Ein Wort zuvor:
Für mich besteht ein wichtiger Zugang zu Markus 4 in der
Frage nach dem Sinn des Gebrauchs von Gleichnissen. Wir gehen – das nehme ich
an – still davon aus, dass das Reich Gottes, da ein abstrakter Begriff, erklärt
werden muss durch Vergleiche. Vergleiche aus dem Alltagsleben helfen, abstrakte
theologische Wahrheiten zu verstehen und zugleich für den Alltag fruchtbar zu
machen.
Nun aber durchkreuzt der Herr diesen Gedankengang durch
seine Worte in den Versen 10-12. Wieder und wieder stoßen wir auf Geheimnisse
Gottes und ich meine, wir tun gut daran, uns niemals in allen Einsichten
festzulegen, sondern uns immer wieder zu fragen: wie ist was zu verstehen im
Worte Gottes. Der Herr gebraucht also die Gleichnisse, dass die Menschen
vordergründig alles nachvollziehen können. Na klar, das kennen sie gut. Die
blöden Biester, die immer den Samen wegpicken, die vielen Steine in Palästina,
die das Saatkorn zu früh spießen lassen, die elenden Dornen, Fluch Adams etc.
Vielleicht versteht der ein oder andere auch, dass das alles Bilder sind. Aber
wer wagt den dritten Schritt. Wer wagt es, sich vom Geist Gottes anfragen zu
lassen, wie es um sein Herz bestellt ist. Und wer wagt noch mehr: wer zieht
seine Konsequenzen aus dem Gehörten und Erkannten?
Wir fragen weiter: warum legt der Herr bewußt in
Gleichnissen aus, wissend, dass die Menschen Schritt drei und vier nicht gehen?
Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich kann nur vermuten, dass er eben die
Herzensböden kennt. Dieser Gedanke ist schwer. Denn augenscheinlich sind viele
Zuhörer gekommen. Ein Umstand, der in der modernen Gemeindearbeit oft und gern
erwähnt wird und nicht selten als Indiz Gott gewollter Arbeit angeführt wird.
Es sind viele da, sie alle hören zu, sie alle sehen. Aber keiner hört nach
innen, keiner sieht etwas ein. Das ist eine Form des Gerichts. Bitten wollen
wir den Herrn, dass wir stets hören, wie ein Jünger hört. Wo wir nicht wissen,
ob wir blind und taub sind, da möchten wir Gott bitten, dass er uns sehende
Augen und hörende Ohren schenkt und ein erneuertes Herz. Psalm 51 sollte
täglich gebetet werden.
Licht und Mass - die Verse 21-25
Jesus stellt eine rhetorische Frage (V.21). Im Judentum war
es üblich, dass man in der Auseinander-setzung und dem Erfassen eines Themas
mit Fragen arbeitete. Bewußt nimmt der Herr einen Umstand, der antithetisch
aufgebaut und darauf abzielt, dass die eine Handlungsweise logisch und völlig
einsichtig, die andere absurd ist. Er nimmt eine Öllampe als Beispiel.
Vielleicht hatte er sogar eine zur Hand. Ansonsten denkt jeder Zuhörer an den
kommenden Abend (wo es eben keinen Strom gab). Wer noch etwas lesen, arbeiten
oder sonst nochwas zu tun hatte, der zündete eben solch ein Öllämpchen an. Nun
führt er einen Umstand an, den niemand ernsthaft tun würde: das Öllämpchen würde
niemand unter einen Scheffel stellen. Da der Scheffel ein Hohlmass ist – z.B.
ein Krug mit genau festgelegtem Fassungsvermögen – vermute ich, dass Jesus
meint, niemand würde das Licht irgendwo hinstellen und dann den Krug nehmen und
es über das Licht stellen. Es würde nichts erleuchten und somit auch ersticken
(!). Unter der Bank würde es zwar nicht ersticken, aber es ist zweckentfremdet.
Nein, es gab Halterungen, wo man auch mehrere Öllämpchen aufsetzen konnte und
das Ganze hatte nur einen Sinn: Licht zu verbreiten! Das Dunkle zu
bannen. Ohne Licht kann ein Auge nichts erkennen.
