Jakobus 3, 13 – 18 Predigt,
Bibelarbeit, Andacht, Brief
Weise und friedlich
Eine Frau wohnte in einem
schönen Haus. Sie hatte so ziemlich alles, was man sich wünscht; über eines
erregte sie sich jedoch. Sie sagte zu ihrem Mann: "Schau doch mal raus!
Siehst du die Wäsche der Nachbarin? Ist diese Wäsche nicht eher grau als weiß?
Wie weiß dagegen doch unsere Wäsche ist!"
Dies sagte sie oft, recht oft,
so daß es für ihren Mann schon Gewohnheit wurde, dies
zu hören. Die unterschiedlichsten Mutmaßungen, warum denn die Wäsche grau sei,
wurden fleißig diskutiert. Das ging Jahre so.
Eines Tages, als das ganze Haus
gründlich renoviert wurde, fuhr die Frau mit ihrem Mann in Kurzurlaub, um dem
möglichen Durcheinander und der eventuellen Aufregung zu entgehen. Als sie
zurückkamen, genossen sie recht schnell das wieder aufgeputzte, schöne Heim.
So sah sie durch Zufall hinaus,
und welch eine Überraschung: Des Nachbarn Wäsche war weiß, schneeweiß! Das Grau
war einfach nicht mehr da. Dies erzählte die Frau ihrem Mann, der daraufhin
lächelte und sagte: "Die Wäsche der Nachbarin hat sich nicht verändert,
was sich verändert hat, ist die Qualität der Fenster, mit denen du ins Leben
hinaussiehst. Die Renovierung hatte nämlich dafür gesorgt, daß
im unteren Hausbereich auch neue Fenster, also neues Glas eingesetzt wurde...
Willi Hoffsümmer,
Kurzgeschichten Band 5, Seite 112
Eine bemerkenswerte Geschichte von Wolf Lasko: "Was wir sehen, ist ein Spiegel unserer
Seele." Aber nicht nur das, was und vor allem wie wir die Dinge sehen,
zeigt was in uns steckt, sondern auch das, was wir sagen und vor allem wie wir
etwas sagen. Nach Jakobus sind unsere Worte ein Spiegel unserer Seele!
Jakobus 3, Verse 13 bis 18:
Wer von euch meint, klug und weise zu sein, der soll das durch sein ganzes
Leben zu erkennen geben, durch seine Freundlichkeit und Güte. Sie sind
Kennzeichen der wahren Weisheit.
Seid ihr aber voller Neid und Haß, dann braucht ihr euch auf eure angebliche Weisheit
nichts einzubilden. In Wirklichkeit seid ihr dann Lügner und Betrüger. Eine
solche Weisheit kann niemals von Gott kommen. Sie ist irdisch, ungeistlich, ja
teuflisch. Wo Mißgunst und Streit herrschen, da gerät
alles in Unordnung; da wird jeder Gemeinheit Tür und Tor geöffnet.
Die Weisheit aber, die von
Gott kommt, ist lauter und rein. Sie sucht den Frieden. Sie ist freundlich,
bereit nachzugeben und läßt sich etwas sagen. Sie hat
Mitleid mit anderen und bewirkt immer und überall Gutes; sie ist unparteiisch,
ohne Vorurteile und ohne alle Heuchelei.
Nur wer selber Frieden
schafft, wird erfahren, daß seine Gerechtigkeit und
Friedfertigkeit Früchte tragen.
Jakobus geht es in diesen Versen nicht so
sehr, um das, was wir sehen, sondern um unser Fenster, durch das wir in das
Leben hinausschauen. Ihm geht es hier um die Motivation unseres Redens. Und er
macht uns auf die Wirkung unseres Redens aufmerksam.
So knüpft er mit diesen sechs Versen, über menschengemachte Weisheit einerseits und gottgeschenkte Weisheit andererseits, an die ersten 12
Verse des 3. Kapitels an. Seine Ausführungen zum Thema Weisheit hängen
unmittelbar mit seinen Hinweisen über unser Reden und den Gebrauch unserer
Zunge zusammen.
