Jakobus 4, 1 – 12 Predigt,
Bibelarbeit, Andacht, Brief
Streit im Hause
Gottes
Knapp sieben Jahre ist das jetzt her: Da
standen meine Frau und ich dem damaligen Bundeskanzler gegenüber - und dem
Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika; der dänischen Königsfamilie
und einigen 100 Prominenten mehr aus Politik, Film und Gesellschaft - im
Wachsfigurenkabinett von Kopenhagen.
Sie sahen täuschend echt aus und waren den
dargestellten Personen zum Verwechseln ähnlich und doch waren es nur Attrappen,
Kopien, eben leblose Wachsfiguren.
Wenn man die ersten 12 Verse des 4. Kapitels
vom Jakobusbrief liest, könnte man den Eindruck gewinnen, daß
die Gemeinde manchmal wie ein Wachsfigurenkabinett ist. Äußerlich scheint alles
in Ordnung und lebendig zu sein, doch die Wahrheit sieht ganz anders aus.
Jakobus 4, Verse 1 bis 12:
Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten? Doch nur vom Kampf
der Leidenschaften in eurem Innern. Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr
mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet
und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und
empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in eurer
Leidenschaft zu verschwenden.
Ihr Ehebrecher, wißt ihr nicht, daß Freundschaft
mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will,
der wird zum Feind Gottes. Oder meint ihr, die Schrift sage ohne Grund:
Eifersüchtig sehnt er sich nach dem Geist, den er in uns wohnen ließ.
Doch er gibt noch größere
Gnade; darum heißt es auch: Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber
schenkt er seine Gnade. Ordnet euch also Gott unter, leistet dem Teufel
Widerstand; dann wird er vor euch fliehen. Sucht die Nähe Gottes; dann wird er
sich euch nähern. Reinigt die Hände, ihr Sünder, läutert euer Herz, ihr Menschen mit zwei Seelen! Klagt und trauert und weint!
Euer Lachen verwandle sich in Trauer, eure Freude in Betrübnis. Demütigt euch
vor dem Herrn; dann wird er euch erhöhen.
Verleumdet einander nicht,
Brüder! Wer seinen Bruder verleumdet oder seinen Bruder verurteilt, verleumdet
das Gesetz und verurteilt das Gesetz; wenn du aber das Gesetz verurteilst,
handelst du nicht nach dem Gesetz, sondern bist sein Richter. Nur einer ist der
Gesetzgeber und Richter: er, der die Macht hat, zu retten und zu verderben. Wer
aber bist du, daß du über deinen Nächsten richtest?
Jakobus gibt hier eine Bestandsaufnahme über
die Gemeinde wieder, die uns den Atem stocken läßt.
Genau das Gegenteil von dem, was uns Christen beschreiben und in der Gemeinde
an der Tagesordnung sein soll, ist hier zu finden. Statt geschwisterliches
Miteinander: Streit und Krieg, statt Nachfolge Christi: Gier und Neid. Hier
haben wir es nicht mit einer lebendigen Christengemeinde zu tun, sondern mit
einem Wachsfigurenkabinett. Es sieht nur noch äußerlich nach Glauben und Christsein aus, in Wahrheit ist Unglaube und Egoismus an
der Tagesordnung, in Wahrheit ist alles leblos - ein frommes Wachsfiguren-kabinett.
Als wir spät Abends
das Wachsfigurenkabinett in Kopenhagen besuchten, waren wir fast die einzigen
Besucher. Das war schon etwas unheimlich. Denn die Figuren sahen so menschlich,
so echt und so lebendig aus. Man hatte ständig den Eindruck: Gleich fangen sie
zu reden und sich zu bewegen an und ständig das Gefühl, da ist noch jemand, wir
sind hier nicht allein. Doch da waren nur Wachsfiguren und sonst niemand. Es
sah nur alles nach Leben und Bewegung aus, in Wahrheit war alles tot und
Attrappe, Kopie und Fälschung.
So ist es auch mit den Christen, von denen
Jakobus hier spricht: Dem Namen nach sind sie Christen, aber sie leben nicht.
Von lebendigem Christsein ist bei ihnen nichts mehr
zu finden, eher vom ganzen Gegenteil. Sie sehen wie echt aus und sind doch leblos,
sie wirken wie wirkliche Christen und sind doch nur Attrappe.
Jakobus spricht hier tatsächlich von
Christen, und das müssen wir bewußt aufnehmen, um
diese Verse verstehen zu können. In unserer Gesellschaft sind Streit und Krieg
an der Tagesordnung. Daran haben wir uns gewöhnt. Seit Wochen hören wir
tagtäglich vom Krieg in Jugoslawien. Auch in der Politik gehört der Streit zum
Alltag. Manchmal gibt's auch Streit in der eigenen Familie oder ein deftiger
Ehekrach ist angesagt.
Ja wir kennen Streit und Krieg aus den
Nachrichten und manchmal streiten sogar wir selber kräftig mit.
Streit ist eine Sache und manchmal muß man ja auch um der Sache willen streiten, auch in der
Gemeinde - aber Krieg?
Krieg - ist das Ende jeglicher Diskussion,
das Ende aller Verhandlungen. Krieg wird mit allen Mitteln geführt, die einem
zur Verfügung stehen. Im Krieg zählen nicht mehr die Argumente oder die Sache
um die es eigentlich geht. Im Krieg will man auch nicht mehr Recht bekommen,
sondern den anderen zerstören, ohne Rücksicht auf Verluste, einfach nur
gewinnen.
Jakobus, wir fragen dich, gibt's das
wirklich: Krieg in der Gemeinde und Krieg zwischen Christen?
Jakobus bleibt dabei und verweist auf Jesus,
den Herrn seines Lebens und seinen leiblichen Bruder. Nach Jesu Auslegung zum
6. Gebot - Matthäus 5, 21 - 26 (Ihr habt gehört, daß es
im Gesetz des Mose heißt: 'Du sollst nicht töten! Wer
aber einen Mord begeht, muß vor ein Gericht.' Doch
ich sage euch: Schon wer auf seinen Bruder zornig ist, den erwartet das
Gericht. Wer zu seinem Bruder 'Du Idiot!' sagt, der wird vom Obersten Gericht
abgeurteilt werden, und wer ihn verflucht, dem ist das Feuer der Hölle sicher.
Wenn du während des Gottesdienstes ein Opfer bringen willst und dir fällt
plötzlich ein, daß dein Bruder etwas gegen dich hat,
dann laß dein Opfer liegen, gehe zu deinem Bruder und
versöhne dich mit ihm. Erst danach bringe Gott dein Opfer. Setze alles daran,
dich noch auf dem Weg zum Gericht mit deinem Gegner zu einigen. Du könntest
sonst verurteilt werden und in das Gefängnis kommen. Von dort wirst du nicht
eher wieder herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig deiner Schuld bezahlt
hast.») - töten wir einen Menschen
schon durch Gedanken und Worte. Nicht umsonst spricht man ja von Rufmord. Zorn
ist Mord sagt Jesus und beginnt im eigenen Herzen. Wir töten mit unseren
Gedanken, wenn wir auf einen anderen zornig sind. Wir töten mit unseren Worten,
wenn wir dem anderen Schimpfworte und Kraftausdrücke an den Kopf schleudern.
Wir töten den anderen durch unsere Unversöhnlichkeit und Rechthaberei.
Wir töten nicht mit Pistolen und Messern,
aber wir töten mit unseren Gedanken und Worten und manchmal auch mit unseren
Blicken.
Zorn ist Mord sagt Jesus und unsachlicher
Streit ist Krieg sagt Jakobus.
Ihr streitet miteinander und führt Krieg mit
Worten, weil ihr innerlich so zerrissen seid, sagt er. Weil ihr in euch selbst
keinen Frieden habt, kommt es zum Streit. Ihr liegt mit euch selbst im Streit
und deshalb streitet ihr auch miteinander. Die Wortgefechte und unsachlichen Auseinander-setzungen sind nur ein Symptom. Der Krieg tobt
in euch selbst.
Jakobus nennt es Kampf der Leidenschaften.
In den nächsten Versen beschreibt er es mit Gier, Neid und Eifersucht. Selbst
das Gebet wird mißbraucht, bei der Gier nach immer
mehr, so sagt es Jakobus im 3. Vers.
