Johannes 7, 37-39

 

Der grosse Laubhüttenfest-Zyklus

Die drei Verse gehoeren zu einem grossen Zyklus, der von 7,1-10,21 (Ausnahme 7,53-8,11 – s. die Auslegung dort) reicht:

7,1-8               Die Brüder Jesu gehen zum Laubhüttenfest. Jesus geht nicht zu diesem Fest. Durch ihn wird es zum Jesusfest werden.

7,9-36             Jesus geht nach Jerusalem, verborgen, nicht um das Fest zu feiern. Er geht in den Tempel, um die Gotteslehre allen zuzurufen.

7,37-39           Am Hoehepunkt des Festes werden die Zuhoerer angesprochen, und zwar nicht als solche, die sich an Ereignisse der Vaeterzeit in Aegypten und beim Auszug bei diesem Fest erinnern, sondern als solche, die selbst in der Wüste sind, dürsten und nun trinken koennen von dem, der das lebendige Wasser ist und die dabei selbst zu Stroemen lebendigen Wassers werden koennen.

7,40-8,59        Die Zuhoerer-Menge entwickelt sich in zwei Richtungen: die einen hoeren, überlegen, glauben. Die anderen diskutieren mit dem Ziel, Jesus zu steinigen

9,1-41             Die Entwicklung eines Einzelnen wird aufgezeigt vom Blindsein zum Sehen des Menschensohnes. Das geschieht inmitten von im dogmatischen Urteilen gefangenen sehenden Blinden.

10,1-21           Die Entwicklung derer, die auf den Hirten hoeren, der heilt und sein Leben hingibt und derer, die diesen Hirten verteufeln, geht weiter auseinander.

 

zu 7,37-39

 

Wegfall eines Volksfestes

In der Gemeinde des Johannes wird das Laubhüttenfest nicht mehr gefeiert. Der Tempel ist zerstoert, das wichtige Wasserritual am Laubhüttenfest kann nicht mehr vollzogen werden, die sonst an diesem Fest am Abend von Licht erfüllte Stadt steht nicht mehr. Was aber am Entscheidendsten ist: Die Vaetergeneration der Wüstenwanderung, an deren Erfahrungen mit Gott das Laubhüttenfest erinnert, war nicht zum Ziel des Auszuges gelangt, sondern in der Wüste gestorben (Joh 6,49).

 

Jesusfest, weil Menschen, auf ihrem Wüstenweg ihres Auszuges, von Jesus getraenkt, in der Freiheit ankommen

Feiern kann jedoch die johanneische Jesusgemeinde Jesusfeste. Denn wen der Sohn freimacht, der ist recht frei. Jesus laedt Dürstende zu dem Leben ein, das durch ihn auf Gott bezogen ist und das einladend und Leben verbreitend weitergeht und zu Stroemen in der Wüste (vgl Jes 35,6; Jes 43,20) wird. Durch die Erfahrung des Geistes wird die johanneische Gemeinde zu einer selbstbewussten Gemeinde im Lebenszusammenhang mit Jesus, dem wasserspendenden Fels in der Wüste.

 

Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt...

Auf Grund meiner Forschung scheint mir auf Jes 28,16 angespielt zu werden:

„Darum spricht Gott, der Herr: ‚Siehe, ich lege in Zion einen Grundstein, einen bewaehrten Stein, einen kostbaren Eckstein, der fest gegründet ist. Wer glaubt, der flieht nicht’.“

Targum und LXX haben sich besonders mit diesem Vers beschaeftigt. Für den Targum ist mit dem Stein der Koenig Messias gemeint. Die LXX übersetzt: „Wer glaubt, der wird nicht zuschanden.“ (vgl Roem 9,33; 10,11) Johannes interpretiert: „Wer glaubt, der wird in Ewigkeit leben.“ Paulus und Johannes kommt es besonders auf das Wort „wer glaubt“ an. Jeder Mensch dieser Welt, der an den Messias glaubt, ist mit Gottes Zusage in Jes 28,16 gemeint.

Der Text in Joh 7,37 koennte also lauten: „Wer da dürstet, der komme zu mir und trinke! Jeder, der an mich wie Jesaja (28,16) sagt glaubt, von des Leibe werden Stroeme von lebendigem Wasser fliessen.“ Das sagte er aber von dem Geist, welchen empfangen sollten, die an ihn glauben.

Der Glaubende wird also Gottes Geist in reichem Masse empfangen und weitergeben. Das wird nach Jesu Kreuzigung, die Verherrlichung ist, geschehen.

(Es gibt viele Ausleger, die die „Stroeme...“ auf Jesus beziehen, aber das Zitat aus dem AT dann nicht finden. Bei ihnen lautet der Text dann: „Wer da dürstet, der komme zu mir. Und es trinke jeder, der an mich glaubt.“ Ich halte diese Auslegung nicht für angemessen wegen Jes 28,16, das einen solch grossen Einfluss auf das Johannesevangelium hat.)

 

Diese Abhandlung ist hier entnommen:

http://www.erlangen-evangelisch.de/johannesevangelium/index.htm