Markus 4 35 – 41 Predigt, Bibelarbeit, Andacht

 

Jesus wird mit den Stürmen fertig



Es ist Sonntag. Tag des Herrn. Sabbat, Ruhetag. Ein Tag zum Auftanken und Aufatmen, zum Kräfte schöpfen. Ein Tag zur Neuorientierung, zum Loslassen und Freiwerden, zum Hören auf Gott und aufeinander. Es ist sein Tag, der Tag an dem er mit uns sprechen will. Der Tag, an dem er uns begegnen will. Nach der letzten Woche dürfen wir jetzt und hier bei Gott zur Ruhe kommen. Wir dürfen hier tief ausatmen und richtig durchatmen. Damit wir aufatmen können um die nächste Woche zu überstehen. Es ist Sonntag, welch ein Tag!

Manchmal möchten wir so einen Tag festhalten, so einen richtigen Sonntag, einen Tag, wo es uns wirklich gut geht. Mir geht das zumindest so: Da gibt es manchmal Tage, vielleicht sind es auch nur wenige Momente und kurze Augenblicke, wo wir denken, dass müssten wir jetzt festhalten können. So müsste es immer sein. Genau so: So ruhig, so still, so schön, so harmonisch, so zufrieden mit sich, den anderen, Gott und der Welt. So weit weg von allem, was uns Angst macht und zu erdrücken droht.

Doch der Sonntag lässt sich nicht festhalten. Die Stunden des Glücks gehen so schnell wie sie gekommen sind. Momente der Ruhe und Stille werden unbarmherzig von Hektik und Trauer abgelöst. Wir können nichts festhalten. Selbst tiefe Glaubenserfahrungen, einschneidend und alles verändernd tragen uns nicht durch die grauen Wochen des Einerleis. Was gestern noch richtig und uns wichtig war, sieht heute und jetzt ganz anders aus.

Weshalb bloß, können wir von guten und vergangenen Erfahrungen nicht im Heute und Jetzt leben? Weshalb ist der Sonntag mit allem, was uns so wichtig und wertvoll war, am Montagmorgen schon wieder vorbei und vergessen?

Markus 4, 35 – 41 (Hoffnung für alle): Am Abend dieses Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: «Kommt, wir wollen ans andere Ufer übersetzen!» Sie schickten die Menschen weg und ruderten mit dem Boot, in dem Jesus saß, auf den See hinaus. Einige andere Boote folgten ihnen.

Da brach ein gewaltiger Sturm los. Hohe Wellen schlugen ins Boot, es lief voll Wasser und drohte zu sinken. Jesus aber schlief hinten im Boot auf einem Kissen. Da rüttelten ihn die Jünger wach und schrien voller Angst: «Herr, wir gehen unter! Merkst du das nicht?» Sofort stand Jesus auf, bedrohte den Wind und rief in das Toben der See: «Sei still! Schweige!» Da legte sich der Sturm, und tiefe Stille breitete sich aus. «Warum hattet ihr solche Angst?» fragte Jesus seine Jünger, «habt ihr denn gar kein Vertrauen zu mir?»

Voller Entsetzen flüsterten die Jünger einander zu: «Was ist das für ein Mann! Selbst Wind und Wellen gehorchen ihm!»

Es war ein Abend nach einem Tag wie viele andere vorher. Ein Tag mit vielen Menschen. Jesus hielt wieder einmal eine seiner Reden. Davon wurden viele nachhaltig und dauerhaft ergriffen, änderten ihr Leben und fingen an nach Gott zu fragen. Es war ein Abend nach einem Tag wie viele andere vorher. Jesus greift wieder einmal nachhaltig und wunderbar in das Leben einzelner Menschen ein. Da werden Kranke geheilt und Besessenen wird die Freiheit geschenkt.

Es war ein Abend nach einem Tag wie viele andere vorher, seitdem die 12 mit Jesus unterwegs sind. Mittlerweile haben sie schon einiges mit ihm erlebt. Jesus war für so manche Überraschung gut. Und mehr als einmal hat er ihren Verstand bis aufs Äußerste strapaziert, Unmögliches möglich gemacht, Worte gesagt, die scharf wie eine Rasierklinge fromme Bärte abrasierten.

Jetzt ist auch für sie der Feierabend gekommen. Die Menschen werden verabschiedet und nach Hause geschickt. Jesus selbst ist so erschöpft, dass er gleich im Boot von der Müdigkeit übermannt wird. Die Fahrt auf dem See ist Routine für Männer wie sie, Fischer, die den See kennen, wie kein anderer, schließlich war er lange genug für Petrus, Jakobus und Johannes Arbeitsplatz und wie ein zweites Zuhause.

Doch dann bricht der Sturm los. Am Abend nach einem Tag wie viele andere vorher. Hohe Wellen schlagen ins Boot. Das Boot läuft voll Wasser und droht zu sinken. Dieser Sturm lässt auch diesen geübten Fischen den Atmen gefrieren und sie werden von der Angst gepackt.

