Erstellt von Michael Strauch
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1. Einleitende Gedanken:
Der Name Jona meint „Taube". In 2Könige 14,25 steht: „Er stellte wieder her
das Gebiet Israels...das er geredet hatte durch seinen Knecht Jona, den Sohn
Amittais, den Propheten, der von Gat Hefer war". Gat Hefer liegt ca. 3 km
nordöstlich von Nazareth. Jon a wirkte vermutlich in der Zeit unter Jerobeam II
(793-752 v.Chr.). Das Buch Jona ist einzigartig unter den prophetischen Büchern,
da es in der dritten Person erzählt wird.
Gott befahl Jona, gegen Niniveh zu predigen, damals Hauptstadt von Assyrien.
Jona sollte seine Botschaft einer Stadt und einem Volk bringen zu einer Zeit, wo
die Macht und Stärke Assyriens groß war und eine handfeste Bedrohung für Israel.
Vermutlich aus di esem Grund weigerte sich Jona, Menschen zur Buße zu rufen, die
das Heilige Volk Israel bedrohen. Es wäre ihm lieber, dass der Gott Israels,
Jahwe, diese Großmacht dem Erdboden gleich machen würde.
Vermutlich ist das Buch Jona im Rückblick geschrieben. Man nennt das Buch
Jona auch die „Apostelgeschichte des Alten Testaments", weil im Buch Jona die
Liebe Gottes, die er denen erweist, die ihn vom ganzem Herzen um Vergebung
bitten, so deutlich skiziert wird.
Die Theologie verweist das Buch Jona oft in das Reich der Mythen und Fabeln.
Grund dafür ist der Fisch, der Jona verschlingt. Da Jesus in Matth 12,41 aber
eindeutig auf Jona Bezug nimmt, gibt es keinen berechtigten Grund, will man
Jesus nicht der Unwahrhei t bezichtigen, die Geschichte von Jona als historisch
geschehen anzusehen. Im Gegenteil, Jesus verweist darauf, dass das damalige
Geschlecht der Niniviten noch eine zentrale Rolle spielen wird, wenn es ums
Gericht Gottes geht.
Das Buch Jona ist darüber hinaus voller Bezüge zu den Evangelien und zur
Passion Jesu. Das gilt es, herauszuarbeiten.
2. Gottes Heilswille in Aktion
Im hebräischen steht hier: „Und es geschah das Wort Jahwes..." Im
griechischen „Kai egeneto logos Kürio". Luther übersetzt richtig mit „und es
geschah das Wort..." Jona empfängt das Reden Gottes. Es wird nicht gesagt, wie.
Es geschah einfach. Plötzlich, un missverständlich, mit höchster königlicher
Authorität. Es ist Jahwe, der Bundesgott Israels, Herr des Universums. Wenn er
spricht, so geschieht es. Wenn er berfiehlt, dann steht es da. Welch eine Würde
muss der Mensch vor Gott haben, dass der Herr die Mach t und Kraft seiner Rede
so verändert, dass Jona nicht gezwungen ist, Gottes Willen zu tun. Die Materie
kann sich dem Reden Gottes nicht verwehren. Der Mensch hat die Möglichkeit,
nicht die Macht, die Möglichkeit, die zugelassene Möglichkeit.
Der Befehl (im hebr.Imperativ) ist kurz und bündig: Steh auf (im Sinne von:
breche alles ab, mach dich sofort auf den Weg, der Auftrag duldet keinen
Aufschub), geh nach Niniveh (betont wird ihre Größe) und predige wider sie (im
griech. Kärygsein - verkündi gen, herolden. Im hebr.heißt das Wort aber auch
„schreien", „laut rufen"). Der Grund: ihre Bosheit ist vor Gott gekommen. Nur
noch ein Kleines, dann ist das Mass voll.
Interpretation: Der Text ist fast „atemlos" geschrieben. Die Sätze sind kurz
und bündig, ohne Schnörkel, ohne langes Erklären. Dazu ist keine Zeit. Der
Bundesgott Israels beruft ohne Wenn und Aber seinen Propheten Jona. Jona soll
allerdings nicht wie seine großen Kollegen im eigenen Volk predigen, sie zur
Buße bewegen, sondern er soll den Unterdrückern zur Buße verhelfen. Jona war
durch dieses Wort Gottes völlig durcheinander. Den Feinden Gottes Buße predigen?
Ist Israel nicht mehr erwählt? Belohnt Gott noc h die Assyrier mit Gnade für all
ihre Mordtaten? Jona ist vewirrt.
