Johannes 15, 26 - 16, 4

 

 

Eine furchtbare Erfahrung: Hass ohne Grund

Mit diesem Evangeliumsabschnitt muss man ehrfurchtsvoll umgehen. Es lehrt nicht nur etwas über die Abgrundtiefe in Menschen, die ohne Grund hassen. Es lehrt auch etwas über die Groesse derer, die sich dem „Hass ohne Grund“ entgegenstellen.

 

Die Abgrundtiefe:

Die johanneische Gemeinde hat erfahren, dass der Name Jesus von Nazareth, für den einen von Gott Gesandten gebraucht, bei anderen (im 18-Bitten-Gebet werden die Anhaenger des „Nazareners“ verflucht) Hass hervorgerufen hat. Dieser Hass kann weder in den Worten noch in den Taten Jesu seinen Grund haben. Es gibt einen Hass ohne Grund.

 

Furchtbare Erfahrung in der Neuzeit

Christen und Juden haben diese Wirklichkeit auch im 20. Jhd. erfahren und erlitten und erfahren diesen Hass in verschiedenen Laendern immer noch. Neuerdings machen Moslems ihre Erfahrung mit Hass ohne Ursache. Natürlich wird der Hassende Ursachen für seine Haltung anführen, aber welche Ursachen halten gegenüber der Wahrheit stand? Die johanneische Gemeinde wird aus der Synagoge ausgeschlossen und bis zum Tod hin gehasst – und einige verstehen ihren Hass als Gott wohlgefaelliges Verhalten, als Gottesdienst.

 

Was haben die ohne Ursache Gehassten den Hassenden entgegenzusetzen? Worin besteht ihre Groesse?

Am Hass koennen sie ablesen, dass sie selber nicht mehr in diesen Bereich des Hasses, des Kosmos gehoeren und dass sie Erfahrungen machen, die ihr Meister gemacht hat, der gesagt hat, dass der Knecht nicht über seinen Herren ist (Mt 10,24; Joh 13,16; 15,20). Neben dem Herrenwort koennen die Verfolgten ein Wort der Bibel, Ps 69,5 („Die mich ohne Grund hassen...“) anführen.

 

Keine Privilegien für Christen ausser einem

Christen haben also keine Privilegien ausser denen, dass sie als Gehasste dem Meister, dem Freund angehoeren, dass sie aber auch wie ihr Meister und Freund von Menschen gehoert werden, die dann das Gehoerte bewahren.

 

Hass gegen Gott

Die Freunde Jesu kennen den, der Jesus gesandt hat und wissen, dass es Sünde ist, Gott in Jesus abzulehnen. Die Hassenden, die aus der Synagoge ausschliessen, um selbst in der Synagoge bleiben zu koennen und Gott zu dienen, hassen jedoch nicht nur Jesus, sondern in ihm Gott.

 

Ein Extrem christlicher Gemeindeerfahrung

Wir begegnen hier einem Extrem christlicher Gemeindeerfahrung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit, und wir begegnen hier einem Extrem christlicher Reaktion an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit im Gegenüber zu einer bestimmten jüdischen Gruppe.

 

- und ein Extrem jüdischer Gemeindeerfahrung

Wo diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind – und sie sind schon sehr, sehr lange nicht mehr gegeben – kann man nicht mehr vom Hass von Juden gegenüber Gott sprechen. Wo das in der Geschichte der Kirche trotzdem geschehen ist, haben Menschen oder Gruppen in der Kirche schwere Schuld auf sich geladen.

Die Voraussetzungen, so wie die johanneische Gemeinde zu sprechen, koennen jedoch auch im

 

Hass im 20./21. Jhd

20. Jhd. gegeben sein. In 15,24 wird darauf hingewiesen, dass die Werke, die Jesus getan hat, wenn sie mit Hass beantwortet werden, „ohne Ursache“ zu diesem Hass führen. Wenn die Werke Jesu von Christen getan werden in der Nachfolge Jesu und wenn Christen deshalb gehasst werden, zeigt sich bei den Hassenden – im 20. Jhd. sind das Menschen aus vielen Lagern – Hass gegen Gott.

 

Text aus Solidaritaet predigen

Insofern ist der alte Text von hoechster Aktualitaet und muss aus Solidaritaet zu verfolgten Christen (und anderen verfolgten Menschen) auch dort gepredigt werden, wo Christen dieser Hass ohne Ursache nicht entgegenschlaegt oder nicht mehr oder noch nicht entgegenschlaegt. Christen aller Zeiten und an allen Orten haben keine Privilegien, nicht verfolgt zu werden.

 

Zeugnis

„Zeugnis“ (15,26) ist sowohl gutes Wort Jesu, als auch gutes Wort durch Christen und ist Lebenszeugnis von beiden (16,1-4).

 

Vorhersage für Freunde mit guter, gewisser Zukunft

Die Vorhersage von Hass und von Trost gegen Hass ist Zeichen dafür, dass Christen nach dem Wort Jesu (15,14f) nicht Sklaven eines unberechenbaren Schicksals sind, sondern Freunde mit gewisser Zukunft.

 

Diese Abhandlung ist hier entnommen:

http://www.erlangen-evangelisch.de/johannesevangelium/index.htm