Apostelgeschichte 9

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Apg 9,1 A.Christlieb Philippus ward gefunden zu Asdod und predigte das Evangelium. Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden wider die Jünger des Herrn. Apg. 8, 40; 9, 1

In unserem Text sehen wir zwei Personen, die bemüht sind, ihre Mitmenschen auf einen anderen Weg zu bringen. Laßt uns beide vergleichen. - Da ist der irrende Saulus. Er ist fest davon überzeugt, daß die Christen auf dem Irrweg sind. Er ist entschlossen, sie mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zum väterlichen Gesetz zurückzuführen. Daß dieses Tun aus dem eigenen menschlichen Geist fließt, ist schnell zu erkennen. Er ist voll Ärger und Zorn. Er schnaubt und droht. Er scheut nicht einmal zurück vor Blutvergießen. Er wendet fleischliche Gewaltmittel an, wie ungeistliche Menschen sie zu allen Zeiten als Hauptwaffe im Kampf gegen Gottes Reich anzuwenden pflegen. - Schauen wir daneben die Arbeit des Philippus an. Auch er sucht Menschen auf einen anderen Weg zu bringen. Aber er droht und schnaubt nicht wie Saulus. Er holt nicht Waffen aus des Teufels Rüstkammer. Er hat die wirksamste Waffe, die es gibt - das Evangelium, die frohe Kunde von dem Heiland. Und nun beobachte die beiden Arbeiter: den einen, im stillen Geist des Friedens beglaubigt von Gott; den anderen, im wilden Zorn und Grimm, wütend darüber, daß nicht alle Leute seine Überzeugung teilen. - Wem gleichen wir? - - Und nun ein Wunder! Der Mann voll schnaubender Wut arbeitet bald darauf im gleichen Friedensgeist wie Philippus. Was war geschehen? Gott hatte ihm Licht gegeben darüber, daß er auf dem Irrweg war. Gedemütigt, zerbrochen und begnadigt war er ein Eigentum Jesu geworden. Und wie er selber durch die unverdiente Güte Gottes überwunden war, so arbeitete er jetzt in der Kraft eben dieser Gnade, die ihn umgewandelt hatte. - Möge Gott noch viele solche Arbeiter wecken wie Philippus und Paulus waren.





A.Christlieb Die Christenverfolgung durch Saulus. Apostelgeschichte 9, 1. 2 und 22, 4.

Unser Text zeigt uns das Toben des Saulus gegen die Gemeinde Jesu. Laßt uns seinen Kampf gegen die Christen näher ansehen, indem wir 1. den Verfolger, 2. die Verfolgten, 3. die Verfolgung betrachten.

1. D e r V e r f o l g e r .

Mit einem eigentümlichen Ausdruck wird uns das Bild des verfolgenden Saulus gezeichnet. Er ,,schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn". Dies Wort erinnert an die Art und Weise eines Raubtiers. Wenn es sein Opfer sieht, so schnaubt es bisweilen in glühendem Eifer, um sich dann im Sprung auf dasselbe zu stürzen. Ähnlich war Saulus von einem feurigen Eifer erfüllt, sich gegen die Christen in den Kampf zu werfen. Er glich einem Raubtier, das von einem kaum zu bändigenden Blutdurst erfüllt ist. Welch ein furchtbares Bild!

Man erzählt von der Frau eines armen Trinkers: Als ihr sinnlos betrunkener Mann heimkehrte, kam sie auf den Gedanken, ihn gerade jetzt photographieren zu lassen. Nachher zeigte sie dem nüchtern gewordenen Mann das Bild. Die Folge war, daß er sich entsetzt von dem Laster abwandte und Hilfe dagegen suchte.

Das Bild dieses raubtierartigen Saulus könnte vielen ehrbaren Namenschristen zurechthelfen, die aber v o n H a ß u n d A b n e i g u n g g e g e n d i e G l ä u b i g e n e r f ü l l t sind. Wie abscheulich macht uns doch der Haß gegen das Volk des Herrn! (Psalm 109, 16).

2. D i e V e r f o l g t e n .

Nicht gegen eine besondere Art und Richtung von Christen wandte sich der Haß des Saulus. Sein Verfolgungseifer erstreckte sich auf alle, die Jesus anhingen und an ihn glaubten (,,gegen die Jünger des Herrn"). Er machte keinen Unterschied zwischen ihnen. Auch die besten und lautersten fanden keine Gnade bei ihm. Wenn sie noch so behutsam wandelten, wenn sie sich noch so treu und vorsichtig im Leben bewiesen, wenn sie noch so liebevoll und freundlich gegen andere auftraten, alles half nichts. Er haßte nun einmal die ganze Gesellschaft.

Ein Christenfeind sagte einmal im Blick auf die Gläubigen: ,,Von dem ganzen Geschmeiß will ich nichts wissen." So stand auch Saulus. Weder der liebevolle Johannes, noch der feurige Petrus, noch irgendein Jünger galten etwas bei ihm. Wie blind macht doch der teuflische Haß gegen die Jünger Jesu! Wie nimmt er jede Klarheit und Gerechtigkeit im Urteil über sie hinweg!
(Psalm 35, 20; 2. Timotheus 3, 12).

3. D i e V e r f o l g u n g .

In der großen Christenverfolgung (Kapitel 8) wird eine Anzahl von Jüngern bis nach Damaskus gekommen sein, so daß auch dort eine Christengemeinde vorhanden war. Gegen diese richtete sich Saulus. In seinem Eifer wartete er nicht, bis seine vorgesetzte Behörde, der Hohe Rat, ihm einen Auftrag übertrug. Er drängte sich selbst vor. (,,Er ging zum Hohenpriester und bat ihn um Vollmachtsbriefe.")

Hier wollen wir auf einen wichtigen Unterschied zwischen der späteren richtigen Arbeit des Paulus und seiner falschen Tätigkeit vor seiner Bekehrung achten. Der bekehrte Saulus konnte trotz all seines natürlichen Feuereifers in der Stille warten, bis ihm ein Auftrag auch durch Menschen zuteil wurde. Er blieb in der Verborgenheit in Tarsus, bis Barnabas ihn in die Arbeit nach Antiochien rief (Kap. 11, 25. 26). Er drängte sich nicht selbst vor. Hier aber tat er selbst, was er konnte, um nach Damaskus gesandt zu werden. Er konnte nicht sagen, daß diese Aufgabe ihm ohne eigenes Zutun zugefallen sei.

Ein derartiger Eifer stammt aus dem eigenen Geist. Hüten wir uns vor demselben, zumal er auch später im Gnadenstand leicht zum Vorschein kommt! Die rechte Art erkennt man an der Geduld, die auf Gottes Weisung und menschliche Berufung warten kann. Die falsche Art merkt man an der Ungeduld, die sich vordrängt und etwas Besonderes leisten will, ohne gerufen zu sein.

 

Apg 9,2 A.Christlieb Drei Eigenschaften des unbekehrten Saulus, die sich in seinem Gnadenstand wieder zeigten. Apostelgeschichte 9, 1. 2; 22, 3 - 5.

Wenn wir das Bild des unbekehrten Paulus genau betrachten, so finden wir nicht etwa nur verwerfliche, schlimme, sondern auch gute und brauchbare Eigenschaften bei ihm, die er in seinem ganzen Leben behielt.

1. Welch ein r a s t l o s e r F l e i ß

zeichnete ihn schon damals aus! Man gewinnt den Eindruck, daß er Tag und Nacht auf sein Ziel hinarbeitet, das väterliche Gesetz zu Ehren zu bringen. Saulus war niemals ein fauler Mensch, weder vor, noch nach seiner Bekehrung (Kap. 20, 19 - 21. 31). Welch ein gutes Ding ist es um den rechten, treuen Fleiß! (Römer 12, 11; Sprüche 19, 24; 21, 25; 22, 13; 26, 14; 1. Timotheus 5, 13).

2. Welch eine G r ü n d l i c h k e i t

beobachten wir bei Saulus! Weil er die Anbetung Jesu für etwas Falsches und Schädliches hielt, wollte er sie auch mit Stumpf und Stiel ausrotten. Er wollte keine halbe Arbeit tun. ,,Bis in den Tod" verfolgte er die Gemeinde Jesu. Er wollte sie nicht nur schwächen, sondern austilgen.

Saulus war vor und nach seiner Bekehrung immer ein ganzer Mann, der fleißig und gründlich nach seiner Erkenntnis arbeitete. Diese Naturgabe wurde später geheiligt und für Gottes Ziele nutzbar gemacht.

3. Als dritte Eigenschaft des Paulus, die später in geheiligter Weise wieder zum Vorschein kam, nennen wir seinen M i s s i o n s t r i e b .

Es genügte ihm nicht, daß das väterliche Gesetz in seinem Heimatland in Ehren gehalten wurde. Es genügte ihm nicht, daß Jerusalem von der gefährlichen Sekte der Christen gereinigt war. In allen Landen und Orten sollte die reine Lehre, das Gesetz Gottes, als alleinige Richtschnur anerkannt werden. Deshalb erbat er sich die hohepriesterliche Vollmacht, auch in der Hauptstadt des Nachbarlandes seinen Eifer für Gott beweisen zu dürfen.

Wie hat doch Gott diesen Missionstrieb, der schon im unbekehrten Saulus steckte, geheiligt und für sein Reich gebraucht! So können auch heute noch in manchen Menschen, die innerlich blind und dem Heiland fern sind, allerlei Gaben und Eigenschaften stecken, die viel nützen können, sobald die Erleuchtung von oben und die Erkenntnis Jesu hinzukommen (Römer 10, 2).





A.Christlieb Das Bild des nach Damaskus ziehenden Saulus. Als Saulus nach Damaskus auszog, hatte er etwas Bestimmtes in seinem Kopf, in seiner Hand und in seinem Herzen.

1. In seinem K o p f hatte er die beste Bildung und G e l e h r s a m k e i t seiner Zeit. Er war ,,ein studierter Mann" (V. 3), der auf viele, die seine Kenntnisse nicht besaßen, herabsehen konnte.

2. In seiner H a n d hatte er die amtliche V o l l m a c h t des Hohenpriesters, welche ihn berechtigte, jeden Israeliten, der sich zu Jesus bekannte, zu verhaften und vor den Hohen Rat zu bringen. Diese amtliche Vollmacht verlieh ihm in den Augen seiner Landsleute hohes Ansehen.

3. In seinem H e r z e n trug er einen feurigen E i f e r und einen entschlossenen Willen, für seine althergebrachte Religion zu kämpfen und alles daranzusetzen, ihre Widersacher, die Christen niederzukämpfen. Dieses alles besaß er. Damit schien er Großes ausrichten zu können.

Aber ihm f e h l t e:

1. eine G e l e h r s a m k e i t , die vom Heiligen Geist stammt und durch Erleuchtung von oben kommt.

2. Es fehlte ihm die V o l l m a c h t des Heiligen Geistes, die kein Hoherpriester in Jerusalem, sondern nur der himmlische Hohepriester geben kann.

3. Auch fehlte ihm der g e i s t l i c h e E i f e r der Liebe, von dem er später sagte: ,,Die Liebe Christi dringet uns also" (2. Korinther 5, 14).

Pharisäischer Fanatismus ist etwas ganz anderes als von Gott gewirkter Liebeseifer, der andern zu helfen sucht. So sah Saulus aus, als er nach Damaskus auszog. Ihm gleicht mancher Feind der Jünger Jesu, ohne es zu wissen.





A.Christlieb Der Irrtum des nach Damaskus ausziehenden Saulus.

1. Als Saulus nach Damaskus auszog, glaubte er die Schrift zu kennen und war doch blind für dieselbe. Der geringste Jünger Jesu, der das Glaubenslicht im eigenen Herzen empfangen hatte, wußte mehr von der Bedeutung des göttlichen Wortes als Paulus mit all seiner menschlichen Schulung (2. Korinther 3, 14 - 16; Psalm 119, 130).

2. Er glaubte, f ü r Gott zu eifern (,,Ich war ein Eiferer um Gott"), und eiferte doch g e g e n Gott. Gott hat seinen Sohn gesandt zum Heiland der Welt. Saulus bekämpfte ihn.

Gottes Wille war, daß die Menschen an seinen Sohn glauben sollten. Saulus suchte diesen Glauben auszurotten. Gott hatte einen Eckstein erkoren für seinen Tempel. Saulus wollte ihn zerstören (Matthäus 21, 42; Markus 12, 10; 1. Petrus 2, 7; Apostelgeschichte 4, 11). Welch eine Täuschung!

3. Saulus glaubte Menschen auf den richtigen Weg zurückzuführen und ,,zwang sie, zu lästern, war also der schlimmste Verführer. So kann es auch heute noch Menschen geben, die in den gläubigen Christen die größte zu bekämpfende Gefahr erblicken.

Gott bewahre uns alle vor dieser Verblendung des Saulus!

 

Apg 9,3 A.Christlieb Der vor Damaskus dem Heiland begegnende Saulus. Apostelgeschichte 9, 3 - 6.

Wie dem Saulus vor Damaskus seine Gelehrsamkeit, seine Frömmigkeit und seine Pläne zerschlagen wurden.

Unser Text zeigt uns das Eingreifen Gottes in das Leben des verblendeten Saulus. Der Herr selbst erschien ihm. Ein Licht von oben kam auf seinen falschen Pfad. Durch dieses Erlebnis wurde ihm auf einmal dreierlei zerschlagen:

1. In Trümmer sank seine ganze G e l e h r s a m k e i t, die er zu Gamaliels Füßen gesammelt hatte. Er konnte in dieser Stunde nichts mit seiner Gelehrsamkeit anfangen. So nützlich sie ihm auch nach mancher Seite gewesen sein mochte, sie führte doch nicht zu Jesus hin. Sie lehrte ihn nicht den Heiland erkennen.

2. In Trümmer sank seine F r ö m m i g k e i t . Er, der vor Gott gerecht zu sein glaubte, stand jetzt als Gottloser vor ihm da. Alle seine vermeintliche Frömmigkeit erkannte er als Schaden und Kot (Philipper 3, 8). Jetzt war er nicht mehr der beste, sondern der schlechteste Mensch.

Solche Zertrümmerung tut weh, aber sie ist nötig, denn sie lehrt uns, von Gnade zu leben.

3. In Trümmer zerschlagen wurden ihm alle Z u k u n f t s - p l ä n e. Mit der geplanten Verhaftung und Gefangennahme der Jesusjünger war es auf einmal vorbei. Alles das paßte nicht mehr, weil es nicht mit Jesu Gedanken übereinstimmte. Von jetzt an blieb nur Ein Plan bestehen: Jesus nachzugehen und seinen Willen zu tun.

Wohl uns, wenn der Herr uns alles zerschlägt, was nicht von ihm stammt und zu ihm führt. Diese heilsame Zertrümmerung, die Paulus erfuhr, darf man allen zu ihrem Heil wünschen.





A.Christlieb Eine dreifache Erkenntnis, die Paulus vor Damaskus gegeben wurde.

Dreierlei erkannte Saulus vor Damaskus, was er vorher nicht wußte:

1. Er erkannte, daß s e i n w ü t e n d e s T o b e n nicht gegen einige Menschen, die er für verkehrt angesehen hatte, gerichtet war, sondern g e g e n d e n H e r r n d e r H e r r l i c h k e i t selbst.

Bis dahin hatte er stets geglaubt, daß er nur eine falsche religiöse Richtung bekämpfe. Nun aber sah er auf einmal, daß er in seiner Verblendung gegen den gestritten hatte, der in der unsichtbaren Welt als Machthaber regierte. Das war eine furchtbare Erkenntnis.

Wie mancher glaubt auch heute, seine Abneigung und sein Haß gehe nur auf eine bestimmte Art von Menschen, etwa auf die, welche die Heilsgewißheit zu besitzen glauben. Dabei glaubt er, Jesus gegenüber eine durchaus richtige Stellung einzunehmen.

2. Saulus erkannte auch, d a ß d i e g l ä u b i g e n C h r i s t e n n i c h t H e u c h l e r u n d S c h w i n d l e r w a r e n , sondern das Richtige hatten. Sie standen in Verbindung mit dem, den er nicht gekannt hatte. Sie besaßen einen Meister und Führer, von dem er nichts gewußt hatte. Nicht die gläubigen Christen waren auf dem Irrweg, sondern er selbst.

3. Er erkannte auch, d a ß d e r P l a n , d i e C h r i s t e n g e m e i n d e a u s z u r o t t e n , g a n z u n a u s f ü h r b a r w a r . Diese vermeintliche Sekte, mit der er bald fertig zu werden hoffte, besaß (wie er jetzt gemerkt hatte) einen Schutzherrn in der unsichtbaren Welt, der sie liebte, schützte, und derer er sich nach jeder Seite hin annahm. Mit den Menschen hätte er wohl den Kampf aufnehmen und sie überwinden können. Aber gegen jenen Herrn im Himmel war jeder Kampf aussichtslos. Jeder Plan, diese Christenschar zu vertilgen, war unsinnig und unmöglich.

Diese dreifache Erkenntnis hatte Saulus vorher nicht gehabt. Wieviel Licht kann Gott in einem Augenblick geben!





A.Christlieb Die Reisegefährten des Saulus bei Damaskus.

Zwischen der Erfahrung, die Paulus vor Damaskus machte, und derjenigen seiner Gefährten besteht ein großer Unterschied. Auch die Gefährten sahen ein Licht; auch sie hörten ,,eine Stimme" (9, 7). Aber sie sahen i h n nicht. Sie hörten nicht, daß m i t i h n e n geredet wurde.

Saulus erlebte viel mehr. Er wußte, daß der von ihm verfolgte Jesus mit ihm, ja gerade mit ihm geredet hatte. (,,Die Stimme dessen, der m i t m i r redete, hörten sie nicht".) Erschüttert und vor Schrecken erstarrt waren auch die Gefährten (9, 7). Aber zur Sündenerkenntnis und zur Sinnesänderung war nur Saulus gebracht.

Die Reisegefährten gingen mit Saulus längere Zeit einmütig zusammen. Sie verfolgten dasselbe Ziel wie er. Auch sie wollten gegen die Christen vorgehen. Im Rang war wohl ein Unterschied, indem Saulus ihr Führer und Befehlshaber war, aber in der Gesinnung waren sie eins. Diese Gesinnungsgemeinschaft blieb bestehen, b i s d i e B e g e g n u n g m i t C h r i s t u s e r f o l g t e .
H i e r g i n g e n d i e W e g e a u s e i n a n d e r . Zwar geleiteten sie pflichtgetreu ihren erblindeten Führer bis zu seiner Wohnung in Damaskus. Von da an verschwinden sie aus unserem Gesichtskreis. Wir erfahren nichts mehr von ihnen. Sie werden jedenfalls später nach Jerusalem zurückgekehrt sein und dort berichtet haben.

Erinnern uns diese Reisegefährten des Saulus nicht an manche früheren Weggenossen unseres Lebens, die mit uns einmütig auf dem Weg dieser oder jener Pflichterfüllung dahingingen, bis eine Wendung in unserem Leben eintrat, von der an die Wege auseinandergingen? Die äußeren Gefährten unserer Dienst- und Lebenswege bleiben nicht immer unsere Genossen in der Nachfolge Jesu.

 

Apg 9,4 A.Christlieb Die Frage Jesu an Saulus. Apostelgeschichte 9, 4.

Aus obiger Frage mußte Saulus dreierlei merken:

1. E r s e l b e r w a r g e m e i n t u n d k e i n a n d e r e r (,,Saul, Saul!") Durch die zweimalige Nennung seines Namens war jeder Zweifel darüber ausgeschlossen, daß jetzt mit ihm geredet wurde. Er war persönlich getroffen. Wohl uns, wenn dies beim Anhören des Wortes Gottes auch bei uns der Fall ist. Wohl uns, wenn wir uns getroffen fühlen, nicht an andere denken, sondern merken: Jetzt redet der Herr mit mir! (1. Samuel 3, 10).

2. E r w u r d e v o m H i m m e l a u s b e o b a c h - t e t. Dort oben war eine wunderbare Gestalt voller Lichtglanz, die sich mit ihm beschäftigte und seine Wege genau kannte. Dies kam ihm wie nie zuvor zum Bewußtsein. Wohl uns, wenn auch wir uns im Worte zeigen lassen, daß Gott auf uns sieht und auf unsere Wege schaut (1. Mose 16, 13; Psalm 102, 20; 139, 1 - 12; 14, 2; Offenbarung Johannes 2, 18).

3. A u f i h m l a s t e t e d a s M i ß f a l l e n d e s h i m m l i s c h e n H e r r n . Es hieß auch bei ihm: ,,Aber die Tat gefiel dem Herrn übel" (2. Samuel 11, 27 b).

Auch heute erweckt der Herr die Seelen durch das Wort, indem er ihnen zeigt, daß sie persönlich gemeint sind, daß Gottes Auge sie beobachtet, und daß ihr Leben ihm mißfällig ist. Wohl allen, die dadurch zu einem heilsamen Erschrecken gelangen!





C.Eichhorn Die Gnade im Leben des Paulus (I) Saul, Saul, was verfolgst du mich? Apg. 9, 4

Nicht Saul hat sich zuerst bekehrt, sondern der Herr war es, durch den er bekehrt wurde. Sich bekehren heißt im Grunde nichts anderes als sich vom Herrn finden lassen. Ob eine Bekehrung allmählich oder plötzlich geschieht: immer ist sie im tiefsten Grunde des Herrn Werk. "Es ist durch dich geschehn, daß ich dich hab' ersehn!"

Der Herr Jesus redet seinen Verfolger mit Namen an. "Saul, Saul", ruft er ihm zu. Die Wiederholung des Namens drückt das angelegentliche und dringende Verlangen Jesu aus, ihn vom Abgrund hinwegzureißen, in dem er zu versinken drohte. - "Warum verfolgst du mich?" Die Frage soll ihn zum Nachdenken und zur Besinnung bringen. "Was habe ich, Jesus, und was haben diese meine Schafe dir getan? Womit habe ich dich beleidigt? Das sage mir!" Diese Frage schmerzerfüllter Liebe drang viel tiefer ein, als wenn Jesus dem Verfolger sein Unrecht mit scharfen Worten vorgehalten hätte.

Saulus hat die Jünger Jesu verfolgt. Aber eigentlich war es Jesus, den er haßte. Der Kern unserer Sünde ist die Feindschaft gegen Jesus. Alle Abneigung gegen ernste Christen ist im Grunde nichts anderes als Feindschaft gegen ihn. Diese Grundsünde müssen wir einmal erkennen. Wir dürfen nicht nur bei einzelnen Sünden stehenbleiben.

"Was verfolgst du mich?" Aus diesen Worten hören wir heraus die Besorgnis der Liebe: "Was machst du Unglücklicher? Halt ein, sonst bist du verloren! Du verfolgst die höchste Majestät! Ich bin Jesus!" Hat ihn die plötzliche Lichterscheinung zu Boden geworfen dem Leibe nach, so hat dieses Wort ihn innerlich niedergeschmettert. Der Jesus von Nazareth, dessen Namen auszurotten er sich zur Lebensaufgabe gesetzt hatte, ist wahrhaftig der Messias und hat göttliche Herrlichkeit. Also war er bis dahin auf ganz verkehrtem Weg gewesen. Ein verfehltes Leben lag hinter ihm.

Der erhöhte Heiland hat einen tiefen Stachel in die Seele des Saulus gedrückt. Jetzt stand er vor der Entscheidung. Soll er diesem Stachel nachgeben oder sich ihm widersetzen? Der Heiland ruft ihm warnend zu: "Es ist für dich schwer", das soll heißen schwerwiegend, bedenklich und gefährlich, "dich gegen den Stachel zu wehren."

Der Zug der göttlichen Gnade ist überwältigend, aber nicht vergewaltigend. Der Mensch wird gefangengenommen, aber er muß sich auch von Herzen ergeben. Er kann sich widersetzen. Aber das nimmt einen schlimmen Ausgang. Menschen, die viel Gottes Wort hören und ihm doch nicht gehorchen, werden allmählich verhärtet. Und dann ist es vorbei mit der Bekehrung. Laßt uns doch die Tage und Stunden, wo uns die Gnade heimsucht, erkennen und ausnützen!

 

Apg 9,5 A.Christlieb Des Saulus Fragen an Jesus. Apostelgeschichte 9, 5. 6.

Diese Fragen zeigen uns die Stellung, die Saulus seinem neuen himmlischen Herrn gegenüber vom ersten Augenblick an einnahm.

1. E r b e k a n n t e s e i n e B l i n d h e i t u n d s e i n g ä n z l i c h e s U n v e r m ö g e n , s i c h a u s e i g e n e r K l u g h e i t u n d K r a f t z u r e c h t z u f i n d e n . Wenn eine Seele dahin kommt und dies in Beugung eingesteht, dann ist sie am Anfang des richtigen Weges.

2. Indem er fragt, was er tun soll, u n t e r w a r f e r s e i n e n W i l l e n d e m H e r r n und erklärte sich bereit, von jetzt an sich von ihm leiten zu lassen. Dies war das Richtige.

Vor Jesus ist nur Unterwerfung am Platz. Dies sei auch unsere Stellung allezeit.

3. Indem Saulus es wagt, den, gegen den er gekämpft und gefrevelt hatte, um Weisung über den rechten Weg zu bitten, zeigte sich auch d a s e r s t e V e r t r a u e n zu ihm. Sein Seufzer nach einem Lichtstrahl, sein Bitten um Führung war das erste Glaubensfünkchen; denn - wer bittet, der glaubt. Wer seufzt, naht zum Gnadenthron.

Wohl allen erweckten Seelen, die ihre Blindheit bekennen, sich ihm unterwerfen und um Wegleitung bitten! Der Herr wird sie nicht in ihrem Elend stecken lassen. (Psalm 25, 4. 5; 27, 11).





A.Christlieb Die Warnung Jesu an Saulus. Apostelgeschichte 9, 5 b.

Mit dem Wort: ,,Es wird dir schwer werden, wider den Stachel auszuschlagen", fordert Jesus den Saulus auf, j e d e n W i d e r s t a n d g e g e n i h n a u f z u g e b e n . Er macht ihn auf die unangenehmen Folgen aufmerksam, die ein Versuch, sich seinem Willen zu widersetzen, nach sich ziehen würde. Im Morgenland wurden die Zugtiere durch einen mit einer Spitze versehenen Stecken angetrieben. Ein Ausschlagen gegen diesen spitzen Stecken des Führers hatte zur Folge, daß der Stachel tief in das Fleisch eindrang und große Schmerzen verursachte. Ähnlich sollte jeder Versuch des Saulus, dem Herrn zu widerstreben, ihm nur neues Leid zufügen.

Ein Zugtier hat es am besten, wenn es sich dem Willen seines Herrn ohne Widerstreben fügt; und wir machen es uns selbst am leichtesten, wenn wir jedem Hinweis unseres himmlischen Herrn folgen.

Paulus schreibt einmal von den Geizigen, daß sie ,,sich selbst viel Schmerzen machen" (1. Timotheus 6, 10). Das gilt gewiß von ihnen besonders. Aber auch jedes andere Verlassen der Wege des Herrn zieht ähnliche Folgen nach sich. Laßt uns wie Saulus dem Willen Jesu ergeben bleiben, dann werden wir vor vielen Nöten bewahrt, die sonst über uns hereinbrechen. (Jeremia 2, 17; Hosea 13, 9).

 

Apg 9,6 A.Christlieb Eine bedeutsame Anweisung. Apostelgeschichte 9, 6 b.

Wie oft bewegt uns doch die Frage: ,,Herr, was willst du, daß ich tun soll?" Die göttliche Antwort an Saulus kann uns für solche Stunden zwei Hinweise geben.

1. Gott gibt dem Saulus am ersten Tage seiner Sinnesänderung nur soviel Erkenntnis seines Willens, wie er für diesen Tag nötig hat. Saulus erfährt nur, daß er für jetzt nach Damaskus zu gehen hat. Alles andere soll ihm erst später gezeigt werden. Es gilt oft zu warten auf die volle Erkenntnis des Willens Gottes. Nicht v o r, sondern erst i n Damaskus sollte Saulus erfahren, was er zu tun habe. So wollen auch wir uns genügen lassen, wenn Gott uns nur so viel Licht gibt, als wir für jetzt nötig haben. Folgen wir diesem Licht, so wird er uns zur rechten Zeit mehr geben.

2. Saulus hätte gern den Willen des Herrn nicht nur sofort, sondern auch a u s d e m M u n d d e s H e r r n s e l b s t vernommen. Aber auch in diesem Stück handelte der Herr mit großer Weisheit anders. Er antwortet ihm nicht: ,,Dort werde ich dir sagen", sondern: ,,Dort wird m a n dir sagen, was du tun sollst." Das Wörtlein ,,man" deutet an, daß der Herr Menschen dazu benutzen wollte, um seinem Jünger die nötige Klarheit zu geben. Die erste Weisung auf dem neuen Lebensweg hatte Saulus unmittelbar vom Herrn selbst auf wunderbare Weise bekommen. Nun sollte er auf dem weiteren Weg auch in der Belehrung durch Menschen den Willen Gottes erkennen.

Es war für den stolzen Pharisäer demütigend, daß er, der bisher führend und leitend aufgetreten war, sich nun von anderen Menschen den Weg zeigen lassen sollte.

