Joh 2,1-11 2. n. Epiph.
Geschichte aus einem kleinen Wunderevangelium
In Joh 2,1-11 finden wir die erste von einer Reihe von
Wundergeschichten im Johannesevangelium. Johannes hat sie – wie fast alle
anderen – wahrscheinlich aus einem kleinen Wunderevangelium. Dieses wollte
Jesus – wahrscheinlich in Parallele zum Wunder tuenden Elia/bzw. Elisa – als
von Gott gesandten Wundertaeter und endzeitlichen
Propheten aufzeigen (vgl. Maleachi 3,23f). Deswegen
sind in mehreren Wundergeschichten kleine Anspielungen auf Elia/Elisa
enthalten. In Joh 2 ist das „Was mir und was dir“
(Was habe ich mit dir zu schaffen!), bei der Heilung in Joh
4 ist es das „Gehe hin, dein Sohn lebt!“ usw. Das hat natürlich seine
Bedeutung, nachdem der Taeufer bewusst die
Bezeichnung „Elia“ für sich ablehnt. Für unsere Predigt sind diese Ueberlegungen heute von geringer Bedeutung, wenn einige
Menschen damals Jesus als den wiedergekommenen Elia gesehen haben.
Dionysos
Ist die
naechste Beobachtung auch von so geringer Bedeutung?:
Der schon viele Jahrhunderte vor Christus verehrte Gott Dionysos wurde mit viel
Weingenuss von seinen Anhaengern gefeiert – auch zur
Zeit der Entstehung der ersten Christengemeinden. Sollte in Joh
2 der Wein spendende Jesus in Konkurrenz zu jenem alten Gott gezeichnet werden?
Jesus gibt den wirklich guten Wein?
jüdische Reinigungsriten
Oder kommen
wir bei der Betrachtung des Textes in der Vorbereitung der Predigt weiter, wenn
wir die Erwaehnung der grossen
Krüge (sie fassen ca. 500 Liter), zur jüdischen Reinigung benoetigt,
bedenken? Also: Die jüdische Zeremonie religioeser
Reinigung gilt nicht mehr für die Nachfolger Jesu? – etwa im Sinne der Verklaerungsgeschichte: „Sie sahen nur Jesus allein?“ Alle religioesen jüdischen Zeremonien und Feste gelten für die
Jünger Jesu nicht mehr?
Nachdem
im Johannesevangelium der Tempel in der Geschichte von der Tempelreinigung eine
neue Bedeutung bekommt als Leib Jesu und auch das Laubhüttenfest in Joh 7 für Christen zum Jesusfest wird (es gibt weitere
Beispiele), waere Joh
2,1-11 als Ende jüdischer Reinigungsbraeuche für
Christen schon in Betracht zu ziehen.
Der Evangelist Johannes und die Wundergeschichte
Wir
wissen nicht, wie der Evangelist Johannes die Wundergeschichte verstanden hat.
Er hat nicht – wie z.B. beim Wunder der Brotvermehrung in Joh
6 und der Blindenheilung in Joh 9 seine ausführlichen
Deutungen in die Geschichte einfliessen lassen. Von
ihm stammt wohl nur die abschliessende Aussage in
2,11: „...und Jesus...offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten
an ihn.“
Damit oeffnet sich aber ein für Johannes und seine Gemeinde aeusserst bedeutungsvoller Bereich: Der Bereich der
Herrlichkeit und der glaubenden Jüngerschaft. Vom Bereich der Herrlichkeit
Gottes konnte Johannes in jedem Sabbatgottesdienst hoeren,
wenn das „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth. Alle Lande sind seiner
Ehre voll“ aus dem Propheten Jesaja 6 im Gebet nachvollzogen wurde. Diese sonst
dem Menschen nicht zugaengliche Herrlichkeit wird in
Jesus immer wieder sichtbar und wird von den verschiedensten Menschen im
Johannesevangelium im Glauben aufgenommen.
Aufgabe
der Predigt koennte also sein, über Gottes Herrlichkeit in Christus
gemeinsam nachzudenken: Wo entdecken wir in unseren Zeitproblemen und
Lebensproblemen Jesu Herrlichkeit in überreichem Masse und glauben an ihn,
folgen ihm nach? Nicht Dionysos mit seiner Feste feiernden Anhaengerschaft
ist unser Problem, nicht die Frage, ob wir uns weiter wie viele Juden
heutzutage Reinigungsriten unterziehen, sondern die Frage der Oberflaechlichkeit unserer society,
die oft erfahrbare Gewaltbereitschaft, die weltweit verbreitete Verelendung. Traegt die Erfahrung der Herrlichkeit in der Gemeinde heute
zur Loesung dieser heutigen Probleme bei?
Die
Bitte der Maria
lautet heute nicht: „Herr, sie haben nicht Wein“, sondern: Herr, sie
haben keinen Frieden. Herr, sie haben keine Nahrung. Herr, sie haben keinen
Sinn für ihr Leben...
Es geht
für uns also um das Fragen nach dem Willen Gottes in jeder Begegnung, jeder
Situation und um unseren Versuch der Nachfolge Jesu.
Dass
Jünger und Jüngerinnen Jesu noch dazulernen müssen, wie die Herrlichkeit Jesu
nicht nur wie in Joh 2,1-11 offenbart wird in der
Demonstration der Fülle, sondern auch im Heilen, auch im Leiden bis hin zum
Kreuz, steht gleich noch nach Joh 2 und im restlichen
Evangelium bis hin zur Offenbarung des Lebens zu Ostern.
Diese Abhandlung ist hier entnommen:
http://www.erlangen-evangelisch.de/johannesevangelium/index.htm