Jakobus warnt nicht nur vor einer innergemeindlichen
Lehrerschwemme, sondern auch vor allzu schnellen Ratgebern und deren scheinbar
weisen Empfehlungen. Es gab damals nicht nur selbst ernannte und vor allem
selbst berufene Lehrer, die auf Macht und Ansehen in der Gemeinde aus waren.
Sondern auch Christen, die im Namen göttlicher Weisheit auftraten und nur
Streit und Zank verursachten.
Jakobus mischt sich hier nicht in die
Diskussion und den Streit ein, sondern macht deutlich, daß
wirkliche und damit von Gott gegebene Weisheit mit dem Frieden Hand in Hand
geht.
Auf die Frage des Jakobus:
Wer von euch ist weise und verständig?
hätten damals wahrscheinlich viele: "Ich" geschrien!
Weisheitslehrer waren angesehene Leute. Und Hand auf's
Herz: Wer von uns fühlt sich nicht auch geschmeichelt, wenn man uns um Rat
fragt.
Wer von euch ist weise und
verständig? Jakobus antwortet selbst
auf diese Frage, indem er auf einen ganz erstaunlichen Aspekt verweist: Dann zeige er das in der ganzen Lebensführung, mit der
Bescheidenheit, die den Weisen ansteht! Jakobus
geht es nicht um die Theorie, sondern um die Praxis, nicht darum, daß man die richtige Theologie im Kopf hat und die
entsprechenden Bibelstellen auf der Zunge, sondern das das biblisch Erkannte
wirklich ins Leben kommt und umgesetzt wird. Nicht die Anerkennung durch
Menschen, sondern meine bescheidene Lebensführung zeichnet mich als weise und
verständig aus.
Hier wird alles, was wir vielleicht unter
Weisheit verstehen, von Jakobus auf den Kopf gestellt. Ein weiser Mensch ist
für uns einer, der Lebenserfahrung hat und aufgrund seiner reichen Erfahrung
weise Ratschläge erteilen kann. Daneben verstehen wir unter Weisheit aber auch
Sachverstand und den Rat eines Experten.
So steht es auch im Duden:
1. durch Lebenserfahrung
gewonnene innere Reife: Altersweisheit, Lebensweisheit.
2. durch Erfahrung gewonnene
Lehre: Bauernweisheit, Binsenweisheit, Bücherweisheit, Kathederweisheit,
Schulweisheit, Spruchweisheit, Volksweisheit.
Für Jakobus läßt
sich Weisheit weder am Alter, noch an der Erfahrung, noch am Sachverstand
festmachen. Weisheit zeigt sich für ihn im Lebensalltag. Nicht in der Theorie,
sondern in der Praxis. Nicht an den klugen Worten, sondern an handfesten Taten.
Nicht an gutgemeinten Ratschlägen, sondern im
Lebensstil.
Ähnliches hat schon Hiob gesagt, als seine
drei Freunde kamen um ihm ungebeten weise Ratschläge zu erteilen, nachdem er
nicht nur Haus und Hof, sondern auch seine Kinder und seine Gesundheit verlor
und sie sich anmaßten im Namen Gottes - aber letztlich doch nur menschliche
Gedanken zum Besten gaben. Da sagt Hiob seinen Ratgebern, Hiob 12, Verse 1 bis 3; Verse 11 bis 13; Kapitel 13, Verse 4
bis 5:
«Jawohl, ihr habt die Weisheit
gepachtet, und mit euch stirbt sie eines Tages aus! Auch ich habe Verstand,
genauso wie ihr; ich stehe euch in nichts nach. Was ihr sagt, weiß doch jeder!
Soll nicht mein Ohr eure Worte
prüfen, so wie mein Gaumen das Essen kostet? Man sagt, Weisheit sei bei den
Alten zu finden und ein langes Leben bringe Erfahrung. Doch Gott allein besitzt
Weisheit und Kraft, nie wird er ratlos; er weiß, was er tun soll.
