Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu 1. Timotheus 4

Erstellt von Michael Strauch

D: 1, Timotheus Kapitel 4

1. Kurze Gliederung

a.. Warnung vor Irrlehrern (V.1-5)

b.. Warnung vor falscher Frömmigkeit (V.6-11)

c.. Bedeutung des persönlichen Vorbilds (V.12-16)

2. Exegetische Bemerkungen

2.1. Adolf Schlatter nennt als Überschrift: "Der Kampf gegen die einbrechende Unnatur"[1] Erster Abschnitt: Verse 1-5

Vers 1: Paulus empfing eine klare, vom Heiligen Geist eingegebene Weissagung. Wir erfahren nicht, ob der Geist Gottes durch Paulus sprach, oder ob jemand anders Geist gewirkt es Paulus mitteilte. Das Gewicht der Weissagung geschieht nicht in Bildern, nicht in Visionen, es bekommt sein Gewicht auch nicht durch die Person, durch die der Geist spricht, sondern die Weissagung hat sein Gewicht darin, dass sie ausgesprochen ist - in klaren Worten (der Geist - sagt - deutlich) Schlatter übersetzt nicht wie Luther mit "letzten Zeiten", sondern mit "späteren Zeiten". Es geht also nicht darum, was passiert, wenn der Antichrist kommt, was passiert, kurz bevor der Herr wiederkommt, sondern die Zukunft der Kirche - die späteren Zeiten - wird hier gedeutet. Das wird sehr bald eintreten und bleiben als ein ungutes Geschwür.

Der Geist Gottes warnt nun. Wovor? Dass einige den Glauben an Jesus verlassen. Es sind nicht solche, die hinterher als Heiden wieder leben, sondern die einen Wechsel vollziehen vom rechten Glauben an Christus hin zum falschen Glauben an menschliche, pseudochristliche Religionen. Diese Menschen sind eine potentielle Gefahr. Vom griech. wird deutlich, dass diese Menschen willentlich abfallen und der neuen Lehre anhangen. Das ein Christ, der gerettet wurde, abfallen kann, wird als ein Geheimnis empfunden, das die Gemeinde erschüttert. Darum bereitet Paulus die Gemeinde darauf vor. Der Anstoß - noch mal liegt nicht darin, dass er dem Wort Gottes ungehorsam wurde. Sondern es sind Menschen, die durch das Wort Gottes überführt gläubig wurden an den Herrn Jesus Christus und nun willentlich sich von ihm trennen. Lt Phil 1,6 hat doch der wiedergeborene Christ die Gewissheit, dass der, der das gute Werk begonnen, es auch vollenden wird. Nicht wir können uns retten oder etwas dazu beitragen. Es ist reine Gnade. Gott schafft den Glauben an ihn, er trägt durch. Aber die genannten Personen scheinen gerade diese fundamentale Einsicht durch ihr Beispiel in Frage zu stellen. Paulus deckt auf: Hier sind finstere Mächte im Spiel, die pseudochristlich den Menschen verführen und nur eines zum Ziel haben: den Menschen vom Glauben abzubringen. Dazu bedienen sich die Dämonen religiöser Mittel: in jedem Fall religiöser Vorschriften, nach denen der Mensch sich heiligen und damit das ewige Leben erwerben kann. Schlatter betont, dass die Dämonen gerade durch das Entstehen von Religionen dahin gewirkt haben, dass die gute Lehre abhanden ging und der Christ sich anderem zugewandt hat.

"Geister verführen und Dämonen lehren; die Religiosität, die die Kirche verwirren wird, wird also ein heroisches Unternehmen sein. Nicht lähmende Gleichgültigkeit und müde Anpassung an die natürlichen Zustände wird sie schädigen, sondern religiöse Leidenschaft, die, von großen Worten erfasst, Schwerstes wagt und sich vor dem Kampf gegen die Natur nicht scheut. "[2]

Die finsteren Mächte bedienen sich dabei menschlicher Werkzeuge. Diese Menschen sind Schauspieler und Lügenredner - also "charismatische Menschen". Diese Menschen verkünden Dinge, die sie selbst erfinden.

