Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu Psalm 115
erstellt von Michael Strauch
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1. Ein Wort zuvor:
In Matth 26,30 schließt Matthäus mit einem interessanten Hinweis: Jesus hat beim letzten Passahmahl mit seinen Jüngern 62;den Lobgesang" gesungen. Gemeint sind Psalmen, genauer die 62;Hallelpsalmen", die die Psalmen 113-118 umfassen.
Es gab folgende Ordnung: Vor dem Essen Psalm 113-114, nach dem Essen Psalm 115-118.
Der Psalm ist ein Wallfahrtslied mit Anrufung und Responsorium (Antwort). Ungefär so: Die Gemeinde betet/singt die Verse 1-3, 12 und 18. Darauf antworten die Priester und singen der Gemeinde Mut und Glauben zu in den Versen 9-11 und Vers 14f.
Gedanke:
Dieser gesungene Zuruf und die gesungene Antwort ist tief im altjüdischen Brauch zu suchen. Wenn evangelische Christen diese Art des Psalmgebets als 62;katholisch" abwerten, dann muß hier gesagt werden, daß die katholische Variante die biblische ist.
2. Inhalt
Zwei Strophenblöcke wie folgt:
V.1-8: Gott lebt und handelt. Götzen sind tot.
V.9-18: Aufruf zum Vertrauen auf Gott, der wirklich helfen kann
3. Exegese:
zu 1:
Ich lese den Psalm im Glauben, das ihn der Herr Jesus betete mit seinen Jüngern. Vielleicht zu dem Zeitpunkt, wo Judas entwichen war? Wie schmerzhaft mußte es dem Herrn durch Mark und Bein gefahren sein, wenn er die Worte sprach: 62;Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist nun ihr Gott?" Diese Worte wird er in ähnlicher Weise selbst am Kreuze schreien: Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?" Und höhnend hört er die Worte seiner Widersacher: Er hat sich selbst zum Gott gemacht...Er soll sich selber helfen!" Und wie mag es ihm ergangen sein, als er die Worte sprach: 62;Nicht die Toten loben den Herrn, noch wer ins Schweigen hinabfuhr!" Für den Herrn Jesus wurden die Worte dieses Wallfahrtsliedes bald bitterste Realität. Doch mag er fest vertraut haben: 62;Israel, vertraue dem Herrn! Er ist ihre Hilfe und ihr Schild.
Die erste Strophe beginnt mit einem geradezu energischen Aufruf, dass Gott die Ehre an sich nehmen soll, nicht der Mensch. Denn Gott, der Allmächtige und Erhabene steht über allem, darum kann er auch am besten mit Ruhm und Ehre umgehen. Ihm gehört sie auch, denn er bewirkt alles und hat alles geschaffen. Wenn Menschen sich die Ehre geben, dann geht es um Ansehen, um Macht und Selbstdarstellung. Die eigene Ehre gehört meines Erachtens zu den größten Problemen, mit denen die Christen aller Denominationen zu kämpfen haben. Der entschlossene Wille und Wunsch, gehört, gesehen und geachtet zu werden, ist in der Kirche Jesu Christi fest verankert. Vermutlich ist niemand gänzlich davon frei. Weil die Ehre aber Gott gehört, ist es an sich kein Spaß mehr, die Ehre an sich zu reißen. Gott gebührt die Ehre. Bei ihm ist sie bestens aufgehoben. Warum? Weil Gott der Herr gnädig ist und sich jedem widmen kann. Gott kennt keinen Neid, keine Ellenbogentaktik, kein Übertönen und Übersehen. Er kennt an sich nicht die vielen kleinen Fiesheiten, mit denen Christen sich das Leben schwer machen. Gott ist gnädig. Gebt ihm die Ehre, dann darf jeder zufrieden sein.
Ihm die Ehre geben - was heißt das aber praktisch? Das kann bedeuten, dass ich immer wieder neu frage, was der Herr will. Die Lieder, die Gottesdienstgestaltung, die Formen, die Menschen, die es einzuladen gilt: all dies steht unter der Prämisse: es muß Gott ehren und ihm gefallen. Wer Gott ehren will, beharrt nicht allein auf alte Lieder, sondern 62;singt dem Herrn ein neues Lied!" Wer Gott ehren will, beharrt nicht allein auf die neuen Lieder, sondern singt auch die alten, weil sie ungleich gehaltvoller sind und die älteren Menschen viel mit ihnen verbinden. Wer Gott ehren will, fragt nicht, ob neue Formen katholisch oder charismatisch sind, nur weil sie ungewohnt erscheinen, sondern er fragt, ob Gott geehrt wird. Denn wer schnell an Oberflächlichkeiten mäkelt, macht er sich und seine Erkenntnis schnell zum Maßstab und gibt eben sich selbst damit die Ehre. Es ist ein verrücktes, verzwicktes Ding, schwer zu durchschauen, diese ansteckende Krankheit namens Ehrsucht.
Nun gerät die Gemeinde in eine siegesgewisse Kampfesstimmung. Gott lebt. Gott regiert. Gott handelt. Warum fühlen wir uns als Christen immer nur so klein, wo wir doch so einen gewaltigen Gott und Herrn haben. Die Welt vertraut auf Götzen. Sie vertraut auf Raketen, Überschallflugzeuge, Atom-Uboote, Radarsysteme, Natobündnisse und Diplomaten. Die Heiden aber rufen: Wo ist denn euer Gott? Diese Fragen machen uns manchmal verzagt, missmutig und kleingläubig. Aber diese Feindschaft brauchen wir nicht persönlich zu nehmen, sondern wir dürfen die Frage weiterleiten an Gott selbst. Er wird sich um diese Fragen kümmern. Ja, wir haben einen Gott, der handelt. Während im Gegenzug dazu die Götter der Menschen totes Material sind. Ihre Geräte sind alle der Vergänglichkeit preisgegeben. Aber von wem sprechen wir denn, wenn wir bei den Nichtchristen von Göttern reden? Sind es die technischen Errungenschaften, sind es die Götter in Weiß? Sind es Sammlungen oder die Karriere? Ja und nein. Wie bekomme ich heraus, ob ich einen Nebengott anbete? Nun, von einem Gott erhoffe ich, das er mir hilft, besonders, wo menschliche Hilfe versagt. Einen Gott liebe/ und oder fürchte ich. Einem Gott bin ich gehorsam und verbringe besonders gedanklich viel Zeit. Kurz: von einem Gott bin ich abhängig. Meinem Gott gebe ich in allem die erste Priorität. So, oder ähnlich kann man fragen. Fernseher, Computer, Kino, Mulitmedia etc., all das darf ich mit Dank und gemäß dem Gewissen vor Gott auswählen und gebrauchen. Aber meinem Leben geben die Dinge keinen Sinn. Wohl sind sie Freizeitgestalter. Aber sie rauben viel Zeit und machen abhängig. Soll ich nun alles auf den Müll werfen? Das muß jeder selbst entscheiden. Sind meine Gedanken ständig an diesen Dingen verhaftet, dann stehe ich in Gefahr. Berühmte Götter sind auch die Geldnoten, die eigenen Häuser, der Alkohol etc. Wie schütze ich mich gegen diese Götter? Durch einen freigebigen Geist. Ich plädiere nicht für den Zehnten, da das neue Testament diese Form kaum aufgreift. Denn die Abgabe des Zehnten kann schnell zur Gewissensberuhigung dienen. Nein, einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Jeder gebe, was er mit frohem Herzen zu geben vermag. Wer gerne gibt, macht deutlich, dass die toten Götter das Leben nicht wirklich glücklich machen. Aber geschenkte Güter können wohl Ärmere sehr glücklich machen und ihnen helfen, den Weg zu Gott zu finden.
Die Nichtchristen wenden sich diesen Göttern voll zu. Sie sind zu bedauern. Ja, es gilt, ihnen zu helfen. Denn sie erwarten von Talkshows, Ratgebern, Filmen Heil und Sinn. Wieviel mehr sollen wir durch unser Beispiel zeigen, dass der wirklich helfende, redende, hörende und auf die Sorgen eingehende Gott der Gott im Himmel ist. Der Gott und Vater Jesu Christi.
Und wenn die Menschen fragen, man solle Gott beweisen, dann würden sie wohl an ihn glauben, dann möchten wir ihnen sagen: du darfst auch mit deinen Zweifeln zu Gott kommen. Versuch es mit ihm. Lies sein Wort. Bete zu ihm und prüfe selbst, ob Gott nicht Dir antwortet. Denn Gott der Herr ist lebendig und antwortet auf die Gebete.
Nicht hochmütig sollen wir auf die Menschen herabschauen, die ihren persönlichen Hausgöttern dienen und doch nicht geholfen bekommen. Auch uns gilt der Ruf ab Vers 9: Vertrau auf Gott allein. Die Priester rufen es der Gemeinde Gottes zu. Vertrau auf den Herrn. Er wird Dir helfen. Er ist die Hilfe, und er ist ihr Schild. Das Schild, hinter dem man sich im Kampfgetümmel verbergen kann. Das Schild des Glaubens, das auszulöschen vermag alle feurigen Pfeile des Bösen. Wie aber kann ich glauben? Wie kann ich glauben, wenn die Sorgen und das Leid kein Ende nehmen? Wie kann ich glauben, wenn die Nöte wie dickflüssiger Schlamm und Morast mir bis an die Kehle dringen? Muß ich mir immer sagen, dass der Herr schon helfen wird? Nein. Sondern ich muß mich einfach nur ducken und verbergen hinter dem großen Schild Gottes. Das meint: ich darf und soll singen, beten, Gottes Verheißungen lesen. Ich darf weinend singen, beten und lesen. Ich darf zweifelnd, wütend und verzagt singen, beten und lesen. Und wenn ich nicht mehr beten kann, dann kann ich es Gott sagen, dass ich nicht mehr beten kann. Und siehe, ich bete schon. Es geht im Glauben nicht um Helden, nicht um unechte Formelsprüche. Wie oft verbirgt sich die eigene Ehre dahinter. Gott kennt mich doch! Und liebt mich doch! Warum, warum nur fürchte ich mich, ihm alles zu sagen? Gewiss, die Frommen sagen: Danken schützt vor Wanken und Loben zieht nach oben! Das mag richtig sein, aber die Psalmen geben dem Menschen viel mehr Raum. Meine ich, ich kann Gott was vormachen, was nicht ist? Das ist ja gerade das Schöne, daß ich vor Gott sein kann, wie ich bin. Und wenn ich wirklich mit leeren Händen, mit leerem Glauben, mit leeren Worten und nackten Füßen vor Gott stehe, werde ich erfahren, wie er mich kleidet, wie er mich versteht und wie er hilft. Er wird mich segnen. Und weil Gott so ist, gebührt ihm doch wirklich alle, alle Ehre.