Ihr übertüncht ja die Wahrheit
mit euren Lügen! Kurpfuscher seid ihr allesamt! Wenn ihr doch nur schweigen
würdet, dann könnte man euch noch für weise halten!
Bei Hiob können wir nachlesen, was
ungefragte Ratschläge auslösen können. Mit ihrer menschlichen Weisheit
scheitern die drei Freunde des Hiob heillos. Gutgemeinte Ratschläge können
genauso wehtun wie tatsächliche Schläge. Gott
allein besitzt Weisheit und Kraft, sagt Hiob. Nicht unsere
Lebenserfahrung läßt uns weise werden, sondern unsere
Gottesbeziehung. Nicht unser Wissen läßt uns weise
werden, sondern unsere Christusnachfolge auch und gerade dann, wenn es eben
hart auf hart kommt.
Weisheit ist für uns heute eigentlich kein
Thema mehr. Wir sprechen eher vom Durch- und Überblick, von Lebenserfahrung und
Reife, von Verstand und Sachkompetenz. Die Worte ändern sich. Die Inhalte
bleiben. Auch heute sind wirkliche Ratgeber heiß begehrt, die Experten mit
Sachverstand, die Lebenserfahrenen mit ihrem Durch-
und Überblick.
Gott allein besitzt Weisheit
und Kraft! Nicht nur die Psalmen weisen uns darauf hin, daß menschliche Ratgeber letztlich nicht helfen können.
Psalm 118, Verse 8 bis 9: Es
ist viel besser, bei dem Herrn Schutz zu suchen, als sich auf Menschen zu
verlassen. Es ist viel besser, bei dem Herrn Schutz zu suchen, als mit denen zu
rechnen, die mächtig und einflußreich sind.
Psalm 146, Verse 3 bis 5:
Setzt euer Vertrauen nicht auf Männer, die Einfluß
haben und Macht ausüben! Sie sind vergängliche Menschen wie ihr und können euch
nicht erretten. Sie müssen sterben, und mit ihnen vergehen ihre Pläne.
Glücklich aber ist der Mensch, der seine Hilfe von dem Gott Jakobs erwartet!
Glücklich ist, wer seine Hoffnung auf den Herrn setzt!
Jakobus nennt die menschliche Weisheit, die
sich sogar auf Christus berufen mag, in den Versen 14 bis 16, in Wahrheit als
irdisch, eigensüchtig und teuflisch.
Ähnliches hat Jeremia schon gesagt, Jeremia 17, Vers 5: Ich, der Herr, sage: Mein Fluch lastet
auf dem, der sich von mir abwendet, seine Hoffnung auf Menschen setzt und nur
auf menschliche Kraft vertraut.
Menschliche Ratgeber stehen nach wie vor
hoch im Kurs. Aber wirkliche Hilfe, wirkliche Weisheit - göttliche Weisheit -
kann eben nur von Gott kommen und von Menschen, die Gott um Rat fragen und sich
nicht auf ihren Verstand verlassen. Sprüche 3, Vers
5: Verlaß dich nicht auf deinen Verstand, sondern
setze dein Vertrauen ungeteilt auf den HERRN!
Menschliche Worte helfen letztlich nicht
weiter, so klug und richtig sie sich auch immer anhören mögen. Nur der Erfinder
des Menschen kann uns helfen. Nur die Weisheit, die von Gott kommt, bringt uns
letztlich weiter.
Jakobus geht es um die Motivation unseres
Redens. Weshalb will ich als weiser Mensch vor anderen dastehen? Weshalb sollen
andere von mir sagen können: Der ist klug und weise? Sie ist lebenserfahren? Der hat den Durch- und Überblick? Sie hat
wirklich Köpfchen? Weshalb möchte ich, daß andere zu
mir aufschauen und mich vielleicht sogar bewundern?
Jakobus wird massiv: Wenn euer Herz schon in
Wahrheit von Eifersucht und Ehrgeiz voll ist, dann prahlt wenigstens nicht mit
geistlichen Dingen voreinander.
Jakobus geht es um die Motivation unseres
Redens. Er fragt nach unseren Fenstern, aus denen wir ins Leben hinausschauen.
