Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu 1. Timotheus 3
erstellt von Michael Strauch
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C: 1Timotheus Kapitel 3 – Ämter in der Gemeinde
1. Kurze Gliederung
* Das Bischofsamt (V.1-7)
* Das Gehilfenamt (V.8-13)
* Die Gemeinde als Trägerin des Heils (V.14-16)
2. Exegetische Bemerkungen
2.1. Die Ämter in der Gemeinde: Älteste, Aufseher und Diakone
Auch hier ist es nötig, die einzelnen Begriffe vom griechischen uns anzuschauen:
1. Episkopos: übersetzt mit Bischof, eigentlich so wörtlich: Aufseher (epi – auf; skopä-sehen, spähen. Der Skopusberg (Ölberg) bei Jerusalem heisst so, weil Alexander der Große von dort auf Jerusalem spähte, sah, blickte.
2. Diakonos: Diener, Diakone
3. presbüteros: Älteste
Zur Erklärung dieser beiden Begriffe:
1. Episkopäs – der Aufseher
Das Wort kommt im NT 5x vor. In 1Pt 2,25 bezieht es sich auf Christus. Ansonsten sind Menschen damit gemeint, die eine Funktion oder/und ein Amt in der christlichen Gemeinde wahrnehmen. Im griech. Sprachgebrauch kann das Wort episkopäs für verschiedenartige Ämter stehen. Es ist also nicht auf ein bestimmtes Amt determiniert. In den meisten Fällen beinhaltete die Funktion eine aufsichtsführende und/oder administrative Aufgabe. In vorchristlicher und während dieser Zeit waren z.B. Tempelaufseher im Judentum episkopäs.
Im NT steht der Begriff in zwei Stellen sehr eng zusammen mit dem Hirtenbild. So in 1Pt 2,25, wo der Herr Jesus Hirte (poimän) und Aufseher unserer Seelen ist. Dann in Apg 20,28 – dort werden die Gemeindeältesten von Ephesus als episkopäs – Aufseher bezeichnet, die die Herde Gottes zu weiden hätten. Hier haben wir ein Beispiel, dass die episkopäs und die Bresbüterous (Apg 20,17) – also die Aufseher und Ältesten oder anders ausgedrückt: Bischöfe und Älteste werden hier gleichgesetzt.
Zusammenfassung:
Ein Episkopos war eine Art Vorsteheramt mit unterschiedlichen Aufgaben. Die zwei Stellen in 1Pt 5,2 und Apg 20,28 wird deutlich, dass eine Aufgabe das „weiden der Herde“ war. Das wiederum meint – vgl. J.T.Beck,Erklärung der zwei Briefe Pauli, Gütersloh 1879, S.126 – eine Leitung der Gemeinde im Geist und in der Liebe. Neben den „Aufsehern“ gab es eben auch die Presbyter, die Ältesten. Ihr jüd. Equivalent sind die „wökenim“, die Ältesten, die neben Hohepriester und Schriftgelehrten im Hohen Rat saßen. Es sind die Häupter und Vertreter des Volkes und der Name „Älteste“ dürfte damals wörtlich zu nehmen sei
2. Diakonos – die Diener Kommt im NT 36x vor. In der Apg verteilt es sich auf zwei Bedeutungsfelder: Auf den apostolischen Dienst mit Betonung der Wortverkündigung (1,17.25;6,4; 20,24; 21,19; 19,22) und auf die Armenfürsorge (6,1.2), zu der auch das Einsammeln der Kollekte für Jerusalem gehörte (11,29;12,25). Als diakonos – als Dienst – wird der Verkündigungsdienst des Paulus bezeichnet und seiner Mitarbeiter. In 1Tim 4,6/2Tim4,11 wird die Verkündigungstätigkeit des Timotheus als diakonos bezeichnet. Diakone waren demnach Lehrer, Evangelisten, Hirten, die der Gemeinde das Wort auslegten. Durch Lukas hat aber der reine Verkündigungscharakter zugenommen, da er in Apg.deutlich macht, dass die Verkündigung und die Hilfe für die Armen – der heute sprichwörtlich diakonische Wortgebrauch – dazu gehört.