Hier ist nicht mehr Christus Dreh- und
Angelpunkt, hier dreht sich alles um einen selbst. Auf den anderen wird nur
noch neidisch und eifersüchtig geschaut. Und wehe, er hat mehr als ich, ist
beliebter oder begabter, reicher oder schöner. Man kann sich nicht mehr für den
anderen freuen, man gönnt ihm auch nichts mehr. Denn sobald ein anderer
bevorzugt behandelt wird, fühlt man sich selbst erniedrigt. Hier haben wir es
tatsächlich mit Christen zu tun, die nicht mehr auf Christus sehen, sondern die
einander neidisch betrachten, die nur noch gierig für das eigene Ansehen
kämpfen. Hier wird in der Gemeinde nicht nur unsachlich gestritten, sondern
hier geht es bei allen Wortgefechten und Auseinandersetzungen in Wahrheit nur
noch darum, daß man selbst besser dasteht als der
andere.
Die Hauptsache bin ich, sagt jeder in der
Gemeinde, von der Jakobus hier berichtet. In dieser
Gemeinde dreht sich jeder nur noch um sich selbst. So ist aus dem Miteinander
der Glaubenden ein Gegeneinander geworden und aus Liebe Krieg.
Wie es wohl dort in den Hauskreisen
zugegangen sein mag, oder in den Gottesdiensten? Vielleicht hätten Leute, die
diese Gemeinde besuchten, überhaupt nicht verstanden wovon Jakobus hier redet.
Oberflächlich betrachtet sah es in dieser Gemeinde vielleicht ganz gut aus.
Jakobus schaut hier hinter die äußere
Kulisse der Gemeinde. Wie ein Chirurg, dessen Aufgabe es ja auch nicht ist, die
gesunden Körperteile lobend herauszustellen, sondern lediglich den kranken
Körperteil zu behandeln, so setzt Jakobus hier das Messer an, damit die
einzelnen Christen wieder gesund werden und damit auch die ganze Gemeinde.
Deshalb bleibt er auch nicht beim Streit der
Christen stehen und verschreibt Baldrian, versucht zu vermitteln, sondern er
setzt wirklich das Messer an und zeigt schonungslos das in jedem einzelnen
selbst, die Krankheitsursache steckt. Ihr liegt im Clinch miteinander, weil in
jedem von euch selbst ein Vulkan tobt! Ihr bekriegt euch mit Worten, weil in
jedem von euch selbst schon längst Krieg herrscht.
Er nennt die Christen Ehebrecher, um damit
deutlich zu machen, daß sie Gott davongelaufen sind
und Christus den Rücken gekehrt haben. Wer ein Freund der Welt sein will, wird
damit zum Feind Gottes, sagt Jakobus und zeigt die Konsequenzen ihres
Treuebruchs auf. Im 8. Vers beschreibt uns Jakobus diese Christen als Menschen
mit zwei Seelen, in der Lutherübersetzung steht: "Wankelmütige" und
in der Hoffnung für alle heißt es: "Unentschiedene".
Die Zerrissenheit der Christen hat ihre
Ursache in einem halbherzigen Christsein. Einerseits
gehen sie sonntags in den Gottesdienst und leben andererseits im Alltag der
Woche ihr eigenes Leben. Einerseits nennen sie sich Christen und andererseits
leben sie nach den Verhaltensmustern dieser Welt. In ihnen tobt ein wirklicher
Krieg. Sie sind hin- und hergerissen zwischen
Christus und sich selbst. Dem Namen nach sind sie Christen aber in Wahrheit
selbstsüchtige Egoisten. Wenn sie wirklich selbstkritisch mit sich umgehen
würden, müßten sie bekennen: Ja, es geht mir in
Wahrheit gar nicht um Jesus, oder meinem Mitchristen, oder um einen anderen
Menschen, in Wahrheit geht es nur um mich und darum, daß
ich gut ankomme, daß andere zu mir aufschauen und
mich beneiden: Hauptsache ich!
Wie ein Krebsgeschwür breitet sich
halbherziges Christsein aus und zieht das ganze
Denken und Handeln in Mitleidenschaft, sogar die anderen in der Gemeinde werden
davon nicht verschont und man bekriegt sich einander. Sie sehen wie wirkliche
Christen aus und sind doch den Wachsfiguren gleich. Mit den Versen 6 bis 10
ruft er sie ins Leben zurück: Gott wird allen, die
ihm treu sind, noch mehr Gnade schenken. Darum heißt es auch: «Die Stolzen und
Hochmütigen weist Gott von sich, aber den Demütigen schenkt er seine Gnade.»