Und wenn dieses Fenster eben beschlagen und matt ist, wird sich das in unserem
Reden niederschlagen. Wenn unser Herz voll Neid und Haß
ist, wenn Ehrgeiz und Eifersucht die Motivation für mein Reden und Handeln
sind, dann kann die Wirkung meiner Worte nur verheerend sein, so fromm und
richtig sie sich auch immer anhören mögen. Jakobus sagt: In Wirklichkeit seid ihr dann Lügner und Betrüger. Durch
ein mattes Fensterglas wird man immer nur graue Wäsche sehen! Wenn uns der Neid
antreibt, werden selbst richtige Worte falsch und böse. Wenn uns die Eifersucht
im Nacken sitzt, werden wir immer beim anderen zuerst und wohl auch
ausschließlich die Fehler sehen. Die Motivation ist entscheidend! Geht es mir
wirklich um den anderen? Geht es mir wirklich um die Weisheit, die allein von Gott
kommt? Oder geht es letztlich doch um mich? Wie ich dastehe? Wie ich ankomme?
Was andere über mich denken? Das ich nicht zu kurz komme?
Eifersucht und Ehrgeiz führen zu Unordnung
und bösen Taten aller Art sagt Jakobus zusammenfassend im 16. Vers. Wenn die
Motivation nicht stimmt, wird die Wirkung von selbst scheinbar weisen und
klugen Worten, von biblisch richtigen und im Namen Gottes gesprochenen Worten,
nur verheerend sein können. Durch trübes Glas läßt
sich eben nur grau erkennen. Wenn die Eifersucht unser Reden und Handeln
bestimmt, können wir den anderen nicht so sehen, wie Gott ihn sieht, als
einzigartig und wertvoll, als kostbar und liebenswert. Jakobus geht es um unser
Herz und um unseren Lebensstil. Unsere Worte müssen sich mit unserem Leben decken.
So fordert er uns zum überprüfen unserer
Motive und zu einem christusgemäßen Lebensstil heraus! Er nennt den Streit und
Unfrieden aus egoistischer Motivation irdisch, eigennützig und teuflisch. Den
Namen Gottes im Mund führen und ein Herz voller Eifersucht und Neid paßt nicht zusammen.
Deshalb ist für Jakobus Weisheit ohne
Frieden nicht göttlichen Ursprungs. Weil die Motivation nicht stimmte. Weil es
in Wahrheit gar nicht um die Weisheit Gottes und geschweige denn um seinen
Willen ging, sondern um menschliche Machtinteressen, um Intrigen und Neid, um
Eifersucht und menschliche Anerkennung. Dort wo meine Motivation frei ist von
selbstsüchtigen Interessen werde ich den anderen nicht aus dem Blick verlieren,
werde ich Liebe und Zeit investieren, wird es mir eben um den anderen und nicht
um mich gehen!
Jakobus schlägt in seinem Brief harte Töne
an und er hält uns hier einen Spiegel vor, in den wir nicht gerne
hineinschauen. Er fragt schonungslos nach unserer Motivation.
Doch gerade der ehrliche und vor allem
selbstkritische Blick in den Spiegel kann uns helfen im schönen schweren
Miteinander. Als Christen sind und bleiben wir nun einmal Sünder und unsere
Motive werden nicht immer rein sein. Schwierig wird es genau an der Stelle, wo
wir das nicht wahrhaben wollen und so tun als ob. Je
frömmer wir uns geben, desto konfliktanfälliger sind wir, hat Peter
Strauch in seinem Buch "Typisch FeG"
geschrieben. Eine Gemeinschaft begnadeter Sünder
schreibt er weiter ist stabiler als eine
Gemeinschaft von Menschen, die so tut, als sei sie (fast) perfekt.
Ehrlichkeit voreinander und das offene und
sicherlich nicht einfache Eingestehen von unreinen Motiven für mein Reden oder
Handeln ist der Weg zum Miteinander. Christen leben von der Vergebung. Aber
dazu müssen wir es eben auch lernen, unsere Sünde voreinander an- und
auszusprechen.
