Predigt über Lukas 24, 1-12
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Jesus war gestorben. Am
Vorabend des Shabbath. Mit ihm starben die Träume, Hoffnungen und ein Stück
weit auch der Glaube seiner Jünger. Was hinterließ der Gekreuzigte denn? Einen
weinenden, schuldbeladenen Petrus, einen zweifelnden Thomas, eine verängstigte
Jüngerschar hinter verschlos-senen Türen? Eine Menge, die das "Kreuzige
ihn" geschrien hatte, kommt nun am nächsten Tag zur Ruhe. Ich vermute, daß
niemand in den Häusern von Jerusalem den Shabbath beengter, unbehag-licher und
schuldbewußter gefeiert hat wie an diesem Samstag. Mit Schauem erinnerten sie
sich an diese Sonnenfinsternis mitten am Tage.Absolute Dunkelheit, drei Stunden
lang. Man hörte schrek-kliche Gerüchte, daß im Tempel der dicke Vorhang zum
Allerheiligsten zerrissen war. Manche sprachen mit kalkweißem Gesicht, sie
hätten Tote aus den Gräbern steigen sehen. Alles roch nach Tod, Schrecken,
Schuld und Düsterniss. ECCE HOMO, so sprach noch dieser römische Centurio am
Kreuz, welch ein Mensch! Wer immerer war, er ist nun tot. Besser, man spricht seinen
Namen nicht aus, die Pharisäer könnten argwöhnisch werden. Warum eigentlich?
Wenn er doch tot ist?
Der König ist tot. Wo legen
sie ihn hin? Ein angesehener Mann aus dem hohen Rat hat sich doch glatt erdreistet,
zum Prokurator Pilatus zu gehen und um den Leichnam zu bitten. Pilatus ist
nicht dumm. Dieser Jesus starb sehr schnell. Nun, kein Wunder, die Peitsche hat
ja nur ein paar Prozent Leben ihm noch gelassen. Doch der römische Hauptmann,
Experte in Sachen Kreuz und toter Menschen, bestätigt kalt den Tod des
Nazareners. Man hängt den Leichnam ab. Eine ca. 4 m lange Bahn aus Stoffleinen
wird ausbebreitet, der entstellte I-eichnam ans eine Kopfende, dann bedeckt man
mit der zweiten Hälfte des Tuches die Vorderseite und das Gesicht des
Gestorbenen. Josef von Arimathia hat in einen Felsen einen Stollen hauen
lassen. Wie eine längliche Höhle mitten im Stein. Dort legte man ihn hinein,
ein Stein davorgestellt, Wachen darum. Schluß. Ende. Was soll man auch noch tun?
Der Shabbath ging zu Ende.
Es war noch fast dunkel. Morgengrauen eines neuen Sonntags. Es heißt: am ersten
Tag der Woche sehr früh kamen sie! Wer waren sie? Nicht die Apostel, nicht
einige derer, die Jesus einstmals geheilt hatte von Krankheit, Blindheit und
Dämonen. Es waren Frauen. Es waren Frauen, die mit Jesus mehr verbanden als
einen gescheiterten Helden. Es waren Frauen, für die Jesus mehr war als eine
Leitfigur, ein Idol, ein wundertäter. Für die Frauen war und blieb Jesus auch
als Toter derjenige, den sie geliebt haben und den sie verehren. Er hat ihnen
so viel Gutes getan. Nun wollen sie ihm alles erdenklich Gute tun, was in ihren
Möglichkeiten steht. Dabei muß klar und deutlich hervorgehoben werden, daß sie
damit Ihr Leben aufs Spiel setzten. Gerhardt Maier sagte: Man hat den Verdacht,
daß diese Menschen den toten Jesus mehr liebten als viele Menschen von heute
den auferstandenen Jesus. (Edition C, Band 5,2.Teü, S683).
Salben wollten sie ihn. In
aller Eile hatten sie Kräuter besorgt, die gut rochen. Abgesprochen haben sie
sich und sehr früh aufgemacht. Mitten auf dem Weg durch die kühle Nacht kam
einer der Frauen der Gedanke: wie kriegen wir eigentlich den Stein weg? Das
schaffen wir nie. Daran hatte keine gedacht. Nur Jesus die letzte Ehre erweisen,
dieser Gedanke hatte sie beherrscht. Doch schon waren sie angelangt. - Ich lese
Vers 2 und 3 - Vor ihnen bot sich ein seltsames Bild. Der große runde Stein war
wie von Geisterhand weggescho-ben worden. Keine Spur von den Wachsoldaten.
Räuber. Um Himmels willen. Grabräuber. Aber es gab doch nichts zu stehlen?
Selbst um Jesu Gewand haben die Schergen noch gespielt. Sie gingen hinein. Der
Stollenähnliche Gang gab den Blick frei auf eine Bank, wo schön
zusammengefaltet das Leinentuch Jesu lag. Rechts davon der trogähnliche
Steinsarg, ohne Inhalt. Verwirrung machte sich breit. Wer könnte Interesse
haben, den Leichnam zu entfemen? Pilatus hatte doch extra sein Ja-Wort dazu
gegeben? Die Pharisäer würden sich hüten, ihn zu verschleppen. Aber was soll
das Ganze? Jetzt haben wir gar nichts mehr. Womöglich haben sie ihn irgendwo in
die Wüste den Vögeln zum Fraß gegeben.Oder sie haben ihm ein jüdisches
Schandgrab bereitet, wo man den Leichnam nicht eingräbt, sondern auf dem Boden
nur mit schweren Steinen zudeckt, für jeden weit sichtbar. Die Frauen geraten
in Erregung. Warum läßt man nicht unseren Jesus endlich in Ruhe? Warum schändet
man sein Grab? Oder ist das ganze womöglich eine Falle?