Unterstellt euch Gott im Gehorsam, und widersetzt euch mit aller
Entschiedenheit dem Teufel. Dann muß er vor euch
fliehen. Wendet euch Gott zu, dann wird er zu euch kommen. Wascht die Schuld
von euren Händen, ihr Sünder, und laßt Gott allein in
euren Herzen wohnen, ihr Unentschiedenen! Seht doch
endlich ein, wie groß eure Schuld ist; erschreckt und trauert darüber! Dann
werdet ihr nicht mehr lachen, sondern weinen; und aus eurer Freude wird Leid.
Erkennt eure Unwürdigkeit, und beugt euch vor dem Herrn! Erst dann wird Gott
euch helfen und aufrichten.
Wenn wir unser Leben mit einem Haus
vergleichen, indem sich viele Wohnungen befinden, so haben die Leser des
Jakobusbriefes, Jesus zwar Wohnrecht in ihrem Lebenshaus eingeräumt, aber sie
haben ihm nicht die Schlüsselgewalt über ihr Lebenshaus gegeben. Einige Zimmer
halten sie permanent vor Jesus geschlossen. Dort wollen sie ihn nicht sehen,
dort wollen sie selbst bestimmen, dort wollen sie keinen hineingucken lassen.
Denn dort sieht es schlimm aus. Dort hat sich seit Jahren alles mögliche angesammelt: Man hat die Schuld der anderen wie
alte Zeitschriften gehortet. Der Staub und Dreck der Unversöhnlichkeit ist
meterhoch. Es riecht verfault und alles sieht verschimmelt aus.
In einem anderen Zimmer türmen sich
kistenweise von Motten und Rost zerfressene Gegenstände. Das ganze Zimmer ist
erfüllt von stickiger verpesteter Gier, von Neid und Eifersucht, Selbstsucht
und Egoismus.
Im Nebenzimmer hängen vergilbte Urkunden. Überall
stinkt es nach Eigenlob und Stolz. Die Trophäen und Pokale der eigenen
Leistungen füllen das ganze Zimmer aus und versperren den Blick auf das Kreuz, daß an der Wand hängt.
Im gegenüberliegenden Zimmer ist alles
schwarz und dunkel. Wenn man hineingeht, fängt man an zu frieren. Das Fenster
steht weit offen und doch kommt weder Wärme noch Licht herein. In diesem Zimmer
wird über die eigene Schwäche und Ohnmacht geklagt und zugleich werden hier die
gefährlichen Träume und Taten produziert. Das ganze Zimmer ist mit Schuld und
Sünde tapeziert. Und auf der Fensterbank sitzt lachend der Teufel.
Schaut man sich das Lebenshaus etwas näher
und genauer an, entdeckt man nicht nur diese vor Jesus verschlossenen Zimmer,
sondern man stellt erschreckend fest, daß das ganze
Haus einen eigenartigen Todesgeruch verbreitet. Überall zeigen sich Risse an
den Wänden, das ganze Lebenshaus scheint von Schimmelpilzen befallen zu sein.
Und die unmittelbare Umgebung des Lebenshauses erscheint verseucht und
vergiftet.
Jesus will nicht nur Wohnrecht in unserem
Leben haben, er will die Schlüsselgewalt. Nur wenn wir ihm wirklich alle
Schlüssel unseres Lebenshauses geben - auch die Schlüssel zu den Zimmern, die
wir sogar vor unserem Ehepartner verstecken und den Schlüssel zum Keller unseres
Lebens, den wir sogar vor uns selbst verstecken - wird der Kreislauf des Todes
gestoppt und wir erleben wie Jesus in unserem Leben aufräumt und sich somit ein
heilsamer Prozess in Gang setzt, der nicht nur uns selbst, sondern auch uns als
Gemeinde verändert.
Indem Jakobus uns mit den Versen 11 bis 12
davor warnt, einander zu verleumden und zu verurteilen, einander schlecht zu
machen und übereinander den Stab zu brechen, will er uns davor bewahren, daß wir jetzt auf andere zeigen. Jetzt geht es nicht mehr
um die Christen von damals und es darf jetzt auch nicht um den anderen gehen.
Jetzt geht es tatsächlich um jeden einzelnen von uns.