Das Wörtlein ,,man" kann auch uns etwas sagen. Wie oft neigen wir dazu, auf irgendeine besondere unmittelbare Offenbarung von Gott zu warten, wo es der gewiesene Weg ist, von erfahrenen Brüdern, denen Gott Licht gegeben hat, zu lernen.

 

Apg 9,8 A.Christlieb Die Erblindung des Saulus. Apostelgeschichte 9, 8.

Die Erblindung des Saulus soll uns beschäftigen. Wir sehen: 1. d i e E n t s t e h u n g , 2. d a s d r e i t ä g i g e A n h a l t e n , 3. d i e H e i l u n g seiner Blindheit.

Die Entstehung der Erblindung.

1. W a n n entstand die Erblindung?

Saulus erblindete gerade zu der Zeit, als er innerlich sehend wurde. Während ihm die Augen über den rechten Weg geöffnet wurden, wurde ihm das äußere Augenlicht genommen.

Die Weisheit Gottes verbindet manchmal tiefe, innere Segnungen mit äußerer Demütigung und Schwachheit. Einem Jakob wurde die Hüfte verrenkt, als seine Seele zur Genesung kam (1. Mose 32, 26). Laßt uns nie murren, wenn göttliche Gnadenwirkungen sich mit leiblichen Demütigungen verbinden!

2. D u r c h w e n entstand die Erblindung? Bei aller Not der äußeren Dunkelheit hatte Saulus einen Trost: Er wußte, daß sie die Wirkung der Begegnung mit Jesus war. Er hatte sie sich nicht selbst etwa durch eine Unvorsichtigkeit oder dergleichen zugezogen. Wohl uns, wenn wir bei leiblichen Elendsschulen das Bewußtsein haben dürfen, daß nicht eigene Torheit, Mangel an Zucht und dergleichen sie herbeiführten! Was der H e r r uns sendet, ist immer heilsam und gut.

3. A u f w e l c h e W e i s e entstand die Erblindung? Nach dem Wortlaut des Textes (Kapitel 22, 11 a) ging von der Person Jesu ein derartiger Strahlenglanz aus, daß Paulus sofort das Augenlicht genommen wurde.

Diese Tatsache läßt uns die wunderbare Lichtgestalt des erhöhten Heilandes ahnen (1. Timotheus 6, 16). Er, der einst verachtet und niedrig über diese Erde dahinging und als Verbrecher gehängt wurde, ist nun von solch großer Herrlichkeit umgeben, daß niemand ihren Anblick ertragen kann (Offenbarung 1, 14 - 16). Diese Wirkung seines himmlischen Lichtglanzes kann uns mit Ehrfurcht vor ihm erfüllen. Laßt uns bei allem kindlichen Vertrauen, mit dem wir ihm nahen dürfen, nie vergessen, daß er der Herrliche und wir die Staubgeborenen sind!

 

Apg 9,9 A.Christlieb Das dreitägige Anhalten der Erblindung - eine Bewahrung vor der Zerstörung, eine Demütigungs- und Geduldsschule. Apostelgeschichte 9, 9.

Die Erblindung des Saulus konnte zunächst eine Anfechtung für ihn bilden. Als Schriftgelehrter wußte er, daß der Messias unter anderem auch ,,den Blinden die Augen ö f f n e n würde" (Jesaja 61, 1. 2; 35, 5; Lukas 4, 18). Nun tat der Herr das Gegenteil: Er machte den Sehenden b l i n d . Schien Jesus nicht ein strenger, harter Mann zu sein? (Lukas 19, 21). Dennoch lag gerade in dieser Erblindung ein besonderer Segen: 1. Z u n ä c h s t b e w a h r t e s i e i h n v o r j e d e r Z e r s t r e u u n g .

Saulus zog als ein Blinder in Damaskus ein. Von aller Pracht und allem Glanz dieser berühmten Weltstadt sah er nichts. So gewiß wir ihm die Freude an dem Anblick der Ströme Amana und Pharphar (2. Könige 5, 12) und anderer Schönheiten gegönnt hätten, so müssen wir doch sagen: In dieser Entscheidungszeit seines Lebens war es gut, daß er durch nichts abgelenkt wurde von dem Einen, was not ist.

G e r a d e i n d e r B e k e h r u n g s z e i t i s t g r ü n d l i c h e E i n k e h r d a s N ö t i g s t e . Zu ihr konnte die Blindheit mithelfen. Wir wünschen niemand, der in innerer Entscheidungszeit steht, eine leibliche Erblindung. Aber wir wünschen einem jeden den Segen der Bewahrung vor den tausend Zerstreuungen des Tages, wie Saulus sie erlebte.

2. D i e Z e i t d e r E r b l i n d u n g w a r a u c h e i n e D e m ü t i g u n g s s c h u l e . Die Unfähigkeit zu sehen, machte Saulus zu einem hilflosen Mann, der ganz auf andere angewiesen war. Vorher war er der Führer der Reisegesellschaft gewesen. Seinem Befehl unterstanden alle die anderen. Jetzt war er der Geführte. Wer den Einzug von Saulus in Damaskus beobachtete oder ihn etwa blind in seinem Quartier sitzen sah, der konnte nur mitleidig auf den blinden Mann schauen, der sich an der Hand leiten lassen mußte. Auch in anderen Fällen pflegt Gottes Weisheit bei der Bekehrung der einzelnen dafür zu sorgen, daß wir Erniedrigungs- und Beugungswege geführt werden. Laßt uns darüber nie murren, sondern mit David dafür danken! (Psalm 118, 21; 119, 71).

3. D a s A n h a l t e n d e r E r b l i n d u n g w a r a u c h e i n e G e d u l d s p r o b e f ü r S a u l u s .

Wir wollen suchen es ihm nachzufühlen, was es bei seinem feurigen Temperament bedeutete, drei Tage und drei Nächte nichts mehr sehen zu können und hilflos harren zu müssen, bis endlich die Weisung kam, von welcher der Herr geredet hatte: ,,Dort wird man dir sagen, was du tun sollst" (V. 6). Nun aber verging der erste Tag und die erste Nacht, und niemand sagte ihm, was er tun sollte. Ebenso verging der zweite Tag und die zweite Nacht. Keiner kam; erst nach drei Tagen kam die Erfüllung jenes Heilandswortes durch Ananias. Das war eine Geduldsschule für ihn.

In der Schule Jesu lernt man zunächst nicht große Kenntnisse, sondern Stille, Demut und Geduld (Sprüche 16, 32; 14, 29; Prediger 7, 8; Klagelieder 3, 26). Das ist die beste Hochschule.





A.Christlieb Das dreitägige Fasten des Saulus. Apostelgeschichte 9, 9 b.

W a s b e d e u t e t das dreitägige Fasten des Saulus? Jesus hat einmal das Fasten mit Leidtragen zusammengestellt und beides als zusammengehörig bezeichnet. Auf die Frage, warum seine Jünger weniger als die Johannesjünger fasteten, antwortete er: Wie können die Hochzeitsleute L e i d t r a g e n? (Matthäus 9, 14. 15). Das Fasten bedeutete ein bußfertiges Leidtragen und Betrübtsein über die Sünde. So haben wir uns auch den Saulus in jenen drei Tagen vorzustellen, als einen Menschen, der bußfertig Leid trug.

Wie unterschied sich doch sein jetziges von allem bisherigen Fasten! Als ein strenger Pharisäer hatte er ohne Zweifel häufig gefastet. Aber es war weniger ein Leidtragen, als vielmehr der Versuch, sich ein Verdienst zu erwerben und seine Frömmigkeit zu beweisen. Jetzt aber war es ein wirkliches Fasten und Leidtragen geworden. Jetzt trug er Leid, daß er so lange in der Verblendung gelebt hatte, daß er so viel Schaden angerichtet hatte, daß er den Herrn, der ihm erschienen war, betrübt hatte. Ja, es gab viel Ursache für Saulus zum Leidtragen.

Auch wir werden - wenn wir auch nicht so wie Paulus Christen verfolgt haben - bekennen müssen:

,,Ach, daß ich dich so spät erkennet, du hochgelobte Schönheit du, und dich nicht eher mein genennet, du höchstes Gut und wahre Ruh! Es ist mir leid, ich bin betrübt, daß ich so spät geliebt."

Wohl allen Herzen, bei denen solches Fasten und Leidtragen gefunden wird! (Matthäus 5, 4; 1. Könige 21, 27 - 29; Jona 3, 5 - 10; Jesaja 58, 2 - 8).





C.Eichhorn Die Gnade im Leben des Paulus (II) Saulus war drei Tage nicht sehend und aß nicht und trank nicht. Apg. 9, 9

Gebrochen lag der grimmige Verfolger zu Jesu Füßen. Er hatte andere zittern gemacht und zitterte nun selbst. Doch war er noch nicht innerlich zerbrochen. Entschlossen war er, den Widerstand aufzugeben. Er nennt Jesus seinen Herrn. "Herr, was willst du, daß ich nun tun soll?" Er will Jesu gehorsam sein. Die Bekehrung besteht nicht im Gefühl, sondern in der Auslieferung des eigenen Willens. Die Gefühle wechseln. Der Wille aber ist etwas Stetes und Beharrliches. Saulus war des Augenlichts beraubt und mußte geführt werden. Der starke Mann, der die armen Christen als Schlachtopfer weggeschleppt hatte, wurde nun selbst wie ein schwaches Kind an der Hand geführt. Als Besiegter zieht er in Damaskus ein. Der für ihn so wertvolle Empfehlungsbrief des Hohenpriesters wurde zum wertlosen Papier. Drei Tage war es finster um ihn. Die Blindheit wurde ihm zum Denkzettel. Er sollte sich diese Begegnung mit Jesus nicht schnell wieder aus dem Kopf schlagen. Durch die äußere Blindheit sollte ihm auch die Finsternis seines Herzens zum Bewußtsein gebracht werden. Endlich führte ihn Jesus dadurch in gänzliche Abgeschiedenheit. Nun ging ein Gebetskampf an, durch den Saulus erst zum Durchbruch gelangte. Er aß nicht und trank nicht während der drei Tage. Alles, auch das Notwendigste, mußte zurückstehen hinter der großen Hauptsache. - Was für ein Kampf war es wohl, der in diesen Tagen in Sauls Seele tobte! Das Schwerste war ihm der Gedanke: Was werden die Obersten meines Volkes dazu sagen, wenn ich nun ein Jünger Jesu werde? Er war ja ihr Liebling und ihr Stolz! Und welche Beschämung lag für ihn darin, bekennen zu müssen: Ich war bis dahin ein verkehrter Mensch! Er sollte sein ganzes bisheriges Leben verurteilen und alles, was ihm bis dahin wertvoll war, darangeben. Der alte Saulus sollte untergehen und sterben. Das ist ein Kampf! Er hat ihn im Gebet durchgefochten. Zu einer wahren Bekehrung kommt man nur auf den Knien. Die Bedenken, Rücksichten und Erwägungen müssen unter Gebet niedergerungen werden. Bis dahin war das Gebet für ihn eine Gewohnheitssache. Jetzt war es ein Ringen mit Gott. Wir müssen das Beten zweimal lernen. Zuerst in der Schule der Mutter und menschlicher Lehrer, dann in der Schule des Heiligen Geistes. - Der Herr Jesus sah die Kämpfe seiner Seele und sandte ihm ein Werkzeug in der Person des einfachen Jüngers Ananias. Der Zuruf des Ananias an Saulus lautet: "Blicke auf!" (Apg. 22, 13). Daraufhin empfing er das Augenlicht. Aber zugleich blickte er noch in einem tieferen Sinn auf. Von jetzt an blickte er auf Jesus. - "Was zögerst du?" hieß es weiter (Apg. 22, 16). "Laß dich abwaschen von deinen Sünden!" Und Paulus säumte nicht. Seine Bekehrung war kein halbes Werk. Er blickte nicht zurück. Wie lassen sich doch so viele hemmen durch allerlei Rücksichten und bleiben stecken! - Eine gründliche Bekehrung ist das Fundament im christlichen Leben. Nur wer von vornherein Ernst macht, kommt zum Ziel. Er darf feste, gewisse Tritte tun. Er strauchelt nicht.

 

Apg 9,11 C.H.Spurgeon ,,Siehe, er betet." Apg. 9, 11.

Gebete finden im Himmel die aufmerksamste und ununterbrochenste Beachtung. Sobald Saulus von Tarsen anfing zu beten, erhörte ihn der Herr. Hier ist Trost für die betrübte, aber betende Seele. Oft beugt ein armer Mensch mit gebrochenem Herzen seine Kniee, aber er vermag seine Traurigkeit nur in Seufzern und Tränen kund zu geben; dennoch hat dies Seufzen alle himmlischen Harfen mit lautem Jubelgetöne erfüllt; jene Träne ist von Gott aufgehoben worden und wird von Ihm aufbewahrt in dem Tränenbecken des himmlischen Schatzhauses. ,,Fasse meine Tränen in Deinen Sack" (Ps. 56), das bezeugt, daß keine Träne verloren geht, sondern daß alle der göttlichen Traurigkeit aufgehoben werden. Der Flehende, dessen Angst seine Worte unterdrückt, wird von dem Höchsten nicht mißverstanden. Er darf den trüben Blick nur in die Höhe richten; schon das Fallen einer Träne ist ein Gebet. Die Tränen sind himmlische Diamanten; Seufzer sind Gesänge und Reigen vor Jehovahs Thron und gehören zu den lieblichsten Melodien, die hinaufdringen zum erhabenen Stuhl der Majestät. Du darfst nicht meinen, deine Tränen und Gebete bleiben unbeachtet; ob sie noch so schwach und furchtsam sind, finden sie dennoch ein geneigtes Ohr. Die Leiter des Erzvaters Jakob reicht hoch hinauf; aber dein Gebet wird getragen vom Bundesengel und steigt so die schwindelnden Stufen freudig hinan. Unser Gott hört nicht nur die Gebete, sondern Er hört sie gern. ,,Er vergißt nicht des Schreiens der Armen." Wahrlich, Er achtet nicht auf hoffärtige Augen und glatte Worte; Er kümmert sich nicht um die Pracht und den Pomp der Könige; Er lauscht nicht auf das Getöse der Kriegsmusik; Er siehet nicht auf den Stolz und Triumph der Menschen; wo aber irgend ein Herz vom Kummer gedrückt ist, oder ein Mund vor Angst und Schmerz bebt, wo ein tiefer Seufzer aufsteigt oder eine Bußträne hervorbricht, da ist das Herz Jehovahs weit offen; Er schreibt alles nieder auf die Pergamentrolle seiner Erinnerungen; Er legt unsere Gebete wie Rosenblätter zwischen die Seiten seines Gedenkbuches, und wenn einst dies Buch eröffnet wird, so wird ein lieblicher Duft daraus hervordringen. ,,Laß den Mund alle Stund' Vom Gebet und Flehen Heilig übergehen!"

