Bibelarbeit Apostelgeschichte 16, 9-22
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16,9 A.Christlieb 2. Paulus
hatte Klarheit über den inneren Zustand seines neuen Arbeitsfeldes.
Apostelgeschichte 16, 9; (Psalm 12, 6).
In Troas bekam Saulus nicht nur Klarheit über den
Weg, den er zu gehen hatte, sondern auch Licht über den inneren Zustand des
Arbeitsfeldes, auf dem er wirken sollte. Der Mazedonier, der ihm im Gesicht
erschienen war, hatte ihn gebeten: ,,Komm herüber und hilf uns!"
In dieser Bitte lag ein Bekenntnis. Der Vertreter des mazedonischen Volkes
bekannte, daß er sich allein nicht helfen könne und
sich nach Hilfe von außen sehne. Paulus konnte aus dieser Erscheinung den Schluß ziehen, daß in dem
mazedonischen Volk ein besonderes Sehnen nach innerer Hilfe vorhanden war.
Das mußte ihn stark anziehen. Wie ein Weltmensch gern
an Orte geht, wo Vorteil, Ehre oder Annehmlichkeit zu finden sind, so sucht ein
rechter Prediger am liebsten die Plätze auf, wo verlangende Seelen ihn
erwarten.
Nicht immer hat Gott seinen Knechten solch günstiges Licht über ihren
Wirkungskreis gegeben. Einem Jesaja zeigte er, daß er
zu einem Volk komme, dessen Herzen verstockt und dessen Augen geblendet sein
würden (Jesaja 6, 8). Ein Jeremias muß hören, daß sein Volk ihm mit Feindseligkeit gegenüberstehen werde
(Jeremia 1, 18) Ein Hesekiel erfährt vom Herrn, daß
seine Zuhörer zwar äußerlich sehr begierig nach Gottes Wort zu sein schienen,
aber im Herzen gar nicht daran dächten, ihr Leben nach diesem Wort einzurichten
(Hesekiel 33, 30 - 33)
Wie schön wäre es, wenn unser Herzensacker niemals dem jener Prophetenzuhörer
gliche, sondern etwas von der Sehnsucht des Mazedoniers zeigte, die Gott durch
sein Wort stillen will.
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16,10 A.Christlieb Eine
dreifache Klarheit, mit der Paulus nach Europa reiste.
1. Paulus hatte Klarheit über den Weg, den er gehen sollte. Apostelgeschichte
16, 10 (Psalm 32, 8)
Nicht allzulange ließ Gott seinen Knecht im
Ungewissen Durch ein Gesicht in Troas gab er ihm das
Licht, das er brauchte. Eine dreifache Klarheit erfüllte jetzt sein Herz und
das seiner Begleiter.
Zuerst hatten sie volle Klarheit über den Weg, den sie zu gehen hatten. Als der
Mann nach Mazedonien zu kommen bat, verstand Paulus mit einem Schlage, weshalb
der Geist ihm die Arbeit in Asien verwehrt hatte. Jetzt war ihm klar, weshalb
er nicht durch Bithynien hatte reisen dürfen. Was er vorher entweder gar nicht
oder nicht ganz verstehen konnte, das war ihm nun licht geworden. Er sah, daß ihn Gott für Mazedonien bestimmt hatte. Dort lag die
Arbeit, die er tun sollte.
Welch eine Kraft liegt doch in dem Wort: ,, ... g e w
i ß , d a ß u n s d e r H e r r d a h i n b e r u f e
n h ä t t e " . Wenn ein Abraham weiß, daß ihn Gott auswandern heißt, so kann er getrost seine
Heimat verlassen. Wenn ein Elias weiß, daß er sich am
Krith verbergen soll, so braucht er gar keine Sorge
zu haben, daß es ihm dort zu einsam werde. Wenn ein Mose den Auftrag bekommt, zum Pharao zu gehen, so wird er
nicht zuschanden vor ihm. Keine menschliche Garantie,
kein Schutzbrief von Königen und Behörden, keine Leibwache von auserlesenen
Truppen kann soviel nützen wie die Gewißheit, daß Gott einen bestimmten Weg haben will. Ein Soldat muß da stehen, wo der Feldherr ihn haben will. Ein
Schäflein muß weiden, wo sein Hirte vor ihm hergeht.
