Apostelgeschichte 20, 17-38 Bibelarbeiten und Andachten von A. Christlieb und Anderen
Aus: http://www.life-is-more.at/life/predigten/bibel_ap.php
Apg
20,20 A.Christlieb Die
vorbildliche Wortverkündigung des Paulus in Ephesus. Apostelgeschichte 20, 20.
21.
Nach dem Rückblick des Paulus auf seinen Wandel folgt ein Rückblick auf seine
Wortverkündigung. Derselbe läßt uns erkennen, wo, wie
und was er damals öffentlich gepredigt hat.
1. Wo Paulus predigte.
W o er das Wort verkündigte, zeigt uns der Ausdruck: ,,öffentlich und in den
Häusern" (wörtliche Übersetzung). Unter der ,,öffentlichen"
Verkündigung haben wir in erster Linie seine Versammlungen in der Synagoge von
Ephesus (Kap. 19, 8) und nachher seine Reden in dem Lehrsaal des Tyrannus (19, 9) zu verstehen. Bei der ,,sonderlichen"
Verkündigung (Luthers Übersetzung) haben wir sowohl an die kleinen
Versammlungen in den Privathäusern (Römer 16, 5; 1. Korinther 16, 19; Kolosser
4, 15; Philemon 2; Apostelgeschichte 2, 46), wie auch
an die Einzelseelsorge zu denken.
Was sagt uns diese reichliche Verkündigung? Sie ruft uns zu: Laßt uns den Samen des Wortes überall ausstreuen, wo Gott
uns Gelegenheit gibt und Türen öffnet (2. Timotheus 4. 2).
Laßt uns auch zweierlei Einseitigkeit meiden: Man
trifft öfters Menschen, welche nur die öffentliche Verkündigung etwa in Kirche
und Gottesdienst gelten lassen und alles andere als unnüchtern und
schwärmerisch verwerfen. Andererseits begegnet man solchen, welche die
öffentliche Verkündigung verachten und nur diejenige hin und her in den Häusern
als richtig ansehen. Demgegenüber laßt uns mit Paulus
sowohl das eine wie auch das andere anerkennen und dankbar benutzen.
2. Wie Paulus predigte.
Nicht umsonst braucht der Text hier drei verschiedene Ausdrücke für die
Predigtart des Paulus: Er verkündigte, er lehrte, er bezeugte.
1. In dem ersten Wort (verkündigen) steht Paulus, wie der Grundtext dies
andeutet, a l s e i n B o t e vor seinen Zuhörern, der ihnen genaue Meldung
überbringt und darauf bedacht ist, ja nichts auszulassen von dem, was er in
einem höheren Auftrag zu sagen hat. ,,Wie lieblich sind die Füße solcher
Boten", Jesaja 52, 7. Gott mehre ihre Zahl!
2. In dem zweiten Ausdruck (lehren) sehen wir Paulus als L e h r e r vor den
Ephesern, der in klarer Ordnung der Gedanken den Seelen zeigt, worum es sich
handelt und sie in das Verständnis des göttlichen Heilsrates hineinführt.
Solche Lehrer tun auch unserer Zeit not. Wie werden sie einst ,,leuchten wie
des Himmels Glanz" (Daniel 12, 3).
3. In dem dritten Wort (bezeugen) schauen wir den Apostel als Z e u g e n , der den Inhalt seines Wortes feierlich und dringlich ins
Herz legt als einer, der das, was er redet, am eigenen Leben erfahren hat. Wie
dringt dieses Bezeugen tief in die Herzen der Hörer hinein und erschüttert ihre
falsche Sicherheit! Alle noch so schöne Verkündigung und lichtvolle Belehrung
hilft nicht, wenn dieses Bezeugen fehlt (2. Timotheus 2, 14).
Wer als Botschafter, Lehrer und Zeuge das Wort verkündigt, der wandelt in
Paulus Fußstapfen.
3. Was Paulus predigte.
Paulus ließ sich weder durch Menschenfurcht noch durch Menschengunst bewegen,
irgendetwas zu verschweigen, was den Seelen heilsam war. Vor allen Dingen hatte
seine Predigt zwei Brennpunkte: Buße und Glaube. Er predigte Buße. Den Wünschen
des natürlichen Menschen paßte er sich nicht an.
Dieser liebt eine Predigtweise, die das Gute in ihm anerkennt und nur weiter
vervollkommnet wissen möchte. Ermahnungen zur Buße und Heiligung läßt er sich allenfalls gefallen. Wenn aber jemand die
Notwendigkeit einer vollständigen Änderung der innersten Gesinnung predigt, so
entsteht Widerspruch, oft Zorn und Wut. Aber gerade diese Sinnesänderung oder
Buße bezeugte Paulus. Solcher Mut tut allen Knechten Gottes not
(Jesaja 58, 1; Jeremia 4, 3).
Zugleich zeigte er die Kraftquelle, durch welche die innere Erneuerung des
Herzens zustande kommt. Nicht auf ihre eigene Kraft und Anstrengung wies er
seine Hörer hin, sondern auf ,,den Glauben an unseren Herrn Jesus
Christus". Während die eigene Bemühung in menschlicher Willenskraft uns in
Verzweiflung führen müßte, bringt der Glaubensblick
auf den Heiland und die Glaubensgemeinschaft mit ihm Frieden und Hilfe (17,
31). Deshalb gilt es auch heute noch, Buße und Glaube zu bezeugen, und zwar
beides vereinigt.
Unsere Verkündigung sei wie die des Paulus.
Apg
20,22 A.Christlieb Des Paulus
Reiseprogramm. Apostelgeschichte 20, 22 - 24.
Laßt uns bei dem Reiseprogramm des Apostels auf den
Grund, das Licht und das Ziel seiner Reise achten.
1. Der G r u n d seiner Reise ist die innere Nötigung durch den heiligen Geist.
,,Gebunden im Geist" reist er nach Jerusalem. Eine zweifellose Gewißheit des göttlichen Willens ist und bleibt der
sicherste Grund jeder Reise in diesem Leben (Kap. 16, 10; Galater
2, 1. 2 a).
2. Das L i c h t und der Führer seiner Reise ist wiederum der Heilige Geist
(,,der Heilige Geist bezeugt und spricht").
Dieser treibt ihn nicht nur zu dieser Reise an, sondern erleuchtet ihn auch, und
gibt ihm diejenige Kenntnis über seinen Weg, die ihm vonnöten ist. Dieser
Führer gibt ihm auch für dunkle und schwere Wege große Kraft und Freudigkeit,
so daß er nicht zu erschrecken braucht, sondern ,,mit
Freuden" seinen Lauf fortsetzt. Es gibt keinen besseren Führer und kein
besseres Licht für all unser Reisen, als das Licht des Geistes Gottes (Psalm
143, 10).
3. Das Z i e l und der Zweck seiner Reise ist die Ausrichtung der ihm von Jesus
übertragenen Aufgabe (,,auf daß ich vollende meinen
Lauf und das Amt, das ich empfangen habe von dem Herrn Jesus".) Ihm war
der Dienst der Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden anvertraut. Er war
berufener Missionar und wollte diesen Beruf treu ausfüllen. Auch wir haben eine
Aufgabe in unserem Leben bekommen, die wir aus Gottes Hand annehmen dürfen.
Wohl uns, wenn unser ganzer Eifer darauf gerichtet ist, diese unsere Aufgabe
recht zu erfüllen (Johannes 17, 4).