Jesus führt hier abermals ein Bild auf, wo jeder sagt:
Stimmt, das würde niemand machen. Der, der so etwas macht, ist dumm. Aber dann
führt der Herr etwas eigenartiges wieder auf. Wieder
blitzen die Verse 10 -12 auf. Worte des Gerichts (V.22f): Alles wird einmal
erleuchtet werden. Nichts wieder verborgen bleiben. Das setzt aber voraus, dass
Dinge im Verborgenen geschahen. Versuchen wir nun, das Bild Jesu mit dieser
Einsicht zu verknüpfen:
1. Das Licht, das alles erhellt und
allen leuchtet ist im ganzen Zusammenhang von Kapitel 4 das Wort Gottes. Aber
nicht allein. Jesus bezeichnet sich ja selbst als das Licht der Welt. Und gehen
wir noch weiter. Jesus spricht ja auch vom Feuer. Feuer und Öl sind Bilder für
den Heiligen Geist. Nun wird`s deutlich: der Heilige Geist hat das Bestreben,
zu erhellen. Nicht nur einen Menschen zu erhellen und zu erbauen, sondern
allen, die im Hause sind. Was aber erhellt der Heilige Geist?
2. Nun sind wir geneigt, schnell zu
sagen: das Verständnis der Heiligen Schrift. Davon spricht der Herr hier aber
nicht, auch nicht im ganzen Kapitel 4. Er spricht die ganze Zeit vom Herzen.
Der Herr spricht in Lk 6,45 vom guten Herzen, das gute Früchte hervorbringt (Mk
4,8). Es geht also ums Herz. Wer den Geist Gottes hat, dem wird das Herz
erhellt. Und es wird offenbart, was im Herzen ist. Und wer dies an sich zuläßt,
wer also der Einsicht über sich selbst (!) demütig vor Gott Rechenschaft gibt
und sich vergeben und ändern läßt, der wird gute Früchte tragen. Wer aber über
allem den Deckel drückt, wer den Geist Gottes dämpft, wer ihn einengt und
konzentriert nur auf die Erkenntnis theologischer Wahrheiten, der betrügt sich
selbst. Denn den Samen Gottes (das Wort) kann man zwar ein Leben lang
betrachten, letztendlich bleibt es wirkungslos, wenn es nicht auf guten Boden
fällt.
Nun fügt der Herr alles zusammen: Sehen und Hören (V.24).
Nun gebraucht der Herr zum Abschluss allerdings ein drittes Bild. Nun muss zum
Sehen und Hören auch die Praxis kommen. Er nimmt vielleicht das Hohlmass, den
Scheffel. Er ist nicht dazu da, dass man das Licht erstickt. Sondern er ist
dazu da, um Früchte, Wasser etc. darin abzufüllen. Jesus sagt nun: wer ein
großes Hohlmass nimmt, wer viel an sich zuläßt und vieles weitergibt aus dem
guten Schatz seines Herzens, dem wird vom Herrn immer mehr geschenkt. Wer
bereit ist, in immer größerem Masse Gottes Geist an sich wirken zu lassen und
anderen zum Gewinn wird, der wird den Herrn immer mehr fassen. Wer hier
egoistisch, geizig, kleinlich, unehrlich, berechnend und ruhmsüchtig arbeitet,
der mag nachg außen hin Erfolg haben, aber immer weniger wirklich geistliche
Frucht erbringen. Am Ende wird er mittellos sein, denn er hat sich selbst
betrogen, der Einsicht sich verwehrt, die Helligkeit des Geistes erstickt
(V.25).
Was heißt das nun praktisch für uns? Wie können wir
damit umgehen?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, weil vielerorts
das, was man in früheren Jahrhunderten unter geistlichen Übungen verstand, mehr
und mehr verloren geht. Wir können an dieser Stelle gewiss viel lernen von
Luther, Augustinus und/oder den Exerzitien von Ignatius von Loyola.
1. Was wir brauchen ist eine Kultur des
Gebets. Das Gebet, dass nicht in erster Linie sich versteht durch das Machen
vieler Worte, sondern des innigen, andächtigen Hörens auf Gott. Still werden,
hören, meditieren über dem Wort Gottes. Auch über ein geistliches Kunstwerk.
Oder einfach still hören.
2. Den Geist bitten, uns zu zeigen, wo
Schuld und Sünde in meinem Leben sind. Ich empfehle hier das Buch von Anselm
Grün über das Gebet. Eines der kleinen Büchlein dieses Benediktiner-paters kann
helfen. Das Ziel ist, Christus mehr zu erkennen und auch mich selbst. Wer bin
ich? Wo stehe ich gerade?
3. Weiter meine ich, dass Gebetszeiten,
ja ganze Gebetstage wichtig sind. Ich kann im Ungehorsam leben vor Gott und die
Bibel lesen. Aber ich kann schwer so leben und in dieser Weise beten.
4. Danach ist es wichtig, über über ein
Schriftwort zu predigen. In diesem Fall über Licht, Mass etc. Und immer die
Frage: Herr, was steht für mich?