Zusammenfassung:
Wir dürfen uns die frühe Gemeinde so vorstellen, dass die oberste Leitung die Apostel wahrnehmen. Ausdrücklich in dienender Funktion – weil Christi Dienst als Vorbild – stehen zwischen den Aposteln und der christlichen Gemeinde Menschen, die Leitungsaufgaben wahrnahmen. Da waren die Aufseher, die Diakone und Presbyter. Beck: „Wie ist nun das Verhältnis von episkopoi, diakonoi und presbüteroi?“ (ebenda, S. 127). Die Presbyteroi waren Älteste, stellenweise vermutlich Männer im fortgeschrittenen Alter, die die Gemeinde mitleiteten. Sie unterteilen sich in die Episkopäs und diakonäs. Die Aufseher waren mit der Leitung der Gemeinde betraut, die Diener kümmerten sich u.anderem um ganz profane Verwaltungsaufgaben. Zur Verwaltung der Gemeinde gehörte z.B. die Armenpflege, die Kranken-Witwen und Durchwandererpflege. Diese Dinge nahm organisatorisch eine Person – Aufseher – in die Hand, von den Ältesten berufen. Dieser Aufseher brauchte aber für die Durchführung seiner Aufgaben Helfer, ohne Rangunterschied, und das waren mehrere Personen, eben die Diakonoi. Die Oberleitung – um es nochmals zu sagen: ohne hierarchische Vorstellung – hatten die Apostel oder ihre Delegierten – zu denen in unserem Fall der Timotheus gehörte. (So auch Titus).
2.2. Die Erfordernisse zur Ausübung des Amtes des Aufsehers
* Unsträflich (anepiläptos): das Wort kommt ursprünglich aus dem Fechtergenre. Ein Mann, der so gut fechten kann, dass der Gegner ihm einfach nicht beikommt, ist anepiläptos. D.h. ein Aufseher soll ein Mann sein, dem man im moralischen Sinn nicht zurecht anschuldigen kann. Man kann ihm nicht einen Stich versetzen, der gerechtfertigt wäre. Er lässt sich nicht auf sündige Angelegenheiten ein (2Kor 6,3).
* Mann ein Frau (mias güneikas andra): wird von Aufsehern wie Diakonen verlangt. Wie ist das zu versehen? Es muss erwähnt werden, dass in der alten Kirche bald die irrige Auffassung vorherrschte, dass ein Bischof nicht mehr nach dem Tod seiner ersten Frau wieder heiraten dürfe. Das hat Paulus nicht gemeint. Er wendet sich vielmehr gegen die Polygamie und Polyandrie. Die Probleme lagen gewiss nicht darin, dass christliche Männer mehrere Frauen hatten. Das Problem lag im bisherigen Lebenswandel. Mann einer Frau bedeutete, dass ein Mann sich nicht willentlich hat scheiden lassen und sich eine andere Frau genommen hat. Ansonsten hatte man große Achtung, wenn ein Mann nach dem Tod seiner ersten Frau ledig blieb. Aber es ist keine Voraussetzung.
* Nüchtern: näfalios. Meint zunächst nüchtern sein im Bezug auf äußere Genüsse. Das Gegenteil von Nüchternheit ist Genusssucht in jeder Form. Nüchtern auch im geistlichen Sinne.
* Mässig (sofron): meint einen gesunden Sinn haben, die Herrschaft der Vernunft über die inneren Regungen und Leidenschaften, sprich ein besonnenes Wesen.
* Sittsam: (kosmios): geordnet und gesetzt, sittlicher Anstand im ganzen Äusseren.
* Gastfrei (filoxenos): genauer: Freund jener, die Fremdlinge sind (filo = Freund; xenos= Fremder).
* Lehrhaft (didaktikos): geschickt und eifrig im Lehren. Dazu gehört das Geschick, dass der Lehrer es versteht, das eine Wort Gottes für die verschiedenen Menschen, Umstände und Verhältnisse anzuwenden und auszulegen. Darüber hinaus auch in rechter Weise zu rechter Zeit zu ermahnen, zu trösten, aufzurichten.
Es folgen negative Eigenschaften. Man muss dazu sich Erinnerung rufen, dass viele Christen aus ursprünglich sehr weltlichem Milieu stammten. So konnten die alten Tugenden zu gegebener Gelegenheit leicht wieder hoch kochen. Es sollen also für diese Ämter Christen genommen werden, die in ihrem Charakter gerade auch im sittlichen Bereich gefestigte Personen sind. Wenn Paulus vom Wein spricht im Sinne von saufen und sich daran berauschen, so meint er alles unbotmäßige Verhalten. Für „nicht raufen“ steht eigentlich „Schläger“. Paulus will also, dass der Vorsteher nicht genusssüchtig sei, nicht hoch-oder übermütig und auch nicht gewinnsüchtig oder eigennützig.
Vielmehr:
* Gelinde: epieikä – sich selbst verleugnende Nachgiebigkeit. Bereit zum Opferbringen, entbehren,
* Nicht zänkisch: amachos – ein Charakter, der den Frieden sucht, nicht den Streit.
* Nicht geizig – meint eigentlich das sich begnügen an dem, was man hat.
* Dem eigenen Haus gut vorstehen: Das Haus ist die Gemeinde im Kleinen. Wer seinen Pflichten in der Familie nicht nachgeht, der geht sie erst recht nicht in der Gemeinde nach.
* Gehorsame Kinder habe: echein. Haben, bewahren, halten. Ein sittlicher Akt, nachdem der Vorsteher bemüht ist, seine Kinder gehorsam und tugendsam zu erziehen. Es ist die Frage, ob gehorsame Kinder Voraussetzung für dieses Amt ist. Denn es geht ja um die positiven Eigenschaften des Aufsehers, nicht der Kinder. Dem Aufseher soll man es nachsagen, dass er sich sehr um die rechte Erziehung seiner Kinder bemüht.
* Vers 5: Zitat von Beck, ebenda, S.141:“Das Wirken des Gemeindevorstands steht im Versorgen, nicht auf dem Polizeifuss, nicht auf dem Amtsbegriff, es liegt darin: das Gute fördern und dem Übel steuern mit Vaterautorität.“
* Nicht ein Neuling – füteuein. Gemeint ist nicht ein junger Christ an Jahren. Gemeint ist ein Mensch, der noch frisch „gepflanzt“ ist, der also noch nicht lange im Glauben steht. Lies auch Mt 13,52, wo auch der Herr Jesus verlangt, dass ein Schriftgelehrter nicht nur Neues, sondern auch Altes in seinem Schatz habe.
* Aufgebläht – tüfotheis: meint „mit Dunst angefüllt: wer noch nicht viel geistliche Erkenntnis besitzt, der greift in seiner Lehre schnell zum nächstbesten. Ich zitiere Beck: „er jagt dem Dunst nach, statt der Wahrheitssubstanz nach zu graben, er nebelt in einem hohlen Wissen, Rhetorisieren, Sentimentalisieren, Praktizieren etc. und der Beifall, der sich daran anreiht, der augenblickliche äußere Erfolg macht nun auch stolz, eitel und prätentiös. So geht es den Neulingen im Amt, denen, die in die Höhe schiessen, ehe sie in die Tiefe wurzeln, nach außen sich ausbreiten, statt sich an innen zu konsolidieren.“
* Der Teufel hat kein Recht, zu verurteilen oder zu richten. Vielmehr ist es diese Aufgeblasenheit und Überheblichkeit, mit der der Satan gegen Gott auftrumpfen wollte. Ewige Verdammnis ist sein Los. Unter dieses Gericht kann auch ein Neuling fallen. Wenn er zu früh den Applaus erfährt, die Wahrheit nicht in seiner Tiefe erfasst, vielmehr vieles selbst dazudichtet, zum Irrlehrer wird, dann steht er in großer Gefahr.
* Paulus möchte nun, dass diese Vorsteher auch in der Welt ein gutes Zeugnis haben. Gemeint ist nicht das schlechte Reden und Angreifen der Boten Gottes. Viele ducken sich, verleugnen die Wahrheit, damit man den Leuten kein Anstoss sei. Sondern wir denken daran, dass die Leute dem Vorsteher nicht zu recht was andichten können.
2.3 Die Erfordernisse zur Ausübung des Amtes des Dieners:
Vgl. dazu Rö 16,1; Phil 1,1. Schon im Jüngerkreis wurde jemand beauftragt zur Verwaltung des Vermögens und der Armenbedienung – Judas Iskarioth. (Joh 12,6;13,29). In der ersten Gemeinde oblag diese Aufgabe zuerst den Aposteln. Als ihnen die Arbeit über den Kopf wuchs, bestimmten sie sieben Männer, darunter auch Stephanus (Apg 6). Die primäre Aufgabe war die Versorgung der Armen und Hilfsbedürftigen, also auch Kranke und Fremdlinge. Diese Diakone waren viel mit Menschen zusammen und hatten gewiss viel zu hören. Sie sollen darum nicht „doppelzüngig“ sein. Gemeint ist, nicht heute so reden und morgen anders. Sie sollten also nicht Partei ergreifen, nicht ihr seelsorgerliches Wissen ausspielen, auch nicht bei sicher einiger Gelegenheit zuviel Wein trinken – kurzum all den Versuchungen widerstehen, die es mit sich bringen, wenn man viel mit Menschen zusammen ist. In Gefahr stehen sicher Lehrer, Ärzte, Pfarrer, Prediger etc.
In Vers 10 wird nun dasselbe Prinzip wie bei den Aufseher angewandt. Man soll keine Neulinge nehmen. Die in Frage kommenden Personen sollen auf Probe eingestellt werden. Das für die Gemeinde und für sie selbst ein guter Weg. Wir stellen in Vers 11 fest, das nicht nur Männer zu Diakonen berufen wurden, sondern auch Frauen (günaikas). Hier ist nicht von den Ehefrauen die Rede, die kommen erst im nächsten Vers. Im griech. steht kein Possesivpronomen, nur – so wörtlich – desgleichen sollen die Frauen sein…Wir haben hier also Diakonissen vor uns. Die Erfordernisse ähneln den vorhergehenden.
Vers 13: Wer unter diesen seinen Dienst treu verrichtet, der wird von Gott selbst belohnt. Das ist urchristliches Gedankengut. Im griech. ist gemeint, dass ein Ehrenstufe erreicht wird. Nicht Lob von Menschen, nicht das Hochkommen in Kirche und Beruf, sondern allein der Herr wird darüber bestimmen, ob ein Diener seinen Dienst lobreich vollbracht hat.
2.4: Die Verse 14-16:
Paulus sehnt sich nach seinem Kind im Glauben, Timotheus. Er hofft sehr auf ein baldiges Wiedersehen, schon ahnend, dass dem nicht so sein wird. So betont Paulus erneut, wie Timotheus, wie all die erwähnten Christen in ihren Ämtern sich im „Hause Gottes“ zu verhalten haben. Paulus gebraucht hier die Begriffsfolge „ekkläsia tou theou zoontos“ – die Gemeinde des lebendigen Gottes. Es erinnert an den von Gott errichteten Tempel, der Jesus Christus zum Fundament hat, erbaut auf den Propheten und Aposteln, worin geistbegabte und erfüllte, wiedergoberene Christen die Steine bilden mit dem Ziel, gleich des Ulmer Münsters in den Himmel zu wachsen, Gott stetig näher zu kommen (1Kor 3,16; 1Pt 2,5; Eph 2,21f). Diese Gemeinde Gottes ist – so wörtlich – ein Grundpfeiler der Wahrheit. Nicht eine einzelne Kirche, nicht eine kirchliche Richtung, sondern die Kirche der wiedergeborenen Kinder Gottes als Gesammtes sind Träger der ewigen Wahrheit. Nicht dass sie vollkommen seien, nicht dass sie alles wüßten, aber sie haben in ihrer Schwachheit in Gott doch die ganze Wahrheit. Die Wahrheit ist aber Jesus Christus selbst. So hat die Kirche, die den Christus hat – auch die Wahrheit. Diese Wahrheit hat die Eigenschaft einer Säule. Stellen wir uns eine griechische Säule vor, die fest am Boden steht, in ihm verankert ist, dann nach oben strebt und das Dach trägt. So ist die Wahrheit nach unten gelangt, zu den Menschen, als Mensch in dem Gottes Sohn Jesus Christus. Er ist (Phil 2) Mensch geworden, von oben nach unten gekommen, vom Licht in die Dunkelheit. Christus hat seiner Gemeinde die Wahrheit gebracht und hat die Gemeinde in ihr verankert. Und nun strebt diese Wahrheit nach oben. So wie Christus auferstanden und zum Himmel gefahren ist zum Vater, so finden wir im Bild der Säule die Aufwärtsbewegung zu Gott. Der Himmel ist das Endziel der Gemeinde. Das sie das Ziel erreicht, dazu braucht sie die Wahrheit. Die Wahrheit ist aber Jesus Christus, Gottes Sohn, der verherrlicht zur Rechten des Vaters sitzt in Ewigkeit. Mit der Aufwärtsbewegung sehen wir auch die sichtbare und unsichtbare Welt (Fleisch/Engel) und all das Ringen und Kämpfen Gottes um das Seelenheil aller Welt.