Apg
20,23 A.Christlieb Wichtige
Tätigkeiten des Gottesgeistes Apostelgeschichte 20, 22 f. u. 28
»Und nun siehe, ich, im Geist gebunden, fahre hin gen Jerusalem, weiß nicht,
was mir daselbst begegnen wird, nur daß der Heilige
Geist in allen Städten bezeugt und spricht, Bande und Trübsale warten mein
daselbst. . . So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter
welche euch der Heilige Geist gesetzt hat zu Bischöfen.«
In der Abschiedsrede des Paulus in Milet vor den Ältesten von Ephesus ist
dreimal vom Heiligen Geist die Rede. Jedesmal wird
uns eine wichtige Tätigkeit des Gottesgeistes gezeigt.
1.
Zuerst sehen wir, daß der Heilige Geist eine bindende
Machtwirkung ausüben kann. Paulus sagt, daß er, »im
Geist gebunden«, nach Jerusalem reist. Das ist ein starker Ausdruck. Er will
sagen: »Der Heilige Geist treibt mich mit solcher Macht und Klarheit nach
Jerusalem hin, daß es mir einfach ganz unmöglich ist,
einen andern Weg zu gehen. Ich bin wie von himmlischen Ketten gebunden und
gezwungen, dorthin zu reisen.« Auch wenn es in diesem
Fall ein schwerer Weg war, den der Apostel gehen mußte
- es ist selig, durch den Geist Gottes gebunden zu sein!
Wir alle wissen, daß die Sünde einen Menschen binden
kann. Es ist etwas Unheimliches um die bindende Macht des Geizes, der
Trunksucht, der Unreinigkeit usw. Aber herrlich und
köstlich ist es, von dem Geist Gottes gebunden und so in den Wegen des Herrn
geübt zu werden, daß wir sein klares Führen von
andern gefährlichen Einflüssen deutlich unterscheiden können.
2.
Sodann sehen wir, wie der Heilige Geist dem Paulus Licht und Klarheit über die
Zukunft gibt: »Der Heilige Geist in allen Städten bezeugt und spricht: Bande
und Trübsale warten mein daselbst.«
Es gibt viele Menschen, die auf verbotenem Weg durch Zauberei, Spiritismus,
Wahrsagerei und dergleichen Licht über die Zukunft suchen. Fliehen wir solches
wie die Pest! Wahres, gesundes Licht kommt von oben herab durch den Heiligen
Geist. Wenn es nötig ist, kann er uns auch über die Zukunft Licht geben zu
unserer eigenen Vorbereitung. Wie manchmal hat der Herr gläubigen Menschen
Licht über nahe Gefahren oder über bevorstehenden Abschied aus diesem Leben
gegeben (2. Petr. 1, 14)! Und wo dies nicht geschieht, will der Heilige Geist
uns das Wichtigste offenbaren, nämlich unsern Herzenszustand und Jesu
Rettermacht. In diesem Licht können wir in unsere persönliche Zukunft
hineingehen, wie hell oder dunkel sie auch sein mag. Es tröstet uns auch das
Licht, das aus dem prophetischen Wort der Bibel auf den Weg der ganzen
Weltgeschichte bis zu ihrem Ende und dem Kommen des Herrn fällt.
3.
Endlich sehen wir noch eine wichtige Tätigkeit des Geistes: Er will den
einzelnen Jüngern ihren Platz und ihre Tätigkeit anweisen. Paulus sagt zu den
Ältesten, der Heilige Geist habe sie zu Bischöfen (Aufsehern) in der Gemeinde
Gottes gemacht.
Was gibt einem Jünger Jesu Kraft und Freudigkeit, an einem Platz mit Geduld
auszuharren und das Werk des Herrn zu treiben? Nur das bestimmte Bewußtsein: Der Herr hat mich für diesen Platz bestimmt,
der Heilige Geist hat mich dazu gesetzt, dieses Werk zu treiben.
Die Ältesten von Ephesus durften diese Gewißheit haben,
weil Paulus sie unter göttlicher Leitung für diesen Dienst bestimmt hatte. Es
ist etwas überaus Trauriges, wenn man sich in allerlei wichtige und einflußreiche Aufgaben im Reich Gottes hinein drängt. Aber
köstlich ist es, wenn ein Mensch vor dem Herrn stille wird, bis dieser ihn über
die ihm bestimmte Aufgabe gewiß machen kann. Der
geringste Dienst im Reich Gottes, zu dem uns der Heilige Geist bestimmt hat,
ist tausendmal besser und für die Ewigkeit fruchtbarer als alle hohen, großen
Aufgaben, die wir uns selbst erkoren haben.
Apg
20,24 A.Christlieb Der
Gesamtinhalt aller evangelischen Predigt Apostelgeschichte 20, 24. 25. 27
wird hier in drei verschiedenen Ausdrücken zusammengefaßt:
1. In der B e z e u g u n g der Gnade Gottes bestand die ganze Aufgabe des
Paulus (Vers 24). Einst war er Gesetzesprediger und Gesetzeseiferer. Aber
seitdem Gott ihm das rechte Licht gegeben hatte, trieb er nichts als Gnade. Gnade
bot er dem verkommensten Sünder unter den Heiden wie
auch dem gesetzesstrengen Juden an. Diese Gnade konnte er bezeugen, weil er
ihre Kraft selbst erfahren hatte und es ihm ein Herzensanliegen war, daß auch andere ihrer teilhaftig würden.
Alle, die das Wort verkündigen, haben darauf zu achten, daß
der Hauptinhalt ihrer Predigt Gnade sei (Kap. 14, 3).
2. Zurückschauend auf all seine bisherige Wortverkündigung sagt Paulus: ,,Ich
habe g e p r e d i g t das Reich Gottes" (Vers 25). Der Apostel zeigte im
Evangelium seinen Hörern. wie Gott in der Person Jesu ein ewiges,
unvergängliches Königreich aufgerichtet habe. Er forderte sie gleichsam wie ein
Herold auf, in dieses Reich einzugehen und dem König desselben untertan zu
werden (Kap. 8, 12; 19, 8; 28, 23; Markus 1, 14; Lukas 9, 2. 60). Nicht für
eine menschliche Partei oder Kirche warb Paulus, sondern für das Reich Gottes,
dessen Ausbreitung ihm allein am Herzen lag.
3. Endlich faßte Paulus seine Predigt in dem Ausdruck
zusammen: ,,Ich habe allen Rat Gottes v e r k ü n d i g t " (V. 27). Hier
betont Paulus, der ganze göttliche Heilsratschluß sei
Gegenstand seiner Verkündigung gewesen. Nichts von dem Willen Gottes hat er
verschwiegen (1. Timotheus 2, 4 - 6).
Alle drei Ausdrücke beziehen sich auf den Gesamtinhalt aller evangelischen
Predigt, jeder hebt eine besondere Seite derselben hervor. Ein rechter Prediger
wird immer die Gnade Gottes bezeugen, das Reich Gottes predigen und allen Rat
Gottes verkündigen (2. Timotheus 4, 5 b).
Apg
20,26 A.Christlieb Die
feierliche Bezeugung der Unschuld. Apostelgeschichte 20, 26. 27.
1. Aus der Bergpredigt (Matthäus 5, 34 - 37) und dem Jakobusbrief (Jakobus 5,
12) wissen wir, daß feierliche Beteuerungen sich für
einen Christen in der Regel nicht geziemen. Bei Handelsgeschäften usw. sollen
wir niemals wie die Welt besondere Versicherungen aussprechen, die unser Wort
dem andern recht glaubhaft machen sollen. Wer das tut, macht auf einen biblisch
denkenden Menschen immer einen ungünstigen Eindruck, weil Leute, die aus der
Wahrheit sind, solche Beteuerungen nicht nötig haben.
Und doch gibt es Gelegenheiten, wo eine feierliche Bezeugung am Platz ist. Wenn
Paulus hier in dieser wichtigen Stunde feierlich seine Unschuld bezeugte, so mußte dies auf alle Vertreter der Gemeinde von Ephesus
einen unauslöschlichen Eindruck machen und vielen zum Segen werden. Hier war es
berechtigt (vergleiche 1. Mose 50, 5; 31, 44 - 54;
50, 24 - 26; 24, 3).
2. Paulus hob besonders den Tag hervor, an welchem er sich rein wußte. Es war der letzte Tag ihres Zusammenseins (,,an dem
heutigen Tage"). Laßt uns daran denken, daß für jeden von uns ein solcher ,,heutiger Tag"
kommen wird, wo wir unsere Umgebung zum letzten Mal sehen. Laßt
uns so zu leben suchen, daß wir an jenem Tag das
Zeugnis eines guten Gewissens haben und rein von dem Blut unserer Mitmenschen
von ihnen scheiden können.
Der Inhalt dieser Beteuerung beweist uns die Größe der Verantwortung, welche Prediger
und Hörer des göttlichen Wortes haben. Das Leben, und zwar das ewige Leben der
Zuhörer steht dabei auf dem Spiel. Wer dies bedenkt, kann unmöglich
leichtfertig predigen oder gleichgültig und schläfrig zuhören. Der Prediger
gleicht dem Wächter, der den Einwohnern einer Stadt eine herannahende Gefahr
anzukündigen hat. Tut er dies, so trägt er keine Schuld an dem Untergang seines
Ortes (Hesekiel 33, 1 - 9; 3, 16 - 21).
Wie furchtbar muß es für Prediger sein, wenn das Blut
ihrer Zuhörer an ihnen klebt, weil sie den Rat Gottes nicht voll und ganz mit
Wort und Wandel bezeugten.
Apg
20,28 A.Christlieb I. Habt acht auf euch selbst. Apostelgeschichte 20, 28.
1. Es gibt ein falsches Achthaben auf sich selbst. Wenn jemand sich beständig
den Puls fühlen und sein inneres Wachstum merken möchte; wenn ein Christ
beständig auf seine Schwachheit anstatt auf den Herrn schaut, so befolgt er
nicht des Apostels Mahnung: ,,Habt acht auf euch selbst". Paulus will
vielmehr die Ältesten anspornen, ein wachsames Auge auf die eigene
Herzensstellung und den Wandel vor Gott zu richten, um nicht in Abwege und
Sünden hineinzugeraten. Bei der Wichtigkeit ihrer Stellung sollen sie einen
geschärften Blick behalten, um die Anfänge eines Irrweges und die Entstehung
von Entgleisungen bei sich selbst zu erkennen und so bewahrt zu bleiben.
(Epheser 5, 15; Psalm 101, 2; 1. Timotheus 3, 2 - 7; Titus 1, 7).
2. Die Tatsache, daß diese Mahnung an Älteste und
Gemeindeleiter gerichtet ist, hat uns etwas zu sagen. Wir sehen leicht an
älteren, erfahrenen Christen so hoch hinauf, daß wir
dieselben über alle Gefahren erhaben wähnen. Das ist ein Irrtum. Hier werden
diejenigen, welchen der Heilige Geist eine führende Stellung in der Gemeinde
Gottes gegeben hat, zur Wachsamkeit über sich selbst ermahnt. Demnach sind auch
für solche Männer noch Gefahren vorhanden. Auch sie sind nicht sicher vor
Abwegen und Fehltritten. Schrift und Erfahrung bestätigen dies. Welch ein
Triumph ist es für die Hölle, wenn ein leitender Bruder zu Fall kommt und in
Sünde verstrickt wird. Ja auch Älteste und Gemeindeleiter, alle an der Spitze
stehenden Brüder bedürfen der Mahnung: ,,Habt acht auf
euch selbst" (2. Korinther 2, 11).
3. Paulus stellt den Satz: ,,Habt acht auf euch
selbst" an die Spitze seiner Ermahnungen zu treuer Amtsführung. Erst an
zweiter Stelle folgt die Aufforderung, über die Herde zu wachen. Was sagt uns
diese Reihenfolge? Was bedeutet die Voranstellung des Achtens auf sich selbst?
Sie ruft uns zu: Bei allen, die an andern arbeiten wollen, ist die eigene
richtige Stellung und das persönliche Vorbild im Wandel das erste. was im Auge
behalten werden muß. Erst dann kommt ihr übriges
Wirken. Die Arbeit an sich selbst darf also nie über der Arbeit an anderen
vergessen werden und zu kurz kommen. Nicht die Leistungen, nicht der Dienst der
Knechte Jesu ist vor Gott die Hauptsache, sondern ihre Person, ihr eigenes
inneres Wachstum, ihre persönliche Heiligung. Die eifrigste und vielseitigste
Arbeit im Weinberg des Herrn kann zum abstoßenden Zerrbild werden, wenn der
Wirkende sich in seinem Leben und Wandel allerlei Blößen gibt. Darum hat Hudson
Taylor recht, als er einer Schar ausziehender Missionare als einzigen Rat
zurief: ,,Nehmt euch Zeit, geheiligt zu werden".
Wenn wir auf uns selbst acht haben, so wird auch unser Wirken an der Herde
nicht vergeblich sein. Wo wir aber uns selbst nicht in Zucht nehmen, so werden
andere von uns nichts annehmen (Psalm 50, 16. 17; 1. Timotheus 4, 12; Titus 2,
7).
Unter allen Hinweisen für eine gesegnete Amtsführung soll die Mahnung: ,,Habt acht auf euch selbst" die erste Stelle behalten.
siehe auch Habt acht auf euch, wenn ihr Erfolg habt.
-> Lukas 10, 17 - 20. Habt acht auf euch, wenn eine wichtige Arbeit
glücklich vollendet ist. -> 1. Könige 13, 11 - 22. Habt acht auf euch, wenn
euch die Welt Ehre erweist. -> 2. Könige 20, 12 - 19. Habt acht auf euch,
wenn euer Name bekannt wird. -> 2. Chronika 26, 14
- 20. Habt acht auf euch, wenn euch besondere Gnade zuteil wird. -> Daniel
2, 19 - 23. Habt acht auf euch, wenn Gott andere Wege als bisher einschlägt.
-> 4. Mose 20, 2 - 13. Habt acht auf euch, wenn
ihr von anderen gereizt werdet. -> Psalm 106, 32. 33. Habt acht auf euch,
wenn Glaubensproben kommen. -> 4. Mose 20, 2 - 13.
Habt acht auf euch, wenn etwas Unangenehmes euch trifft. -> 1. Samuel 8, 5.
Habt acht auf euch, daß ihr wahr bleibt. -> Galater 2, 11 - 14. Habt acht auf euch im Blick auf die
besonderen Gefahren für ,,Älteste". -> 1. Petrus 5, 2. 3.
A.Christlieb Das Bischofsamt. Apostelgeschichte 20,
28.
1. Wer verleiht dieses Amt?
Es gibt weltliche Ämter, welche von menschlichen Behörden verliehen werden.
Anders ist es mit diesem Amt. Wohl ist es möglich, daß
man durch Schliche und Bemühungen einen Posten in Kirche oder Gemeinschaft
erlangt. Aber ein wahrer Aufseher und Leiter der Gemeinde ist nur der, welcher
vom heiligen Geist dazu gesetzt ist (1. Timotheus 3, 1 - 7; Psalm 84, 11).
2. Die Hauptpflicht eines Gemeindeleiters
besteht nicht in äußerer Verwaltungsarbeit, sondern im Weiden der Herde. Er hat
die schöne Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die
unsterblichen Seelen Nahrung bekommen, durch die sie innere Kraft erhalten,
wachsen und zunehmen können. Er muß sie auf die Weide
des göttlichen Wortes führen, sie mit dem herrlichen Inhalt der nie zu
ergründenden heiligen Schrift tiefer bekanntmachen.
Er hat nicht seine eigene Weisheit, sondern die göttliche Weisheit der Bibel zu
predigen.
Wenn der Führer einer Gemeinde oder Gemeinschaft allerlei treibt, vielleicht
soziale Notstände bekämpft, aber nicht wahrhaft auf die Weide des Wortes führt;
wenn er keine Zeit hat, die Nahrungskräfte der Bibel für sich und andere
hervorzuholen, so hat er seinen wichtigsten Beruf verfehlt. Wiederum, wenn er
noch so schlicht und einfach ohne glänzende Begabung und hohe Beredsamkeit den
Seelen die Gedanken, die im Wort Gottes liegen, klarmacht, so erfüllt er die
ihm zustehende Aufgabe, auch wenn er gar nichts besonders in die Augen
Fallendes leistet und vor der Welt keiner besonderen Ehre gewürdigt wird. (Johannes
21, 15 - 17; Sprüche 10, 21; Jeremia 3, 15; Hesekiel 34, 2 - 10).
3. Welches Recht bringt dieses Amt mit sich?
Nicht von äußeren Rechten ist hier die Rede, nicht von Gewändern, die man tragen oder von Rangstufen, die man in menschlicher
Gesellschaft bekleiden darf. Wer nach solchen Dingen trachtet, der suche auf
anderem Weg sein Ziel zu erreichen.
Und doch verleiht dies Amt ein hohes Recht. Das Recht der Aufsicht, des
Achthabens auf andere wird hier klar ausgesprochen (,,Habt acht auf die ganze
Herde"). Von einem Hirten, den Gott eingesetzt hat, der seine Pflicht des
Weidens treu erfüllt, sollen sich die Christen auch eine Leitung und Aufsicht
gern gefallen lassen (1. Thessalonicher 5, 12. 13). Sie sollen sich von einem
solchen ermahnen, auf Fehler und Irrwege aufmerksam machen lassen, ihn als von
Gott gesetzten Lehrer dankbar anerkennen.
Wer sein Wort verachtet, der verachtet eine in Gottes Wort gegründete
Einrichtung und damit Gott selbst. Wer ihn dankbar anerkennt, der folgt damit
dem Hirten und Bischof der Seelen im Himmel (Lukas 10, 16; Matthäus 10, 40).
S.Keller Apostelgesch. 20,
28: «So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde.»
Ja, wie verhalten sich diese zwei Ermahnungen zueinander? Wird nicht das
Interesse geteilt, wenn man auf seine eigene Seele acht haben soll und zu
gleicher Zeit auf die andern, unter die uns Gott gesetzt hat? Zugeben will ich,
daß ich nicht immer diese Arbeitsteilung verstanden
und noch weniger diese Mahnung erfüllt habe. Acht haben auf uns selbst ist so
wichtig, daß wir das ohne Schaden an unserer Seele zu
nehmen, doch gar nicht aufgeben dürfen. Der Herr gibt dir Stunden und Zeiten,
wo es ganz klar sein Wille ist, daß du an andern
arbeiten und für andere da sein sollst. Je treuer du für deine eigene Seele
sorgtest, desto mehr wirst du nun andern helfen können, und je selbstloser du
Gottes Willen an andern erfüllst, desto mehr Segen wird von dorther
zurückfluten auf dich. Es gibt Krankheiten und Gefahren des eifrigen Arbeitens
in Gottes Reich - gewiß, aber sind die Krankheiten
und Gefahren des Müßiggangs nicht zehnmal größer! Einmal segnet der Herr meine
stillen Stunden, daß ich da etwas finde, womit ich
andern helfen kann, und dann wieder lohnt er mir meine Arbeit an andern durch
einen Fortschritt oder eine Schenkung der Kraft, die ich allein nie erfahren
hätte!
Herr, unser Gott, wir bitten dich, gib uns beides: offene Augen, auf uns selbst
zu sehen, und treue Liebe in der Arbeit an andern. Laß
mich nicht selbstsüchtig wachsen wollen für mich und segne mich durch das, was
ich in deinem Namen an andern tun soll! Amen.
Apg
20,29 A.Christlieb Falsche
Führer. Apostelgeschichte 20, 29.
Neben den wahren Hirten (Vers 28) sieht Paulus auch verderbliche Führer in der
Gemeinde Christi voraus.
1. Wir sehen hier die p r o p h e t i s c h e G a b e des Apostels. Er hatte Gewißheit über das Eindringen jener Männer und sagte
dasselbe mit voller Bestimmtheit voraus (,,Ich weiß, daß
kommen werden"). Gott hat dann und wann in der Geschichte der Kirche
einzelne seiner Knechte mit einem weit in die Zukunft hinaussehenden Blick
begabt. Auch heute noch kann er dies tun. Schon Bodelschwingh,
Schrenk und andere haben vorausgesagt, daß Gerichte
über unser Volk nicht fern sein könnten. Die Stimmen solcher Männer, die unser
Volk kannten und in Gottes Wort zu Hause waren, haben
mit den Prophezeiungen leichtfertiger Schwärmer nichts zu tun.
2. Laßt uns die Zeit beachten, wann die verderblichen
Führer auftreten. (,,Nach meinem Abschied"). Die Gemeinde Ephesus hatte
durch Paulus' dreijährige Arbeit eine einzigartige Segenszeit erlebt, in der
sie Gottes Wort aufs reichlichste gegenießen durfte.
Nun soll diese Gemeinde, nachdem der Einfluß von
Paulus aufhört, eine Zeit ganz besonderer Nöte und Schwierigkeiten durchmachen.
So ist Gottes Weg vielfach. Auf Zeiten herrlicher Heimsuchung folgen Zeiten
mannigfacher Verirrung und Drangsal, wo Spreu abfällt und Echtes offenbar wird,
Wohl denen, die sich darauf gefaßt machen und beim
Eintreten solcher Nöte nicht irre werden.
3. Die falschen Führer werden mit ,,greulichen
Wölfen" verglichen, ,,die der Herde nicht verschonen werden". Sie
sind genau das Gegenteil von einem wahren Hirten. Sie haben kein väterliches
und mütterliches Herz für die Gläubigen (1. Thessalonicher 2, 7). Statt sie auf
die Weide zu führen, haben sie ihre Freude daran, unbarmherzig auf sie
loszuschlagen. Sie zerreißen dieselben gleichsam wie ein Wolf. Es fehlt ihnen
die Durchdringung mit dem Lammessinn Jesu. Sie stehen wie einst Saulus in ihrer
alten Raubtiernatur den Schafen Jesu gegenüber (Apostelgeschichte 9, 1).
Gott bewahre unsere Kirchen und Versammlungshäuser vor solch ,,greulichen Wölfen". (Johannes 10, 12; 3. Johannes 10;
Jeremia 23, 1. 2; Hesekiel 34, 2. 10).
Apg
20,30 A.Christlieb Weiteres
Licht über die falschen Führer. Apostelgeschichte 20, 30.
Laßt uns ihre Herkunft, ihre Lehre und ihr Ziel
anschauen.
1. Sie kommen zum Teil aus den Reihen führender, gläubiger
Christen. (,,Auch aus euch selbst werden aufstehen Männer.") Es konnte
vorkommen, daß Männer eine Zeitlang so wandelten, daß man sie unter die Ältesten aufnahm, welche die Aufsicht
führten. Nachher aber wurden sie vielleicht durch Hochmut und andere Sünden als
,,greuliche Wölfe" offenbar. Die frühere
Zugehörigkeit zu einem Kreis gesegneter Brüder ist demnach nicht immer ein
Beweis von der Echtheit eines Arbeiters im Reich Gottes. Man kann in solchem
Kreis gelebt und gewirkt haben und dennoch kein Vertrauen verdienen. Woran kann
man sie erkennen und womit entlarven? Das zeigen uns die zwei folgenden
Kennzeichen.