 

Apg 9,12 A.Christlieb Der Herr zeigt dem betenden Saulus den rechten menschlichen Führer. Apostelgeschichte 9, 12.

Wie wichtig ist es doch für neuerweckte Seelen, daß sie den richtigen Führer bekommen. Schon mancher ist zeitlebens in falsche und einseitige Bahnen hineingeraten dadurch, daß er in Entscheidungszeiten einem falschen Führer in die Hände fiel, der ihn zu sich oder zu seiner Sonderpartei hinüberzog, statt zu Jesus selbst. Dem Saulus wurde in unserem Text d e r r e c h t e F ü h r e r g e z e i g t .

1. V o n w e m g e s c h a h d i e s ?

Der Herr wies ihn ,,im Gesicht" auf Ananias hin. Er kann uns unseren Ananias zeigen, auch wenn wir keine besonderen ,,Gesichte" empfangen.

2. W i e b e k a m S a u l u s d i e G o t t e s g a b e d e s r e c h t e n F ü h r e r s ?

Während Saulus betete, empfing Ananias den Auftrag, zu Saulus zu gehen. (,,Er betet und hat einen Mann gesehen mit Namen Ananias"). Von unserer Seite gilt es, vom Herrn alles zu erbitten, was wir brauchen. Isaak empfing einst die rechte Lebensgefährtin, als er um den Abend hinaus auf das Feld gegangen war, um zu beten (1. Mose 24, 62 - 64). Dem Saulus wurde der rechte Führer zugewiesen, während er betete. Das sei auch unser Weg, den rechten Führer zu bekommen.

3. W o r a n s o l l t e P a u l u s d e n r e c h t e n F ü h r e r e r k e n n e n ?

Der Herr gab ihm im Gesicht klare, bestimmte Kennzeichen, an denen er den ihm zugewiesenen Führer erkennen sollte. Die segnende Handauflegung, die Heilung von der Blindheit sollten ihm die Sendung des Boten bestätigen.

Als Ananias bei seinem Eintritt genau so handelt, wie es Saulus zuvor gezeigt worden war, da wußte Saulus, daß dies der rechte Führer für ihn war.

So ist es auch bei uns. Wir bekommen in Gottes Wort genaue Kennzeichen der rechten und falschen Führer. Wenn jemand genau übereinstimmt mit dem, was der Herr uns zuvor in seinem Wort gezeigt hat, dann ist es der rechte Führer; im anderen Falle lehnen wir ihn ab.





A.Christlieb Des Herrn Fürsorge in dem Gesicht, das Saulus empfing.

Das dem Saulus geschenkte Gesicht, in welchem er die Ankunft des Ananias voraussah, läßt uns eine doppelte Fürsorge des Herrn erkennen, einerseits für Saulus, andererseits für Ananias.

1. Dem bußfertigen Saulus war dies Gesicht ein vorläufiger Licht- und Gnadenblick vom Herrn; denn dieses Gesicht zeigte ihm, daß der Herr sich um ihn kümmere und ihm bald Hilfe senden werde. Das gab ihm Mut und Kraft auszuharren.

2. Dem Ananias aber bahnte dies Gesicht den Weg zu Saulus, so daß er bei ihm einen vorbereiteten Boden fand. Saulus erwartete ihn und wußte, daß er ihn als Jesu Boten ansehen dürfe.

Die Knechte Gottes dürfen in ihrem Dienst immer wieder erfahren, daß der Herr ihren Weg bahnt und alles für sie vorbereitet. Wenn Philippus zu dem Wagen des Kämmerers hingewiesen wird, so hat der Herr dort schon längst die Aufgabe vorbereitet, die er erfüllen soll (Apostelgeschichte 8, 26 - 39). Wenn Petrus zum Kornelius gehen soll, so hat Gott dort für seine Verkündigung den Boden bereitet ((Apostelgeschichte 10). Die Geschichte der Heidenmission bestätigt uns dies gar oft.

Wie treu sorgt der Herr für die, welche ihm dienen! (Epheser 2, 10).

 

Apg 9,13 A.Christlieb Die Bedenken des Ananias. Apostelgeschichte 9, 13 - 16.

I. W o r i n d i e B e d e n k e n b e s t a n d e n .

Ananias erschrak ob dem Auftrag Jesu, zu Saulus zu gehen. Er wußte über diesen Mann Bescheid. Die vielfach bestätigten Nachrichten über des Saulus Christenhaß erregten in ihm Bedenken. Alles, was er gehört hatte, war Tatsache. Aber es war nicht die g a n z e Wahrheit.

1. Er wußte nur, ,,wieviel Ü b l e s der Mann getan hatte". Er wußte aber nicht, wieviel d e r H e r r an ihm getan hatte.

2. Er wußte wohl um ,,die Macht, die dieser Mann von den Hohenpriestern hatte". Er wußte aber nicht um die Macht, die der himmlische Hohepriester an ihm vor Damaskus bewiesen hatte.

3. Er wußte zwar des Saulus Ziel: ,,zu binden alle, die deinen Namen anrufen". Er kannte aber nicht das Ziel, das der Herr sich mit diesem Verfolger gesetzt hatte. Der, welcher die Christen in Damaskus in Fesseln schlagen und vor Gericht bringen wollte, sollte nach Gottes Rat viele zu Gebundenen Jesu machen.

So haben wir oft bei den Wegen, die uns zugewiesen werden, allerlei Bedenken, weil wir vieles nicht wissen. Wüßten wir Gottes ganze Macht und seine Herrlichkeitsziele mit den Seinen, so würde jede Angst und Sorge bei den uns zugewiesenen Aufgaben völlig verschwinden.

II. W a s A n a n i a s m i t s e i n e n B e d e n k e n m a c h t .

Ananias breitete die Besorgnisse, die sein Herz erfüllten, vor dem Herrn aus. Wie einst Jakob seine Furcht vor der Begegnung mit Esau seinem Gott sagte (1. Mose 32, 9 - 12); wie einst Mose seine Untüchtigkeit, vor Pharao zu treten, dem Herrn vorhielt (2. Mose 3, 11; 4, 1. 10 - 13); wie ein Gideon seine großen Bedenken vor der Übernahme des Richteramtes äußerte (Richter 6, 15); wie ein Samuel seine Furcht dem Herrn kundtat, als er zu Sauls Lebzeiten schon einen neuen König salben sollte (1. Samuel 16, 2) ; wie ein Jeremias seine Bedenken gegen das zu übernehmende Prophetenamt vor Gott niederlegte (Jeremia 1, 6) - s o m a c h t e e s a u c h A n a n i a s .

Gegen solches Ausbreiten von Bedenken ist nichts einzuwenden, wenn es nicht im Geist des Ungehorsams geschieht, sondern in kindlich-willigem Sinn, Gott gehorsam zu bleiben. Wenn wir nur nicht wie Jonas uns dem Auftrag Gottes eigenwillig entziehen wollen (Jonas 1, 3), sondern mit Jesaja im tiefsten Herzensgrunde sprechen: ,,Hier bin ich" (Jesaja 6, 8), dann ist alles gut.

III. W i e d e r H e r r d e m A n a n i a s d i e B e d e n k e n n a h m .

Der Herr nahm dem Ananias seine Bedenken, indem er ihm den bisherigen Christenverfolger als sein ,,auserwähltes Rüstzeug" vor die Augen stellte. In dieser Enthüllung lag eine heilende und zurechtbringende Kraft für Ananias.

Die Einwendungen von Ananias klangen fast so, als ob er dem Herrn über Saulus Bescheid geben müsse, als habe der Herr bei der Erteilung seines Auftrages den Wandel des Saulus nicht genau gekannt oder wenigstens nicht genug in Betracht gezogen. Der Herr sagte ihm aber: N i c h t d u mußt m i r über Saulus Bescheid geben, sondern ich dir. Nicht du bist der genaue Kenner der Menschen und Ereignisse, sondern ich.

W i e o f t v e r g e s s e n w i r , d a ß d e r H e r r a l l e s v i e l b e s s e r w e i ß a l s w i r .

Der Hinweis auf die ,,vielen Übeltaten an den Heiligen" konnten den Anschein erwecken, als sei Saulus nicht wert, besucht zu werden.

Wir wissen wohl, daß nicht pharisäischer Hochmut, sondern Furcht vor dem Christenverfolger der innerste Beweggrund zu Ananias' Einwendungen war. Dennoch bestand auch für das treue Jüngerherz des Ananias die Gefahr, auf den Mann, der so Schlimmes getan hatte, in irgendeiner Weise herabzusehen. Dieser Gefahr begegnet der Herr. Er zeigte dem Ananias: Nicht Saulus ist unwürdig, von dir besucht zu werden, sondern du bist viel eher nicht wert, ihm einen Dienst tun zu dürfen. Der Blick in die große Aufgabe des Saulus mußte Ananias völlig davor bewahren, sich in irgendeiner Weise über Saulus zu stellen.

Auch wir wollen selbst zum schlimmsten Christenfeind immer in dem Bewußtsein hingehen, daß der Herr ihn weit über uns stellen und ihn viel fruchtbarer machen kann, als wir es sind. Ananias meinte, der schlimme Unglaube des Saulus sei das Hindernis für ihn, diesen Mann zu besuchen. Jesus aber läßt ihn zart merken: Nicht in des Saulus, sondern in deinem Unglauben liegt die Schwierigkeit. Mit Saulus Unglauben bin ich schon fertig geworden, er schadet und hindert nicht mehr. Aber du mußt jetzt glauben lernen, daß dieser Christenverfolger eine Posaune der Gnade werden soll. Du mußt das Wort verstehen lernen: ,,Er soll die Starken zum Raube haben" (Jesaja 53, 12). Kümmere dich nicht um des Saulus Unglauben, sondern sieh zu, daß dieser Fehler nicht in dir Wurzel fasse!

Wie oft meinen wir in irgendeiner Sache, die Schwierigkeit liege bei den anderen. Der Herr aber deckt uns mit zarter Hand auf, daß sie in uns selbst liegt.

Mit welcher Treue und Weisheit verstand doch der Herr, seinen Knecht Ananias zu dem wichtigen Dienst, den er tun sollte, zuzubereiten und ihn von allen Bedenken zu heilen!

 

Apg 9,15 A.Christlieb Die Unumstößlichkeit der Gedanken Jesu. Apostelgeschichte 9, 15 und 16.

In den Worten des Ananias lag die stille Frage enthalten, ob der ihm gegebene Befehl, zu Saulus zu gehen, nicht wieder aufgehoben werden könne. Die Antwort zeigt ihm aber die Unumstößlichkeit der Gedanken Jesu.

1. Unumstößlich sind seine Befehle.

Der Herr hatte zu Ananias gesagt: ,,Stehe auf und g e h e h i n ... zu einem namens Saul" (V. 11). Ananias hatte Einwände gemacht. Aber der Herr blieb dabei: ,,G e h e h i n !" An dem Befehl Jesu wurde nichts geändert. Wohl hat der Herr dem Ananias durch neu gegebenes Licht die Ausführung des Befehles erleichtert. Aber geändert hat er ihn nicht.

Diese unumstößlichen Befehle Jesu gelten bezüglich all seiner Weisungen. Unumstößlich ist sein Wort: ,,Wo ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder ..." (Matthäus 18, 3). ,,Bleibet in mir! ... Gleichwie die Rebe keine Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir" (Johannes 15, 4) ,,Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich" (Markus 8, 34). ,,Gehe zuvor hin und versöhne dich" (Matthäus 5, 24). Unumstößlich sind alle seine Worte.

Elias Schrenk schrieb einst einem seiner Söhne, der um Änderung einer ihm gegebenen Weisung bat: ,,So wird es gemacht! R ü t t l e n i c h t d a r a n ." Tausendmal mehr gilt es von Jesu Befehlen: Rüttle nicht daran!

2. Unumstößlich ist seine Wahl.

Durch das Wort des Herrn: ,,Dieser ist mir ein a u s e r - w ä h l t e s Rüstzeug", sagt der Herr dem Ananias, daß er eine ganz bestimmte Wahl getroffen habe. Seine Wahl war auf Saulus gefallen. Ihn hatte er zu seinem Diener erkoren. Wenn früher ein Herrscher irgendeinen Menschen für ein wichtiges Amt erwählt und bestimmt hatte, so konnte niemand an der vollzogenen Wahl und Ernennung etwas ändern. Als Pharao Joseph zum Herrn von ganz Ägypten ernannt hatte (1. Mose 41, 38 - 46), stand Josephs Machtstellung fest. Er war und blieb von der Stunde an oberster Herr in Ägypten. Wenn nun solche Erwählung eines irdischen Machthabers schon unumstößlich war, wieviel mehr ist das der Fall, wenn der Herr jemand zu seinem Dienst erwählt! Wenn der Herr einen Gideon zum Richter (Richter 6, 14), einen David zum König (1. Samuel 16, 10 - 12), einen Jeremias zum Propheten (Jeremia 1, 4 - 10) erwählte, so blieb die Stellung dieser Männer als Richter oder König oder Prophet unumstößlich bestehen. Gottes Erwählung machte sie fest. So war es auch hier. Nachdem der Herr den Saulus als das von ihm erkorene Rüstzeug bezeichnet hatte, wußte Ananias, daß an dieser Berufung des Saulus nichts zu ändern war. Unumstößlich blieb Jesu Wahl.

3. Unumstößlich ist sein Plan.

In dem Lied: ,,Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl", kommen die Worte vor: ,,D e i n P l a n i s t f e r t i g s c h o n u n d l i e g t b e r e i t". Diesen letzteren Satz dürfen wir als Überschrift über den Inhalt unserer Verse schreiben. Hier sehen wir, daß Gottes Plan für das Leben des Saulus schon fertig war und bereitlag, während Saulus noch als blinder Mann im Hause des Judas fastete und betete. Indem der Herr dem Ananias die Zukunft des Saulus aufdeckte, zeigte er ihm, daß das ganze Leben des Saulus einem bestimmten göttlichen Plan dienen sollte, der festlag.

Wir Menschen entwerfen oft Pläne, die wir nachher wieder abändern. Da ist ein Sohn, der auf die Weisung seines Vaters, im Weinberg zu arbeiten, antwortet: ,,Ich will's nicht tun" Nachher ändert er seinen Entschluß und geht doch. Ein anderer Sohn sagt zu der gleichen Aufforderung: ,,Herr, ja", bleibt aber nachher doch zu Hause (Matthäus 21, 29. 30). Ganz anders ist es, wenn Gott einen Plan entwirft. Derselbe ist unabänderlich. Wenn er durch das Wort des Jeremias ,,ausreißen, zerbrechen, zerstören und verderben und bauen und pflanzen" will (Jeremia 1, 10), so ist dies ein Programm für den Propheten, das besteht und ausgeführt wird. So war es auch mit dem Plan Gottes für Saulus. Er war kein Entwurf, der geprüft und unter Umständen abgeändert werden konnte, sondern er war das vom Herrn selbst vorausbestimmte Programm, an dem niemand ändern konnte und durfte.

