Johannes 19, 16-30

 

 

Schwerpunkte und Schlaglichter

In diesem Passions-Abschnitt geht es nicht um den Bericht über wenige Stunden des Sterbens Jesu, sondern um Schwerpunkte, wer Jesus fuer mich, fuer Gott und die Welt ist und um ein paar Schlaglichter, die bei dem Geschehen auf einige Menschen fallen.

 

Schwerpunkte:

*   Pilatus – ein maechtiger Herrscher, zum Kreuzigungsurteil z.T. gedraengt, gibt den Druck auf die Gruppe der Draengenden zurück, indem er die Kreuzigungsinschrift nicht korrigiert.

*   Hohepriester (amtierend und ehemalig) – maechtige Repraesentanten der Religion und der Politik, die ihre eigene Anklage gegen Jesu nicht am Kreuz lesen wollen, weil sie ihrer Meinung nach falsch wiedergegeben ist: Was sie Jesus vehement bestritten haben, Koenig zu sein, steht nun am Kreuz. Pilatus hat sich fuer den Druck beim Prozess, in Rom angeschwaerzt zu werden, geraecht. Die Rache der diesmal unterlegenen Gruppe (!) wird durch eine Gruppe (!) ihrer Sympathisanten etwa 60 Jahre spaeter im Segensspruch gegen die Ketzer Ausdruck finden, wo nur noch von den Anhaengern des Nazareners die Rede ist und der Begriff „Koenig der Juden“ nicht auftaucht.

*   Kriegsknechte – Sie wissen nicht, dass sie mit der Verteilung der Kleider Jesu und dem Würfeln um sein Gewand den Christen einmal helfen werden, Jesu Leidensweg unter dem Vorzeichen des 22. Psalms zu sehen: Mk 15,34 wird als Gebet Jesu am Kreuz aus Ps 22,2 angeführt. Der verspottete Jesus am Kreuz ruft Ps 22,8 ins Gedaechtnis, vgl. Mk 15,29 und Mt 27,43. Der Auferstandene aber will die Osterbotschaft den Brüdern, der Gemeinde, übermittelt haben, Ps 22,23, vgl Joh 20,17 und Hebr 2,12.

*   Ein Schlaglicht faellt auf Maria und Johannes, die beiden, die zusammen bei Jesus –auf Bildern und Plastiken oft genug dargestellt - unter dessen Kreuz stehen und von Jesus Verantwortung oder Schutz übertragen bekommen.

Schon diese Schlaglichter und Schwerpunkte weisen die Bedeutung Jesu auf. Dazu kommt

*   Der Tod Jesu als Vollendung

 

*   Zur Darstellung Jesu als Koenig: Kein Evangelist hat die Bedeutung Jesu als Koenig Israels und Koenig der Wahrheit so konsequent in seinem Evangelium dargestellt wie Johannes. Er schildert Jesus als den von Gott eingesetzten Koenig Messias. Der Prozess gegen Jesus wird so zum Prozess gegen den über alle Koenige und Regenten, Praesidenten und Diktatoren eingesetzten Koenig Gottes, der gekreuzigt wird und ein koenigliches Begraebnis mit einer übergrossen Menge von Myrrhe und Aloe (Joh 19,38-42, vgl. Ps 45,9 – nur in diesem auf den Messias gedeuteten Psalm über den Koenig kommt der Doppelbegriff vor) bekommt. Von Jesus, dieser im Auftrag Gottes obersten Instanz der Welt als Spielball und Spott von Menschen, ist am Karfreitag zu reden – aber eben: als oberster Instanz über allen, die Macht zu haben scheinen.

 

*   Vollendet!

Für Johannes konzentriert sich der ganze Lebensweg Jesu von und mit Gott zu den Menschen und dann wieder zu Gott in dem einen griechischen Wort „tetelestai“ – es ist vollendet. Dass davor das „ich dürste“ aus dem Leidenspsalm 69,22 steht, zeigt in groesster Deutlichkeit die Niedrigkeit des Gesandten Gottes. ‚Vollendet’ heisst: Erfüllung des Psalmwortes und aller von Johannes auf Christus bezogenen Worte des Alten Testamentes.

„Ich dürste“ – in der Vollendung des Gottesauftrages gerufen - wird so zum Wort absoluten Gottesvertrauens dessen, den Gott traenken wird mit dem Wasser des Lebens.

 

Ein Ruf fuer Menschen am Rande des Todes

Und: Es ist ein Wort, das vertrauensvoll herausgeschrieen werden kann von ihm und allen an der Grenze absoluter Niedrigkeit stehenden Menschen, ein Wort am Rande des Todes und der Verzweiflung.

 

Sarx (1,14) wird im Sterben zum Soma (2,21) – ein neuer Tempel wird vorbereitet

Dass Jesus danach den Geist an Gott zurückgab bzw an die Menschen übergab, ist ein doppeltes Geschehen zur Ehre Gottes und zum Heile der Menschen.

 

Diese Abhandlung ist hier entnommen:

http://www.erlangen-evangelisch.de/johannesevangelium/index.htm