2. S i e v e r l a s s e
n d i e R i c h t s c h n u r d e s W o r t e s G o t t
e s . Falsche Führer
können unmöglich ganz bei dem geschriebenen Wort bleiben. Dieses läßt für solches Wolfswesen in der Gemeinde Jesu keinen
Raum. Es straft und offenbart dasselbe vielmehr. Darum müssen sie von der
einfältigen Lehre des Wortes Gottes abweichen. Sie ,,reden verkehrte
Lehren". In dem Bleiben bei dem geschriebenen Wort, bei ,,der Lehre
der Apostel" (Kap. 2, 42), liegt eine bewahrende Macht. Bei dem Abweichen
von Gottes Wort gerät man in die furchtbarsten Irrungen. Welch eine Mahnung,
sich unverbrüchlich fest an das Wort zu halten! (Psalm 119, 9. 104. 133. 165).
3. Ein zweites Hauptkennzeichen der falschen Führer ist das Ziel, welches sie
verfolgen. Sie wollen ,,die Jünger an s i c h z i e h e n ". Wahre Hirten
wollen die Seelen nur in Verbindung mit Jesus bringen und darin erhalten. Dies
ist der einzige Zweck ihrer Arbeit (Johannes 1, 29; Apostelgeschichte 14, 14.
15). Die falschen Führer aber suchen etwas für sich selbst. Sie trachten nach
Anhang. Sie legen es darauf an, daß sich die
Gläubigen an ihre Person hängen (2. Samuel 15, 2 - 6).
Deshalb ,,wollen sie sich angenehm machen nach dem Fleisch" (Galater 6, 12), schmeicheln diesem und jenem, werden
neidisch und eifersüchtig, wenn ein anderer Anerkennung findet und dergleichen.
Gott helfe, daß keiner von uns in den Reihen dieser
Männer erfunden werde.
Apg
20,31 A.Christlieb Wie wappnet
man sich gegen die hereinbrechenden Gefahren? Apostelgeschichte 20, 31.
Die Ältesten von Ephesus sollten durch die Schilderung der kommenden Gefahren
nicht etwa mutlos und verzagt, sondern ,,wachsam" werden (,,Darum seid
wach").
1. Der Ausblick auf große Schwierigkeiten kann leicht entmutigen. Niemals aber
dürfen wir dem Volk Israel gleichen, welches durch die Kundschafter den Ernst
der Lage erfuhr und allen Mut verlor (4. Mose 13, 27
- 14, 3). Wohl aber soll eine von Gottes Wort uns angekündigte Gefahr uns vor
falscher Sicherheit und sorgloser Schläfrigkeit bewahren. Weil der Feind sich
aufmachen wird, deshalb gilt es mit Eifer zu wachen und zu beten, daß seine Pläne zuschanden
werden, wie bei Nehemias Mauerbau alle Anschläge der Gegner an der Wachsamkeit
Nehemias scheiterten.
2. Wie kann man denn recht wachsam und wacker sein? Unser Text gibt uns ein
Hilfsmittel zur Wachsamkeit an: ,,Denkt daran, daß
ich nicht abgelassen ..." Fleißiges Gedenken an die treue Arbeit
gesegneter Gottesmänner kann uns aufmuntern und wacker machen. Es gibt allerlei
zerstreuendes Denken, welches schwächt. Aber solches Gedenken stärkt. Laßt uns recht denken an die Arbeit, welche Gott in unseren
Gegenden durch bewährte Zeugen treiben ließ. Laßt uns
ihr Bild oft vor uns stellen und dadurch angespornt werden. Vor allen Dingen laßt uns an den Einen gedenken, der drei Jahre als ,,Knecht
des Herrn" (Jesaja 42. 19) auf dieser Erde wirkte und ,,nicht abließ, Tag
und Nacht" für unser Heil geschäftig zu sein. Laßt
uns diesen immer wieder vor unsere Seele stellen. So werden wir wacker.
3. Wenn die Ältesten das Auftreten jener ,,greulichen
Wölfe" mit der selbstlosen Arbeit des Paulus verglichen, so war ihnen bald
klar, welches die rechte und welches die falsche Arbeit war. Wollen wir
Prüfgeist bekommen, so gilt es sich immer wieder in das Leben und die Arbeit
solcher Männer zu versenken, die Gott als wahre Führer uns gesetzt und
beglaubigt hat.
Apg
20,32 A.Christlieb Ein
dreifacher Trost bei dem Scheiden des Führers Apostelgeschichte 20, 32.
liegt in diesem Abschiedswort, in dem er die Ältesten Gott anbefiehlt.
1. Wenn er auch weggeht, so bleibt doch der himmlische Führer, in dessen Hand
er nun alle übergibt (,,Ich befehle euch Gott.") Das ist ein Trost für den
Scheidenden und für die Zurückbleibenden. Menschen gehen und Menschenarbeit
hört auf. Gott bleibt und seine Arbeit geht weiter. Gottes Werkzeuge mögen wohl
fortgehen, aber das, was Gott durch sie gegeben hat, nämlich ,,Das Wort seiner
Gnade", bleibt als unversiegbare Kraftquelle zurück. Bei allen drohenden
Gefahren, die entmutigen könnten, bei aller Schwachheit der
,.Ältesten", schaut der Glaube auf den, ,,der da mächtig ist, zu
erbauen".
2. Ihre Wege gehen jetzt auseinander und doch gehen sie einem gemeinsamen Ziel
entgegen. Es ist ,,das Erbe", auf das er sie hinweist. Wenn Scheidende
diesem Ziel gemeinsam entgegenwandern, so bleiben sie vereinigt. (Psalm 122, 3;
Offenbarung 7, 9; 1. Petrus 1, 4).
3. Sie bleiben auch in einer bestimmten Gemeinschaft verbunden. Welches ist
diese Gemeinschaft? Ist es eine äußere Organisation, die durch menschliche
Statuten und Paragraphen vereinigt ist? Nein, eine viel höhere Verbindung
umschließt sie. Es gibt eine Schar solcher dem Herrn geweihter Seelen, ,,die
geheiligt sind" (wörtlich). Keine Blutsverwandtschaft und keine
Interessenverbindung vereinigt so fest wie das Band das ,,unter allen, die
geheiligt werden", besteht (Matth. 12, 48 - 50).
Apg
20,33 A.Christlieb Pauli
Stellung zum Geld. Apostelgeschichte 20, 33.
1. Vom himmlischen Erbe, das alle Geheiligten bekommen (Vers 32 c), geht Paulus
auf seine Stellung zum irdischen Besitz über. Wie l e h r r
e i c h ist diese Zusammenstellung! Der Ausblick in himmlische Herrlichkeiten
und die richtige Stellung zu Gold und Silber gehören für ein nüchternes
Christentum zusammen. Die Hoffnung auf das ewige Erbe rückt die praktischen
Geldfragen in die rechte Beleuchtung. Wie mancher würde sich in irdischen Vermögensangelegenheiten ganz anders benehmen, wenn sein
Auge sich zuerst auf sein Erbteil dort oben richten würde. (1. Petrus 1, 4;
Kolosser 1, 12). Wer dort oben ,,goldene Gassen und Perlentore"
(Offenbarung 21, 10 - 21) erwartet, ist hier unten nicht mehr auf ,,Gold,
Silber und Kleider" erpicht.
2. Paulus hätte ein Recht gehabt, anständige Vergütung seiner wahrlich nicht
geringen Arbeit (Vers 19 - 21. 31) zu verlangen. Er selbst beweist solches
Anrecht. (1. Korinther 9, 7 - 14). Aber er verzichtet darauf aus Liebe um des
Evangeliums willen. Auch wir wollen nicht auf unser Recht pochen, besonders
dann nicht, wenn es sich um persönliche Entschädigung handelt. Laßt uns vielmehr fragen, was der Sache des Herrn am
meisten dient. Gott wird uns dabei nicht zu kurz kommen lassen und wird durch
solches Verhalten viele Gegner des Evangeliums mundtot machen.
3. Paulus Dienst war eine Arbeit ohne jede Hintergedanken auf irdische
Vorteile. Niemals hatte er solche Nebenhoffnungen wie jener Felix, der
,,daneben hoffte, es werde ihm Geld gegeben". (Kap. 24, 26). Wie leicht
können solche Hintergedanken eine Reichsgottesarbeit beflecken und ihren Segen
beeinträchtigen! (1. Thessalonicher 2, 5; 1. Samuel 12, 3)!
A.Christlieb Drei Fehler, die zu Vorzügen werden
können. Apostelgeschichte 20, 33.
Es gibt drei Laster, die ein rechter Christ bekämpft, die aber zu Vorzügen
werden können, wenn sie in der Weise des Paulus sich zeigen:
1. Verwerflich und unter allen Umständen zu bekämpfen ist der S t o l z , der verächtlich auf andere herabsieht. Aber einen
anderen, heiligen Stolz möchten wir jedem Christen wünschen, der mit Tersteegen spricht: ,,Werft den Kindern dieser Erde ihren
armen Tand zu Fuß". ,,Wir verlachen eure Sachen, stoßen weg, was ihr
begehrt." Solchen Stolz zeigte Paulus, als er sprach: ,,Ich habe von
niemandem Silber oder Gold oder Kleid begehrt". (2. Könige 5, 16; 1. Mose 14, 21 - 24).
2. Verwerflich ist die fleischliche S e l b s t ä n d i g - k e i t und U n a b
h ä n g i g k e i t des natürlichen Menschen, die sich nicht in Verhältnisse
fügen und unter andere Menschen stellen kann. Und doch gibt es eine
Selbständigkeit und Unabhängigkeit, die ein wahrer Christ haben und zeigen
darf: Wer in keiner Weise nach Silber, Gold und Geschenken trachtet, wer des
Paulus Stellung zu irdischem Besitz teilt, der ist anderen gegenüber wahrhaft
selbständig und unabhängig.
3. Verwerflich ist das R i c h t e n , welches immer
wieder andere verdammt (Matthäus 7, 1; 1. Korinther 4, 5). Wer aber durch sein
Beispiel und seinen Wandel die Welt richtet und verdammt, wie es schon Noah tat
(Hebräer 11, 7), der übt ein gutes Richten. Das tat Paulus, indem er bei
treuester Arbeit nie Nutzen für sich begehrte. Solches Beispiel richtet alle
selbstsüchtige Arbeit viel mehr als Worte es können.
A.Christlieb Drei Gefahren, die Paulus durch seine
Stellung zum Geld vermied. Apostelgeschichte 20, 33.
Indem Paulus während seiner Missionsarbeit nie nach Bereicherung schielte,
vermied er eine große Gefahr, welche die Schrift uns unter allen drei
Gleichnissen zeigt.
1. Er vermied einen ,, F a l l
s t r i c k " (1. Timotheus 6, 9, wörtlich). Jäger legen für das Wild
Netze und Fallstricke mit Lockspeise. Viele lassen sich betören und geraten in
die Gefahr. Indem Paulus nie nach dem Besitz seiner Zuhörer trachtete, umging
er diese gefährliche Falle und wurde bewahrt.
2. Der Reichtum legt denen, die nach ihm jagen, S k l a v e n k e t t e n an. Er macht die Menschen zu seinen Dienern (Matthäus
6, 24). Während sie den Reichtum zu haben glauben, hat der Reichtum der Welt
sie. Paulus wehrte sich nicht, als man ihn bei seiner Gefangennahme in Ketten
legte (Kap. 21, 33); aber niemals ließ er sich von Mammonsfesseln binden.
3. Der Reichtum ist auch ein B e t r ü g e r (Matthäus 13, 22). Er stellt
allerlei Befriedigung und Glück in Aussicht und hält sein Versprechen nicht. Er
betrügt seine Opfer, die ihm Vertrauen und Liebe entgegenbringen, wie der
ärgste Schwindler. Wie wurden Achan (Josua 7, 21), Gehasi (2. Könige 5, 19), Judas (Matthäus 27, 5) und viele
andere von ihm betrogen! Paulus ließ sich mit seinem göttlich erleuchteten Auge
nicht in den Betrug des Reichtums hineinziehen.
Wir haben Mitleid mit einem Tier, das in einen Fallstrick gerät, mit einem
Sklaven, der in Ketten geführt wird, und mit einem Menschen, der einem
Schwindler zum Opfer fällt. Sollten wir nicht vielmehr mit unserer eigenen
Seele Mitleid haben und die Gefahren des Reichtums vermeiden, wie Paulus tat!
(Prediger 5, 9; 1. Timotheus 6, 6 - 10).
Apg
20,34 A.Christlieb Paulus als
Handwerker.
II. Die Arbeit am Handwerk schadet der Missionsarbeit des Apostels nicht.
Apostelgeschichte 20, 34.
Ein zweites Bedenken, welches sich beim Anblick des Zelte verfertigenden Paulus
erheben könnte, ist dies: Leidet nicht die von Gott ihm befohlene
Missionsarbeit darunter? Wird nicht dadurch seine Zeit und Kraft einem
wichtigeren Dienst entzogen, der nötiger ist als jene mechanische Handarbeit?
Darauf ist zu antworten: Sicherlich gibt es heute viele Arbeiter im Reich
Gottes, denen man zurufen müßte: Überlasse diese und
jene äußere Arbeit einem anderen, der Gaben und Kräfte dazu hat. Du aber
beschränke dich auf die dir zugewiesene Aufgabe und zersplittere dich nicht
(Apostelgeschichte 6, 4; 2. Mose 18, 18 - 23).
Aber in diesem Fall lag die Sache anders. Die von Gott geleiteten Umstände
machten die äußere Arbeit hier nötig. Sobald Paulus merkte, daß
er durch Benutzung des freien Gastrechtes irgend jemand
zur Last fallen konnte (und Paulus war zartfühlend genug, dies zu empfinden),
so hatte er die Pflicht, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen (2.
Thessalonicher 3, 8). Wäre er jemand beschwerlich geworden, so wäre der Segen
der Missionsarbeit dadurch gehindert worden (1. Thessalonicher 2, 9; 1.
Korinther 9, 12 b). Das Reich Gottes, das Werk des Herrn hätte leiden können,
wenn er jene Arbeit nicht tat. Deshalb trieb Paulus auch diese Anfertigung von
Zelten als einen Gottesdienst genauso wie seine Ansprachen in den Synagogen
oder die große Rede auf dem Areopag.
Hätte Paulus sich diese äußere Arbeit nach seiner eigenen Wahl ausgesucht, oder
hätte er das Nebenziel seiner eigenen Bereicherung dabei verfolgt, dann freilich
würde seine Missionsarbeit darunter gelitten haben (2. Timotheus 2, 4). Das war
aber nicht der Fall. So durfte er getrost mit seinen Händen schaffen und die
ihm frei bleibende Zeit zum Dienst an anderen Seelen verwenden. Seine Rede in
Milet beweist, daß beiderlei Arbeit sich durchaus
nicht ausschließt, sondern wohl vereinen läßt (Kap.