Alles, was sie vorher mit Jesus erlebten, was sie von ihm hörten trägt jetzt nicht mehr, nachdem der Sturm losbrach. Die Ruhe ist dahin. Der Sonntag ist vorbei. Die großen Erfahrungen Schnee von gestern. Jetzt zählt nur noch der Sturm und wie sie das Boot und damit ihre Haut retten können. Und was diese geübten Fischer wahrscheinlich alles versuchten? Gegen den Sturm zu rudern, mit dem Sturm zu rudern, Wasser zu schöpfen, das Gewicht richtig verteilen, alles menschenmögliche werden sie unternommen haben, um das Boot und ihre Haut da heil herauszubekommen.

Irgendwann kommt dann der Moment, nachdem man alles versucht hat, alles, was man weiß unternommen hat, jede Möglichkeit durchgespielt hat - und entsetzt feststellen muss, nichts funktioniert. Dann kommt Irgendwann der Moment - früher oder später- wo der Sturm nicht nur das Boot bedroht, sondern anfängt in einem selbst zu toben.

Und Jesus schläft!

Am Abend dieses Tages mitten im Sturm auf dem See, der jetzt auch noch in den Jüngern selbst tobt, trägt all das nicht mehr, was sie vorher mit Jesus erlebt und erfahren hatten. Alles, was sie gehört hatten, alles, was sie gesehen hatten, alles, was sie selbst geglaubt hatten, scheint durch diesen Sturm wie weggeblasen. Die Ruhe ist dahin. Der Sturm hat sie im Griff.

Und Jesus schläft.

Das kennen wir doch auch, oder? Das ist doch oft unsere Situation.

Da war ein wirklicher Sonntag. Da haben wir eine tiefe, neue und ermutigende Glaubenserfahrung gemacht. Da hatten wir gedacht, dass trägt durch. Jetzt haben wir es geschafft. Jetzt geht’s aufwärts, vorwärts. Jetzt wird mich nichts mehr umschmeißen können. Jetzt habe ich wirklich ein solide Glaubensbasis für mein Leben gefunden.

Doch dann kommt der Montag wieder. Und auf einmal bricht der Sturm los. Nicht immer so schnell und überraschend wie bei den Jüngern von damals. Manchmal ist es auch gar kein richtiger Sturm sondern nur das graue Einerlei - der Sonntag ist so lange her. An den Urlaub kann man sich schon gar nicht mehr erinnern. Was damals lebendig und wichtig war, schmeckt heute schal und abgestanden. Damals - als man noch so glauben konnte, so beten, sich so einsetzen und mitarbeiten konnte. Damals ist so lange her!

Und Jesus schläft. Zumindest hat man diesen Eindruck, wenn uns die Sonntagsruhe geraubt wird und der Sturm über uns hereinbricht.

Manchmal tobt der Sturm um uns herum. Und wir versuchen alles, um unsere Haut zu retten und nicht unterzugehen. Manchmal tobt der Sturm auch in uns und wir wissen nicht mehr aus noch ein. Mitten in einer normalen Alltagswoche bricht auf einmal der Sturm über uns herein.

Der Sturm, der unser Leben bedroht hat viele Gesichter. Der eine oder andere von uns braucht dabei vielleicht nur an die letzte Woche zu denken.

Es gibt so viel, was uns die Sonntagsruhe rauben kann: Manchmal können es zu viele Termine sein. Oder eben die fehlenden Termine, weil man immer noch ohne Arbeit dasteht. Manchmal können es die Worte oder auch die Blicke anderer Menschen sein.

Manchmal tobt der Sturm auch in uns selbst: Gedanken werden mächtig und nehmen uns gefangen. Sorgen, finanzieller oder gesundheitlicher Art, rauben uns den Schlaf. Und nicht selten bin ich erschüttert über meine eigene Schuld und Sünde.

Der Sturm, der unser Leben bedroht hat viele Gesichter. Manchmal kann man nach einer Woche nur noch mit Reinhard Mey singen: "Aber deine Ruhe findest du trotz alledem nicht mehr!" Trotz all der vielen Sonntage und der gemachten Glaubenserfahrungen, trotz all dem, was man weiß und erlebt hat. Es scheint zu viel gewesen zu sein, der Sturm war zu kräftig! Und Jesus schläft.

Wenn uns erst einmal die Sonntagsruhe geraubt ist, wenn gemachte Glaubenserfahrungen nicht mehr tragen und uns dann noch der Sturm kräftig ins Gesicht bläst, kann man manchmal wirklich den Eindruck haben, dass Jesus schläft.

Im Gegensatz zu den Jüngern von damals lassen wir Jesus allerdings oft weiterschlafen und versuchen selbst aus dem Sturmtief herauszukommen. Wir wenden uns nicht panikartig wie die 12 an Jesus, rütteln ihn wach und schreien voller Angst: "Herr, wir gehen unter! Merkst du das nicht?" Wir haben schließlich immer noch das Ruder in der Hand und das wollen wir auch nicht so schnell aus der Hand geben. Wir lassen Jesus weiterschlafen und versuchen es erst einmal selbst. Keiner von uns kann auf Dauer ohne inneren Frieden leben, kein Mensch hält den Sturm lange aus. Ganze Industriezweige leben davon, dass Menschen ihren inneren Frieden in einer immer stürmischeren Welt finden. Die Werbung bietet uns Ruhe und Frieden durch alle möglichen und unmöglichen Produkte an. Wir müssen nur das richtige Bier trinken oder das entsprechende Auto fahren und schon können wir richtig aufatmen. Doch wie singt Reinhard Mey: "Aber deine Ruhe findest du trotz alledem nicht mehr!"

Die 12 Jünger gehen einen anderen Weg. Sie wecken Jesus. Das ist kein leichter Weg. Das bedeutet meine Kapitulation. Meine Bankrotterklärung. Damit gestehe ich meine Ohnmacht und Hilfsbedürftigkeit ein. Doch es gibt für uns keinen anderen Weg, um wieder zur Ruhe zu kommen. Die ganze Bibel sagt uns das. Die 12 lassen Jesus nicht schlafen. Sie gehen mit ihrer Angst zu Jesus: "Herr, wir gehen unter! Merkst du das nicht?"

Und Jesus sagt: "Lasst mich schlafen!" Nein, sofort stand Jesus auf, bedrohte den Wind und rief in das Toben der See: «Sei still! Schweige!» Da legte sich der Sturm, und tiefe Stille breitete sich aus. Der Sturm legt sich nicht von selbst. Die Zeit heilt nicht alle Wunden. Es wird nicht automatisch auf einmal anders. Jesus gebietet dem Sturm und es kehrt wieder Ruhe ein und Frieden breitet sich aus. Jesus zeigt seinen Jüngern, dass er der Herr ist, auch der Herr über die Naturgewalten. Jesus ist auch der Herr über die Stürme unseres Lebens. Es gibt nichts, womit Jesus nicht fertig werden könnte.

«Warum hattet ihr solche Angst?» fragte Jesus seine Jünger, «habt ihr denn gar kein Vertrauen zu mir?»

Diese Rückfrage Jesu an seine Jünger ist erstaunlich. Was hätten sie denn machen sollen? Wäre Jesus irgendwann von selbst aufgewacht? Hätte das Boot gar nicht untergehen können?

Jesus erinnert sie an das, was sie doch eigentlich wissen müssten! Sie haben doch erlebt und erfahren, wer er ist und welche Macht er hat. Sie waren doch den ganzen Tag mit ihm unterwegs. Sie haben ihn reden gehört. Sie haben die Heilungen miterlebt. Sie haben IHN erlebt. Und - das ist das entscheidende, er selbst hat ihnen doch gesagt: «Kommt, wir wollen ans andere Ufer übersetzen!» Bringt Jesus uns nicht heil ans andere Ufer? Bringt Jesus uns nicht sicher durch die nächste Woche? Durch dieses noch so neue Jahr, durch dieses Leben? Kann man sich auf Jesus und sein Wort nicht verlassen?

Doch, auf Jesus ist Verlass. Er bringt uns durch, selbst wenn's stürmt. Die 12 hätten keine Angst haben müssen. Denn Jesus war im Boot. Sie waren nicht allein. Er hätte eingegriffen. Doch sie sehen nur den Sturm und alle Erfahrungen mit Jesus scheinen vergessen und tragen nicht mehr. Sie sehen nur, dass Jesus schläft und übersehen dabei, dass der Allmächtige selbst, der Herr über alle Stürme und Gewalten mit im Boot ist. Sie haben vergessen, dass Jesus selbst ja den Kurs vorgegeben hat!

Wie die 12 von damals leben wir nicht von den vergangenen Erfahrungen, sondern mit einem gegenwärtigen Herrn. Drei Dinge können wir aus dieser Geschichte für uns selber lernen:

1. Wir sollten Jesus an Bord nehmen: In dieser Woche, in unseren Familien, bei unserer Arbeit. Wir dürfen ihn in unser Lebensboot einladen!

2. Wir sollten genau hinhören, welchen Kurs er vorgibt: Wie sein Wille für diese Woche lautet, welche Termine auf seinem Kalender stehen. Wir dürfen ihn fragen: „Herr, was willst du?“ und dann sollten wir auch tun, was er uns sagt!

3. Wir sollten nicht alleine mit den Stürmen fertig werden wollen. Wir dürfen ihn wecken und ihn um Hilfe bitten. Er wird mit unseren Stürmen fertig! Amen.

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