Dazu gehört dann eben auch, daß Miteinander und nicht übereinander reden. Dietrich
Bonhoeffer 1906-1945) schreibt in seinem Buch "Gemeinsames Leben": So wird es eine entscheidende Regel jedes christlichen
Gemeinschaftslebens sein, die dem einzelnen das heimliche Wort über den Bruder
verbietet. Unerlaubt bleibt das heimliche Wort über den anderen auch dort, wo
es unter dem Schein der Hilfe und des Wohlwollens steht. Denn gerade in dieser
Deckung wird sich der Geist des Bruderhasses immer einschleichen.
Ich beginne ab sofort mit einer
liebevollen Fürbitte gerade für den Bruder, der mich verletzt hat.
Eine christliche Gemeinschaft
lebt von der Fürbitte füreinander, oder sie geht zugrunde. Fürbitte tun heißt
nichts anderes, als den Bruder vor Gott bringen, ihn unter dem Kreuz segnen als
den armen Menschen und Sünder, der Gnade braucht.
Für Bonhoeffer ist und bleibt der Christ
zugleich auch immer ein Sünder, ein armer Mensch, der auf Gnade und Vergebung
angewiesen bleibt.
Nach Kolosser 2,
Vers 3 ist Christus der Schatz aller Weisheit und Erkenntnis. Für
Weisheit können wir bei Jakobus also auch Christus einsetzen. Es darf im Namen
Jesu nicht zu Streit und Spaltungen unter Christen kommen. Wie tragisch das Nichternstnehmen
von Jakobus ist, zeigt die gesamte Kirchengeschichte.
Sicherlich ist es richtig, daß man manchmal für die Wahrheit kämpfen muß. Und sicherlich gibt es auch in der Gemeinde Gottes
notwendigen und nicht vermeidbaren Streit.
Doch erstens müssen die Motive stimmen und
zweitens muß unser Leben sich mit unserem Reden
decken.
Es gibt außerdem einen feinen, aber
wichtigen Unterschied beim Streiten um die Wahrheit im Namen der Weisheit. In
der Sache dürfen und müssen Christen manchmal hart streiten. Aber es darf nie
zu einem persönlichen Angriff des Mitchristen werden, wie es hier bei Jakobus
offensichtlich der Fall war.
Auseinandersetzungen,
Meinungsverschiedenheiten und sogar Streit um der Sache willen gehören zur
Tagesordnung einer Gemeinde. Aber die Auseinandersetzung in der Sache darf
niemals zum persönlichen Angriff auf einen Mitchristen ausarten. Und das
geschieht dort, wo meine Motivation nicht stimmt, wo ich vielleicht von der
Wahrheit rede, aber letztlich nur mich meine. Wahrheit ohne Liebe ist grausam.
Liebe ohne Wahrheit ist tödlich.
Die Hauptsache muß
die Hauptsache bleiben! Und das ist der gemeinsame Glaube an Christus. Wenn
mein Mitchrist über diese oder jene Bibelstelle, über diese oder jene
theologische Ansicht, über diese oder jene Gottesdienstform oder was auch
immer, anderer Meinung ist, dann können wir darüber reden, unter Umständen auch
in einen richtigen Streit geraten. Folgendes ist dabei allerdings wichtig:
1. Weshalb streite ich mich in dieser Sache? Geht es mir wirklich um die
Sache oder nur darum, daß ich recht
habe oder recht bekomme?
2. Streiten wir uns wirklich um der Sache willen, oder ufert der Streit in
persönlichen Angriffen aus?
3. Akzeptiere ich wirklich, daß der andere nicht
so denken muß wie ich und nehme ich ihn nach wie vor
als meinen Mitchristen, trotz unterschiedlicher Auffassung ernst?
4. Können wir nach der unter Umständen hart geführten
Meinungsverschiedenheit miteinander herzlich lachen, einander liebhaben und in der Unterschiedlichkeit aushalten?