Auch über unserem Leben, ja über der ganzen Menschheit hat der Herr seinen Plan, den er hinausführen wird. Das ist unser Trost besonders in Zeiten der Verwirrung. (1. Mose 1, 27; Philipper 2, 10. 11; Jesaja 45, 23; Offenbarung 11, 15; Daniel 2, 37 - 44).





A.Christlieb Der Plan Gottes für das Leben des Saulus.
A. D i e K r a f t s e i n e s L e b e n s . Apostelgeschichte 9, 15.

Der Herr zeigte dem Ananias in kurzen Worten seinen ganzen Plan für das Leben des Saulus. Wir sehen hier die Kraft, die Aufgabe und den Weg des künftigen Apostels.

1. Worin lag die Kraft dieses größten Zeugen Jesu?

Der Herr nennt ihn in unserem Text sein auserwähltes W e r k z e u g (wörtliche Übersetzung; vergleiche Schlatter, Menge, Albrecht u. a). Das Eigentümliche und Besondere eines Werkzeuges besteht darin, daß es nicht selbst arbeitet und schafft, sondern von einem andern gebraucht wird, der sich seiner bedient, um auszurichten, was er will. So bediente sich Jesus des Saulus, um seine Pläne auszuführen. Nicht Saulus war der eigentliche Arbeiter, sondern der H e r r wirkte d u r c h ihn. (,,Gott wirkte nicht geringe Taten durch die Hände des Paulus", Kap. 19, 11). Darin lag das Geheimnis seiner Kraft und seines Segens. Darin liegt auch heute noch das Geheimnis des Segens bei denen, die in seinen Dienst berufen werden, ja bei jedem Gläubigen, der zum Segen gesetzt wird.

2. Was sagt die Bezeichnung ,,Werkzeug Jesu" denen, die im Weinberg des Herrn dienen?

Wir stehen vor der Tatsache still, daß Saulus ,,ein Werkzeug Jesu" genannt wird. Für die ganze Arbeit im Weinberg Gottes ist dieses Wort von ausschlaggebender Bedeutung, sowohl für die, welche in irgendeiner Weise in Wortverkündigung oder Seelsorge zu dienen haben, als auch für die, denen gedient wird. Denen, die in Gottes Dienst stehen, sagt es:

1. Die größte Kraft und Klugheit ist gar nichts nütze, wenn es dem Herrn nicht gefällt, uns zu gebrauchen. Man hat oft hochbegabte, hervorragend tüchtige Leute, die in der Arbeit für Gott kaum etwas ausrichten, weil sie sich recht leicht auf ihre Fähigkeiten verlassen und nicht in der Abhängigkeit vom Herrn bleiben.

2. Es sagt ihnen aber auch, daß die größte Schwachheit und Untüchtigkeit kein Hindernis bildet, wenn der Herr uns brauchen will. Wie oft stehen Leute, die besonders gering, kränklich oder mäßig begabt sind, in großem Segen, weil der Herr sich ihrer bedient (2. Korinther 10, 10).

3. Der Ausdruck ,,Werkzeug Jesu" verbietet denen, die für den Herrn arbeiten, irgendeinen Erfolg sich selbst zuzuschreiben.

Er mahnt sie, Gott allein alle Ehre zu geben. Dies gilt insbesondere bei größeren, bei auffallenden Segnungen und Erweckungen, wie Saulus sie erlebte (Kap. 13, 44. 49; 14, 1; 17, 12; 19, 20).

Als die Apostel von ihrer ersten und letzten Missionsreise heimgekehrt waren, erzählten sie nicht, was sie alles geleistet hatten, sondern ,,wieviel G o t t m i t i h n e n getan hatte" und ,,wie e r den Heiden die Tür des Glaubens aufgetan" hatte (Kap. 14, 27 ; 21, 19). Ihre Worte zeigen uns, daß sie das Bewußtsein, Werkzeuge zu sein, nie aus den Augen verloren haben.

3. Die demütigende und tröstende Seite des Wortes ,,Werkzeug" für die Diener Jesu.

Das Wort ,,Werkzeug Jesu" hat eine demütigende und eine tröstliche Seite für die Knechte Gottes. Auf der einen Seite hält es sie recht in der Demut, weil es ihnen zum Bewußtsein bringt, daß sie von sich selber nichts ausrichten können und sollen. Das bewahrt sie vor den Wegen des prahlerischen Sanherib, der sich einbildete, durch seine Kraft und Klugheit die Völker besiegt zu haben und nicht erkannte, daß er nur eine Gerichtsrute in Gottes Hand war (Jesaja 10, 5 - 19). Es leitet sie in die Demut eines Daniel hinein, der nach der Offenbarung von Nebukadnezars Traum Gott allein die Ehre gab (Daniel 2, 19 - 28. 45).

Auf der anderen Seite kann der Ausdruck ,,Werkzeug Jesu" alle seine Knechte stärken und ermutigen.
S i n d s i e s e i n e W e r k z e u g e , s o w e r d e n s i e v o n d e m g e b r a u c h t , d e r n i e v e r g e b l i c h s c h a f f t u n d z u l e t z t d e n S i e g b e h a l t e n w i r d . Wie traurig sähe es um die Sache Gottes aus in unserem Land, wenn wir mehr wären als nur Werkzeuge! Gottes Pläne kämen nicht zum Ziel. Da uns aber dieses Wort ,,sein Werkzeug" versichert, daß Gott selbst der Wirkende und Schaffende ist, sehen wir getrost in die Zukunft hinein. Der Herr wird mit seinen Werkzeugen selbst seine Pläne hinausführen.

Wird ein Knecht Gottes mitten in schwerster Arbeit krank und unfähig, so wird doch die Hand nicht krank und unfähig, die sich seiner bediente. Ruft Gott einen Zeugen mitten aus reich gesegneter Arbeit ab, so stirbt die Hand doch nicht, dessen Werkzeug er war (1. Mose 50, 24; Psalm 68, 29; 93, 1; 96, 10). Laßt uns die tröstliche Seite des Wortes ,,Werkzeug" nie aus den Augen verlieren!





A.Christlieb B. D i e L e b e n s a u f g a b e v o n S a u l u s . Apostelgeschichte 9, 15.

Unser Text zeigt uns nicht nur die Kraft, sondern auch die Lebensaufgabe des Saulus. Laßt uns sie anschauen.

1. Wer bestimmte die Lebensaufgabe von Saulus?

Der Herr sagt zu Ananias, er habe sich Saulus als Werkzeug auserwählt zur Erfüllung der von ihm gewollten und bezeichneten Aufgabe. Damit ist klar gezeigt, daß es der Herr selbst ist, der Saulus seine Aufgabe gab. Von ihm bekam Paulus dieselbe. Dies stimmt ganz mit den späteren Aussagen des Saulus überein, in denen er betont, daß er nicht von Menschen, sondern vom Herrn selbst sein Amt empfangen habe (Galater 1, 1. 11. 12. 15. 16; 2, 7 - 9).

Nicht jedem wird seine Bestimmung in so unmittelbarer Weise vom Herrn gezeigt, wie es bei Saulus geschah. Wir werden oft in unseren Beruf hineingeführt durch die Verhältnisse, in die wir hineingestellt sind, durch Eltern oder Vorgesetzte, durch die bei uns hervortretenden Gaben oder natürlichen Neigungen und Fähigkeiten. Oft verhindert Gott auch einen von uns ersehnten Weg durch Mangel an Mitteln oder auf andere Weise. In jedem Fall aber ist es für uns alle wichtig, daß wir unsere Lebensaufgabe, worin sie auch bestehen mag, aus Gottes Hand annehmen können. Wie trostreich und glaubensstärkend ist es besonders auf schwierigem Posten, wenn man sich vom Herrn auf denselben gestellt weiß.

Laßt uns niemals eigenwillig und eigenmächtig nach einer Aufgabe trachten, die Gott vielleicht gar nicht für uns bestimmt hat, sondern täglich um sein Leiten flehen, daß wir die von ihm gewollte Aufgabe übernehmen und treu ausführen!

2. Worin bestand die Lebensaufgabe von Saulus?

Der Herr bezeichnet klar und deutlich die für Saulus bestimmte Aufgabe: Er sollte ,, d e n N a m e n J e s u ü b e r a l l h i n t r a g e n ". Mit ihm sollte er die Menschen bekanntmachen, zu ihm die Seelen hinführen. Nachdem er selbst Jesus kennengelernt hatte, sollte er ihn auch andern bringen. Das war des Saulus Lebensaufgabe.

In unserer Zeit durchziehen allerlei Werber in politischem, wirtschaftlichem und auch religiösem Gebiet unser Land. Hier wählt sich der Herr selbst einen Werber aus, der die Lande durchziehen sollte. Wofür sollte er werben? Für eine Partei, eine Kirche, eine Organisation? Sollte er allenthalben predigen, daß in Jerusalem ein Kreis vorhanden sei, an dessen Spitze ein Mann voll heiligen Geistes und Kraft namens Petrus stehe, dem man sich anschließen müsse? Nein! Er sollte für keinen menschlichen Namen, für keine menschliche Partei und Benennung, sondern für Jesus selbst werben. Das war seine Aufgabe.

Ist das nicht auch die Aufgabe aller Knechte und Zeugen Jesu, die in seinem Dienst stehen? Sie mögen ihre besondere Arbeit haben, die sie nach Gottes Willen verrichten müssen. Aber dieses Ziel bleibt doch ihr wichtigstes.

Wenn man aus einer Predigt oder Ansprache heraushört, daß der Redende ein klein wenig für seine Person oder seine Kirche oder Gemeinschaft oder dergleichen wirbt, so kommt leicht ein Mißton in den Klang der Gnadenposaune hinein. Laßt uns den Namen Jesu in all unserem Dienst zu den Seelen tragen! Dieses Ziel soll uns weder die Organisation, der wir nach unserer Führung angehören, noch tausenderlei Arbeit, in die wir hineingezogen werden, je verrücken dürfen. Wo geworben wird, da bleiben wir Werber für diesen Namen, den Saulus umhertrug (Apostelgeschichte 20, 24; 26, 22. 23).

3. An der Lebensaufgabe des Saulus dürfen alle Gläubigen Anteil haben.

Beim Blick auf die Lebensaufgabe von Saulus könnte mancher denken: Dies ist eine hohe Aufgabe, welche die großen Gottesmänner, Apostel und Missionare etwas angeht, aber nicht mich.
Das wäre ein Irrtum. J e d e r , d e r d e n H e i l a n d k e n n t u n d l i e b t , s o l l m i t h e l f e n , d a ß d e r N a m e J e s u s z u a n d e r e n g e t r a g e n w i r d.

Als nach Stephanus Tod eine große Christenverfolgung einsetzte, haben die vertriebenen Flüchtlinge den Namen Jesu zu ihren neuen Wohnplätzen hingetragen (Apostelgeschichte 8, 4). Als Pastor von Bodelschwingh in Paris seine Arbeit für den Herrn begann, hielt er sich selbst für untüchtig, einen Gemeindegottesdienst zu leiten und eine Predigt zu halten. Er wollte nur den verkommensten Kindern deutscher Straßenkehrer, um die sich niemand kümmerte, vom Heiland erzählen. Er tat dies und trug so den Namen Jesu in allerlei Herzen und Häuser hinein.

Die einfachste Mutter und Großmutter kann die Aufgabe von Saulus erfüllen, wenn sie ihrem Kind oder Enkel vom Heiland erzählt, und so den Namen Jesu zu dem Kind hinträgt. Wie manches Mal ist es vorgekommen, daß durch das Wort eines Kindes der Name Jesu zu andern getragen wurde (Matthäus 21, 15. 16; Psalm 8, 3)! Wie die kleine Dienstmagd in Naemans Haus jene heidnische Familie mit dem Namen des Propheten ihrer Heimat, Elisa, bekanntmachte (2. Könige 5, 2. 3); wie irgendwelche Menschen die Königin von Reicharabien auf Salomo aufmerksam machten (1. Könige 10, 1), so dürfen wir vielmehr auf d e n Namen hinweisen, der uns über alles teuer ist Die Gottlosen wagen es doch in unseren Tagen mit frecher Kühnheit, ihre falschen Propheten zu rühmen. Da wollen wir alle seinen Namen tragen, wo es nach seinem Willen am Platz ist (Matthäus 10, 32).

4. Des Saulus künftiges Arbeitsfeld.

Wo sollte Saulus seine ihm vom Herrn bestimmte Werbearbeit für ihn treiben? Unser Text nennt uns in drei Ausdrücken sein künftiges Arbeitsfeld:

1. Saulus sollte den Namen Jesu zu den H e i d e n tragen. Heiden nannte man damals alle nicht zu Israel gehörigen Völker. Hier wollen wir uns über den umfassenden Liebesplan unseres Heilandes freuen. In die große Völkerwelt hinein soll sein Name getragen werden! Kein Volk, auch nicht der verkommenste Stamm von Menschenfressern, ist ausgeschlossen. Zu der ganzen Menschheit soll die Botschaft von Jesus getragen werden. Laßt uns freudige Mithelfer der Heidenmission sein! (Matthäus 28, 19; Psalm 93, 1; 96, 3. 10.)

2. Auch vor den K ö n i g e n sollte der Name Jesu von Saulus bezeugt werden. So hat er es getan vor Agrippa (Apostelgeschichte 25, 22 bis 26, 29), ja bis zu dem Kaiser in Rom oder seinem Stellvertreter.

Es ist oft leichter, den Heiland vor Geringen zu bezeugen als vor einem höhergestellten Mann, der durch seine Stellung eine gewisse Scheu in uns erweckt. Aber auch Fürsten und Könige sollen das Zeugnis von Jesus hören. Ihnen wagt oft keiner diesen Dienst zu tun. Laßt uns nie zurückschrecken, auch vor hohen Personen den Namen Jesu zu bekennen, wenn der Herr uns den Weg dazu bahnt! Laßt uns nicht in Hiskias Fehler hineingeraten und den Vertretern des Herrschers von Babel unsere Kleinodien zeigen, statt ihnen den Gott, der Wunder tut, zu bezeugen (2. Könige 20, 12. 13)!

3. Auch vor den K i n d e r n I s r a e l soll Saulus den Namen Jesu bezeugen.

Sie sind deshalb zuletzt genannt , weil Saulus vom Herrn in erster Linie zum Heidenapostel bestimmt war. Wir wissen aber, daß er stets zuerst zu seinen Landsleuten zu gehen pflegte. Zu den Kindern Israel den Namen Jesu zu tragen, war für Saulus besonders deshalb nicht leicht, weil er dort dem stärksten Widerstand und Haß begegnete. Wie leicht hätte er sich nach all seinen Erfahrungen verstimmt und verärgert von ihnen zurückziehen können! Aber er blieb der Weisung Jesu treu und hat bis zuletzt auch ihnen den Heiland verkündigt (Apostelgeschichte 28, 17 - 29). Wir wollen die Aufgabe, welche der Herr uns gibt, auch an solchen erfüllen, die es uns besonders schwer machen.

Noch eines muß hier gesagt werden: Es gibt in unserer Zeit viele, die das Recht der Judenmission bestreiten. Ihr Judenhaß treibt sie zur Überschreitung der biblischen Grenzlinien. Wir bekämpfen gewiß den antichristlichen Geist, der vielfach von dem Judentum ausgeht und unser Volk schädigt. Aber wir folgen dem Wort des Herrn, nach welchem auch zu den Kindern Israel der Name Jesu getragen werden soll. (Römer 9, 1-5; 10, 1-4). Auch die Judenmission hat ihr Recht und soll uns am Herzen liegen.

 

Apg 9,16 A.Christlieb C. D e r L e b e n s w e g v o n P a u l u s , e i n L e i d e n s w e g. Apostelgeschichte 9, 16. 17.

Der Weg, auf dem Saulus seine Aufgabe erfüllen sollte, war kein leichter. Nicht Rosen-, sondern Dornenpfade werden ihm bestimmt. Laßt uns bei dem ihm vorausgesagten Leidensweg achten auf die Größe (,,wieviel"), die Notwendigkeit (,,er muß") und den Grund seines Leidens (,,um meines Namens willen").

1. Die Größe seines Leidens.

Wenn Menschen bisweilen darüber jammern, wieviel sie durchmachen müßten, so fragt es sich noch, ob ihr Leiden wirklich groß ist. Wenn aber der Herr selbst von Paulus sagt: ,,Ich will ihm zeigen, w i e v i e l er leiden muß", so ist es gewiß, daß ihm ein ganz besonderes Maß von Leiden auferlegt wird. Das beweist auch sein Leben. Wieviel Verfolgungen, wieviel Nöte in den Gemeinden, welche Faustschläge Satans (2. Korinther 12, 7) erfuhr Saulus! (2. Korinther 11, 23 - 33.) Was lehrt uns dieses große Maß seiner Leiden? Dreierlei ruft es uns zu:

a) B e n e i d e n i c h t die auserwählten Werkzeuge Gottes, denn sie bekommen ein entsprechendes Maß von Leiden! Manch einer ahnt nicht, was dieser oder jener Segensträger zu tragen hat, sonst würde er sich nie an seine Stelle wünschen.

b) U r t e i l e n i c h t , wenn du einen anderen besonders leiden siehst, und denke nicht wie Hiobs Freunde, es müsse gewiß eine schlimme Sünde bei ihm vorliegen, sonst ließe Gott nicht so viel Schweres über ihn hereinbrechen (Hiob 4, 7; 8, 6).

c) V e r z a g e n i c h t , wenn du selbst besondere Leidenswege geführt wirst, sondern tröste dich der guten Gesellschaft auf diesem Pfad, zu der auch Saulus gehört (Jakobus 1, 2; 2. Korinther 1, 8 - 10; Offenbarung 1, 9).

Der Anblick von Saulus' Leidensweg kann uns vor Neid, ungerechtem Urteil und Murren bewahren.

2. Die Notwendigkeit seines Leidens.

Mit dem Wort ,,m u ß" (,,wieviel er leiden m u ß") weist der Herr auf die N o t w e n d i g k e i t seines Leidens hin. Es ist nicht eine Last, die ebensogut auch fehlen könnte. Sie kann und darf nicht fortfallen. Warum? Paulus spricht sich selbst einmal bei der Schilderung eines großen Leidens über die Unentbehrlichkeit desselben aus. Wenn der Pfahl im Fleisch nicht wäre, so würde er in d i e G e f a h r d e r Ü b e r h e b u n g geraten (2. Korinther 12, 7). Darum war der Leidensweg notwendig.

Laßt uns bedenken, welch einen Wechsel Saulus erlebte, als er, der verblendete Feind, auf einmal zu einem erleuchteten Führer der Christenheit wurde! Ein solcher Wechsel bringt seine Gefahren mit sich. Nicht jeder kann ihn ertragen, ohne stolz zu werden. Da war ein Gewichtstein nötig, der ihn in der Demut und Niedrigkeit bewahrte.

Auch wir werden einmal im Licht der Ewigkeit erkennen, wie notwendig unsere Leidenswege waren, welchen Gefahren wir durch dieselben entgangen sind, und welche Segnungen wir durch sie empfangen haben (Römer 5, 3; 2. Korinther 4, 17).

3. Der Grund seines Leidens.

Neben der Größe und Notwendigkeit erfahren wir auch den Grund seines Leidensweges.

Es gibt zweierlei Art von Leiden in der Arbeit für den Herrn. Die eine Art dürfen und sollen wir fürchten und zu meiden suchen. Es sind die Leiden, die wir uns durch eigene Verschuldungen zuziehen. Durch einen vorsichtigen Wandel können wir ihnen oft entgehen. Eine andere Art aber brauchen wir nicht zu fürchten. Bei ihnen werden wir seinen Beistand mächtig spüren. Es sind ,,Leiden um seines Namens willen". Dem Saulus wurde nur die letzte Art von Leiden vorausgesagt. Das Wort ,,um meines Namens willen" nahm seinem Leidensweg alle Bitterkeit und Schrecken weg. Aus des Herrn Hand konnte er sein Leiden hinnehmen (,,ich will ihm zeigen"); für den Herrn durfte er es erdulden.

Eine solche Leidensankündigung konnte nicht entmutigen und verzagt machen. Sie brachte für den Dulder Bewahrung und Ehre mit sich (Apostelgeschichte 5, 41).

 

Apg 9,17 A.Christlieb Was machte Ananias bei seinem Gang zu Saulus getrost und sicher? Apostelgeschichte 9, 17.

Eine dreifache Kenntnis stärkte den Ananias bei seinem Gang zu Saulus.

1. E r k a n n t e d e n , z u d e m e r g e h e n s o l l t e. Er wußte Bescheid über seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Solange er nur seine Vergangenheit kannte, mußte er vor diesem Weg ängstlich zurückschrecken und sich vorkommen wie ein Lamm, das in die Höhle eines Löwen gehen soll. Als er seine Gegenwart erfuhr, daß er betend das Angesicht Gottes suche, konnte er schon getroster werden und wissen, daß er jetzt nicht mehr so gefährlich sei wie früher. Als er dann sogar seine Zukunft vernahm, daß er den Namen Jesu zu den Heiden tragen werde, wurde er mit anbetender Freude erfüllt.

2. Er kannte aber auch den A u f t r a g , der ihm zuteil geworden war. Er wußte fest und bestimmt, daß er nicht in eigener Kühnheit einen Bekehrungsversuch bei jenem Abgesandten des Hohenpriesters machte, sondern auf die ausdrückliche Weisung des Herrn zu ihm gehe. Mit solcher Kenntnis kann und darf man die schwierigsten Gänge getrost antreten.

3. Er kannte auch bereits den A u s g a n g seines Besuches. Er wußte, daß Saulus ,,wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werde". So brauchte er nicht ängstlich, unsicher oder zaghaft hinzugehen, sondern in kindlichem Glauben, fest und getrost.





A.Christlieb Die Heilung der Erblindung. Apostelgeschichte 9, 17. 18.

1. Nicht durch einen großen Apostel oder Evangelisten, nicht durch einen Mann, der ein wichtiges Amt in der Christengemeinde bekleidete, wurde Paulus von seiner Erblindung geheilt, sondern d u r c h e i n e n e i n f a c h e n , frommen J ü n g e r mit Namen Ananias.

Auch heute benutzt der Herr, je nachdem es ihm gefällt, die allereinfachsten Christen, um einen wichtigen Dienst an der Menschheit zu tun.

2. N u r d u r c h e i n v o n G o t t g e g e b e n e s W o r t kam die Heilung zustande. Als Ananias im Auftrage des Herrn Saulus aufforderte: ,,Saul, lieber Bruder, siehe auf!", da wurde er auch sehend.

Ein Wort, das in Jesu Namen geredet wird, bringt auch heute noch die beste Hilfe. Es ist die Großmacht, die alles vermag. (Lukas 4, 4; Epheser 6, 17; 2. Petrus 3, 5).

3. In einem einzigen Augenblick trat die Heilung ein. Lange hatte Saulus warten müssen. Drei Tage und drei Nächte war er blind und hilflos. Als Gottes Stunde kam, trat die Hilfe eilends ein.

So kann der Herr durch einen schlichten Jünger nur durch das Mittel des Wortes in kürzester Zeit helfen. Ihm laßt uns trauen!





W.Nee Bruder Saul, der Herr, welcher dir erschienen ist auf dem Wege, den du herkamst, Jesus, hat mich gesandt. Apostelgeschichte 9,17

Wie oft können wir von solchen, die wir normalerweise verachten könnten, Hilfe erfahren! Als der geblendete Saul nach Damaskus gelangte, wußte er nur, daß irgendein gottgesandter Bote ihm sagen würde, was er tun sollte. Zunächst kam niemand. Erst nach drei Tagen der Dunkelheit trat endlich jemand bei ihm ein, und auch jetzt war es nur »ein Jünger«. Da Lukas diese einfache Bezeichnung gebraucht, müssen wir annehmen, daß Ananias zwar fromm und geachtet, aber seiner Stellung nach ein gewöhnlicher Bruder war; er hatte nichts, was ihn besonders geeignet gemacht hätte, dem künftigen großen Apostel zu helfen.

Und auch Ananias, der über Saulus von Tarsus Bescheid wußte und sich mit Recht vor ihm fürchtete, mußte durch praktisches Tun zeigen, daß sein Herz durch ein göttliches Wunder verwandelt worden war. Durch seine schlichte Anrede - »Bruder Saul« - zeigte er, daß er in dem bisherigen Verfolger ein neues Glied des Leibes Christi erkannt hatte. In ein und demselben Geist gaben und empfingen die beiden zu Brüdern gewordenen Männer Weisungen, die nach Gottes Bestimmung weltbewegende Folgen hatten.

 

Apg 9,18 A.Christlieb Ananias bei Saulus. Apostelgeschichte 9, 15 - 18 und 22, 13 - 16.

1. Der Hergang spielte sich im Verborgenen ab.

Wir treten im Geist mit Ananias in jenes Zimmer im Haus des Judas. Wir beobachten, was dort geschah. Zunächst fällt uns auf, w i e s t i l l u n d v e r b o r g e n alles dort verläuft. Wenn im weltlichen Leben eine wichtige Begegnung großer Staatsmänner stattfindet, so kommt oft eine Menge zusammen, die ihre Ankunft sehen will. Hier ist eine viel wichtigere Zusammenkunft, die Ewigkeitsbedeutung hat. Aber hier ist alles still. Kein Zeuge wird erwähnt. Ananias hat, soweit man weiß, keine anderen Glieder der Christengemeinde mitgenommen. Auch Saulus muß allein gewesen sein. Die Stunde, wo der vom Herrn zubereitete Saulus zur vollen Gnade und Heilserkenntnis hindurchdrang, war eine stille und verborgene Stunde.

Laßt uns daraus etwas lernen. Es ist nicht zu empfehlen, daß man suchende und nach Heilsgewißheit verlangende Seelen in breiter Öffentlichkeit behandelt. Je stiller und verborgener der Platz ist, da man einer Seele zurechtzuhelfen sucht, um so besser ist es. Im Sterbezimmer von Jairus Töchterlein tat Jesus sein Wunder nicht in Gegenwart der Flötenspieler, Klageweiber und Nachbarn, sondern erst, als die wehklagende Menge den Raum verlassen hatte und es still geworden war (Matthäus 9, 23 - 25). Auch bei den Wundertaten Jesu an den Seelen ist Stille angebracht.

2. Die Anrede des Ananias an Saulus war liebevoll.

Bei den Worten, die Ananias an Saulus richtet, fällt uns zunächst der T o n d e r L i e b e u n d F r e u n d - l i c h k e i t auf. Zwar steht das Wort ,,Lieber" im Grundtext nicht da. Aber Luther hat doch sinngemäß übersetzt, weil in der Anrede ,,Bruder Saul" die Liebe und Herzlichkeit sich ausdrückt, die wir mit dem Wort ,,Lieber" kundzutun pflegen.

Als Bruder konnte Ananias den Saulus anreden, nicht nur weil Saulus sein Volksgenosse war und diese Anrede bei jenem Volk vielfach gebraucht wurde (2. Mose 2, 11; 4, 18; Apostelgeschichte 7, 23; 4. Mose 20, 3; Römer 9, 3), sondern auch deshalb, weil er in Saulus einen Mitjünger dessen erkannte, der allein zu einer wahren Bruderschaft die Seinen vereinigt. Wie wohl mußte dem darniederliegenden Saulus der freundliche Ton der Ananiasworte tun! Nie wird er sie vergessen haben.

Auch heute noch tut es einer verlangenden, heilsbegierigen Seele unaussprechlich wohl, wenn ein älterer Christ ihr mit dem Ton herzlicher Bruderliebe entgegentritt (Philipper 4, 5; Jesaja 40, 2; 50, 4; 2. Chronika 30, 22 a; 1. Samuel 30, 21 c).

3. Die Anrede des Ananias an Saulus geschah in Vollmacht.

Neben der Liebe zeigen die Worte des Ananias auch eine V o l l m a c h t .

Ananias durfte in Wahrheit sagen: ,, D e r H e r r h a t m i c h g e s a n d t ". Er sagte nicht irgendwelche beliebigen Worte, die ihm gerade einfielen. Er hatte etwas Bestimmtes vom Herrn bekommen, so daß seine Worte eine Botschaft Jesu enthielten. Er stand als Gesandter des Herrn vor Saulus. Wie verlangen doch die suchenden Menschen nach einem Seelsorger, der wirklich etwas von Gott bekommen hat, und der als Bote Gottes ein Wort zu ihnen sagen kann! Zu dem seligen Pastor Engels in Nümbrecht kam ein angefochtener Mann aus dem Siegerland und legte ihm seine innere Not dar. Pastor Engels sagte zu ihm: ,,Sagen Sie getrost: ,,Herr, ich bin dein!" (Psalm 119, 94). Durch diese Antwort verschwand der Druck und die Not des angefochtenen Mannes. Warum verschwand sie? Weil der, der das Trostwort gesagt hatte, vor Gott stand und von ihm die rechte Antwort für jeden einzelnen Fall erbat (1. Petrus 4, 11 a).

