Predigt über Lukas 24, 1-12

gehalten von Michael Strauch


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Einleitung;

Jesus war gestorben. Am Vorabend des Shabbath. Mit ihm starben die Träume, Hoffnungen und ein Stück weit auch der Glaube seiner Jünger. Was hinterließ der Gekreuzigte denn? Einen weinenden, schuldbeladenen Petrus, einen zweifelnden Thomas, eine verängstigte Jüngerschar hinter verschlos-senen Türen? Eine Menge, die das "Kreuzige ihn" geschrien hatte, kommt nun am nächsten Tag zur Ruhe. Ich vermute, daß niemand in den Häusern von Jerusalem den Shabbath beengter, unbehag-licher und schuldbewußter gefeiert hat wie an diesem Samstag. Mit Schauem erinnerten sie sich an diese Sonnenfinsternis mitten am Tage.Absolute Dunkelheit, drei Stunden lang. Man hörte schrek-kliche Gerüchte, daß im Tempel der dicke Vorhang zum Allerheiligsten zerrissen war. Manche sprachen mit kalkweißem Gesicht, sie hätten Tote aus den Gräbern steigen sehen. Alles roch nach Tod, Schrecken, Schuld und Düsterniss. ECCE HOMO, so sprach noch dieser römische Centurio am Kreuz, welch ein Mensch! Wer immerer war, er ist nun tot. Besser, man spricht seinen Namen nicht aus, die Pharisäer könnten argwöhnisch werden. Warum eigentlich? Wenn er doch tot ist?

 

l. Der König ist tot. Es lebe der König!

 

Der König ist tot. Wo legen sie ihn hin? Ein angesehener Mann aus dem hohen Rat hat sich doch glatt erdreistet, zum Prokurator Pilatus zu gehen und um den Leichnam zu bitten. Pilatus ist nicht dumm. Dieser Jesus starb sehr schnell. Nun, kein Wunder, die Peitsche hat ja nur ein paar Prozent Leben ihm noch gelassen. Doch der römische Hauptmann, Experte in Sachen Kreuz und toter Menschen, bestätigt kalt den Tod des Nazareners. Man hängt den Leichnam ab. Eine ca. 4 m lange Bahn aus Stoffleinen wird ausbebreitet, der entstellte I-eichnam ans eine Kopfende, dann bedeckt man mit der zweiten Hälfte des Tuches die Vorderseite und das Gesicht des Gestorbenen. Josef von Arimathia hat in einen Felsen einen Stollen hauen lassen. Wie eine längliche Höhle mitten im Stein. Dort legte man ihn hinein, ein Stein davorgestellt, Wachen darum. Schluß. Ende. Was soll man auch noch tun?

Der Shabbath ging zu Ende. Es war noch fast dunkel. Morgengrauen eines neuen Sonntags. Es heißt: am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie! Wer waren sie? Nicht die Apostel, nicht einige derer, die Jesus einstmals geheilt hatte von Krankheit, Blindheit und Dämonen. Es waren Frauen. Es waren Frauen, die mit Jesus mehr verbanden als einen gescheiterten Helden. Es waren Frauen, für die Jesus mehr war als eine Leitfigur, ein Idol, ein wundertäter. Für die Frauen war und blieb Jesus auch als Toter derjenige, den sie geliebt haben und den sie verehren. Er hat ihnen so viel Gutes getan. Nun wollen sie ihm alles erdenklich Gute tun, was in ihren Möglichkeiten steht. Dabei muß klar und deutlich hervorgehoben werden, daß sie damit Ihr Leben aufs Spiel setzten. Gerhardt Maier sagte: Man hat den Verdacht, daß diese Menschen den toten Jesus mehr liebten als viele Menschen von heute den auferstandenen Jesus. (Edition C, Band 5,2.Teü, S683).

Salben wollten sie ihn. In aller Eile hatten sie Kräuter besorgt, die gut rochen. Abgesprochen haben sie sich und sehr früh aufgemacht. Mitten auf dem Weg durch die kühle Nacht kam einer der Frauen der Gedanke: wie kriegen wir eigentlich den Stein weg? Das schaffen wir nie. Daran hatte keine gedacht. Nur Jesus die letzte Ehre erweisen, dieser Gedanke hatte sie beherrscht. Doch schon waren sie angelangt. - Ich lese Vers 2 und 3 - Vor ihnen bot sich ein seltsames Bild. Der große runde Stein war wie von Geisterhand weggescho-ben worden. Keine Spur von den Wachsoldaten. Räuber. Um Himmels willen. Grabräuber. Aber es gab doch nichts zu stehlen? Selbst um Jesu Gewand haben die Schergen noch gespielt. Sie gingen hinein. Der Stollenähnliche Gang gab den Blick frei auf eine Bank, wo schön zusammengefaltet das Leinentuch Jesu lag. Rechts davon der trogähnliche Steinsarg, ohne Inhalt. Verwirrung machte sich breit. Wer könnte Interesse haben, den Leichnam zu entfemen? Pilatus hatte doch extra sein Ja-Wort dazu gegeben? Die Pharisäer würden sich hüten, ihn zu verschleppen. Aber was soll das Ganze? Jetzt haben wir gar nichts mehr. Womöglich haben sie ihn irgendwo in die Wüste den Vögeln zum Fraß gegeben.Oder sie haben ihm ein jüdisches Schandgrab bereitet, wo man den Leichnam nicht eingräbt, sondern auf dem Boden nur mit schweren Steinen zudeckt, für jeden weit sichtbar. Die Frauen geraten in Erregung. Warum läßt man nicht unseren Jesus endlich in Ruhe? Warum schändet man sein Grab? Oder ist das ganze womöglich eine Falle?

Plötzlich flammt ein grelles Licht auf, wie von einem aufzittemden Blitz. Zwei Männer, wie aus dem Nichts stehen vor der völlig verschüchterten Frauenschar. Zwei Männer, und das merken die Frauen sofort, von außerirdischer Herkunft. Das sind Gestalten, die Gottes Angesichte sehen. Das sind Wesen vom himmlischen Hofstaat Gottes. Ihr Licht ist unerträglich. Die Reinheit macht den eigenen Schmutz umso deutlicher. Die suchenden, verwirrten, verängstigten Verehrerinnen des Leichnams Jesu sinken auf die Knie und beten an.

 

2. Der König lebt in Ewigkeit

 

- Ich lese Vers 4ff - Der tübinger Theologe Gerhardt Maier sagte einmal treffend: Zwischen Tod und Auferstehung ist ein riesiger Schritt. Man mag glauben, daß Jesus gelebt hat. Man mag kaum in Abrede stellen, daß man Jesus begraben hat. Gerade gerstem berichtete die Zeitung von dem historisch gesicherten Ort der Grabeskirche in Jerusalem als die Originalgrabstätte Jesu. All das ist nicht so schwierig. Aber daß er von den Toten auferstanden sein sollte? Der Mensch schüttelt den Kopf über die Botschaft der Auferstehung. Tot ist tot. Umgekehrt schütteln wohl aber die Engel auch den Kopf. Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Die Engel fragen die Ebenbilder Gottes und wundem sich über ihre Unfähigkeit, mit der Möglichkeit einer Auferstehung Jesu zu rechnen. Sie wundem sich an das schlechte Gedächtnis. Wie oft hat Jesus dieses Bekenntnis gesprochen: Ich gehe nach Jerusalem, ich werde überliefert und hingerichtet werden. Und nach drei Tagen werde ich auferstehen! Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Als der Lebendige bezeichnet sich Jesus später auf der Insel Pathmos, als er dem Apostel Johannes begegnet und ihm zujubelt: Fürchte dich nicht: Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle! (Offb. 1,18). Jesus lebt. Er ist der Herr! Doch es ist eigenartig. Die Frauen, die schon so manches Wunder mit Jesus erlebt haben, glauben nicht, weil Sie himmlische Wesen sehen. Erst als dieser denkwürdige Satz erfolgt: Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war. Die Engel geben den Frauen das erste christliche Glaubensbekenntnis in die Hand:

 

Jesus, gelitten unter Pontius Pilatus

Jesus, gekreuzigt, gestorben und begraben.

Jesus, am dritten Tag auferstanden von den Toten.

 

Die Frauen begreifen annähernd die Größe des Werkes Jesu. Sie erfassen ansaüweise, daß die Auferstehung unmittelbar zu Kreuzestod und Grablegung dazugehört. Sie erleben mit jubelnder Freude, dieser Jesus hat es ja vorausgesagt. Und wenn er es vorausgesagt hat, dann ist er ein Prophet. Wenn dieser Prophet aber gestorben ist wie all die anderen Propheten, nun aber wieder lebendig ist, dann ist er, dann ist er wirklich Gottes Sohn. Jesus lebt. Jesus ist von den Toten auferstanden und hat den Tod besiegt. Schwester Renate sagte am Freitag: Sein Todesweg kreuzte sich mit meinem Todesweg. Jesus Sterben und Auferstehen lenkt die Bahn desjenigen, der an ihn glaubt als den Lebendigen in die Richtung des Lebens.

 

 

Schluß:

 

Jesus lebt. Was löst das in mir aus? Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich Ostergottesdienste in Mannheim erlebt habe. Sie waren sehr schön. Und am Ende rief man sich zu: Der Herr ist auferstanden. Und der Angesprochene antwortete: Er ist wahrhaftig auferstanden. Aber das seltsame war, daß mich nie das Gefühl losließ, daß ich mich gar nicht so recht freuen konnte. Sicher, ich glaubte an die Auferstehung Jesu. Aber wie erlebe ich seine Lebendigkeil in meinem Alltag? Und das machte mich beschämt und traurig. Die Frauen liefen los und verkündigten die Osterbotschaft. Die Jünger hielten es zuerst für leeres Geschwätz. Wen verehre ich? Den für meine Schuld gestorbenen Sohn Gottes? Oder den lebendigen Herrn Jesus Christus? Einen Verstorbenen kann ich verehren, kann Blumen an sein Grab legen und sonst von ihm Gutes reden in der Gemeinde. Aber mit einem Lebendigen geht das nicht so einfach. Der Lebendige will nicht allein meine Verehrung, sondern will meine Liebe zu ihm. Jesus sagte einmal zu den Pharisäer: Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebendigen. Jesus lebt und will in deinem Leben deine Lasten tragen. Jesus lebt und will den Stein des Unglaubens und des Zweifels, der Trauer und der Verwirrung wegwälzen und immer wieder die Tatsache in dein Herz sprechen: Kind, ich lebe. Ich bin Gottes Sohn. Und ich führe Dich durch die Fährnisse dieser Zeit ins gelobte Land. Durch den Tod hindurch ins Leben. Fürchte Dich nicht: Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. In deiner Not suche nicht mein Grab, sondern mich selbst als den Auferstandenen. Überwunden habe ich deine Schuld, überwunden habe ich das, was dich von Gott einstmals trennte. Glaube an mich, meditiere stets über mein Leben, über mein Leiden, Sterben und Auferstehen. Alles tat ich für dich. Damit Du mir vertraust und an mich glaubst.Denn nur so wir dein Leben endlos sein. AMEN