Bibelarbeiten: hier
Bibelarbeit zu Jona 1

Erstellt von Michael Strauch


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  1. Einleitende Gedanken:
  2. Gottes Heilswille in Aktion (Kapitel 1, 1-3)
  3. Gottes Heilswille in Vollendung (Kapitel 1, 4-16)

 

1. Einleitende Gedanken:

Der Name Jona meint „Taube". In 2Könige 14,25 steht: „Er stellte wieder her das Gebiet Israels...das er geredet hatte durch seinen Knecht Jona, den Sohn Amittais, den Propheten, der von Gat Hefer war". Gat Hefer liegt ca. 3 km nordöstlich von Nazareth. Jon a wirkte vermutlich in der Zeit unter Jerobeam II (793-752 v.Chr.). Das Buch Jona ist einzigartig unter den prophetischen Büchern, da es in der dritten Person erzählt wird.

Gott befahl Jona, gegen Niniveh zu predigen, damals Hauptstadt von Assyrien. Jona sollte seine Botschaft einer Stadt und einem Volk bringen zu einer Zeit, wo die Macht und Stärke Assyriens groß war und eine handfeste Bedrohung für Israel. Vermutlich aus di esem Grund weigerte sich Jona, Menschen zur Buße zu rufen, die das Heilige Volk Israel bedrohen. Es wäre ihm lieber, dass der Gott Israels, Jahwe, diese Großmacht dem Erdboden gleich machen würde.

Vermutlich ist das Buch Jona im Rückblick geschrieben. Man nennt das Buch Jona auch die „Apostelgeschichte des Alten Testaments", weil im Buch Jona die Liebe Gottes, die er denen erweist, die ihn vom ganzem Herzen um Vergebung bitten, so deutlich skiziert wird.

Die Theologie verweist das Buch Jona oft in das Reich der Mythen und Fabeln. Grund dafür ist der Fisch, der Jona verschlingt. Da Jesus in Matth 12,41 aber eindeutig auf Jona Bezug nimmt, gibt es keinen berechtigten Grund, will man Jesus nicht der Unwahrhei t bezichtigen, die Geschichte von Jona als historisch geschehen anzusehen. Im Gegenteil, Jesus verweist darauf, dass das damalige Geschlecht der Niniviten noch eine zentrale Rolle spielen wird, wenn es ums Gericht Gottes geht.

Das Buch Jona ist darüber hinaus voller Bezüge zu den Evangelien und zur Passion Jesu. Das gilt es, herauszuarbeiten.

2. Gottes Heilswille in Aktion

Im hebräischen steht hier: „Und es geschah das Wort Jahwes..." Im griechischen „Kai egeneto logos Kürio". Luther übersetzt richtig mit „und es geschah das Wort..." Jona empfängt das Reden Gottes. Es wird nicht gesagt, wie. Es geschah einfach. Plötzlich, un missverständlich, mit höchster königlicher Authorität. Es ist Jahwe, der Bundesgott Israels, Herr des Universums. Wenn er spricht, so geschieht es. Wenn er berfiehlt, dann steht es da. Welch eine Würde muss der Mensch vor Gott haben, dass der Herr die Mach t und Kraft seiner Rede so verändert, dass Jona nicht gezwungen ist, Gottes Willen zu tun. Die Materie kann sich dem Reden Gottes nicht verwehren. Der Mensch hat die Möglichkeit, nicht die Macht, die Möglichkeit, die zugelassene Möglichkeit.

Der Befehl (im hebr.Imperativ) ist kurz und bündig: Steh auf (im Sinne von: breche alles ab, mach dich sofort auf den Weg, der Auftrag duldet keinen Aufschub), geh nach Niniveh (betont wird ihre Größe) und predige wider sie (im griech. Kärygsein - verkündi gen, herolden. Im hebr.heißt das Wort aber auch „schreien", „laut rufen"). Der Grund: ihre Bosheit ist vor Gott gekommen. Nur noch ein Kleines, dann ist das Mass voll.

Interpretation: Der Text ist fast „atemlos" geschrieben. Die Sätze sind kurz und bündig, ohne Schnörkel, ohne langes Erklären. Dazu ist keine Zeit. Der Bundesgott Israels beruft ohne Wenn und Aber seinen Propheten Jona. Jona soll allerdings nicht wie seine großen Kollegen im eigenen Volk predigen, sie zur Buße bewegen, sondern er soll den Unterdrückern zur Buße verhelfen. Jona war durch dieses Wort Gottes völlig durcheinander. Den Feinden Gottes Buße predigen? Ist Israel nicht mehr erwählt? Belohnt Gott noc h die Assyrier mit Gnade für all ihre Mordtaten? Jona ist vewirrt.

In dem Wort „die große Stadt" leuchtet Gottes Barmherzigkeit auf. Sein Herz entbrennt voller Liebe zu den Menschen. Hier sind Männer und Frauen, spielende Kinder und alte Leute. Sie alle kennt der Herr mit Namen. Er will nicht, dass sie unwissend sterben. Er will, dass sie wenigstens eine Gelegen-heit hatten, umzukehren. Jona soll gehen, sofort und ohne Wenn und Aber. Es ist ein Befehl von größter Dringlichkeit, es herrscht Alarmstufe Rot.

Das ist Gottes großes Werk, sein welthistorisches Augenzwinkern, dass er einen störrigen Propheten aus einer kleinen Landschaft beruft, um das Herrenvolk das Fürchten zu lehren und darüber hinaus den Glauben. Demut gibt es für Beiden, für die assyrische, g roß von sich denkende „Herrenrasse" und den kleinen Mann mit dem großen Gott. Jona soll dabei nicht ein paar wohlwollende Worte verkünden, sondern in aller Brisanz soll er rufen, schreien, drängen.