Wir können zu den Menschen, mit denen wir reden müssen, nicht immer buchstäblich wie Ananias sagen: ,,Der Herr hat mich gesandt". Das wäre in gar vielen Fällen unwahr und vermessen. Aber doch dürfen wir flehen, daß Gott uns ein Wort für die Einzelnen geben möchte, das von ihm stammt (Nehemia 7, 5 a; Epheser 6, 19).

4. Die Weisheit des Ananias im Schweigen und Reden bei Saulus.

Wenn wir die Worte des Ananias nach Apostelgeschichte 9 und 22 zusammenstellen, so beobachten wir eine große Weisheit bei ihm, die sich kundtut in dem, was er sagt und was er nicht sagt.

1. Laßt uns zuerst darauf achten, daß Ananias den Saulus nicht erinnerte an seine schlimmen Verfehlungen und Christenverfolgungen. Wohl sagt er zu ihm: ,,Laß abwaschen deine Sünden", und deutete insofern auch auf das hin, was der Vergebung bedurfte. Aber er rührte nicht die alten Dinge wieder auf, die Saulus begangen hatte. Dagegen erinnerte er ihn an die Begegnung mit Jesus vor Damaskus, indem er sagte:

,,Der Herr hat mich gesandt, d e r d i r e r s c h i e - n e n i s t a u f d e m W e g , d a d u h e r k a m s t ". Mit diesen Worten rief Ananias dem Saulus jene Stunde ins Gedächtnis, in welcher der Herr ihm begegnet war. Diese Erinnerung war geeignet, Saulus Mut zum Glauben zu machen. Eine Erinnerung an seine Irrwege hätte ihn noch mehr niedergedrückt. (Psalm 43, 5; Jeremia 31, 34 b; Hebräer 8, 12).

2. Weiter laßt uns beachten, was Ananias dem Saulus über dessen Zukunft mitteilt und was er ihm verschweigt. Er teilt ihm n i c h t s m i t v o n d e n s c h w e r e n L e i d e n s w e g e n, die Saulus bevorstanden. Das konnte er um so mehr deshalb unterlassen, weil Jesus ausdrücklich gesagt hatte, er selbst werde dies dem Saulus zeigen (Kap. 9, 16). Wohl aber teilte er ihm seinen hohen, wichtigen Beruf mit, daß Gott ihn verordnet habe, seinen Willen zu erkennen und sein Zeuge zu allen Menschen zu sein (Kap. 22, 14. 15). Eine Mitteilung über seinen künftigen Leidensweg würde Saulus wohl zu sehr belastet haben in einer Stunde, wo er der Aufrichtung sehr bedurfte. Die andere Mitteilung aber von seiner hohen Bestimmung konnte ihn anspornen, mit beiden Füßen in die Nachfolge Jesu einzutreten.

3. Beachten wollen wir auch, daß Ananias nichts Unnötiges über sich selbst sagte, sondern vom ersten Wort an die Gedanken des Saulus auf den Herrn hinlenkte (,,Der Herr, der dir erschienen ist, hat mich gesandt"). Er stellt sich nicht selbst als den Helfer hin, sondern den Herrn, der ihn gesandt hatte. Rechte Seelsorger ziehen die Seelen nicht an sich selbst, sondern weisen sie von sich weg auf den Herrn. Sie schweigen gern über sich, reden aber um so lieber von ihrem Herrn und rühmen ihn allein.

Laßt uns des Ananias Weisheit für uns erbitten, daß wir in dem, was wir nicht und was wir doch sagen, Gottes Willen tun (1. Samuel 10, 15. 16; 25, 19; 1. Mose 24, 21; Nehemia 2, 12)

 

Apg 9,19 A.Christlieb Drei Kennzeichen einer wahren Bekehrung »Der Herr sprach zu ihm: Stehe auf und gehe hin in die Gasse, die da heißt die gerade, und frage in dem Haus des Judas nach einem namens Saul von Tarsus; denn siehe, er betet. - Und Saulus stand auf, ließ sich taufen und nahm Speise zu sich und stärkte sich. Saulus aber war eine Zeitlang bei den Jüngern zu Damaskus. Und alsbald predigte er Christus in den Schulen, daß derselbe Gottes Sohn sei« (Apg. 9, 11. 19. 20).

Wenn wir den neubekehrten Saulus in Damaskus beobachten, so treten uns drei Merkmale einer echten Sinnesänderung entgegen.

1. Eine neue Lieblingsbeschäftigung

Gott beschreibt dem Ananias die Tätigkeit des früher so gefürchteten Saulus mit dem kurzen Wort: »Siehe, er betet Dieser Ausdruck läßt uns einen tiefen Blick in die ganz neue Bahn dieses Mannes tun. Gewiß hat Saulus auch früher schon in seinem pharisäischen Stand gebetet. In allen Stücken wollte er ja immer pflichtgetreu sein. Aber was für Gebete werden es gewesen sein? Es ist wohl möglich, daß er manchmal um baldige, gründliche Ausrottung der Christen zu Gott gebetet hat. Aber in jener Zeit war das Gebet nicht das eigentliche, besondere Merkmal und Kennzeichen seines ganzen Lebens. Das ist es erst in Damaskus geworden. Hier trat das Gebet so in den Vordergrund seines ganzen Lebens, daß Gott selbst sein wesentlichstes Verhalten in die zwei Worte zusammenfaßt: »Er betet Man merkt, daß ihm nun erst der Umgang mit Gott die erste, liebste und wichtigste Beschäftigung geworden ist. Daß auch von uns das Wort gelten möchte: »Er betet«, daß das Gebet den ersten Platz in unserem Leben bekomme, so daß wir wie Daniel lieber das Leben preisgeben möchten als den Umgang mit Gott (Dan. 6)! Wahre Bekehrung macht uns das Gebet zur liebsten Beschäftigung unseres Lebens.

2. Eine neue Lieblingsgesellschaft

Als Saulus durch Ananias zum äußeren und inneren Licht geführt war, da »war er bei den Jüngern zu Damaskus« (V. 19). Die Leute, die er vorher nicht ausstehen konnte, die nach seiner Meinung lauter sektiererische und verkehrte Menschen waren, die bildeten nun auf einmal seine liebste Gemeinschaft. Diese suchte er jetzt auf, mit ihnen fühlte er sich verbunden. Früher fühlte er sich besonders wohl in dem Kollegium des Hohen Rates. Aber jetzt paßte er auf einmal nicht mehr in diese Gesellschaft hinein. Jetzt zog es ihn innerlich hin zu der verachteten Schar, die mit ihm denselben teuren Glauben überkommen hatte. Eine einzige Stunde in diesem Kreis brachte ihm mehr Segen und Erquickung als alle früheren Ratsversammlungen zusammen. Wohin zieht es uns? An unserer Lieblingsgesellschaft kann man unsern Herzenszustand erkennen. Wohl dem, der sich daheim fühlt bei den mit Gott verbundenen Seelen, bei den Jüngern des Heilandes!

3. Ein neues Lieblingsthema

Als Paulus ein neuer Mensch geworden war, da hatte er auch eine neue Zunge. Früher wird man ihn oft klagen gehört haben: »Wie verkehrt sind doch diese Leute, die sich zur Anbetung Jesu versammeln! Sie kommen ja ganz von unserer väterlichen Religion ab Jetzt hatte er nicht mehr zu beklagen und zu bekämpfen, sondern zu rühmen und zu bezeugen: »Alsbald predigte er Christus in den Schulen, daß derselbe Gottes Sohn sei« (V. 20). Den Heiland verkündigen, das ist sein Lieblingsthema geblieben, solange seine Zunge noch lallen konnte. Früher mochte er seine eigenen Tugenden rühmen können. Jetzt liebt er Christus. Von ihm war sein Herz so voll, daß sein Mund auch von ihm überfloß. - Wovon fließen unsere Lippen über? Der Geizige redet am liebsten vom Gewinn, der Lüstling von seiner Lust, der Hochmütige von seiner Ehre; aber der wahre Christ hat kein Thema so lieb wie das von seinem Heiland. Gott wolle auch unser aller Herz so erneuern, daß Lieblingsbeschäftigung, Lieblingsgesellschaft und Lieblingsunterhaltung des Paulus zur unsrigen wird!





A.Christlieb III. Mit welchem Erfolg stellte Ananias den Saulus vor die Entscheidung? Apostelgeschichte 9, 19 und 20.

Unser Text nennt drei Tatsachen: 1. die Taufe des Saulus, 2. seine erste Mahlzeit, die er als Christ einnahm, 3. seinen Anschluß an die Christengemeinde zu Damaskus. Jede derselben soll uns beschäftigen.

1. Die Taufe des Saulus.

Eingehend auf das Wort des Ananias (Kap. 22, 16) unterzog sich Saulus der Taufe. Was bedeutete dieselbe?

1. V o n s e i t e n d e s S a u l u s bedeutete sie ein mutiges Bekenntnis. Er erklärte mit derselben öffentlich, daß er Jesus angehören wolle und sich seiner Zugehörigkeit zu ihm nicht schäme. Das war für den Pharisäer und bisherigen Gegner Jesu ein mutiger Schritt. (1. Timotheus 6, 12 b ; Johannes 6, 68). Dasselbe mutige Bekenntnis ist auch bei uns nötig. Wenn wir auch im zarten Kindesalter das Zeichen des Bundes empfangen haben, so gilt es, daß wir mit vollem Bewußtsein sagen lernen: ,,Sollt ich dem nicht angehören, der sein Leben für mich gab? Sollt ich dem nicht Treue schwören, Treue bis in Tod und Grab? "

2. V o n s e i t e n d e s A n a n i a s und der durch ihn vertretenen Christengemeinde bedeutete die Vornahme der Taufhandlung die Aufnahme des bisherigen Feindes und Verfolgers in ihren Bruderkreis. Man bestimmte ihm nicht erst eine Probe- und Bewährungsfrist, sondern erkannte ihn als zu sich gehörig an.

Mag in anderen Fällen eine solche Frist angebracht sein: Hier wäre im Blick auf die klare Weisung des Herrn ein Bedenken und Warten nicht richtig gewesen.

So wollen auch wir gern alle diejenigen, die der Herr in seiner Gnade aus ihren Irrweg heraus zum Glauben an Jesus geführt hat, als Brüder anerkennen, auch wenn ihre Vergangenheit dunkel und befleckt sein sollte.

Weil die Taufe nach der Schrift das Zeichen des Bundes mit Gott ist (1. Petrus 3, 21), so bedeutete diese Taufe des Saulus

3. v o n G o t t e s S e i t e eine Zusicherung all der Güter und Gaben, welche die Bundesstellung mit sich bringt. Wer will die Gaben aufzählen, die der Herr in seinem unendlichen Erbarmen in diesem schlichten Zeichen des Bundes darbietet? Im Alten Bund wurden zuerst die Erwachsenen, dann auch die Kindlein mit einem Zeichen des Bundes versehen (Beschneidung; 1. Mose 17, 1 - 14). Jeder Israelit durfte sich dieses Bundeszeichens freuen und getrösten, weil ihm dadurch seine Bundesstellung mit Gott zugesichert war. So darf sich auch der gläubige Christ, der sich seinem Herrn und Heiland ganz übergibt, dessen getrösten, daß schon in der Taufe der Herr ihn gnädig anblickte und in seinen Bund aufnahm.

Wir dürften nie wagen, schon den kleinen Kindlein das Zeichen des Bundes in der Taufe zu geben, wenn wir nicht das klare Heilandswort hätten, das ihnen schon das Himmelreich zuspricht (Matthäus 19, 14).

Wehe uns aber, wenn wir diese Gabe der Taufe zu einem Ruhepolster machen, das eine gründliche Bekehrung überflüssig machen soll! Wer leichtfertig auf seiner Taufe ausruht und meint, daß durch sie schon seine Aufnahme in das Himmelreich gesichert sei, ist auf dem Irrweg. Wer aber (in Dankbarkeit für Gottes unaussprechliche Liebe, mit der er uns schon in der Taufe entgegenkam und als ihm zugehörig erklärte), von Herzen an ihn glaubt, der darf sich seines Bundes mit Gott in der Taufe getrösten, wie es auch Luther und so viele Gottesmänner taten.

Durch die Taufe auf den Namen Jesu wurde Saulus trotz all seiner Irrungen in den Bund des Herrn aufgenommen. In diesen Bund dürfen auch wir treten und darin bleiben.

2. Saulus nimmt Speise zu sich.

Der Text erwähnt es besonders, daß Paulus nach seiner Taufe wieder Speise zu sich nahm.

1. Achten wir zunächst darauf, w a n n Saulus diese erste Mahlzeit als Christ einnahm.. Erst n a c h der Taufe fand sie statt. Paulus ließ also alles, auch die Stillung seines Hungers, so lange anstehen, bis der durch Ananias ihm zuteil gewordene Auftrag des Herrn erfüllt war.

Das ist echt paulinisch. Zuerst kommt der Gehorsam gegen den Herrn, dann kommen die eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Laßt uns diese Reihenfolge nie umkehren!

2. Sodann erwähnt der Text den Z w e c k dieser Mahlzeit: ,,Er stärkte sich" (wörtliche Übersetzung: ,,Er kam wieder zu Kräften"). Wir haben uns nicht etwa ein üppiges Festmahl zur Feier seiner Taufe, sondern nur ein Genießen von Nahrung zur Wiederaufrichtung seiner ohne Zweifel sehr gesunkenen Kräfte vorzustellen.

In Zeiten besonderen Mangels und Darbens dürfen wir uns durch diese Bemerkung des Textes daran erinnern lassen, daß die Speise diesem Zweck dient. Salomos Rat an die Fürsten gilt auch uns: ,,Zur rechten Zeit speisen zur Stärke und nicht zur Lust" (Prediger 10, 17).

3. Das Genießen der Speise bedeutete die Beendigung der besonderen Fastenzeit des Saulus. Drei Tage und drei Nächte hatte er unter dem erschütternden Eindruck seines Erlebnisses nichts zu sich genommen. Nun, wo er Gnade, Friede und Vergebung hatte, wäre es unnatürlich gewesen, wenn er das Fasten, das zugleich ein Leidtragen war (Matthäus 9, 14. 15), fortgesetzt hätte. Jetzt glich er den Jüngern, von denen Jesus sagt: ,,Wie können die Hochzeitsleute (fasten und) leidtragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist?" (Matthäus 9, 15). Dieser himmlische Bräutigam war nun auch bei ihm. Die vorige Mahlzeit hatte er noch als ein Feind der Christen eingenommen. Dieses Mahl genoß er als ein Freund und Bruder mit dem Frieden Gottes im Herzen.

Wohl allen, die solches Mahl halten, das ein Vorgeschmack ist des Freudenmahles in der neuen Welt! (Lukas 13, 29).

3. Saulus schließt sich den Jüngern in Damaskus an.

Es gibt eine gewisse Gruppe unter den gläubigen Christen, die besonders betont, daß ein Mensch, der zum Glauben gekommen sei, nun auch ,,seinen Platz einnehmen" müsse. Sie verstehen darunter den Anschluß an ihren besonderen Kreis.

Auch die Schrift lehrt uns, den rechten Platz einzunehmen, wenn wir gläubig wurden. Saulus ist ein Beispiel dafür. Sobald er zum Glauben gelangt war, ,,nahm er seinen Platz ein".

Nicht einer einzelnen Sondergruppe von Christen schloß er sich an, sondern der Gesamtheit derer, die es mit Jesu hielten und ihm folgten. ,, E r w a r b e i d e n J ü n g e r n ". Hier war der Platz für den neubekehrten Saulus. Wie er früher mit den Feinden der Christen verkehrte und in ihrem Umgang seinen Haß gegen die Christusnachfolger stärkte, so verweilte er jetzt bei denen, die er früher verwünschte. Im Umgang mit ihnen stärkte er sein neuentstandenes Glaubensleben.

Wo ein Mensch zum lebendigen Glauben gelangt, da zieht ihn die Liebe zu denen hin, die mit ihm den gleichen teuren Glauben empfangen haben (2. Petrus 1, 1). Die Jünger Jesu sind die liebste Gesellschaft aller derer, die vom Tod zum Leben hindurchgedrungen sind (1. Johannes 4, 7).

Fragt jemand, der zum Glauben gekommen ist, wo er sich jetzt anschließen solle, so antwortet ihm unser Text: da, wo Saulus jetzt seinen Platz einnahm, sei auch der deinige (Hebräer 10, 25).

4. Paulus verbindet Liebe zur Gemeinschaft der Gläubigen mit dem Missionssinn für die verlorene Welt.

Häufig macht man gläubigen Christen den Vorwurf, sie zögen sich zu sehr in ihre kleinen Erbauungsstunden zurück und bewiesen zu wenig Missionssinn.

Dieser Vorwurf mag in einigen Fällen berechtigt sein; in anderen Fällen entstammt er einer verschleierten Abneigung gegen die Gläubigen oder dem bedenklichen Wunsch, bei Nichtchristen Anklang und Anerkennung zu finden.

Der Vorwurf mag nun im einzelnen Falle berechtigt sein oder nicht; eines steht fest: Gegen Saulus durfte man diesen nicht machen. Er weilte am liebsten bei den gläubigen Christen (11, 9). Er ging aber auch hinein in die Synagoge, um dort seinen Heiland zu bekennen. Er verband also Liebe zur Gemeinschaft der Gläubigen mit eifrigem Missionssinn für die noch nicht Glaubenden. Laßt uns dies auch tun (Lukas 14, 23)!

(s.a. ,,Ananias stellt Saulus vor die Entscheidung" -> Apostelgeschichte 22, 16.)

 

Apg 9,20 A.Christlieb Die erste Predigt von Saulus. Apostelgeschichte 9, 20 - 22.

1. Zeit und Ort der Predigt.

Laßt uns im Geist in den Andachtsraum der jüdischen Gemeinde zu Damaskus eintreten und den Worten eines jungen Zeugen lauschen, der dort redet! Saulus ist es, der soeben zur inneren Umkehr gelangt ist.

Nicht jedem möchte man raten, sofort nach seiner Bekehrung öffentliche Reden zu halten. Es gibt Schriftstellen, die davor warnen (Jakobus 3, 1). Der hier in Damaskus predigende Saulus hat selbst später davor gewarnt, einem Neuling eine hervorragende Stellung in der Gemeinde anzuvertrauen. Hochmut und Fall kann gar leicht die Folge sein (1. Timotheus 3, 6).

Scheint nicht Paulus diesem, seinem späteren Rat zu widersprechen, indem er gleich nach seiner Bekehrung schon öffentlich predigt?

Bei der Beantwortung dieser Frage müssen wir in Betracht ziehen, daß Saulus damals bereits eine Stellung in der jüdischen Kirche einnahm, die ihn zum öffentlichen Reden berechtigte. Er war ein Rabbi (studierter Lehrer). Das, was wir hier sehen, war kein hochmütiges Sich-vordrängen, sondern richtige Ausnutzung des ihm zukommenden Rechtes der öffentlichen Wortverkündigung in der Synagoge.

Saulus benutzte von Anfang an jede Gelegenheit, die ihm seine Herkunft und seine Stellung boten, um für Jesus ein Zeugnis abzulegen.

Auch wir wollen, wenn wir Gottes Barmherzigkeit erfahren haben, nie das Licht unter den Scheffel stellen, sondern in der Weise, wie es unserem Alter und unserer Stellung entspricht, unseren Meister verherrlichen, dem wir angehören (2. Timotheus 4, 2).

2. Der Inhalt seiner Predigt

war Christus - ,,daß derselbige Gottes Sohn sei". In diesem mutigen Bekenntnis lag ein sehr demütiges Eingeständnis des Predigers, daß er lange Zeit in großem Irrtum gelebt habe, als er die Christen verfolgte. Es lag auch in seinem Zeugnis in zarter Weise eine Anklage gegen das ganze jüdische Volk und seine Behörde, weil dieser Jesus von ihnen verworfen worden war. Endlich lag eine herzliche Einladung in seinen Worten, diesen Jesus doch anzuerkennen, an ihn zu glauben und sich ihm anzuschließen.

Der Inhalt dieser ersten uns bekannten Predigt ist in allen seinen späteren Verkündigungen derselbe geblieben (Kap. 9, 28; 17, 3; 1. Korinther 2, 2; Galater 6, 14). Er wußte nichts, als den zu rühmen, der ihn berufen hatte von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht (1. Petrus 2, 9 b).

Der Inhalt seiner Predigt sei auch der Gegenstand unserer Wortverkündigung.

3. Die Wirkung der ersten Predigt.

Wie gespannt sind oft junge Anfänger in der Wortverkündigung, zu hören, wie ihre erste Predigt oder Ansprache beurteilt wird! Wie freuen sie sich, wenn Worte der Anerkennung fallen! Saulus bekam nach seiner ersten Predigt keine Schmeicheleien zu hören. Die Damen der Synagoge sprechen ihm nicht ihren Dank und ihre Anerkennung aus. Wohl aber entstand Staunen und Entsetzen.

Es konnte nicht anders sein. Dem Saulus war ein Gerücht vorausgegangen. Die Christen wußten über ihn Bescheid (V. 13), die anderen auch, wie unser Text beweist. Nach diesem Gerücht mußte man von ihm eine christusfeindliche Ansprache erwarten. Man mußte vermuten, daß er über die Sekte der Nazarener kräftig schelten und vor derselben warnen würde. Stattdessen bekam man das Gegenteil zu hören. Er verkündigte Christus und empfahl die Annahme des Christentums. Welch ein Staunen mußte da entstehen! Man verstand nicht, wie ein Christ in so kurzer Zeit aus einem wütenden Verfolger zu einem eifrigen und überzeugten Bekenner Jesu geworden war.

Ein begreifliches Staunen! Menschlicher Verstand reicht nicht aus, das Wunder der Gnade an einem bekehrten Menschen zu fassen. Ein wiedergeborener Mensch ist ein Rätsel für die, welche Gottes Geist noch nicht haben. Die Decke Mosis, die über den Herzen jener Zuhörer hing, hinderte das Verständnis für jenes Wunder (2. Korinther 3, 15. 16).

Die Ausrufe des Entsetzens und Staunens wurden ohne den Willen der Zuhörer zu einem Triumphlied der Gnade Gottes. Was nach ihrem richtigen Urteil für Menschenkraft und Menschenkunst völlig unmöglich war, das hatte der, bei dem kein Ding unmöglich ist (1. Mose 18, 14; Jeremia 32, 17. 27; Sacharja 8, 6; Lukas 1, 37), an Saulus getan. Die entsetzten und ablehnenden Zuhörer müssen das Lob Gottes vermehren helfen.

 

Apg 9,23 A.Christlieb Drei Proben, in denen Saulus Bekehrung standhielt. Apostelgeschichte 9, 23 - 30.

Erste Probe: Die Feindschaft der Welt.

Paulus machte alsbald dreierlei Proben durch, in denen sich die Echtheit seiner Bekehrung erwies. Die erste Probe bestand in dem Haß der Welt, den er zu schmecken bekam. Die Zuhörer in der Synagoge blieben nicht bei Worten des Entsetzens stehen. Sie gingen weiter. Es kam dahin, daß sie in gemeinsamer Beratung seinen Tod beschlossen (V. 23). Die ihn früher anerkannten und schätzten, die verwarfen und verdammten ihn jetzt. Er verlor alle Gunst bei seinen Volksgenossen, die er bis dahin gehabt hatte.

Der Haß der Welt ist auch heute noch in der Regel die erste Probe, die wahre Christen durchzumachen haben. Es erfüllt sich Jesu Wort an seine Jünger: ,,Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; dieweil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, darum haßt euch die Welt" (Johannes 15, 18 - 20; 1. Johannes 4, 4 - 6; 1. Petrus 4, 4. 12 - 14). Laßt uns bei dieser ersten Probe nie erschrecken! Unsere Brüder in allen Landen machen sie mit uns durch!

Zweite Probe: Kühle Aufnahme bei den Gläubigen in Jerusalem.

Eine zweite, vielleicht noch schwierigere Probe für Saulus war sein Empfang bei den Christen in Jerusalem. Wie wird er sich nach seiner Bekehrung auf das Zusammenkommen mit den Geschwistern in Jerusalem gefreut haben! Aber die Begegnung fiel anders aus, als er gewünscht hatte. Ängstliche Zurückhaltung mußte er auf den Gesichtern lesen und im Benehmen seiner Brüder empfinden. Sie schenkten ihm kein Vertrauen. Sie trauten der Echtheit seiner Bekehrung nicht. Sie hatten zuviel Böses durch seinen früheren Haß gegen sie erfahren. Sie konnten es nicht so schnell über sich bringen, ihm als Bruder zu begegnen. Das muß ihm wehgetan haben. Wie leicht hätte sich hier in seinem Herzen eine innere Entfremdung von seinen Mitbrüdern einschleichen können! Es geschah nicht. Er bestand die Probe.

Auch wir müssen uns auf solche Proben gefaßt machen. Die Geschwister in Christus sind auch Menschen. Sie begegnen uns nicht gleich alle wie Barnabas, der Sohn des Trostes (V. 27), sondern wie die, welche dem Saulus nicht glaubten, daß er ein Jünger wäre. Wohl uns, wenn wir uns in solchen Fällen nicht gleich abstoßen lassen und uns beleidigt zurückziehen, sondern getrost harren, bis der Herr uns durch irgendeinen Barnabas die Türe zu den Brüderherzen aufschließt (Epheser 4, 2. 3; 1 . Korinther 13, 7).

Dritte Probe: Das Verziehen der Verheißung.

Saulus hatte bei seiner Bekehrung durch Ananias die Aussicht auf einen großen, wichtigen Dienst im Reiche Gottes empfangen (Kap. 22, 14. 15). Nun aber schien sich diese Verheißung in keiner Weise zu verwirklichen. Haß und Verfolgung bekam er in reichem Maße, aber keine Berufung zu einem Dienst im Weinberg des Herrn. Ehe Saulus als Missionar in andere Länder ausgesandt wurde, haben ihn die Brüder zuvor in die Stille nach Tarsus geschickt, wo er in stiller Verborgenheit harren mußte, bis ihn endlich Barnabas in die Arbeit berief (Kap 11, 25). Wie mag dieses Verziehen der ihm gegebenen Verheißung diesem feurigen Charakter zu schaffen gemacht haben! Wie Moses erst lange in Midian Schafe hütete, ehe ihn Gott zum Führer seines Volkes berief (2. Mose 2, 15 - 3, 1), wurde auch Saulus geführt. Wie ein David längst seine Salbung zum König empfangen hatte, ehe ihm die Krone aufs Haupt gesetzt wurde, so mußte auch Saulus lange Zeit warten, bis das durch Ananias ihm gegebene Wort von seiner Bestimmung sich erfüllte.

In solcher Zeit entsteht leicht die Gefahr, daß man seinem Gott aus der Schule läuft und eigenmächtig ohne göttliche Leitung und Führung eine Arbeit beginnt. Saulus aber ging auch aus dieser dritten Probe als Überwinder hervor, indem er dem Leiten seines Heilandes treu folgte, auch wenn derselbe für seinen menschlichen Feuereifer viel zu langsam voranging (Hebräer 10, 36; Jakobus 5, 7 - 11; Sprüche 14, 29; Prediger 7, 8; Klagelieder 3, 26; Lukas 8, 15; 21, 19).

 

Apg 9,26 A.Christlieb Wie fest Paulus und Barnabas bis dahin verbunden waren. Apostelgeschichte 9, 26. 27; (lies ferner: Apostelgeschichte 11, 25. 26; 13, 2; 15, 2. 12).

Wie unzertrennlich schienen doch Paulus und Barnabas verbunden zu sein! Werfen wir bei dieser betrübenden Trennung einen Rückblick auf die Geschichte ihrer Verbindung.

Als der bekehrte Saulus nach Jerusalem kam und alle Jünger sich ängstlich vor ihm scheuten, da war es Barnabas, der ihn mit offenen Armen aufnahm und bei den Aposteln einführte. Als Saulus später in stiller Verborgenheit in Tarsus lebte, da ging Barnabas aus, ihn zu suchen. Er brachte ihn nach Antiochien, wo sie gemeinsam wirkten. Dann wurden sie durch ausdrücklichen Befehl des Geistes Gottes vereint zur ersten Missionsreise ausgesandt, teilten miteinander sowohl Nöte und Beschwerden, wie auch die Freuden und Erquickungen dieser Reise. Zusammen duldeten sie Verfolgungen, zusammen predigten sie das Evangelium, zusammen kehrten sie zurück und gaben gemeinsam Gott die Ehre für alle Erfolge. Niemals ist von irgendwelcher Uneinigkeit das Geringste zu spüren. Welch inniges Band mußte der göttliche Befehl (Kap. 13, 2) und die gemeinsamen Erfahrungen um beide schließen! Als dann die verwirrenden Gesetzeslehrer auftraten, standen Paulus und Barnabas Schulter an Schulter im Kampf für das unverfälschte Evangelium. Eines Geistes und Sinnes redeten sie auf dem Apostelkonzil in Jerusalem.

Hätte nicht jeder denken können: Diese beiden Männer sind unzertrennlich. Sie werden bis zum Lebensende zusammen streiten. Aber das geschah nicht. Eine einzige Frage sprengte dieses innige Band.

Das ruft uns zu: Laßt uns wachen und beten über der Gemeinschaft des Geistes, besonders in der Arbeit für den Herrn, in der man solche Gemeinschaft vornehmlich gebraucht. Das schönste Band kann zerrissen werden.