20, 18 - 35).
siehe auch I. Die Arbeit am Handwerk schadet der Würde des Apostels nicht.
Apostelgeschichte 18, 3. III. Die Arbeit am Handwerk schadet dem Gebetsleben
des Apostels nicht. Philipper 1, 3 - 5.
A.Christlieb Die persönlichen Einkünfte des Paulus.
Apostelgeschichte 20, 34.
Es gibt Menschen, die für die Arbeit eines Gottesknechtes wenig Interesse
haben, wohl aber für die Frage: Wovon lebt er? Welche Einnahmen bezieht er? Wer
bei Paulus so fragt, kann in unserem Text eine Antwort erhalten. Es ist eine
beschämende Antwort. Dreierlei wird uns hier über Paulus Einnahmen mitgeteilt.
1. Woher stammten die Einkünfte von Paulus?
Paulus bezog sein Geld weder von gutbemittelten
Freunden, noch von den Heimatgemeinden Jerusalem oder Antiochien,
sondern durch seine persönliche Arbeit als Zeltmacher (Luther:
,,Teppichweber", Kap. 18, 3). Er konnte auf seine Glieder zeigen und
sagen: ,,Diese meine Hände haben mir gedient". Paulus war also nicht
arbeitsscheu. Er hätte Gründe genug angeben können, wenn er diese Mühe hätte
vermeiden wollen. Aber er schaffte mit seinen Händen, um niemand beschwerlich
zu werden (1. Thessalonicher 2, 9), und um dem Evangelium kein Hindernis zu
bereiten (1. Korinther 9, 12). Der Botschafter des himmlischen Königs schämte
sich der Arbeitsschürze nicht!
Es sollte niemand auf äußere Arbeit verächtlich herabsehen. Sie entwürdigt den
größten Gottesmann nicht. Ein echter Knecht Christi im Arbeitskittel ist vor
Gott mehr als ein Mietling in herrlicher Amtstracht (1. Korinther 4, 12; 2.
Thessalonicher 3, 8 - 10; 1. Korinther 9, 14. 15).
2. Wie verwandte Paulus seine Einkünfte?
Nicht zu einem bequemen oder üppigen Leben, nicht zum Ansammeln eines Reichtums
verwandte Paulus seine Einnahmen. Er brauchte sie nur zu seiner N o t d u r f t . Dieser Ausdruck deutet darauf hin, daß
er ein einfaches Leben führte. Er war kein Nabal, der
sich ,,ein Mahl zurichtete wie eines Königs Mahl" (1. Samuel 25, 36). Er
kleidete sich nicht wie der reiche Mann ,,in Purpur und köstliche
Leinwand" (Lukas 16, 19). Was zur Nahrung und Kleidung not
war (1. Timotheus 6, 8), auch solche Bücher, die für seinen Dienst nützlich
waren (2. Timotheus 4, 13), beschaffte er sich. Aber auf viele Dinge, die nicht
zur Notdurft gehörten, verzichtete er gern. Auch wir wollen noch besser lernen,
die Einnahmen ,,zu unserer Notdurft" zu verwenden und alle Üppigkeit zu
vermeiden.
Für einen Zweck aber hatte Paulus Geld übrig: Er übte Gastfreundschaft. Es
weilten bei ihm oft kürzere oder längere Zeit Gehilfen am Evangelium. Mit ihnen
teilte er gern sein einfaches Mahl, wie der Ausdruck ,,und derer, die mit mir
gewesen sind" uns zeigt. Paulus war also nicht geizig. Er herbergte gern (Römer 12, 13). So wollen auch wir für uns
selbst einfach leben, aber stets bereit sein, Liebe zu üben und gastfrei zu
sein gegen die Brüder (Jesaja 16, 4; Hebräer 13, 1. 2; Sprüche 10, 16; 17, 1;
1. Petrus 4, 9; 2. Könige 4, 10; Hiob 31, 32; Matthäus 25, 35; Apostelgeschichte
28, 14).
3. Es hat immer wieder Leute gegeben, die keinem Menschen Einblick gewähren
wollten in ihre persönlichen Einnahmen und Ausgaben. Dadurch entstand oft
allerlei Mißtrauen. Bei Paulus war dies anders. Bei
ihm lag kein geheimnisvolles Dunkel über dieser Frage. Den Ältesten war genau
bekannt, wie Paulus das selbstverdiente Geld zu seinem Unterhalt verwandte.
(,,Denn ihr wißt selbst".)
Laßt uns in Geldsachen so wandeln, daß ältere, erfahrene Christen jederzeit in unsere
Einnahmen und Ausgaben Einblick erhalten dürfen, weil dieselben einwandfrei
sind (Sprüche 16, 8; 15, 16).
Apg
20,35 A.Christlieb Geben ist
seliger denn Nehmen. Apostelgeschichte 20, 35.
Dies köstliche Heilandswort kann vielen Christen über einen schwierigen Punkt
hinweghelfen. Die heikle Stelle ist bei vielen das Geben. Unser natürlicher
Sinn ist vielmehr auf das Nehmen gerichtet. Nehmen wollte der verlorene Sohn
das ihm zustehende Teil der Güter (Lukas 15, 12). Nehmen wollte Gehasi, als er die Silberzentner Naemans
sah (2. Könige 5, 19 - 21). Die Menschen gleichen alle von Natur den hungrigen
Einwohnern Samarias nach dem Verschwinden des
syrischen Belagerungsheeres: Alle strömten zu den Toren hinaus, um zu nehmen
(2. Könige 7, 15 - 17).
Ganz anders sieht es mit dem Geben aus. Als die Leute von Sukkoth
dem verfolgenden Gideon ,,etliche Brote" geben sollten, war ihre
Vaterlandsliebe bald zu Ende. Sie hatten Bedenken und Ausflüchte (Richter 8, 4
- 9). Das Geben fiel ihnen offenbar schwer. Solche Gesinnung findet man nicht
nur in Sukkoth. Sie steckt tief in unserem
natürlichen Herzen. Als der reiche Nabal bei seiner
Schafschur David eine Gabe geben sollte, glaubte er alles für seine eigenen
Knechte nötig zu haben (1. Samuel 25, 11). Solcher Nabalsinn
ist in unserer Brust. (Matthäus 19, 21; 1. Mose 31,
41; Apostelgeschichte 5, 1 ff.; 1. Timotheus 6, 10). Nun aber kommt Jesus und
ändert unsern Sinn.
Bei w a h r e r S i n n e s ä n d e r u n g kommt ein
ganz anderes Nehmen an die Stelle des alten. Man nimmt jetzt ,,Gnade um
Gnade" (Johannes 1, 16). Man nimmt aus Gottes Wort und aus der
Gemeinschaft mit Jüngern Jesu innere Kraft und himmlisches Licht. Dieses neue
Nehmen verdrängt das alte. Es wird uns zum Bedürfnis und zur Freude, geben zu
dürfen. Rechte Christen sind immer gebende und darum auch immer selige Leute.
Auch wenn sie mit Petrus sprechen: ,,Silber und Gold habe ich nicht" (Kap.
3, 6), so gehören sie doch zu den ,,Armen, die viele reich machen" (2.
Korinther 6, 10).
Pastor Engels hatte den Grundsatz: ,,Ich will keinen Tag vorübergehen lassen,
wo ich nicht jemand eine Freude mache". Auf seinem Antlitz las man die
Bestätigung des Wortes: ,,Geben ist seliger denn Nehmen". (5. Mose 15, 11; Jesaja 58, 7; Johannes 12, 3 - 8; Hebräer 13, 5.
16).
Apg
20,36 A.Christlieb Eine rechte
Gebetsvereinigung. Apostelgeschichte 20, 36.