In dem Wort „die große Stadt" leuchtet Gottes Barmherzigkeit auf. Sein Herz
entbrennt voller Liebe zu den Menschen. Hier sind Männer und Frauen, spielende
Kinder und alte Leute. Sie alle kennt der Herr mit Namen. Er will nicht, dass
sie unwissend sterben. Er will, dass sie wenigstens eine Gelegen-heit hatten,
umzukehren. Jona soll gehen, sofort und ohne Wenn und Aber. Es ist ein Befehl
von größter Dringlichkeit, es herrscht Alarmstufe Rot.
Das ist Gottes großes Werk, sein welthistorisches Augenzwinkern, dass er
einen störrigen Propheten aus einer kleinen Landschaft beruft, um das Herrenvolk
das Fürchten zu lehren und darüber hinaus den Glauben. Demut gibt es für Beiden,
für die assyrische, g roß von sich denkende „Herrenrasse" und den kleinen Mann
mit dem großen Gott. Jona soll dabei nicht ein paar wohlwollende Worte
verkünden, sondern in aller Brisanz soll er rufen, schreien, drängen.
Wie sehr gleicht Jona dem Johannes, dem Täufer. In der Kraft und Gewalt
seines Auftrags. Beide verkündigten Gericht. Beide verzagten für einen Moment an
Gottes Liebe. Beide verkündigten den Richter, der die Axt schon an der Wurzel
positioniert hat. Beide e rlebten ein tiefes Loch (Fisch, Kerker), wo sie durch
Dunkelheit und Zweifel dem liebenden, himmlischen Vater tiefer begegneten.
Jona will fliehen. Fliehen vor dem Angesicht, vor dem die Schuld Ninives
bestehen kann und vergeben werden kann. Er will das Antlitz der Rache über die
Assyrer. Das „lass dein Angesicht leuchten über uns..." gilt nur für Israel.
Jona flieht. Aus Wut? Im Zo rn? Er trotzt Gott ins Angesicht. Jonas Verhalten
ist an Frechheit nicht mehr zu überbieten. Er, der fromme Prophet, steht in all
seiner Frömmigkeit schuldiger da als die Männer und Frauen in Niniveh. Das hat
Johannes der Täufer ebenfalls lernen müssen: da s Jesus nicht zuerst als Stier,
als reißender Wolf, als richtender Löwe erscheint, sondern als Lamm. Warum? Weil
der Zorn Gottes auch den Johannes getroffen hätte. Weil niemand vor Gottes Zorn
bestehen kann, wenn die Schuld, auch die fromme, nicht vor Gott gesühnt ist am
Kreuz. Gott spricht, und Jona gehorcht nicht. Jona lebt ethisch völlig korrekt.
Im Gegensatz zu den Niniviten ein Unterschied wie Tag und Nacht. Und doch kann
der Fromme Gott ins Angesicht in der Manier der Ursünde Gott den Gehorsam
verweig ern. Doch je mehr Jona sich weigert, desto größer der Wille des Herrn,
gerade mit diesem Mann den Verlorenen die Botschaft von Gottes Liebe zu bringen.
Hier stehen sich bald die Beiden gegenüber: der fromme Mann, der Gott ins
Angesicht den Gehorsam verweig ert und das unfromme Volk, dessen Schuld in
voller Höhe vor Gott gekommen ist und das bereit ist, Gott zu gehorchen und ihr
Leben zu ändern.
Diese drei Verse stehen über dem allem für die Haltung Israels und der
Pharisäer und Schriftgelehr-ten. Aus einem falsch verstandenen
Berufungsverständnis nahm Israel nicht die Rolle ein, die es in der Welt hätte
einnehmen sollen: den Messias erkennen und der Welt den Messias verkünden. Die
große Tragik liegt darum in der Liebe Jesu zu allen Menschen und dem
jonaitischen Geschlecht der Frömmsten in Israel. Ausgerechnet die Führer Israels
stehen auf, reden wider Jesus und schaffen es diesmal, „Gott zum Schwe igen zu
bringen", als Jesus am Kreuz hing. Das alles läßt Gott zu. Wie groß ist Gottes
Liebe! Wer kann sie fassen?
3. Gottes Heilswille in Vollendung
Dieser Abschnitt hat große Parallelen zu den Evangelien. Man vergleiche nur
die Geschichte mit dem Erlebnis Jesu und seinen Jüngern auf dem stürmenden See
Genezareth: (Markus4,35ff)
Bildhaft kommt das Opfer Jesu zum Tragen:
Und als das Opfer geschehen war, wurde das Meer
still, der Zorn Gottes verrauchte: