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Bibelarbeit zu Esra 9

Erstellt von Michael Strauch

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I. Esra Kapitel 9

a.. Kurze Gliederung

b.. Exegetische Bemerkungen

Nahtloser Übergang von Kapitel 8 zu Kapitel 9. Esra hat alles Gold und alle Geschenke ordnungsgemäß in Gottes Tempel übergeben. Da erfährt er die schrecklichen Neuigkeiten von den Obersten des Volkes.

Kurze Gliederung

a.. K. 9, 1f: Viele Juden, darunter auch Priester und Leviten, lebten in Mischehen

b.. K. 9, 3-15: Esra fastet und betet eine langes Bußgebet

c.. K.10 Eine Volksversammlung ist die Gebetserhörung. Die ausländischen Frauen werden samt den Kindern weggeschickt.

2. Exegetische Bemerkungen

2.1. Kapitel 9, 1-4: die Kunde von den Mischehen

Erinnern wir uns noch an die Fertigstellung des Tempels im Jahre 515 v.Chr. unter König Darius 1. In Kap 6,21 Dort erleben wir, dass die ausdrücklich erwähnten Juden, die aus der Gefangenschaft aus Babel zurückgekehrt waren, das Passah miteinander hielten. Es schlossen sich nun die Juden an, die von der Wegführung nicht betroffen waren. Sie sind im Land Israel geblieben und haben sich vermischt mit den heidnischen Völkern der umliegenden Gebiete. Doch eine Gemeinde, die so klar und freudig ihr Leben in den Dienst Gottes stellt, wirkt offenbar anziehend für die Zurückgebliebenen. Auch sie erinnern sich wieder ihrer göttlichen Bestimmung und schließen sich diesem Passah an.

Von diesem Tag an bis zur Ankunft Esras sind fast 60 Jahre ins Land gegangen. Dieser Zeitraum kommt dem Leser nicht lange vor, wenn man aber bedenkt, dass seit dem Ende des II..Weltkrieges nur 55 Jahre vergangen sind und inwieweit kommende Generationen die geistliche Landschaft Deutschlands verändert haben, ist das nachvollziehbar.

Israel ist den verführerischen Reizen ausländischer Frauen verfallen. Viele Männer haben hier mitgezogen, Schlimmer noch, die Obersten, sprich also die politischen Vorbilder und die Priester und Leviten als die geistlichen Vorbilder sind mit schlechtem Vorbild voran gegangen. Sie zogen einen negativen Rattenschwanz hinter sich her.

2.1.1. Warum sind Mischehen im damaligen Israel so fatal gewesen?

Als Esra diese Nachricht gehört hat, ist im sicher die Sünde Bileams eingefallen. Wir können sie in 4 Mose 22-24 nachlesen Wie der heidnische, moabitische König Balak versucht, über Bileam das heilige Volk Israel zu verfluchen. Aber Gott wehrt dem Bileam. Doch an einem Punkt scheitert das Volk Israel: an den moabitischen Frauen. Selbst in den Sendschreiben der Offenbarung finden wir die Sünde Bileams (Offb 2, 14) in Pergamon oder wir werden an lsebel erinnert in der Gemeinde zu Thyatira (Offb 2,1 8ft).

Wir denken weiter an Simson und die philistäische Frau Delila (Richter 14) und ganz gewiss an Salomo, von dem es heißt: "Der König Salomo liebte aber zahlreiche ausländische Frauen, nämlich neben der Tochter des Pharaos auch moabitische, ammonitische, edomitische, phönizische und hethitische, also Frauen aus solchen Völkern, bezüglich deren der Herr geboten hatte (2Mose 34,15f; 5Mose 7,3): "Ihr sollt keinen ehelichen Verkehr mit ihnen haben, . sie würden sonst sicherlich eure Herzen ihren Göttern zuwenden."

Gerade in 5 Mose 7,3f wird der Grund deutlich, warum Israel hier unter sich bleiben soll: ausländische Frauen bringen ihre Götter mit und verführen die Männer Israels zum Abfall von Gott. übertragen auf heute würde das heißen, dass Christen aus diesem Grunde nicht Ehepartner ehelichen sollten, die den Glauben an Jesus nicht haben. Es ist eine gefährliche Denkweise, dazu vermessen, zu meinen, man könnte den Ehepartner zum Glauben führen. Gott sei gelobt, dass es dafür positive Beispiele gibt, aber die Regel ist es gewiss nicht.

2.1.2 Warum werden die Priester und Leviten in diesem Zusammenhang besonders betont?

Dazu ist es wichtig, sich noch einmal der Bedeutung der Priester und Leviten im AT sich in Erinnerung zu rufen. Das Wort Priester, im hebr. Kohen genannt, bedeutet vermutlich "stehen". Es meint das die Würde des Priesters "vor Gott stehen zu dürfen!"

Der Priester war der Mittler zwischen dem Heiligen Gott und dem Volk. Die Priester waren zuständig für die Pflege und Wartung der heiligen Geräte in der Stiftshütte und später im Tempel. Sie vollzogen die Opfer und durften in das Allerheiligste, ohne von Gott vernichtet zu werden.