Plötzlich flammt ein grelles
Licht auf, wie von einem aufzittemden Blitz. Zwei Männer, wie aus dem Nichts
stehen vor der völlig verschüchterten Frauenschar. Zwei Männer, und das merken
die Frauen sofort, von außerirdischer Herkunft. Das sind Gestalten, die Gottes
Angesichte sehen. Das sind Wesen vom himmlischen Hofstaat Gottes. Ihr Licht ist
unerträglich. Die Reinheit macht den eigenen Schmutz umso deutlicher. Die
suchenden, verwirrten, verängstigten Verehrerinnen des Leichnams Jesu sinken
auf die Knie und beten an.
- Ich lese Vers 4ff - Der
tübinger Theologe Gerhardt Maier sagte einmal treffend: Zwischen Tod und
Auferstehung ist ein riesiger Schritt. Man mag glauben, daß Jesus gelebt hat.
Man mag kaum in Abrede stellen, daß man Jesus begraben hat. Gerade gerstem berichtete
die Zeitung von dem historisch gesicherten Ort der Grabeskirche in Jerusalem
als die Originalgrabstätte Jesu. All das ist nicht so schwierig. Aber daß er
von den Toten auferstanden sein sollte? Der Mensch schüttelt den Kopf über die
Botschaft der Auferstehung. Tot ist tot. Umgekehrt schütteln wohl aber die
Engel auch den Kopf. Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Die Engel fragen
die Ebenbilder Gottes und wundem sich über ihre Unfähigkeit, mit der
Möglichkeit einer Auferstehung Jesu zu rechnen. Sie wundem sich an das
schlechte Gedächtnis. Wie oft hat Jesus dieses Bekenntnis gesprochen: Ich gehe
nach Jerusalem, ich werde überliefert und hingerichtet werden. Und nach drei
Tagen werde ich auferstehen! Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Als der
Lebendige bezeichnet sich Jesus später auf der Insel Pathmos, als er dem
Apostel Johannes begegnet und ihm zujubelt: Fürchte dich nicht: Ich bin der
Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin
lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der
Hölle! (Offb. 1,18). Jesus lebt. Er ist der Herr! Doch es ist eigenartig. Die
Frauen, die schon so manches Wunder mit Jesus erlebt haben, glauben nicht, weil
Sie himmlische Wesen sehen. Erst als dieser denkwürdige Satz erfolgt: Gedenkt
daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war. Die Engel geben den
Frauen das erste christliche Glaubensbekenntnis in die Hand:
Jesus, gelitten unter
Pontius Pilatus
Jesus, gekreuzigt, gestorben
und begraben.
Jesus, am dritten Tag
auferstanden von den Toten.
Die Frauen begreifen
annähernd die Größe des Werkes Jesu. Sie erfassen ansaüweise, daß die
Auferstehung unmittelbar zu Kreuzestod und Grablegung dazugehört. Sie erleben
mit jubelnder Freude, dieser Jesus hat es ja vorausgesagt. Und wenn er es
vorausgesagt hat, dann ist er ein Prophet. Wenn dieser Prophet aber gestorben
ist wie all die anderen Propheten, nun aber wieder lebendig ist, dann ist er,
dann ist er wirklich Gottes Sohn. Jesus lebt. Jesus ist von den Toten
auferstanden und hat den Tod besiegt. Schwester Renate sagte am Freitag: Sein
Todesweg kreuzte sich mit meinem Todesweg. Jesus Sterben und Auferstehen lenkt
die Bahn desjenigen, der an ihn glaubt als den Lebendigen in die Richtung des
Lebens.
Jesus lebt. Was löst das in mir aus? Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich Ostergottesdienste in Mannheim erlebt habe. Sie waren sehr schön. Und am Ende rief man sich zu: Der Herr ist auferstanden. Und der Angesprochene antwortete: Er ist wahrhaftig auferstanden. Aber das seltsame war, daß mich nie das Gefühl losließ, daß ich mich gar nicht so recht freuen konnte. Sicher, ich glaubte an die Auferstehung Jesu. Aber wie erlebe ich seine Lebendigkeil in meinem Alltag? Und das machte mich beschämt und traurig. Die Frauen liefen los und verkündigten die Osterbotschaft. Die Jünger hielten es zuerst für leeres Geschwätz. Wen verehre ich? Den für meine Schuld gestorbenen Sohn Gottes? Oder den lebendigen Herrn Jesus Christus? Einen Verstorbenen kann ich verehren, kann Blumen an sein Grab legen und sonst von ihm Gutes reden in der Gemeinde. Aber mit einem Lebendigen geht das nicht so einfach. Der Lebendige will nicht allein meine Verehrung, sondern will meine Liebe zu ihm. Jesus sagte einmal zu den Pharisäer: Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. Jesus lebt und will in deinem Leben deine Lasten tragen. Jesus lebt und will den Stein des Unglaubens und des Zweifels, der Trauer und der Verwirrung wegwälzen und immer wieder die Tatsache in dein Herz sprechen: Kind, ich lebe. Ich bin Gottes Sohn. Und ich führe Dich durch die Fährnisse dieser Zeit ins gelobte Land. Durch den Tod hindurch ins Leben. Fürchte Dich nicht: Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. In deiner Not suche nicht mein Grab, sondern mich selbst als den Auferstandenen. Überwunden habe ich deine Schuld, überwunden habe ich das, was dich von Gott einstmals trennte. Glaube an mich, meditiere stets über mein Leben, über mein Leiden, Sterben und Auferstehen. Alles tat ich für dich. Damit Du mir vertraust und an mich glaubst.Denn nur so wir dein Leben endlos sein. AMEN