Bibelarbeiten: Bibelarbeit zu Nehemia 13

von Michael Strauch


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L. Nehemia Kapitel 13

1. Einleitende Bemerkungen

2. Kurze Gliederung

3. Exegetische Bemerkungen

1. Einleitende Bemerkungen

Jemand sagte einmal zu mir: Erweckung. Das wünschen wir uns doch alle. Dieses süße Wort: Erweckung. Wir haben in den vergangenen Kapiteln Erweckung miterleben dürfen im Volke Israel. Aber nach jeder Erweckung folgt eine Ernüchterung. Echter, ernsthafter Glaube lebt nicht von dem, was einmal war, sondern ist jeden Tag neu gefordert. Heiligung besteht nunmal auch am Festhalten von Regeln. Man kann diese Regeln gesetzlich schimpfen, ohne sie geht es nicht. Kommt uns Nehemia hier nicht gesetzlich vor? Wenn er mit solchem Eifer versucht, Regeln aufrecht zu erhalten? Mit einem Eifer, der sogar dem Schuldigen sprichwörtlich an die Haare geht? Oder müssen wir neu definieren, was wir eigentlich unter "gesetzlich" verstehen? Denn das Gesetz Gottes vor Augen zu haben, kann nicht schädlich sein. Ich glaube, das Motiv des Menschen macht die Umsetzung der Regeln Gottes segensreich oder anstößig. Dreht sich alles, was ich im Namen Jesu tue, eigentlich im tiefsten um mich oder geht es mir um Gott? Diese Sätze sind nach meiner Erfahrung leicht gesagt. Aber sie stimmen dennoch. Wie aber bekomme ich heraus, was mein tiefstes Motiv ist? Ich glaube der Schlüssel zu all diesen Fragen ist der Heilige Geist. Er kennt mich am besten und vermag den Menschen zu ändern. Er vermag das Befolgen von göttlichen Regeln zu einem Genuss zu machen! Oder würden wir einen Schiedsrichter als gesetzlich empfinden, wenn er nicht pedantisch auf die Einhaltung der Regeln achtete? Und ein Mensch kann noch so ein Genie sein, ohne die Regeln der Musik, der Malerei, der Dichtung kann er sein Genie nicht völlig entfalten. Regeln sind gut, für die Allgemeinheit wichtig, geben Gott die Ehre. Und sind darum es wert, daß man dafür kämpft.

2. Kurze Gliederung

a.. Zweite Wirksamkeit Nehemias: (V.6)

b.. Sicherstellung der Abgaben an die Leviten

c.. Abschaffung des Handels am Sabbath

d.. Energisches Eingreifen bei Mischehen

3. Exegetische Bemerkungen

Wir erinnern uns. Im Jahre 445 v.Chr. ist Nehemia losgegangen und hat das Werk Gottes, den Bau der Mauer zu Jerusalem in Angriff genommen. Innerhalb kürzester Zeit war der Auftrag ausgeführt. Nehemia blieb in Jerusalem insgesamt 12 Jahre - also bis ins Jahr 433/32 v.Chr. Danach kehrte Nehemia, wie er es dem persischen König versprochen hatte (K.2,6), wieder nach Persien zurück. Dort blieb er "eine lange Zeit." Vermutlich drängte es ihn heiß, zu sehen, was aus Jerusalem geworden ist. Oder ihm sind bestimmte Dinge zu Ohren gekommen. Auf jeden Fall kehrt Nehemia nach vielen Jahren wieder zurück (V.6). Was er vorfindet, ist für ihn, ist für die Gemeinde ernüchternd, realistisch und macht barmherzig. Drei totgeglaubte, geistliche Krankheiten hatten wieder um sich gegriffen.

1: Mißstände im Tempel und der Verwaltung (V.4-14)

2: Entheiligung des Sabbaths (V.15-22)

3: Heirat mit fremdländischen Ehepartnern (V.23-31)

