Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu Kolosser 2 Vers 8f
erstellt von Gerhard Schmid
home |
DER BRIEF DES PAULUS AN DIE KOLOSSER - 2. Kapitel 2,8 Seht zu, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus. 2,9 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leib-haftig, 2,10 und an dieser Fülle habt ihr teil in ihm, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist. 2,11 In ihm seid ihr auch be-schnitten worden mit einer Be-schneidung, die nicht mit Händen geschieht, als ihr näm-lich euer fleischliches Wesen ablegtet in der Beschneidung durch Christus. 2,12 Mit ihm seid ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn aufer-weckt hat von den Toten. 2,13 Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Flei-sches, und hat uns vergeben alle Sünden. 2,14 Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forde-rungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet. 2,15 Er hat die Mächte und Ge-walten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau ge-stellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht in Christus. |
Wie gut, dass wir in Christus alles haben "Ich möchte was vom Leben haben" – wer von uns hat das
noch nicht gedacht und auch gesagt; von wie vielen Menschen haben das
schon gehört?! Wie sollte das, was wir gerne vom Leben hätten und uns dann auch leisten, uns auch wirklich befriedigen können. Nicht "etwas" macht uns das Leben wertvoll und gibt unserem Leben Sinn und Inhalt, sondern nur "jemand". So stand es im Lebenszeugnis einer jungen Frau, die sich bei uns vor wenigen Tagen zur Mitarbeit als Gemeinschaftsdiakonin beworben hat. – Nichts von all dem, was diese Welt mir bieten kann, nicht einmal die Summe von allem, was diese Welt zu bieten hat, kann unser Leben wirklich erfüllen. Das kann nur einer, und das ist Jesus! |
Wenn man dem Paulus böse wollte, dann könnte man im
Blick auf diese Sätze, die er hier schreibt, sagen: "Aber jetzt nimmst du
den Mund wirklich zu voll." – Ja, man könnte ihn geradezu einen Hochstapler
nennen. – Und es gibt heute sicherlich genug Menschen, die es als anmaßend
bezeichnen würden, dass in Christus die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig
wohnt, und es als absoluten Hochmut empfinden würden, wenn wir dann noch
behaupten, dass wir an dieser Fülle teil haben. – Und ich könnte mir gut
vorstellen, dass wir es fremden Menschen gegenüber nicht wagen würden, von
uns zu behaupten, dass wir durch Jesus an der Fülle Gottes Anteil haben. –
Wir müssten uns auch nicht verwundern, wenn diese Menschen das überhaupt
nicht verstehen würden.
Das ist ja etwas, was wir uns – als Menschen des
Glaubens – schier nicht vorstellen können – können wir es uns denn
vorstellen? – Das übersteigt doch auch unser Vorstellungsvermögen bei
weitem.
Aber nun muss und soll das nicht dahin führen, dass wir
dahinter ein ?-Zeichen setzen und wir müssen und sollen uns durch ?-Zeichen,
die andere setzen, und denen wir schwer etwas entgegensetzen können, von der
Wirklichkeit, die diese Aussage beschreibt, nicht drausbringen lassen. –
Passen wir also auf, dass wir es niemanden erlauben, uns hier in irgend
einer Weise Zweifel zu streuen. – Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln,
auch wenn die Wirklichkeit unseres Lebens oft anders aussieht, und da weder
für uns noch für andere zu erkennen ist, dass auch wir Anteil haben an der
Fülle Gottes.
Nicht von uns aus ist ein Rückschluss zu ziehen im
Blick auf das, was Paulus hier sagt – wenn wir das machen, werden wir immer
in Zweifel gerissen und letztlich irre werden. – Anders herum ist es
richtig: Von Christus aus ist ein Rückschluss auf uns zu ziehen. All das,
was ihm, Christus, eigen ist, ist er bereit, auch uns zu geben. Wie sagt es
Paulus im Römerbrief (8,31.32): "Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?
Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns
alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles
schenken?!"
Anders ausgedrückt: Wir sind nicht und wir müssen uns
nicht mehr losgelöst von Christus verstehen. Christus und wir bilden eine
unauflösliche Einheit. – Das bedeutet dann: Wenn Gott uns ansieht, dann
sieht er Christus; und wenn er Christus ansieht, dann sieht er uns. Gottes
Augen ruhen voll wohlgefallen auf Christus und auf uns. – Nicht weil wir so
tolle Leute wären, nein, sondern weil Christus sich mit uns verbunden hat
und alles für uns getan hat und für uns ist.
Unbegreiflich – und doch
wahr, doch Wirklichkeit. – Hier können wir eigentlich nur noch still staunen
und anbeten! – Sollten wir uns dazu nicht einige Augenblicke Zeit
nehmen?
So uns nun wollen wir noch ein wenig miteinander nachdenken, wie wir mit Christus verbunden sind und all das, was er erlebt und getan hat und für ihn gilt, auch für uns Gültigkeit hat:
1. Wir sind mit Christus verbunden
a) ... in seinem Grab - "In ihm seid ihr begraben worden
in der Taufe..."
Das müssen wir uns immer wieder ganz bewusst
machen, dass zum Christ-sein eben auch das Sterben und das Begraben-Werden
dazu gehört. – Und hier geht es eben nicht um unser Sterben und
Begraben-Werden, wenn unsere Zeit hier auf Erden mal zuende ist, sondern das
mit Christus gestorben und begraben sein – hinein in seinen Tod, in sein
Grab. Das Bild dafür ist die Taufe. Dieses totale Untergetaucht-Werden, wie
dies bei der Taufe ja ursprünglich der Fall war.
Die meisten von uns
werden das nicht so erlebt haben. Aber dieses "Mit-Christus-begraben- Sein"
sollten auch wir kennen und benennen können: "Das Alte ist vergangen. .."
(2. Kor 5, 17). Mein altes ICH, das gibt es nicht mehr; es ist tot,
begraben, vergangen.
Ich will es nochmals ganz klar sagen: Es gibt keinen Anfang im Christenleben, ohne dass nicht vorher das alte Leben ein Ende gefunden hat. Christsein ist kein Zusatz zum bisherigen alten Sein, sondern ist neues Sein.
Aber da stoßen wir wieder an diese Grenze, die eben wir selber mit unserem Leben sind; damit, wie wir uns erleben im Alltag. All zu oft taucht doch der "alte Adam" bzw. die "alte Eva" wieder auf! - Wir sind doch Tag für Tag mit dem Alten konfrontiert, das sich kräftig zu Wort meldet und nach oben drängt. "Der alte Adam kann schwimmen", hat mal jemand gesagt. Und das macht uns zu schaffen. Das stellt uns und unseren Glauben zutiefst in Frage. Bin ich denn wirklich ein Christ, wenn diese alten Gewohnheiten und Laster immer wieder auftauchen? Wenn mein alter Charakter immer wieder durchscheint. Wenn mein alter Jähzorn, meine alte Unwahrhaftigkeit, meine alten Leiden-schaften wieder aufbrechen?
Die Christen in Kolossä kannten wohl diese Erfahrungen. Und darum fielen die Worte jener Durcheinanderbringer bei ihnen auf so fruchtbaren Boden: Ihr müsst das heilige Leben einüben. Ihr müsst aufpassen, was ihr esst, was ihr berührt, wann was dran ist, dann werdet ihr vollkommen sein. – Und auch wir kennen diese Erfahrung und fragen auch, was muss ich denn tun, dass es bei mir anders wird. Wir leiden ja auch darunter und wollten es gerne anders haben.
Aber nun macht Paulus eben deutlich, dass es nicht mit
unserem Tun und Mühen zu machen ist. Nicht auf uns kommt es hier an! –
Entscheidend ist, was Jesus getan hat und somit für uns Gültigkeit hat. –
Darin liegt die Lösung! – Und mit einem einzigen grandiosen Satz schiebt
Paulus alle zweifelnden Fragen und all unser zaghaftes Wenn und Aber zur
Seite und lässt uns befreit aufatmen: Das Alte ist gestorben und begraben
mit Christus. Es ist tot und hat keine Macht mehr. Es darf keine Ansprüche
mehr an uns stellen. Darauf können wir uns berufen, darauf können wir uns
verlassen! Und wenn das Alte jeden Tag wieder aufsteht und uns beeinflussen
will, dann können wir jeden Tag aufs neue sagen: Du bist tot. Und wenn das
Alte uns jeden Tag wieder aufs neue plagt, dann haben wir das Recht, es
jeden Tag wieder aufs neue zu beerdigen.
Das ist der Weg, mit uns
fertig zu werden. – Was ist das doch für ein Geschenk, dass mein altes Ego
so mit Christus gestorben und begraben ist und ihm kein anderer Platz
zusteht, als in dem Grab Jesu. – Hier erleben wir wirklich Befreiung –
darum: Gib dein altes Leben jeden Tag ganz bewusst in Jesu Tod hinein; lass
es mit ihm begraben sein.
b) ... in seiner Auferstehung
Hören wir genau hin: "Mit Christus seid auch ihr
auferstanden durch den Glauben."
Das ist Gegenwart, nicht Zukunft.
Paulus redet hier nicht von der Auferstehung der Toten. Er redet von der
Auferstehung der Lebenden.
Glaube an Jesus Christus ist Auferstehung mitten im Leben, ist Aufstehen-Können aus allem, was niederdrückt und niederschlägt. Die Gotteskraft vom Ostermorgen ist dieselbe, die an uns wirksam ist. An diese Kraft sind wir angeschlossen mit Christus, daran haben wir teil. Warum denn Kraft aus schwachen Batterien ziehen, wenn wir doch Anschluss ans Starkstromnetz Gottes haben?
Alles, was da damals und heute auf dem Markt ist an Kräften und Mächten, kann sich doch nicht messen mit dem, was Christus mit uns teilt: seine Auferstehungskraft. Warum also nach allen möglichen Stärkungsmittelchen schielen, wenn wir an dieser starken Macht Anteil haben? Kann es über die Kraft der Auferweckung hinaus denn noch etwas stärkeres geben?
Wir Christen lassen uns oft so schnell ins Bockshorn jagen, sind so schnell verunsichert und plagen uns mit Zweifeln herum. – Das muss nicht sein. Lasst uns doch mit Paulus am dem Bekenntnis festhalten: Wir sind Auferstehungs-menschen. Wir haben teil an der Auferstehungskraft. Nur keine falsche Bescheidenheit, nur keine falsche Demut!
c) ... in seinem Leben
"Sei ein lebendiger Fisch", singen unsere Kinder. Das ist eine Aufforderung. Bei Paulus klingt es ein wenig anders: "Ihr seid mit Christus lebendig gemacht." Das ist keine Forderung, sondern eine Feststellung.
Und nun soll das für uns zu einer Zusage werden und für alle, die an ihrem Leben und Glauben verzweifeln, denen das Christsein zu schwer werden will, die in Gefahr sind, den Lebens- und Glaubensmut zu verlieren: Gott hat auch dich mit Christus lebendig gemacht. Als er ihn aus dem Grab geholt hat, da hat er auch dich mit heraus aus den Tiefen geholte. Du musst nicht die Sorge haben, das Leben ginge an dir vorbei. Du bist mitten drin.
2. Jesus Christus nimmt uns ab ...
a) ... was uns belastet - "... er hat uns vergeben alle
Sünden"
Jesus hält uns den Rücken frei. Was auch immer aufstehen mag
aus unserer Vergangenheit und unser Gewissen belasten will, ist nicht
stärker als seine Macht der Vergebung.
Unendlich wichtig ist hier das kleine Wörtchen "alle". Ausnahmslos alle Übertretungen hat Jesus vergeben. Niemand darf uns beunruhigen mit Dingen, die er aus unserer Vergangenheit ausgegraben hat und die wir vielleicht selber gar nicht (mehr) wussten.
Ja, Gott stellt auch unsere "unerkannte Sünde ins Licht" (Psalm 90,8) - aber doch nicht, um immer neues "Material" gegen uns vorbringen zu können! Gott ist nicht ein "Enthüllungsjournalist", der nicht Ruhe gibt, bis er doch noch einen Skandal findet. Alles vergibt er. Punkt-Schluss!
b) ... was uns anklagt
"Er hat den Schuldbrief
getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und
an das Kreuz geheftet."
Hören wir bitte gut hin:
Es geht nicht um Schuldgefühle, sondern um wirkliche Schuld vor Gott. Wir
sind oftmals geneigt, manche Schuld auch als "Schuld-gefühl" abzutun und so
gering zu machen. Das tut Paulus hier nicht. – Und wir sollten es auch nicht
tun. Wir tun uns damit nämlich keinen Gefallen. – Schuld-gefühle, die dann
uns nämlich keiner nehmen, aber wirkliche Schuld kann von uns genommen
werden. Jesus ist bereit, sie uns abzunehmen und selbst zu
übernehmen.
Paulus gebraucht hier, um diese Übernahme der Schuld
unseres Lebens zu beschreiben, das Bild des Schuldbriefes. Wenn jemand einem
anderen etwas geschuldet hat, dann hat er ihm einen Schuldbrief geschrieben
und seinem Geldgeber ausgehändigt. Damit war der Schuldner in der Hand des
Geld-gebers. Bis heute gibt es solche Schuldbriefe – sie heißen "Wechsel".
Diese Wechsel können an andere – meist eine Bank – verkauft werden. Dadurch
bekommt der Geldgeber schneller an sein Geld, und der Schuldner ist nun der
Bank gegenüber verpflichtet, seine Schulden zu bezahlen. Der Schuldbrief
wird da also von der Bank aufgekauft, er wechselt den Besitzer.
So
hat Jesus unsere Schuld "abgekauft". Er nimmt sie auf sich, damit sind alle
"Tilgungsraten" geleistet. Jesus hat bezahlt. Mit seinem Leben hat er auf
Heller und Pfennig die Forderungen des Gesetzes beglichen. – Aber nun eben
nicht, um uns "in der Hand zu haben" und von uns unsere Schuld mit Zins und
Zinseszins zurückzahlen zu lassen – mit dem, was wir jetzt für ihn tun
müss-ten – nein, er hat die Schuld übernommen, um uns die Freiheit zu
schenken.
"Wir machen den Weg frei" - so wirbt eine Bank mit großen Worten und dramatischen 30-Sekunden-Geschichten in der Fernsehwerbung um uns als Kunden. Dabei wird unmöglich erscheinendes wahr gemacht: Berge tun sich auf, ein Zug rast über eine zerstörte Brücke und stürzt doch nicht ab ...
"Ich mache den Weg frei" - so wirbt Jesus um uns, doch nicht, um uns als "Kunden" zu fangen, sondern um uns tatsächlich vor dem tödlichen Absturz zu bewahren.
Der Weg zu Gott frei. Jesus hat ihn freigemacht; und nichts und niemand kann und darf uns diesen Weg versperren. – Und wenn sich vor unseren Augen noch so viele andere verlockende Wege auftun, sie können uns nicht das bringen, was der Weg uns bringt, den Jesus für uns frei gemacht hat – die Ewigkeit bei Gott und in Gemeinschaft mit Jesus. Darum sollten wir uns auch nicht verführen lassen.
c) ... was uns ängstigt
"Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet
und sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen
gemacht in Christus."
Beispiel: Nach dem Fall der Mauer in Berlin und
dem darauffolgenden Ende der DDR waren die großen Machthaber des dortigen
Regimes nur noch alte Männer. Ihre Macht war mit einem Schlag vorbei. Ihr
Geld galt nicht mehr, ihre Gesetze wurden außer Kraft gesetzt. Nach dem 9.
November 1989 herrschten sie zwar noch eine Zeitlang, aber ihr Scheitern war
bereits offenkundig.
Paulus schreibt diese Zeilen als Gefangener (4,18)! Er schreibt als einer, der die Macht und Herrschaft dieser Welt am eigenen Leib zu spüren bekommt -aber er schreibt dies trotzdem. Er kommt gar nicht auf die Idee, dass seine persönliches Erleben ein Widerspruch dagegen wäre. Auch seine Fesseln, auch der scheinbare Triumph der Gewalt über ihn machen ihn nicht irre. Er weiß, wer in Wirklichkeit "im Regiment" sitzt. Und das gilt auch für alle unsichtbaren Mächte und Gewalten, die hier wohl ganz besonders gemeint sind: Sie sind entmachtet! – Darum ist es geradezu töricht, sie noch zu beachten, auf sie zu hören, sich von ihnen beeindrucken zu lassen. Und deswegen ist es auch unsinnig, ihre Regeln und Vorschriften zu beachten.
Zusammenfassung zum Schluss
In manchen Ländern ist es üblich, wenn man aufgefordert wird zu essen, erst abzu- lehnen, sich zu zieren – wir gehören auch dazu. Aber wenn Jesus Christus sagt: "Ich gebe euch Anteil an allem, was ich bin und habe, das bist auch du und das gehört auch dir"; dann gilt es herzhaft zuzugreifen und zu sagen: Ja, danke dir! Davon nehm ich gern, denn davon leb ich. Ins Grab Jesu hinein will ich die alten Sachen stoßen. In der Auferstehungskraft Gottes will ich aufstehen aus allem, was mich zu Boden drückt. Im neuen Leben Christi will ich wandeln. Was war, darf nicht mehr gegen mich aufstehen - Christus hat alles vergeben. Was mich anklagt, darf mich nicht mehr verurteilen -Christus hat die Schuldurkunde doch bezahlt. Was kommt, das darf mich nicht mehr ängstigen -Christus ist doch der Herr.