Bibelarbeit zu Matthäus Kap 15, 32-39

erstellt durch Michael Strauch


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1. Ort und Anlaß



Würde man chronologisch vorgehen, so vermute ich den Herrn Jesus und seine Jünger im Nordwesten Israels. Also in der Nähe der beiden syrophynizischen Küstenstädten am Mittelmeer. Vor dort heißt es es dann in Vers 29, dass er wieder auf das "Galiläische Meer" stieß. Wo befindet sich der Herr aber in unserem jetzigen Abschnitt? In Vers 33 ist von einer "Wüste" die Rede! Auch nach Markus 7,31 war Jesus nahe der am Mittelmeer gelegenen Handelsstadt Tyrus, dann ging er nordwärts in Richtung Sidon. Es ist möglich, dass die Gruppe nun oben im Norden einen Bogen schlägt (dafür spricht, dass keine Bootsfahrt erwähnt ist). Sie vermeiden also offenbar das jüdische Gebiet und gelangen in den Nordorsten, in das Zehn-Städte-Gebiet (Dekapolis). In Vers 39 bekommen wir noch einmal eine Örtlichkeit namens Magadan. Dort stieg er in ein Boot, dort begegnen ihm auch die Pharisäer und Schriftgelehrten. Da es sehr unwahrscheinlich ist, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten sich im Osten aufhielten, Jesus sie aber in einer Gegend namens Magadan antraf, so ist davon auszugehen, dass Magadan in Galiläa lag, also im Westen vom See Genezareth und Jesus und seine Jünger sich bei der Speisung der Viertausend im Osten aufhielt. Ob es sich bei der Speisung womöglich um Heiden handelte? Ein Indiz dafür wäre Vers 31, wo es heißt: "sie priesen den Gott Israels!" (Vgl. Matth 9,8: sie priesen Gott, der solche Macht...). Der Name oder die Bezeichnung "Gott Israels" kommt im NT sehr selten vor und enthält viele Hinweise darauf, dass es bei den Viertausend sich hier diesmal tatsächlich um Nichtjuden gehandelt hat. Erschwerend gilt für dieses Argument, dass in Dekapolis vorwiegend Nichtjuden lebten. Ein Grund, warum ich die Schriftgelehrten und Pharisäer in dieser Gegend kaum vermute.

In dieser Gegend kommt es nun zu einer zweiten, wunderbaren Brotvermehrung. In beiden Fällen, eigentlich nur unterscheidbar durch die Zahl der Leute, treibt Jesus ein Gefühl: Erbarmen. Er hat Erbarmen mit den Menschen, mit ihren gerade auch leiblichen Bedürfnissen. Auch ist der Vorrat an Brot und Fischen diesmal größer, im Vergleich zu den zu Sättigenden natürlich hoffnungslos gering.



2. Die Zahlen



Die Zahlen stechen den Leser unwillkürlich in die Augen. Sind sie symbolisch zu deuten? Erinnern wir uns: bei der Speisung der Fünftausend hatten sie fünf Brote und zwei Fische. Am Ende sammeln die Jünger zwölf Körbe voll Brot. Ob die zwölf Körbe voller Brot ein Bild für die zwölf Apostel sind, die später das Wort Gottes austragen und Frucht bringen? Und sind die fünf Brote und zwei Fische - zusammen 7 - ein Hinweis auf den göttlichen Charakter des Gebers? Ein Hinweis ist sicher die Menge. Für fünftausend Menschen hat der Herr weniger zu Verfügung gehabt als bei den viertausend. Und die Zahlen bei den Viertausend? Gerade auch bei Markus 8 wird betont, dass der Herr sieben Brote austeilte. Und sieben Körbe sammelten sie auf. In der zweiten Speisung hat der Herr also mehr zur Verfügung gehabt, aber es wurde weniger gesammelt. Nur satt wurden sie durch die Hand Gottes. Wie immer die Zahlen zu verstehen sind, es sei hingewiesen auf Jesu Worte in Kap 16, 9 und 10. In beiden Fällen fragt der Herr nach den Zahlen. Wohl will Er sagen: ich vermag durch viel oder wenig zu helfen. Habt Vertrauen.



3. Die Bedeutung



Wenn es sich bei der Speisung der Viertausend um Heiden handelt, wie es dann vereinbar mit seinen Worten zuvor? Hat er nicht der Kanaanäerin gesagt, dass sein primäres Missionsfeld die Juden sind? Doch, es bleibt dabei. Jesus wendet sich erst den verlorenen Schafen Israels zu. Von diesem großen Tisch des Segens, den der Herr seinem Volk ausbreitet, fielen Brotbrocken herab und sättigten auf wunderbare Weise die Heidin aus Syrophönizien. In Dekapolis allein tat der Herr den Dienst der Barmherzigkeit. Das widerspricht seiner Sendung nicht. Wir hören ihn aber nicht predigen oder in Gleichnissen sprechen. Er ist gekommen, um den Fremdlingen im Lande Israel nach mosaischem Gesetz Gastfreundschaft und Liebe zukommen zu lassen. Er tut es, indem er die ihren heilt (V.29-31) und ihnen zu Essen gibt. Und wie "gierig" nehmen die Heiden Gottes Gabe an, dass weniger mehr verzehren aus Gottes Hand. Die Heiden verstehen Gottes Liebe vielleicht auch besonders, wenn es sprichwörtlich "durch den Magen geht". Ich denke auch an Jesu Art, mit Zöllnern Tischgemeinschaft zu haben.

Der Herr entlässt die Menge erneut (V.39). Er und die Jünger, diesmal gemeinsam, steigen ins Boot und setzen auf die andere Seite über. Dort werden sie schon "von alten Freunden erwartet!"