zu 1: Was war geschehen? Der Täter ist ausgerechnet ein Priester namens Eljaschib. Dieser hatte einen Verwandten, den wir aus früheren Kapiteln nur zu gut kennen. Ein Erzfeind Nehemias: Tobia. Tobia hat es mit Gewalt nicht erreicht, dann eben mit Schläue. Über seinen Verwandten hat er in einer Halle im Tempelgebiet - die zur Aufbewahrung heiliger Abgaben zur Verfügung gestellt wurde - sich viel Platz reserviert. Vielleicht für Handelswaren oder sonstige, persönliche Wertgegenstände. Nehemia handelt und erinnert an Jesu Tempelreinigung. Er geht dabei ebenfalls nicht zimperlich um. Ein Ausländer hat kein Anrecht auf die Tempelräume, schon gar nicht, wenn es sich nicht um Zweckbestimmte Gegenstände handelt. Nehemia wirft den Plunder kurzerhand raus und stellt den ursprünglichen Zustand wieder her. Wie der Herr Jesus gerät auch Nehemia in Zorn. Soziale Missstände (K.5) und Entheiligung bzw. Zweckentfremdung heiliger, Gott geweihter Räume und Gegenstände bringen Nehemia in Wallung. Es sollte noch schlimmer kommen. Die Vorsteher der Gemeinde sahen es nicht für nötig, den Lohn für die Diener Gottes auszuzahlen. Die Folge ist damals ähnlich wie heute auch: die Leute gehen. Und es wird ihnen nicht vorgeworfen, dass sie ihrer Berufung nicht nachgingen, sondern den Gemeindevorstehern wird der Vorwurf gemacht, dass sie nicht für die Versorgung der Leviten und Sänger aufkämen. Die Leviten gingen zurück, suchten sich Berufe, gingen einträglicheren Lebensformen nach. Zum Schaden für die ganze Gemeinde. Nehemia lässt sie alle zurückrufen und stellt den ursprünglichen Zustand auch hier wieder her. Das bedeutet auch, dass die Abgaben pünktlich abgeliefert werden mussten. Aber es geht nicht ab ohne scharfe Worte. Der Satz dringt tief in die Seele hinein: "Weshalb ist das Haus Gottes verlassen?" Doch damit nicht genug!

zu 2: Israel hatte den "Sonntag" zum permanent verkaufsoffenen Tag erklärt. Wie aktuell sprechen diese Missstände in unsere Zeit hinein. Bibelschulen mit geringster Auslastung an Studenten und fehlenden finanziellen Mitteln, die Abschaffung von einst kirchlichen Feiertagen und selbst der Sonntag soll vom Kommerz nicht ausgespart bleiben. Sicher, meine Worte klingen jetzt scharf und "gesetzlich". Aber bedenken wir doch, dass Nehemia auf Geheiß des persischen Königs so handeln sollte! Selbst der damals regierende, heidnische Herrscher der antiken Welt hatte begriffen, dass diese göttlichen Regeln in jeder Hinsicht Sinn machten, gut waren und den Völkern gut taten. Die Regeln, die Gott auferlegt, dienen dem Menschen. Sind auf sein Wohl zugeschnitten. Ausländische Kaufleute setzen Maßstäbe und der israelitische Markt reagiert darauf. So verkauften Leute aus Tyrus (Handelsstadt am Mittelmeer, See-und Handelsvolk) und sonstige fremdländische Händler ihre Waren auch am Sabbat. Auch Juden schauten zu, dass sie das Gebot geschickt umgingen. Nehemia schritt dagegen energisch ein und ergriff folgende Maßnahmen:

1.. Am Sabbat wurden jegliche Importmöglichkeiten verhindert, indem einfach die Grenzen dicht gemacht wurden. Praktisch wurden die Stadttore geschlossen.

2.. Zur Festigung dieser Regeln wurden Wachen aufgestellt. Heute würde man sagen, Grenzpolizisten überwachten die Grenzübergänge. Doch die Händler sind hartnäckig. Sie übernachten einfach vor den Toren, so können Geschäfte - wenn auch außerhalb - doch in erreichbarer Nähe abgewickelt werden. Der Markt zeigt sich erstaunlich flexibel. Wie beweglich ist man doch, wenn es um das Geld geht. Da riskiert man auch schon mal eine eiskalte Nacht im Orient. Nun muß Nehemia zum letzten Machtmittel greifen, seine Vollmacht als persischer Statthalter. Er droht den Händlern mit Haftstrafen. Die Warnung zeigt Wirkung. Die Händler merken, dem Nehemia ist es bitter ernst und beugen sich - vermutlich grollend - seiner Autorität. Einmal mehr zeigt sich, wie weise Gott, der Herr alles geplant hat. Denn wäre Nehemia nicht in einer solch mächtigen und politisch einflussreichen Position, wie hätte er sein Anliegen durchsetzen wollen?

Nehemia hat mit seiner jüngsten Reform sich sicher keine Sympathien eingebracht. Darum finden wir ihn immer wieder betend (V.14,29). Nur wer eine klare Rückendeckung von Gott hat, nur wer Gott allein gefallen möchte, der kann sich von den Menschen distanzieren. Vielleicht kämpft er auch mit Zweifeln. Viele große Gottesmänner, die fest und hart mit ihrer Umwelt kämpfen mussten, standen unter großen Anfechtungen. Alles, was sie taten und wussten, schien ihnen recht zu geben. Und doch kamen ihnen Zweifel auf. Habe ich zu hart durchgegriffen? Hätte ich das eine oder andere Wort nicht freundlicher sagen können? Nehemias geistliche Größe ragt darin heraus, dass er nicht von sich überzeugt ist, sondern handelt, wie er es von der Heiligen Schrift versteht und all seine menschlichen Schwächen Gott anheim stellt (V.22). So bleibt es nicht aus, dass Nehemias Reformprogramm um einen weiteren Punkt erweitert wird. Ein "altes Leiden", das Israel oft den Kopf gekostet hat. Die Liebe zu fremdländischen Frauen:

zu 3: . Asdod, einst eine blühende Stadt der Philister am Mittelmeer. Moab, Amon, klingende Namen im negativen Sinn. Wie oft hat Israel gegen diese Erzfeinde Krieg führen müssen. Wie oft ist Israel an ihnen gescheitert. Wie denken an Simson und Delila, wir denken an Saul, wir denken an Salomo etc. Einzige Ausnahme bildet die Moabiterin Ruth. An ihr wird deutlich, dass Nehemia keinen Fremdenhass betreibt. Das es nicht um bessere und schlechtere Menschenrassen geht. Es geht nicht um genetische Streitfragen. Es geht nicht darum, ob - zum Vergleich - ein deutscher Mann eine Asiatin heiraten darf. Es geht um die Frage, ob ein Christ z.B. eine Hindufrau heiraten kann. Oder ein Christ eine Moslemin. Auch das ist kein Angriff auf die Frage der Religion. Aber weil es nun mal nur eine Wahrheit geben kann - sonst wäre sie nicht Wahrheit, sondern Ideologie - wird eine Anschauung siegen. Und die siegende Religion wird sich in den Kindern fortpflanzen. Israel ist ein Staat, den Gott sich erwählt hat, dass er ihm dienen solle. Gott will, dass sein Volk ihn allein als wahren Gott anerkennt und anbetet. Die Schließung dieser Ehen - man muss hierzu sagen, dass die Menschen der Antike ausnahmslos "religiös" waren - sind gefährlich für die Allgemeinheit! Die Wirkung zeigt sich bald. Die fremde Religion gewinnt die Oberhand. Sie findet ihren siegenden Ausdruck in dem, was dem Menschen einzigartig zu eigen ist: seine Sprache. Viele Kinder konnten keine Landessprache mehr sprechen. Verstanden sie aber kein hebräisch, so verstanden sie auch die Bibel nicht. (Kluger, satanischer Plan!). Somit schlossen sie sich aus dem jüdischen Liturgien, Psalmgesängen etc. aus. Nehemia - dieser nach meinem bisherigen Eindruck sanftmütige, fast ängstliche Mann - scheint sich zu vergessen. Vielleicht ist das Maß auch einfach nur voll. Auch er ist nur ein Mensch. In jedem Fall "rastet er völlig aus!" Er schlägt die betroffenen Männer (nicht die Frauen! Den Männern gibt er die Schuld). Er flucht ihnen. Er zieht ihnen die Haare lang. Ich glaube nicht, dass Nehemia ihnen weh tun wollte. Vielmehr ist es ein verzweifeltes Schütteln und Ringen mit den Menschen, sowie man einem Menschen, der im Eis versucht ist, einzuschlafen, ins Gesicht schlägt. So wie man "Gewalt" anwenden muss, wenn einem Menschen der Atem stehen bleibt oder einen Säufer zur Besinnung bringen will. Das ist es wohl. Dieser verzweifelte Ausruf: "Begreift doch, bei allem, was euch heilig und lieb ist, begreift doch: ihr geht dem erneuten Untergang entgegen. Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt. Man kann nicht, um mit Salomo zu sprechen, feurige Kohlen unter dem Gewand tragen und hoffen, dass der Kittel nicht in Flammen steht. Doch damit immer noch nicht genug. Dieser Virus hat auch die "Vorbilder" angesteckt. So auch den Sohn des Hohenpriesters Jojada. Erst die Geschichte mit Nehemias Erzfeind Tobia. Nun kommt noch der andere Schurke dazu: Sanballat. Dieser hatte eine Tochter, die er ("Nachtigall, ick hör dir trapsen!) mit dem Sohn eben dieses Hohenpriesters in Samaria vermählt hat. Modern gesprochen würde man sagen: den Feinden Israels ist es gelungen, ein Netzwerk mit Israel aufzubauen. Mit diesem Sohn verfährt Nehemia noch härter als mit den Männern Israels. Er verbannt diesen schlichtweg aus der Stadt. So interpretiere ich das Wort "entfernen". Nehemia schließt alle drei Reformpunkte ab unter Gebet (V.14;22b.31b).Besonders V.22 macht deutlich, dass Nehemia sich nicht als "toller Hecht" empfindet, sondern nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat. Doch weiß er, daß er unvollkommen ist und als Mensch Fehler macht. Gott stellt er es anheim. Wie gesagt: Freunde hat er sich mit seiner Reform nicht geschaffen. Er handelte nicht wie ein Politiker, der die Wähler beeinflussen will. Er handelt im Vertrauen darauf, dass auf lange Sicht gesehen die Einhaltung der Gebote Gottes dem Volk zum Segen werden.