Welch ein köstlich Ding ist es um eine rechte Gebetsvereinigung! Hier ist eine
solche. Wir freuen uns an den T e i l n e h m e r n ,
d e r F o r m u n d d e r Z e i t dieser
Gebetsvereinigung.
1. Die T e i l n e h m e r sind Paulus und die Ältesten von Ephesus (,,Er
betete mit ihnen allen"). Wo Gottes Arbeiter und Jesu Knechte
zusammenkommen, da ist es ganz natürlich, daß sie
miteinander das Angesicht Gottes suchen und vor dem Gnadenthron sich
vereinigen. Wo dies als unnatürlich oder überspannt empfunden wird, da ist man
nicht in Pauli Linien. Den Segen des gemeinsamen
Gebetes soll sich kein Gläubiger, vornehmlich die Arbeiter im göttlichen
Weinberg nicht, rauben lassen.
2. Die äußere F o r m war die des knienden Gebetes. Das Knien bedeutet demütige
Unterwerfung. Sklaven fielen vor ihrem Herrn, Untertanen vor ihrem König nieder
(1. Mose 42, 6; 43, 26. 28; 44, 14; 50, 18). Auch uns
geziemt Gott gegenüber allezeit aufrichtige Beugung und Unterordnung. Wer die
Gesinnung Abrahams (1. Mose 18, 27) und des Zöllners
(Lukas 18, 13) hat, der beugt die ,,Knie seines Herzens". Dies ist die
Hauptsache. Wo die Herzensknie durch rechte Sündenerkenntnis gebeugt sind, da
pflegt das äußere Niederknien keine Schwierigkeit zu machen. Doch wollen wir
aus der äußeren Form niemals ein Gesetz machen.
3. Z e i t p u n k t und Anlaß dieses Gebetes waren
zunächst der Schluß der Rede von Paulus (,,Als er
solches gesagt hatte"). Nachdem er die Ältesten ermahnt, betete er noch
mit ihnen. Wie manche Ermahnung würde vielleicht noch tiefer eindringen und unvergeßlicher bleiben, wenn der Ermahnende auch mit dem
Ermahnten noch beten würde (Johannes 17).
Endlich stand Paulus jetzt unmittelbar vor einem ernsten Abschied. In diesem
feierlichen Augenblick beugte er die Knie und betete mit allen. So wollen auch
wir gerade die besonders wichtigen und bedeutsamen Stunden unseres Lebens durch
Gebet heiligen.
Apg
20,37 A.Christlieb Der Abschied
von den Ältesten. Apostelgeschichte 20, 37. 38.
Die hier geschilderte Abschiedsszene läßt uns einen
Blick tun in die Liebe jener Ältesten zu Paulus und ihre Anhänglichkeit an ihn.
Aus zwei Gründen ist uns diese Liebe besonders beachtenswert.
1. Paulus hatte es nie darauf abgelegt, Anhänglichkeit an seine Person zu
erzielen. Er gehörte nicht zu den Männern, welche ,,die Jünger an sich
ziehen" wollten (Vers 30). Er eiferte nicht, wie die galatischen
Irrlehrer um die Seelen, damit diese wieder um ihn eifern sollten (Galater 4, 17). Sein Trachten ging darauf, daß sie an Christus hingen (2. Korinther 11, 2). Und dieser
Mann darf die Liebe und Anhänglichkeit, nach der er niemals getrachtet hat, in
besonders reicher Weise erfahren. Er kam also bei seiner lauteren, selbstlosen
Arbeitsweise nicht zu kurz. Gott schenkte ihm die Liebe und Zuneigung seiner
geistlichen Kinder aufs herrlichste.
Daraus sehen wir: Gerade die selbstlosen und uneigennützigen Arbeiter im Reich
Gottes, welche die Seelen von sich weg auf Jesus weisen, dürfen die tiefste und
bleibende Liebe bei andern ernten. Wer es in Unlauterkeit darauf ablegt,
Anhänglichkeit an sich selbst zu erzielen, mag wohl eine Zeitlang Erfolg haben,
aber nicht dauernd, denn Gott wendet die Herzen seiner Kinder dem zu, der nur
seine göttliche Ehre sucht und seine göttlichen Ziele verfolgt (Jesaja 42, 8;
48, 11).
2. Aber auch im Blick auf die Ältesten ist uns diese innige Liebe wichtig.
Hätten jene Ältesten ihr eigenes Ansehen und ihre eigene Ehre im Auge gehabt,
so wären sie sicherlich nicht so tief betrübt über den Abschied des Apostels
gewesen. Denn so lange dieser in Ephesus (wenn auch nur hin und wieder)
persönlich mitarbeitete und die von ihm gegründete Gemeinde leitete, traten sie
vielmehr in den Hintergrund. Die Bedeutung des Apostels war so groß und sein
Ansehen so mächtig, daß alle anderen gegen ihn
zurücktraten. Wären diese Männer stolze Leute gewesen, so würden sie die
Abreise des Apostels nicht beweint, sondern im Stillen ersehnt haben, weil sie
von jetzt an eine viel größere Rolle spielten und ihr Wort nun maßgebend war.
Ihre Tränen beweisen, daß sie nicht in die Art der
Mirjam geraten waren, die auf Moses Ansehen neidisch wurde und es schmerzlich
empfand, daß ganz Israel immer auf Moses Wort und
nicht auf das ihrige hörte (4. Mose 12, 1. 2).
Laßt uns auch dieser Demut, die aus den Tränen der
Ältesten herausleuchtet, nachfolgen.
Apg
20,38 A.Christlieb Paulus nimmt
Abschied von den Ältesten der Gemeinde zu Ephesus. Apostelgeschichte 20, 37 -
21, 1 a.
Unser Text beschreibt eine ernste Trennungsstunde. Sie spielte sich am Strand
der Hafenstadt Milet ab. Paulus mit seinen Reisegefährten nahm hier Abschied
von den Ältesten der Gemeinde zu Ephesus, die ihn bis zum Schiff begleitet
hatten. Die einzelnen Ausdrücke, die den Vorgang des Abschieds beschreiben
(Vers 37 und 38), lassen uns die tiefe Gemütsbewegung der voneinander
Scheidenden erkennen.
Der Ausdruck ,,von ihnen gewandt" wird in Menges
Übersetzung deutlicher, in der es heißt: ,,Als wir uns dann von ihnen g e r i s
s e n hatten". Die Trennung war also ein ,,Sichlosreißen". Wir merken es auch diesem Wort an, daß ihnen der Abschied nicht leicht wurde. Dies ist bei der
innigen Verbindung, die sich zwischen Paulus und den Ältesten gebildet hatte,
recht begreiflich. Von diesen Ältesten war wohl der größte Teil erst durch
Paulus zum Glauben geführt worden, so daß sie ihm das
Beste verdankten und in ihm ihren geistlichen Vater sahen. Alle hatten
jedenfalls drei Jahre hindurch die Segnungen und Drangsale der besonderen
Erweckungszeit in Ephesus mit Paulus zusammen durchlebt (Kap. 19, 1; 20, 31).
Solche Zeiten und Erfahrungen verbinden sehr untereinander. Nun galt es, für
immer Abschied zu nehmen (Kap. 20, 38).
Daß unter solchen Umständen, wo die Herzen so verbunden
waren und keine Aussicht auf ein Wiedersehen vorhanden war, die Trennung ein ,,Sichlosreißen" war, verstehen wir gut. Auf solche
Trennungen muß sich jedes Gotteskind gefaßt machen. Niemand braucht sich dabei des Schmerzes zu
schämen, der hier auch bei den führenden Männern der ersten Christenheit zu
sehen ist (Johannes 11, 33 - 35; 1. Samuel 30, 3 - 5; 2. Könige 8, 11 - 13).