Das Wort Gottes wird angefochten durch menschliches Machwerk. Der ehrliche Christ, der an Jesus glaubt, wird angefochten durch falsche Lügner. Das gute Gewissen, dass ein Christ bekommt, weil ihm die Sünde vergeben ist, wird angefochten von Menschen, die einst gläubig waren (Brandmal), nun aber dieses vertuschen, um mit pseudochristlichen Gebärden Aufsehen zu erregen. Das Schreckliche ist, dass sie nicht mehr zu Christus zurückkehren können und nun neue Wege suchen, nicht genug damit, auf diese Wege auch die recht Glaubenden abführen wollen. Worin besteht nun aber die neue Lehre? Woran erkenne ich, dass die Menschen den Glauben verlassen haben?

Das Verbot der Ehe und Enthaltung von Speisen

Die Ehe sei weltlich, mit fleischlicher Lust verbunden. Wer verheiratet sei und Kinder habe, hat keine Zeit, Gott zu dienen. Er diene anderen Herren. Ein rechter Glaubender müsse sich ganz der Sache Gottes verschreiben. Ehe, Kinder, Sexualität seien störend, hinderlich auf dem Weg zur Vollkommenheit.

Enthaltung der Speisen meint hier, viel und lang anhaltendes Fasten als Ausdruck wirklicher Frömmigkeit! Es ist wohl kaum die Rede vom Verbot bestimmter Speisen. Und wenn, dann wäre sicher das Verbot von Fleisch gemeint. Paulus hat in 1Kor 7 und Rö 14 eingehend etwas zu dem Thema gesagt. Die Ehe, die Sexualität, Kinder und der Verzehr aller Speisen ist von Gott geschenkte Gabe, wenn sie im Glauben dankbar angenommen wird. Was ist nun so schwierig an diesen Verboten? Die Schwierigkeit hegt darin, dass ein Mensch zwei Gebote aufstellt, für alle Menschen verbindlich macht, obwohl sie nach Gottes Willen legal sind, ja geradezu Geschenk Wer also Gottes Wort (vgl. Mt 13) aushebelt, und neue, im Mantel der Frömmigkeit versteckte Gebote aufstellt, der flicht Menschenwort zwischen dem Glaubenden und Gott. Dieser Mensch hat vom Evangelium nichts verstanden oder - schlimmer - er weiß darum und macht es bewusst mit verführerischer Absicht.

Das Schlimme liegt ebenfalls darin, dass diese Leistungen "heilsnotwendig" werden. Nur dadurch sei das Heil zu erlangen. Hier greift also ein Mensch in Gottes Grundlagen ein. Er baut eine geheime, als fromm getarnte Schranke ein, mit der Christ, einmal darauf reingefallen, keine Errettung findet. Schlimmer noch: würde dieses Gesetz für alle gelten, hätten Christen irgendwann keine Nachfahren mehr. Das würde bedeuten, die Christenheit würde drastisch dezimiert werden. Ein teuflischer Plan. Denn Gott will Kinder. Die Fruchtbarkeit ist der erste Befehl Gottes an den Menschen.

Und nun zu den Speisen: Der Gläubige verhält sich zu der Schöpfung und dem Geschaffenen als Christ. Gott versorgt die Seinen durch die Nahrung. Die Nahrung tut dem Körper wohl und führt den Gläubigen dazu, dass er Gott dankt und sich an ihm freut. Darauf also einen pseudochristlichen Index zu schaffen, steht der Ehre Gottes im Wege. Alles liegt in Gottes Hand. Alles, was der Herr gemacht hat, gehört ihm. Selig ist, wer alles aus seiner Hand nimmt und Gott dankt dafür. Verwerflich ist, wenn man die Dinge nimmt, als würden sie einem gehören Die Gabe soll den Glaubenden zum Schöpfer weisen. Wohl kann die Gabe selbst zum Götzen werden, indem sie den Menschen an sich bindet. Aber der Christ ist sich des Geschenkes bewusst. Damm sind Häuser, Erbe, Geld etc, nie unser Eigentum, sondern Gabe Gottes. Die Gabe ist an sich nicht heilig. Sie kann missbraucht werden. Sie wird aber geheiligt, wenn sie passiv durch das Dankgebet dazu beiträgt, dass der Mensch sich Gott zuwendet. In dem Moment, wo dies geschieht, wird Gottes Wille erfüllt. Somit ist Wort Gottes und Gebet Mittel, die die Gabe heiligen.

Wir stellen fest, wie eng Paulus oft von der Schöpf her argumentiert. Lt Röm 1 ist die fehlende Dankbarkeit gegenüber der Schöpfung und ihr Missbrauch Tatsache für den Unglauben.

Die Verse 6 - 16

'Was kann Paulus der Bewegung, die die Kirche der Unnatur zutreibt, entgegenstellen? An Verbote konnte er nicht denken; Worte allein helfen nicht. Das einzige Mittel, mit dem er sich der Verirrung der Kirche widersetzen kann, ist der von ihm unterwiesene Mann, der Erbe seines Glaubens und seiner Lehre."[3]

Timotheus muss gerade in den Anfängen der Kirche eines wissen:

1.. Er wurde von Gott durch eine Weissagung durch Paulus auf die Gefahren hingewiesen.

2.. Die Gefahr: ein Glaube, der die die Schöpfung Gottes missachtet, ein Christentum, dass der guten, menschlichen Natur zuwiderstet.

3.. Ein Glaube, der nicht "rechter Glaube" ist, weil er sich nach menschlichen Regeln definiert.

Wenn es Timotheus gelingt, die Spur des Paulus zu verfolgen, wird er "ein löblicher Diener Christi" sein. Gott ist der Schöpfer, damit beginnt maßgeblich das AT, darauf fußt und baut Jesu Wirken auf. Die Schöpfung Gottes darf nicht "verteufelt" werden. Der Schöpfer ist in Jesus Mensch geworden. Weiter wird Paulus daran gedacht haben, dass der Herr Jesus die Ehe als unauflöslich erklärte. Sie ist "Werk Gottes", schöpferhaft. So ist auch jedes Kind Schöpfung Gottes, dass aus der Ehe bekommt, dass sogar eine Mutter höchste Verheißungen empfängt. Vgl. 1Tim 6,3; 1Kor 7,10. Wichtig ist in Vers 6, dass Paulus beständig "Worte" betont. So wie der Geist Gottes durch klare Worte sich ihm offenbart hat, so hat das schöpferische, Glauben weckende Wort auch in Timotheus gewirkt und ihn erzogen, dann zum Glauben an Gott geführt. "Der Gegensatz zu den Worten, die Timotheus besitzt", sind Mythen!" Luther übersetzt mit Altweiberfabeln.Es geht hier um ein abergläubisches Fabulieren, wie alte Frauen Märchen und Gespenstergeschichten erzählen. Da zuvor von übermäßigem Fasten die Rede war und der Feindschaft gegenüber der Ehe, also gegen eine Art Unnatur, wird wohl die Schöpfungsgeschichte umgedeutet worden sein, Vermutlich gab es schon bald apokryphe Fabeln, woher die Seele komme, wohin sie geht, ihr Verhältnis zur Natur und wie sie Reinigung gewinnen kann. Also haben wir vermutlich eine Gruppe pseudochristlicher Asketen vor uns. Ihr Beispiel, ihre physischen und psychischen Kräfte mögen beeindruckt haben. Ihr Ziel war gewiss die Sündlosigkeit. Frei nach Goethes Faust: wer immer sich bemüht, den können wir wohl erlösen.

Dagegen wirkte die Haltung des Timotheus eher schlaff. Dabei übt er sich auch, allerdings geistlich. Er übte sich in der Eusebeia, in der Gottesfurcht. Bei der ersteren geht es dem Menschen darum, selber immer heiliger zu werden, Bei der Eusebeia tut der Christ alles, um Gott zu ehren. Paulus bewertet dieses asketische Verhalten. Er kommt zum Ergebnis: zu wenig nutze. Oligon meint: gering an Zahl, kurz von Dauer. D.h. er sagt nicht: zu nichts nutze. Es gibt Momente, Zeiten etc., wo die leibliche Ertüchtigung durchaus ihren Platz hat. Es hilft, sich zu beherrschen, sich besser zu konzentrieren etc. Es gibt Menschen (vgl. Gandhi), die zu großen Taten fähig sind. Aber am Ende sagt Gott: wenig, oligon. Der Glaube aber an Christus, ein Leben, das Gott beständig die Ehre gibt, ist zu allem nütze. Führt ins ewige Leben. Das ganze Leben soll münden in die Eusebeia, Gottesfurcht. Und dieser rettende Glaube bringt das Leben "jetzt" und "auf ewig" V.8 - im Gegensatz zur Unsicherheit des Mythos. Darum sind Menschen, die diese selbstsüchtige Frömmigkeit verfolgen, oft boshaft und menschenfeindlich. Den wer den Leib verwirft, die Natur und die Geschlechtlichkeit, der hat auch keine Gnade mit der eigenen Leiblichkeit. Gott aber hat den Menschen geschaffen. Durch sein Erlösungswerk ist der Mensch mit Gott und seiner Schöpfung versöhnt. Die Schöpfung und den Leib als sündhaft zu entlarven und durch Askese die reine Seele von der Leiblichkeit zu befreien, ist menschliches Gesetz und steht Gottes Glaubenswerk zentral entgegen. Dieses Wort des Glaubens ist und muss ganz angenommen werden (V.9), Was aber ist die geistliche Übung, die Gymnastik, in der wir uns üben dürfen und sollen? Der Glaube, die Liebe, das Gebet (V. 12).

Vers 12: vom Judentum und später auch im Christentum gab es die Sitte, dass ein geistlicher Lehrer, ein Presbyter ein gewisses Alter erreicht haben sollte, damals 50 Jahre alt. Dies soll für Timotheus kein Hindernis sein. Wie aber erringt Timotheus Achtung, entgegen dieser Regel? Indem er sich bemüht, früh und bald ein Muster, ein Vorbild, ein Leitbild zu werden. Gottes Geist bestätigt den Lehrer. Nicht Titel, nicht Amt noch Alter zeichnen den geistlichen Menschen aus, sondern das Vorbild, das sich an der Schrift misst. Er soll den Gläubigen ein Vorbild sein und Gott unterstehen. Ein Beispiel besonders in folgenden Bereichen:

Im Wort, im Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Keuschheit. Die Gemeinde braucht neben der Lehre Vorbilder, heute mehr denn je. An den Vorbildern sollen sie sehen, wie man mit Christus lebt, wie man zum Glauben einlädt und über den Glauben spricht. Insbesondere hebt Paulus die Liebe hervor. Lesen, mahnen, lehren sind dabei ausdrückliche Aufgaben seiner Arbeit. Mahnen heißt zweierlei: dem Menschen helfen, im Glauben zu leben und den Menschen trösten. Beiderlei. Wichtig: Timotheus ist nicht des Paulus Nachfolger. Er hat solange im Auftrag des Paulus zu wirken, bis das er wiederkommt. Dann wird Paulus wieder die Leitung übernehmen. Ist Timotheus nicht überfordert? Der Gedanke liegt nahe. Hier sagt Paulus: du hast nur diesen Dienst ein Charisma erhalten, Nutze es, vernachlässige die Gabe nicht, sie ist in dir. Paulus tadelt Timotheus nicht, verlangt nicht unmenschliches. Gott hat Timotheus ausgerüstet, Timotheus ist stets in der Phase der Übung, er darf versagen und wieder neu einsteigen in den ihm verordneten Kampf. Wie aber ist Vers 16 zu verstehen? Doch "Selbstrettung"? Nein, es wird das zum Ausdruck gebracht, was Paulus immer betont: bleib in der selig machenden Lehre, weiche nicht davon ab, dann wirst du gerettet und alle, die diese Botschaft hören und annehmen. "Dein Glaube hat dir geholfen!" Aber im Sinne: alles Herr machst und tust du.

--------------------------------------------------------------------------------

[1] Adolf Schlatter: Die Kirche der Griechen im Urteil des Paulus; Calwer Verlag 1983; S.116ff

[2] ebenda S.117

[3] ebenda, S.121