Wer ohne Liebe für die Wahrheit streitet,
der sollte um Himmels willen schweigen! Denn Meinungsverschiedenheiten dürfen
laut Jakobus niemals zu Unfrieden führen, daß heißt
persönlich und damit unsachlich werden! Es ist besser ein Wortgefecht zu verlieren,
als einen Mitchristen als Freund!
Der Kirchenvater Augustinus (354 - 430) hat
gesagt:
Im wesentlichen - Einigkeit
im zweitrangigen - Freiheit
in allem aber - Liebe!
Und das Wesentliche ist der gemeinsame
Glauben der Christen an Jesus Christus. Die Hauptsache muß
die Hauptsache bleiben! Bei den zweitrangigen Themen, die wir allzu leicht über
das Wesentliche und Gemeinsame stellen, haben wir einander in der Freiheit zu
begegnen, daß Christen herrlich unterschiedlich sind
und bleiben!
Damit hat Augustinus Jakobus verstanden, der
behauptet wirkliche Weisheit, von Gott gewirkte Weisheit schafft und bewirkt
Frieden im Miteinander der Christen.
Im 17. Vers beschreibt Jakobus die von Gott
kommende Weisheit, indem er sie:
heilig
friedlich
freundlich
gehorsam
voll Erbarmen
reich an guten Früchten
unparteiisch
nicht heuchlerisch
nennt.
Diese 9 verschiedenen Aspekte wirklicher und
von Gott gewirkter Weisheit unterstreichen das Vorhergesagte: Die Berufung auf
göttliche Weisheit (die richtige Erkenntnis, den Durchblick, usw.) muß - wenn diese Behauptung stimmt - zu einem verstärkten
Miteinander mit meinen Mitchristen führen! Wahrheit und Liebe sind eben
Zwillinge und gehören zusammen.
Nicht Rechthaberei, voreinander Auftrumpfen,
seine Meinung durchsetzen oder dem anderen den Kopf waschen, macht deutlich, daß ich wirklich Recht habe, sondern genau das Gegenteil!
Pfarrer Engels (1826 bis 1897) aus Nümbrecht
hatte sich folgende Lebensregel zu eigen gemacht: Ich will nichts aussprechen, was mich hebt, ebenso nichts,
was einen anderen heruntersetzt, es sei denn durchaus notwendig.
Ich will so gegen jedermann
gesinnt sein, daß ich mich vor ihm nicht zu schämen
brauche, wenn ich ihm in der Ewigkeit begegne.
Der 18. Vers, mit dem Jakobus diesen
Abschnitt über die Weisheit zusammenfaßt, ist schwer
zu verstehen und unsicher in seiner Bedeutung. Am wahrscheinlichsten ist
folgende Übersetzung: Frucht der Gerechtigkeit wird
in Frieden gesät für die, die Frieden schaffen!
Jakobus weist abschließend nochmals darauf
hin, daß wirkliche und von Gott gewirkte Weisheit
Frieden bedeutet. Nach Jesus zeigt sich wirkliche Gotteskindschaft
an der Bereitschaft zum Frieden stiften.
Matthäus 5, 9: Selig, die
Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden!
Nicht das Durchsetzen der eigenen Meinung
wird gepriesen, sondern das verbindende und friedenstiftende
Wort. Jakobus nennt das Gewinnen einer Meinungsverschiedenheit nicht Weisheit,
sondern das verbindende und friedenstiftende Handeln.
Und wie kriegen wir das jetzt hin?
Jakobus weist uns selbst den Weg: Jakobus 1, Vers 5: Fehlt es
aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird
sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf.
Wirkliche - göttliche - Weisheit ist weder durch Studium noch durch
Lebenserfahrung zu bekommen. Wirkliche - göttliche - Weisheit ist immer ein
Geschenk. Ein Geschenk, daß
wir nur betend empfangen können. Durch menschliche Anstrengung allein wird sich
weder unsere Motivation verändern, noch kriegen wir das mit dem Frieden hin.
Wir müssen eben die Fenster auswechseln und Jesus an unser Herz ranlassen! Das
geschieht eben betenderweise.