Die Bauleute müssen da arbeiten, wo es der Baumeister ihnen aufgetragen hat,
und ein Knecht Gottes muß das Werk ausführen, zu dem
der Herr ihn berufen hat.
Nicht nur dem Paulus, sondern auch uns will der Herr Klarheit geben, welchen
Weg wir gehen sollen. Jeder Christ pflegt sein Mazedonien zu bekommen, wo der
Herr ihn brauchen will, und wo er mit seiner Gabe einen Dienst für das Reich
Gottes ausrichten darf.
2. Paulus hatte Klarheit über den inneren Zustand seines neuen Arbeitsfeldes.
-> Apostelgeschichte 16, 9 3. Paulus hatte Klarheit über das Heilmittel, das
er bringen sollte. -> Apostelgeschichte 16, 11
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16,11 A.Christlieb 3. Paulus
hatte Klarheit über das Heilmittel, das er bringen sollte. Apostelgeschichte
16, 10 (Römer 1, 16; Psalm 107, 20).
Paulus hatte nicht nur Gewißheit, daß
er nach Mazedonien gehen müsse, und daß dort heilsverlangende Seelen seien, sondern auch Klarheit über
das Heilmittel, welches dort die gewünschte Hilfe bringen würde. Er war gewiß, daß der Herr ihn nach
Mazedonien berufen hatte, ihnen das E v a n g e l i u m z u p r e d i g e n.
Wenn man die klügsten und gebildetsten Menschen jener
Zeit gefragt hätte: ,,Wie kann jenem mazedonischen Volk wohl am besten von
Grund auf geholfen werden?", so würden die Antworten wohl sehr verschieden
gelautet haben. Der eine hätte vermehrte Bildung, der andere neue soziale
Ordnung, der dritte andere Staatsformen und dergleichen mehr vorgeschlagen. In
allem hätte manches Wahrheitsmoment liegen können. Aber das beste,
gründlichste, göttliche Heilmittel war doch das, welches Paulus brachte, als er
das teure Evangelium in jenes Land hineintrug. Auf die Bitte des mazedonischen
Mannes um Hilfe war lebendige, geistgesalbte
Verkündigung von Jesus die richtige Antwort.
So ist es auch heute noch. Was braucht unser Land und alle Länder der Erde in
Kriegs- und Friedenszeiten? Sie brauchen lauteres Gotteswort. Dies ist die
Salbe von Gilead, die den Schaden Josephs heilt.
Darum laßt uns Jesu Mahnung befolgen: ,,Bittet den
Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte
sende".
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16,13 A.Christlieb Erste
Erlebnisse in Mazedonien.
1. Auch kleine Versammlungen können gesegnet sein. Apostelgeschichte 16, 13
(Matthäus 13, 31. 32).
Die erste uns berichtete Versammlung, in der auf europäischem Boden das
Evangelium verkündigt wurde, war äußerlich gering und unscheinbar. Nur eine
Anzahl Frauen waren zum jüdischen Gebetsgottesdienst an einem Wasser
zusammengekommen. (Die Juden wählten für ihre Gottesdienste gern Plätze an
einem Wasser, wo sie zugleich die vorgeschriebenen Waschungen verrichten
konnten.)
Beim Anblick dieser geringen Versammlung wäre manchem, der mit großen
Erwartungen angekommen war, der Mut gesunken. Aber gerade diese Versammlung ist
ein Beweis dafür, daß auch die kleinste Zusammenkunft
eine unberechenbare Wichtigkeit für die Ewigkeit haben kann. Es kann große
Volksversammlungen geben, bei denen nichts für die Ewigkeit herauskommt, und es
kann kleine, bescheidene Gebetsvereinigungen geben, in denen der Herr Großes
tut.
Georg Müller erzählt, Gott habe ihm einmal in der Vorbereitung für eine ganz
kleine Wochenversammlung ganz besonderes Licht in ein Textwort gegeben, so daß er versucht gewesen sei, diesen Text erst am Sonntag,
in dem größeren Gottesdienst zu nehmen. Er behandelte aber den Text in der
kleinen Bibelstunde und durfte da gerade einem jungen Mann zum entscheidenden
Segen werden, der später vielen anderen ein Wegweiser wurde.
Laßt uns also auch die geringste Versammlung nicht
verachten, sondern bitten, daß Gott sie benutzen möge
wie in Philippi.
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16,14 C.H.Spurgeon ,,Welcher tat
der Herr das Herz auf." Apg. 16, 14.
Bei der Bekehrung der Purpurkrämerin Lydia ist manches Beherzigenswerte zu
beachten. Dieselbe ward durch göttliche Führungen veranlaßt.
Lydia war eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira,
aber gerade zur rechten Zeit kam sie nach Philippi,
um den Apostel Paulus zu hören; die Vorsehung, die Handlangerin der Gnade,
führte sie zur rechten Stätte. Ebenso bereitete die Gnade ihre Seele zu für die
Heilsbotschaft; Gnade bahnt der Gnade den Weg. Sie wußte
nichts vom Heiland, aber als Jüdin waren ihr manche Wahrheiten bekannt, die als
treffliche Vorstufe zur Erkenntnis Jesu dienten. Ihre Bekehrung war eine Folge
ihres mit gottesfürchtigem Eifer gepflegten religiösen Sinnes. Sie kam auf den
Sabbat in die Schule zur Zeit des Gebets, und dort fand auch ihr Gebet
Erhörung. Wenn wir doch nur nie die Gnadenmittel versäumten! Gott kann uns segnen,
auch wenn wir nicht in seinem Hause sind; aber wir haben größeren Grund zur
Hoffnung, daß Er es tun will, wenn wir in der
Gemeinschaft seiner Heiligen stehen. Beachtet die Worte: ,,Welcher tat der Herr
das Herz auf." Sie öffnete ihr Herz nicht selber; ihre Gebete taten es
nicht; Paulus tat es nicht. Der Herr selbst mußte das
Herz öffnen, damit es aufnehme, was zu unserm Frieden dient. Er allein ist
imstande, den Schlüssel ins Schloß der Tür zu stecken
und es zu öffnen und sich Eingang zu verschaffen. Er ist nicht nur des Herzens
Schöpfer, sondern auch des Herzens Beherrscher. Das erste sichtbare Zeichen
ihres geöffneten Herzen war ihr Gehorsam. Sobald Lydia den Glauben an Jesum
empfangen hatte, ließ sie sich taufen. Es ist ein liebliches Zeichen eines
demütigen und zerschlagenen Herzens, wenn das Kind Gottes bereit ist, einem
Befehl zu gehorchen, der zu seiner Errettung nicht wesentlich ist, welcher ihm
nicht von selbstsüchtiger Furcht vor der Verdammnis aufgenötigt wird, sondern
eine einfältige Tat des Gehorsams und des Umgangs mit seinem Meister ist. Das
nächste Zeichen war Liebe, die sich in dankbarer Gesinnung gegen die Apostel
betätigte. Liebe zu den Heiligen war jederzeit ein Beweis einer wahrhaften
Bekehrung. Wer für Christum oder seine Gemeinde nichts tut, gibt nur ein
zweifelhaftes Zeichen von einem ,,geöffneten" Herzen. Herr, tue auch uns
das Herz auf!
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16,15 A.Christlieb 4. Wie Lydias
Glauben sich äußerte. Apostelgeschichte 16, 15; (Matthäus 10, 32; 1. Petrus 5,
5 und 4, 8 - 10; Galater 5, 22).
Die erste Seele, die in Europa für Jesus gewonnen wurde, zeigt uns drei schöne
Kennzeichen ihres Glaubens, die uns allen vorbildlich sind.
1. M u t i g bekennt sie sich als eine Jüngerin Jesu, indem sie sich taufen läßt. Sie fürchtet sich nicht davor, daß
etwa dieser Schritt ihrem geschäftlichen Leben Nachteil bringen könne, indem andersdenkende Heiden und Juden sich von ihr abwendeten.
2. Mit diesem Mut verbindet sich eine gar liebliche D e m u t
, indem sie nicht Anerkennung ihres Glaubens verlangt, sondern es
bescheiden dem Urteil der Apostel überläßt, ob
dieselben sie wirklich als gläubig anerkennen. Wo mutige Entschiedenheit sich
mit demütiger Bescheidenheit verbindet, da wird dem Namen Christi Ehre gemacht.
3. Endlich äußert sich ihr Glaube in der L i e b e ,
die sich in der großen Gastfreiheit kundtut. Sie will Paulus mit seinen
Reisegefährten in ihr Haus aufnehmen und ruht nicht, bis ihre Bitte erfüllt
ist.
Mit Paulus war außer Silas und Timotheus
wahrscheinlich auch Lukas zusammen, weil dieser, der Verfasser der
Apostelgeschichte, von Troas ab sich in den Bericht
einschließt (w i r fuhren; V. 11). Die Beherbergung von vier Männern, deren
Verkündigung auf der einen Seite manche Feindschaft nach sich ziehen, auf der
anderen Seite manche Besuche in das Haus bringen mußte,
stellte an die Gastfreundschaft nicht unbedeutende Ansprüche.
Wie beschämt Lydia darin so manche christliche Hausfrau, die solchen Dienst aus
allerlei Gründen zu vermeiden sucht.
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16,16 A.Christlieb Die
Wahrsagerin empfiehlt Paulus. Apostelgeschichte 16, 16 - 17; (Matthäus 24, 24;
2. Korinther 11, 14).
Die Tatsache, daß jene Magd mit dem Wahrsagergeist
sich so anerkennend über die Apostel und ihre Verkündigung ausdrückt, ist
beachtenswert. Sie beweist, daß auch solche Menschen,
vor denen die Schrift warnt, und vor denen wir uns zu hüten haben, bisweilen
treffende Wahrheiten aussprechen können.
Es hat je und je Christen gegeben, die sich durch solchen Betrug Satans
überlisten ließen, die glaubten, daß ein Mensch, der
wahre und erbauliche Worte rede, unmöglich mit dem Reich der Lüge im
Zusammenhang stehen könne. Unser Text widerlegt diesen Irrtum. Die Magd mit dem
Wahrsagergeist sprach hier nur die Wahrheit. Jedes Wort von ihr war richtig:
Paulus und Silas waren Knechte Gottes, des
Allerhöchsten. Sie verkündigten den Weg der Seligkeit. Nach dem Inhalt ihrer
Worte hätte jemand denken können, daß diese Person
ganz im Einklang mit Paulus stehe, so daß man ihr
ruhig trauen dürfe. Und doch war der Geist jener Magd ein ungöttlicher.
Laßt uns demnach nicht ohne weiteres jedem Geist
trauen, der einmal eine gute Wahrheit ausspricht. Das haben auch ägyptische
Zauberpriester und Götzenpriester der Philister tun können. (,,Das ist Gottes
Finger", 2. Mose 8, 15; ,,Gebt
dem Gott Israels die Ehre"; ,,Nehmt die Lade des Herrn und sendet sie
hin"; 1. Samuel 6, 5 - 9).
Wenn sogar die Wahrsagerin in Philippi so empfehlend
auf die Missionsarbeit der Apostel hinweisen konnte, so haben wir uns auf
ähnliche Täuschungen gefaßt zu machen, zumal die Zeit
der letzten Verführung näher heranrückt. (Matthäus 24, 11 und 23 - 25; 2.
Petrus 2, 1 - 3).
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16,17 A.Christlieb Woran konnte
man den falschen Geist erkennen? Apostelgeschichte 16, 17 - 18; (Sprüche 12,
18; Matthäus 12, 19).
Es erhebt sich nun die andere Frage: Woran kann man den falschen Geist
erkennen? Wenn jedes Wort, das die Wahrsagerin ausspricht, genau richtig ist,
wenn sie die Menschen auch aus einen guten Weg hinweist, so kann es doch hart
und ungerecht erscheinen, wenn man sich ablehnend gegen sie verhält.
Ein aufmerksames Beobachten dieser Magd zeigt indessen manchen Zug, der
Bedenken erwecken muß. Es liegt etwas sich
Vordrängendes, Zudringliches, Lautes, Schreierisches in ihrem ganzen Benehmen,
das ganz anders ist als der stille, sanfte Geist, der gerade bei einer Frau
köstlich vor Gott ist (1. Petrus 3, 4). Dazu kommt noch eines: Sie mußte merken, daß ihr Nachlaufen
und Nachrufen dem Paulus unangenehm war. Trotzdem fährt sie fort, ihn damit zu
belästigen. Da mangelt es zumindest an dem Zartgefühl der Liebe, welche von
göttlicher Art ist (1. Korinther 13, 4 - 5).
Wir sehen also: Wenn auch die Worte jener Person richtig sind, so ist doch ihr
ganzes Benehmen nicht richtig. Laßt uns daraus dieses
eine lernen: Wenn wir auffallende Erscheinungen, wie jene Frau, richtig
beurteilen wollen, so müssen wir nicht nur ihre einzelnen Aussprüche, sondern
ihr gesamtes Auftreten nach der Schrift prüfen. Nur dann werden wir vor
folgenschwerem Irrtum bewahrt werden.
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16,18 A.Christlieb Die Stellung
Pauli zur Wahrsagerin. Apostelgeschichte 16, 18; (1. Johannes 2, 20. 26 - 27;
4, 1).
Bei der Stellung Pauli zur wahrsagenden Magd wollen wir beachten: Sein
Empfinden ihr gegenüber, sein Tragen und sein Eingreifen.
Pauli Empfinden bei der Wahrsagerin.
Was empfand Paulus dieser Person gegenüber? Mancher hätte eine gewisse Freude
oder gar Stolz bei ihm erwarten können, weil er hier ganz unerwartet eine
Anerkennung seiner Wirksamkeit fand. Aber wir finden weder frohe noch stolze
Gefühle bei Paulus, sondern Schmerz. Dieser Schmerz ist ein Beweis für den
göttlichen Scharfblick und für den gesunden Prüfgeist des Paulus. Er empfand
sofort etwas Fremdes, das ihn abstieß und nicht ruhig werden ließ bei der sich
wiederholenden Annäherung und lauten Anerkennung dieser Person.
Wie einst Nehemia bei dem scheinbar recht wohlwollenden Rat des Propheten Semaja, in den Tempel zu flüchten, gleich ,,merkte, daß ihn Gott nicht gesandt hatte" (Nehemia 6, 12), so
spürte Paulus bei den empfehlenden Worten dieser Magd, daß
solche Anerkennung nicht von oben stamme.
Solchen Prüfgeist brauchen auch wir. Je mehr wir in inniger Gemeinschaft mit
Jesu leben, je mehr wir uns von seinem Geist durchdringen lassen, desto mehr
kann der Herr uns dieses Unterscheidungsvermögen geben, daß
wir von ungöttlichen Erscheinungen abgestoßen, dagegen von allem, was
göttlicher Art ist, angezogen werden. Wohl uns, wenn wir uns dieses zarte,
richtige Empfinden in reichem Maße schenken lassen durch die Salbung von dem,
der heilig ist (1. Johannes 2, 20).
Apg
16,19 A.Christlieb Die Besitzer
der Wahrsagerin ziehen Paulus und Silas vor Gericht.
Apostelgeschichte 16, 19; (1. Korinther 6, 1 - 8; Lukas 12, 15).
Unser Text zeigt uns die Besitzer der ehemaligen Wahrsagerin, die im Zorn über
ihre geschäftliche Benachteiligung ans Gericht eilen, um gegen die Apostel
Anzeige zu erstatten. Wenn wir uns in die innere Stellung der zur Obrigkeit
eilenden Männer hineinversetzen, so sehen wir ein Bild, das uns von ähnlichen
Wegen abschrecken kann.
1. Die Besitzer eilen zum Gericht als geldgierige Menschen.
Gewiß gibt es Fälle, wo die Inanspruchnahme der
weltlichen Behörden gerechtfertigt ist. Aber niemals wird es sich für einen
Christen ziemen, in solcher Weise und Gesinnung einen Mitmenschen zu verklagen,
wie die Besitzer jener Magd in Philippi es taten.
Denn diese Männer eilten vor allen Dingen deshalb zu den Richtern, weil sie
sich von dem Geld so schlecht trennen konnten, das sie bisher durch ihre
wahrsagende Sklavin erzielten. Vor Gericht gaben sie freilich ganz andere
Gründe an.
In Wahrheit aber war ihr Zorn über den Verlust der Einnahme der Grund ihrer
Anzeige. (,,Da sie sahen, daß die Hoffnung ihres
Gewinnes dahin [wörtl. ausgefahren] war", zogen
sie Paulus und Silas vor die Obersten.) Hätten diese
Herren Mitgefühl für ihre Sklavin gehabt, so hätten sie sich über ihre
Befreiung von dem schädlichen Geist freuen müssen, weil dieselbe dadurch in
einen gesunden Zustand zurückkam Aber nicht Mitgefühl, sondern Mammonsliebe
beherrschte jene Männer.
Wenn diese Triebfeder der Geldliebe und des Hängens am Gewinn uns zur Anzeige
eines Menschen veranlassen will, so laßt uns
umkehren, über unseren Geiz Buße zu tun, und nicht andere, sondern uns selbst
anklagen.
2. Die Besitzer eilen zum Gericht als rachsüchtige Menschen.
(Römer 12, 17 - 21; Prediger 7, 9. 10; Epheser 4, 26; Jakobus 1, 19 - 20).
Nicht nur Geldliebe, sondern auch Rachgier trieb die Besitzer jener Wahrsagerin
dazu, die Apostel zu verklagen. Sie wollten den Mann, durch den sie sich
geschädigt glaubten, wieder schädigen. Sie wollten demjenigen etwas
Unangenehmes zufügen, durch den sie Unangenehmes erfahren hatten.
Solche Rachgier kann uns bei jenen heidnischen Mammonsknechten nicht wundern.
Aber wundern muß es uns, daß
wir im eigenen Herzen noch solche Regungen zur Rachgier wahrnehmen müssen. Wehe
uns, wenn diese Triebfeder zur Rachsucht uns veranlassen sollte, gegen einen
Mitmenschen Klage zu erheben. Wir wären dann auf dem Wege des Schalksknechtes,
der seinem Mitknecht die Schuld nicht erlassen wollte, obgleich ihm sein Herr
zehntausend Pfund geschenkt hatte (Matthäus 18, 32). Wir wären aber nicht in
der Nachfolge dessen, der nicht schalt, da er gescholten war (1. Petrus 2, 23).
3. Die Besitzer eilen vor Gericht als unwahrhaftige Menschen.
(Psalm 15, 1. 3; 3. Mose 19, 16; Sprüche 20, 19;
Epheser 4, 25; Sacharja 8, 16).
Die Gesinnung der Männer, die Paulus in Philippi zur
Anzeige brachten, war nicht nur eine gewinnsüchtige und rachgierige, sondern
auch eine unwahrhaftige. Denn sie haben gar nicht die Absicht, der Obrigkeit
ein sachlich richtiges Bild von der Tätigkeit jener Zeugen zu entwerfen,
sondern sie wollen den Richtern nur eine möglichst ungünstige Meinung von den
Aposteln beibringen. Absichtlich verzerren und entstellen sie in ihrer Anklage
das Bild der Missionsarbeit des Paulus und Silas, um
eine recht harte Bestrafung derselben zu erzielen.
Das war bei der inneren Triebfeder ihrer Anklage gar nicht anders zu erwarten.
Wenn Gewinnsucht und Rachgier jemand zur Anklage eines Mitmenschen veranlassen,
so darf man von solchen Anklägern kaum eine gerechte und wahrheitsgetreue
Darstellung des Sachverhalts erwarten. Vielmehr zieht eine Sünde die andere
nach sich. Der Geist der Geldliebe und des Hasses ist kein Wahrheitsgeist.
Wenn die Frage an uns herantritt, ob wir einen Mitmenschen bei der weltlichen
Behörde verklagen sollen oder nicht, so laßt uns doch
an diesem dreifachen Prüfstein unser Herz untersuchen: 1. Machen wir nicht dem
Herrn Unehre durch Festhängen am irdischen Besitz? 2. Sind wir völlig frei von
jeder Rachsucht? 3. Haben wir die Absicht, nur die reine Wahrheit ohne jede
Übertreibung und Entstellung auszusprechen?
Wenn wir nicht in allen drei Stücken uns von jenen Anklägern Pauli völlig
unterscheiden, dann ist gewiß unser Weg zum Verklagen
kein richtiger Weg. Sind wir aber von Geldliebe, Rachsucht und Unwahrhaftigkeit
frei, so werden wir in vielen Fällen den Gang zum irdischen Richter nicht nötig
haben.
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16,20 A.Christlieb 4. Die
Anklage gegen die Apostel. Apostelgeschichte 16, 20 - 21; (Johannes 15, 18 -
21; 1. Petrus 4, 12 - 14).
Wie macht doch der Zorn den Menschen blind gegen sich selbst! Wenn wir die
einzelnen Anklagepunkte näher betrachten, welche gegen die Apostel vorgebracht
werden, so finden wir, daß diese Anklagen viel mehr
bei den Klägern zutreffen als bei den Aposteln.
Die Herren sagten: ,,Diese Menschen machen unsere Stadt irre" (wörtlich:
,,versetzen sie in Unruhe"). Wer machte denn die Stadt jetzt irre? Wer
verursachte viel Unruhe? Die Kläger und der von ihnen zurückgewünschte
Wahrsagergeist taten dies.
Ferner wiesen sie auf die jüdische Herkunft der Apostel hin, um auch dadurch
die Richter und das Volk noch mehr aufzuhetzen, denn die Juden waren damals wie
auch heute wegen ihrer Geschäftsart bei vielen nicht beliebt. Gewiß war Paulus der Geburt nach ein Jude.
Aber wer besaß die jüdischen Fehler mehr, wer war im Geldgewinnen geschickter
als die Kläger, die so große Summen aus der armen, wahrsagenden Sklavin zu
ziehen verstanden?
Zuletzt warfen sie den Aposteln vor, daß diese mit
ihrer Missionsarbeit in stärksten Widerspruch gegen die römischen Bräuche und
Gesetze gerieten. Paulus nicht, wohl aber die Kläger, indem sie die öffentliche
Auspeitschung des mit dem römischen Bürgerrecht versehenen Apostels veranlaßten und das geheiligte Gastrecht der Fremdlinge
verletzten! Dies war in Wahrheit ,,eine Weise, welche ihnen nicht ziemte zu
tun, weil sie Römer waren."
Die gläubigen Christen brauchen sich nie zu wundern, wenn ihnen die Welt
Vorwürfe macht, die sie lieber gegen sich selbst erheben sollte.
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16,22 A.Christlieb 5. Die
Wirkung der Anklage. Apostelgeschichte 16, 22 - 24; (Matthäus 10, 17;
Apostelgeschichte 9, 16; Hebräer 11, 36; Psalm 34, 20).
Die Wirkung der gehässigen Anklage war die gewünschte. Die öffentliche Meinung
wandte sich gegen die Apostel (,,das Volk wurde erregt"). Die Behörde ließ
sie auspeitschen und einkerkern. Im innersten Gefängnis werden ihre Füße
zwischen zwei Hölzer eingeschraubt, weil der Kerkermeister dem erhaltenen
Befehl gemäß sie ,,wohl verwahren", d. h. gegen etwaige Fluchtversuche
alle Sicherheitsmaßregeln treffen wollte. In dreifachem Elend lagen nun die
Apostel im Gefängnis:
Zuerst waren sie gequält von den körperlichen Schmerzen, indem zu den Folgen
der furchtbaren Auspeitschung auf entblößtem Rücken auch noch die Qualen der
eingeschraubten Füße hinzukamen. Sodann war ihre Ehre öffentlich mit Füßen
getreten worden, denn diese Auspeitschung war eine entehrende Strafe, so daß Schmach und Schande jetzt auf ihnen lasteten. Endlich
war ihre Missionsarbeit, für die sie mit heiligem Eifer lebten, völlig
verhindert. Keine Möglichkeit zur Fortsetzung derselben schien vorhanden zu
sein.
So etwas mußte Paulus erleben, nachdem er im Gehorsam
gegen die göttliche Weisung den Weg nach Mazedonien gegangen war und die Arbeit
daselbst begonnen hatte! Wundern wir uns nicht, wenn Gott seine Kinder
bisweilen in Lagen hineinkommen läßt, die für den
Augenblick völlig unbegreiflich erscheinen. Wenn alles um uns her dunkel und jeder Weg verschlossen ist, so bleibt der Weg zum
Gnadenthron offen. Diesen kann man auch mit eingeschraubten Füßen betreten.