Wie sehr gleicht Jona dem Johannes, dem Täufer. In der Kraft und Gewalt seines Auftrags. Beide verkündigten Gericht. Beide verzagten für einen Moment an Gottes Liebe. Beide verkündigten den Richter, der die Axt schon an der Wurzel positioniert hat. Beide e rlebten ein tiefes Loch (Fisch, Kerker), wo sie durch Dunkelheit und Zweifel dem liebenden, himmlischen Vater tiefer begegneten.

Jona will fliehen. Fliehen vor dem Angesicht, vor dem die Schuld Ninives bestehen kann und vergeben werden kann. Er will das Antlitz der Rache über die Assyrer. Das „lass dein Angesicht leuchten über uns..." gilt nur für Israel. Jona flieht. Aus Wut? Im Zo rn? Er trotzt Gott ins Angesicht. Jonas Verhalten ist an Frechheit nicht mehr zu überbieten. Er, der fromme Prophet, steht in all seiner Frömmigkeit schuldiger da als die Männer und Frauen in Niniveh. Das hat Johannes der Täufer ebenfalls lernen müssen: da s Jesus nicht zuerst als Stier, als reißender Wolf, als richtender Löwe erscheint, sondern als Lamm. Warum? Weil der Zorn Gottes auch den Johannes getroffen hätte. Weil niemand vor Gottes Zorn bestehen kann, wenn die Schuld, auch die fromme, nicht vor Gott gesühnt ist am Kreuz. Gott spricht, und Jona gehorcht nicht. Jona lebt ethisch völlig korrekt. Im Gegensatz zu den Niniviten ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und doch kann der Fromme Gott ins Angesicht in der Manier der Ursünde Gott den Gehorsam verweig ern. Doch je mehr Jona sich weigert, desto größer der Wille des Herrn, gerade mit diesem Mann den Verlorenen die Botschaft von Gottes Liebe zu bringen. Hier stehen sich bald die Beiden gegenüber: der fromme Mann, der Gott ins Angesicht den Gehorsam verweig ert und das unfromme Volk, dessen Schuld in voller Höhe vor Gott gekommen ist und das bereit ist, Gott zu gehorchen und ihr Leben zu ändern.

Diese drei Verse stehen über dem allem für die Haltung Israels und der Pharisäer und Schriftgelehr-ten. Aus einem falsch verstandenen Berufungsverständnis nahm Israel nicht die Rolle ein, die es in der Welt hätte einnehmen sollen: den Messias erkennen und der Welt den Messias verkünden. Die große Tragik liegt darum in der Liebe Jesu zu allen Menschen und dem jonaitischen Geschlecht der Frömmsten in Israel. Ausgerechnet die Führer Israels stehen auf, reden wider Jesus und schaffen es diesmal, „Gott zum Schwe igen zu bringen", als Jesus am Kreuz hing. Das alles läßt Gott zu. Wie groß ist Gottes Liebe! Wer kann sie fassen?

3. Gottes Heilswille in Vollendung

Dieser Abschnitt hat große Parallelen zu den Evangelien. Man vergleiche nur die Geschichte mit dem Erlebnis Jesu und seinen Jüngern auf dem stürmenden See Genezareth: (Markus4,35ff)

  1. Jona: und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, das man meinte, das Schiff würde zerbrechen. (Vers 4)
  2. Markus: Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, so dass das Boot schon voll wurde. (Vers 37)
  3. Jona: und die Schiffsleute fürchteten sich und schrien...(Vers 5) und: Was schläfst Du? Steh auf, rufe deinen Gott an!...(
  4. Markus: Meister, fragst Du nicht danach, dass wir umkommen? (Vers 38)
  5. Jona: ...lag und schlief (Vers 5)
  6. Markus: ...und er war hinten im Boot...und schlief (V.38)

Bildhaft kommt das Opfer Jesu zum Tragen:

  1. Die Männer wollen wissen, warum die „Götter" so zürnen und werfen das Los. Sie stellen fest, dass Jona der Grund für den Zorn Gottes ist. Der Zorn Gottes liegt auf Jona. Jona bekennt sich „schuldig" und sagt: wenn er geopfert wird, dann ist der Zorn Gottes verraucht.
  2. Am Kreuz losen die Peiniger um Jesu letzte Habe. Bei Pilatus „lösen" sie den Barrabas" ein, einen Mörder und Bild für die Bosheit des Volkes der Niniviten. Und Jesus wird geopfert und wird zum „Er-löser" für die Welt. Der Zorn Gottes liegt auf Jesus. An ih m wird der Brand gelöscht. Durch ihn die Welt gerettet. Doch bei Jesus ist mehr: Jesus war gehorsam bis zum Tod. Darum kann Jesus sagen: hier ist mehr als Jona.
  3. Die Matrosen versuchen, ohne das Menschenopfer zum Frieden zu kommen. Doch sie müssen feststellen, dass einer sterben muss zur Sühne für die Welt, zur Erfüllung der Gerechtigkeit. Als Jona über Bord geworfen wird, dann werden wir erinnert an Jesu Taufe und die Irritation des Johannes: Du mußt doch nicht getauft werden? Du hast Buße nicht nötig. Du bist gerecht. Du hast sprichwörtlich „den Schlaf des Gerechten". Dein Gewissen ist rein. Du weißt dich fest in Gottes Hand. Und doch läßt sich Jesus von Johannes „ins Meer werfen". Läßt sich taufen, läßt die Sünde einer Menschheit über sein Haupt schwabben. Damit alle Gerechtigkeit erfüllt werden möge. Doch in Christus ist mehr als Jona.

Und als das Opfer geschehen war, wurde das Meer still, der Zorn Gottes verrauchte: