Einfluß der Institutionen, mächtig die Volks-und Dorfgemeinschaft und groß die Angst, durch die Maschen zu fallen. Schrecklich ist die Ahnung, das über einen getuschelt wird. Die Wahrheit bejahen viele im Schutz bergender Mauern, aber öffentlich? Nicht, wenn`s auch anders geht. Aber manchmal gehts nur anders unterm Hahnenschrei, spricht: dem belastenden Gewissen.

Vers 73: Die Schlinge zieht sich enger. Zirka eine Stunde ist vergangen. Menschen treten nun erneut herzu, Gerüchte sind stark und finden leichten Eingang in die Herzen. Wie edel kann man sich fühlen, wenn man den Täter entlarvt und das eigenen Licht um so heller strahlt. In dieser Nacht umkreisen die Menschen den Petrus, oder soll ich an dieser Stelle besser sagen 62;Simon"? wie hungrige Wölfe. 62;Deine Sprache verrät dich!" Welch plumpe Anschuldigen. Genauso könnte man sagen: jeder Schwabe sei aufgrund seines Dialekts ein Pietist. Sprache und Zugehörigkeit haben doch keinen Bezug? Im Gegenteil, in Galiläa hatte der Herr den größten Wiederstand erlebt. Oder meint der Satz etwas andres? Wie bei Denunziationen oft, sind die Argumente unsachlich. Vielleicht soll gesagt werden: Red dich nicht raus. Wir alle erkennen dich. Du warst quasi eine öffentliche Person! Verachtung schwingt hier mit. Dieser feige Nordisraeli! Große Lippe riskieren und dann klein dastehen. Dann geschieht das Unglaubliche:

Vers 74: Vom hebräischen Verständnis (hädäm) her spricht Petrus über sich und seine Ankläger eine Art Bannbulle. Er will verflucht (verbannt) sein, wenn er lügt. Und die Ankläger mögen auch verbannt sein, wenn sie Simon einen Jünger Jesu heißen. Das wird deutlich aus der Doppelung, in der Petrus den Eigenfluch und den Schwur ausspricht. Und dann geschieht es erneut: Der Hahn kräht! Das Wort Jesu, Stunden zuvor an des Petrus Ohr erklungen, wird bitterste Wahrheit. Nur von Lukas erfahren wir eine dramatische Einzelheit. Der Hahn krähte zum zweitenmal und - so muß ich es annehmen - Jesus dreht sich zu Petrus um und blickt ihn an. Für Sekunden schauten die Beiden sich an. Über diesen Blickkontakt müßten Komponisten Lieder schreiben, Maler den Augenblick auf Leinwand festhalten, Dichter in Versen und Tinte. Jesus sieht Petrus an. Lang oder kurz? Kein Wort, keine Bewegung. Nur dieser einsame, leidende Blick des Meisters, des Herren, ja - des Freundes. Da war es wieder. Diese sich entrüstende Entschlossenheit, mit der er noch sagte, er wolle mit Jesus in den Tod gehen. Und dann mit dem gleichen Pathos beteuerte er das Gegenteil. Petrus begreift und bereut. Die Nerven liegen endgültig blank. Doch, er liebt den Herren über die Maßen. Und er schämt sich abgrundtief. Auch hier folgt er nun den Spuren Jesu. Hat noch kurz zuvor im Garten Gethsemane der Herr geweint, geschluchzt und gezagt, so geht ein gewaltiges Schütteln durch den starken Körper des Fischers Simon Petrus. Er weint noch im Tempelhof. Vielleicht im Beisein aller. Und...niemand klagt ihn mehr an.

zu 2: . Kap 27, 1+2; 11-14: Jesus vor Pilatus

Verse 1+2: Die Verurteilung Jesu war nicht so einfach. Es gab terminliche und theologische Probleme zu überbrücken. Auch wollte man das Passah feiern, ohne noch von diese lästigen Angelegenheit lang aufgehalten zu werden. Nach jüdischer Satzung durfte ein Gericht gar nicht in der Nacht stattfinden, sondern am Tag. Mehr noch: wenn die Anklage das Leben oder Sterben des Schuldigen zu entscheiden hatte, mußten sogar mehr als 2 Tage in Betracht gezogen werden. Vom pharisäischen Standpunkt aus ist also das, was in jener verhängnisvollen Nacht geschah, nicht nachvollziehbar. Auch ein vom sadduzäischen Hohenpriester einberufenes Synhedrium durfte keine Todesurteile fällen, sondern nur zum römischen Prokurator führen. Daraus ergab sich, dass noch mehr Leute dieses gemeinsame Vorhaben teilen und durchführen mußten: in diesem Fall die Stadtobersten. Die Eile wird auch darin deutlich, dass der Hohepriester (Kap 26,63ff) Jesus fragt, ob er der Sohn Gottes sei. Als der Herr ihm die Antwort gibt, die er hören will, kann auch eilig gehandelt werden. Doch darf die jüdische Judicative kein Todesurteil durchführen. Dies ist Sache der Römer. Sie binden Jesus und führen ihn zu Pilatus.

Verse 10-14: Und wieder haben wir sie: die großen Momentaufnahmen der Geschichte Gottes. Da wird ein Gespräch, wie es tausendfach geführt wurde, für die Ewigkeit aufgenommen. Das Gespräch mit dem Römer Pilatus und dem Herrn Jesus Berühmt sind die Worte des Römers: 62;Bist du der Juden König?" Er sagt nicht: Bist du der Messias Israels. Oder: Bist du der König oder Retter Israels. Er sagt: Bist du der König der Juden?

Dieser Satz macht die Befangenheit des Pilatus deutlich. Er stellt ihm nicht die Frage, was man gegen ihn vorzuwerfen habe. Sondern er fragt direkt und konkret. Pilatus ist demnach von dem Urteil der israelischen Gerichtsbarkeit informiert und nimmt dieses Urteil als Basis. Und doch: was ist darin so schändlich? Doch Jesus schweigt. Aus den anderen Evangelien wissen wir, dass der Herr manches Wort zu Pilatus gesagt hatte. Aber zu den Anschuldigungen der Volksaufhetzung und des Aufbegehrens gegen den römischen Kaiser sagt Jesus kein Wort. Ob Pilatus etwas spürt? Er, der Römer, der Bürokrat, abgesetzt in einen entlegenden Winkel der römischen Provinzen. Ausgerechnet ins vor Aufständen gärenden Palästinas mußte er gelangen. Was interessiert ihn ein einzelner Jude? Fromme Fanatiker gab es genug. Und über Unrecht, Ausbeutung und willkürliche Gewalt ist Pilatus erhaben. Warum dieses Zögern? Da ist die Masse der Verkläger. Aus anderen Evangelien weiß Pilatus, dass sie Jesus aus Neid überlieferten. Warum gibt er ihnen nicht ihren Willen? Mit den Obersten sollte man Geschäfte machen. Dann hat man einigermaßen Ruhe im Land. 62;Hörst Du nicht, wie hart sie dich verklagen?" Warum zögert Pilatus. Warum wird er zum zweiten, der gleich Judas ausruft: der Mensch ist unschuldig. Wir werden es nie erfahren. Nur eines hören wir: Pilatus, der knallharte Prokurator, 62;verwunderte" sich über diesen Menschen.

zu 3. Kap 27, 3-10: Reue und Selbstmord des Judas

Wer war Judas Iskarioth? Wir wissen, dass er ein Dieb war. Dass er Gelder unterschlagen hatte. Wir wissen, dass er Geld bekam, dafür, dass er seinen Herrn verriet. Aber dennoch, wer war Judas Iskarioth? Er war auch ein Jünger. Berufen zum Zeugen und Apostel. Der mit Jesus das Abendmahl einnahm und in den in jener Nacht der Satan fuhr. Wer immer Judas war: er bereut. Vielleicht greift die Berufung Jesu. Vielleicht denkt er an die Jahre, die er mit Jesus verbrachte und ihn erkannte als rein und ohne Sünde. Wie schwer kann Reue sein. Das Verraten, das Kontaktaufnehmen mit den Pharisäern, den Mut, die Jüngerschar während des Mahls zu verlassen, den verhängnisvollen Kuss in Gethsemane, all das gelang. Doch nun greift die Einsicht: ich habe einen Unschuldigen ans Messer geliefert. Er bereut. Und darin liegt die große Chance. Jetzt, wo er Reue zeigt, kann er umkehren. Wirklich? Noch gab es den Auferstandenen nicht. Wohin sich wenden? In dem Moment greift Judas auf das zurück, was er geistlich seit Kindesbeinen kannte: das Gesetz. Und nach dem Gesetz hat er unschuldiges Blut vergossen. Nach dem Gesetz muß er verurteilt werden. Nach jüdischem Gewissen muß er zurückgeben, was er zu Unrecht erworben hat. So kehrt er, gleich einem Mörder, an den Schauplatz des Verrats zurück. Er wendet sich an die Vertreter des Alten Bundes. Er bekennt verzweifelt sein Unrecht. Er klagt die hohen Herren nicht an. Er klagt vielmehr sich an. Laut sein Schrei: 62;Ich habe Unrecht getan, dass ich unschuldiges Blut verraten habe!" Unschuldiges Blut! Judas bekennt und erwartet, dass an ihm die Blutrache vollzogen wird. Er will, dass die jüdische Gerichtsbarkeit, die ja um den Komplott weiß, hier eingreift und den Jünger verurteilt, statt den Meister. Doch wie bei Petrus greift das Alte nicht mehr. Kalt tönt es aus den Mauern: 62;Was geht uns das an? Sieh du zu!" Jeder lebt und stirbt sich selbst. Jeder steht allein vor Gott. Sie, die noch so eifrig waren und eifrig sein werden, den vermeintlichen Sünder ans Messer zu liefern, tun hier scheinheilig. Weder Urteil noch Begnadigung. Sie lassen Judas, der zumindest nach dem alten Bund seine Strafe erhalten möchte, sich selbst. Was bleibt dem Judas in seiner Verzweiflung? Er gibt zurück, was er zu Unrecht erworben. Wichtig ist, dass er das Geld in Richtung des Tempels warf. Das soll keine lästerliche Gebärde sein, sondern meint, dass er Gott zurückgibt, was ihm gehört. Weil Judas das tat, waren die Pharisäer und Kollegen gezwungen, darüber nachzudenken, was mit dem Geld geschehen solle. In den Tempelschatz zurückfließen lassen ging nicht. Denn Geld, das im Zusammenhang mit Mord erworben wurde, war 62;Blutgeld". Also 62;warfen auch sie es von sich", indem sie den Töpferacker kauften, der als Grabstätte für Nichtjuden gelten sollte. Matthäus erwähnt Jeremia und macht deutlich, dass das Geld zweimal 62;geworfen" wurde. Einmal zum Tempel und von dort zum Acker des Töpfers. Aus Apg. wissen wir, dass der Leib des Judas genau auf diesen Acker aufprallte und ebenfalls zum Blutacker wurde. Judas wurde zum 62;Fremden".

Er erhängte sich. Ähnlich wie die übrigen Jünger fand Judas den Weg zu Jesus in diesen Stunden nicht. Er erhängte sich und vollzog die alttestamentliche Blutrache an sich selbst. Vielleicht ein verzweifelter Versuch, durch sein eigenes Opfer sich Gott anzubefehlen.