Die Priester kamen seit Mose ausschließlich aus dem Geschlecht Aarons, sie wurden gesalbt (Bild für das Ausgesondert werden für den Dienst Gottes und Bild für den Heiligen Geist) und sie segneten das Volk. Bei Beginn heiliger Kriege bliesen die Priester die silbernen Trompeten und sie unterwiesen das Volk im Gesetz Gottes und sprachen Recht. Die Nachkommen des Stammes Levi wurden erwählt, den Priester zur Hand zu gehen und ihnen bei ihren priesterlichen Aufgaben zu helfen.

Die Priester und Leviten lebten in ihnen zugewiesenen Städten, haben also kein eigenes Erbteil. Die Gemeinde Israel war verpflichtet, Abgaben an die Priester und Leviten abzugeben. Die Priester wiederum wohnten in 13 dieser Städte, alle nahe Jerusalem in den Stammesgebieten Juda, Simeon und Benjamin. An die Priester wurden größere Anforderungen gestellt als an das übrige Volk, zum Beispiel durften sie kein körperliches Gebrechen haben. Zumindest durften sie dann nicht in das Allerheiligste vordringen. Gott ist ein Heiliger Gott.

Hier die nachzuschlagenden Stellen: 4Mose 3,5ff; 3Mose 21,22ff; 4Mose 18,8-19; 2Mose 28,41; 40,15; 3Mose 8,30; 3Mose 10,11; 5Mose 17,8-13; 19,17; 21,5; Maleachi 2,7; 4Mose 6,22-27; 5Mose 20, 2-4.

Die Priester und Leviten waren als das geistliche Bindeglied zwischen Gott und Volk. Durch ihre Tätigkeit geschah die Entsühnung des Volkes, durch ihren Einfluss wurde das Volk vom Willen Gottes unterrichtet, ihr Vorbild wog viel im Lande Israel. Ausgerechnet sie fallen um. Das ist für Israel schwer. Esra, selbst aus dem Geschlecht Aarons, also priesterlicher Herkunft, tut nun das, was ein Priester tun kann: Buße tun. Stellvertretend für die Sünden des Volkes Buße tun.

Das NT kennt keine Priester wie im AT mehr. Hier sind die Gläubigen selbst Hohepriester. Sie haben freien Zugang zum Vater durch das unschuldige Opfer Jesu Christi am Kreuz. Sie sind geadelt zum priesterlichen Geschlecht. Aber für wen sollen sie ihre priesterlichen Aufgaben wahrnehmen? Als Priester sollen die Christen das Volk den Willen Gottes nahe bringen - in der Kinderarbeit, in der Jugend - und Erwachsenenarbeit. Wir sollen als wirkliche Priester das Volk Gottes segnen und für die kranke Kirche beten, für sie einstehen und um sie ringen. Darüber hinaus gilt dies alles auch den Heiden. Auch ihnen gilt die gute Botschaft. Auch ihnen sollen wir den Willen Gottes für ihr Leben weitersagen und sie zu Gottes Herz führen, damit Er ihnen ihre Schuld vergeben kann.

2.2. Kapitel 9, 5-15: Esras Bußgebet Vgl. dazu Nehemia 9 und Daniel 9

2.2.1. Esra Gebet: seine Gebetshaltung

Ich möchte gerne von Esra lernen. Interessant ist auch die Gebetshaltung, die Esra einnimmt (V, 5):

a.. Er kniet vor Gott

b.. Er breitet seine Hände aus vor Gott

c.. Er weinte vor Gott (K.l0,1)

2.2.2. Esra Gebet: sein Gebetsinhalt

Wie betet Esra? Wie spricht er Gott an?

a.. V.6: "Mein Gott!" vgl. Matth 27,46. In Gottesdiensten höre ich oft "Guter Gott!" Ich sehe in diesem Gebet eine innigste Beziehung zu Gott.

b.. V.6: Esra tut stellvertretend Buße. Die Sünde des Volkes liegt wie auf ihm selbst. Obwohl er keinen Anteil an diesen Sünden hat, kann er von eigener Scham sprechen, von "unseren Missetaten..." So wie Jesus später wirklich die Sünde der Welt auf sich nahm und an den Folgen unsäglich litt (mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?)

c.. V.7: Esra weiß um den theologischen Grund für die 70 Jahre babylonischer Gefangenschaft. Es ist die Sünde, der ständige Ungehorsam Gott gegenüber. Doch Gott will nicht ewig zürnen. Seine Liebe führt ihn zum geliebten Volk. Er will gnädig sein.

d.. V.8-9: Gottes Antwort auf die Sünde war Tod, Verderben, Gefängnis und Schwert. Aber seine Gnade leuchtete schon in der Gefangenschaft, als es den Juden materiell in Babel nicht schlecht ging. Ja Gott gab noch mehr. Er machte den Weg frei für einen Neuanfang. Und wir hören noch das Jubelgeschrei aus Esra 3, 60 Jahre später war wieder alles beim Alten.

e.. Esra lebte also sehr "geschichtsbewußt" und wusste Weltgeschichte und die eigene Geschichte vor Gott theologisch zu deuten. Wie sehr werden wir als Deutsche an die eigene Geschichte erinnert, auch an die vielen barmherzigen Handlungen Gottes an unserem Volk.

f.. V. 10-12: Esra bekennt vor Gott, dass er um seinen ursprünglichen Willen weiß. Ein heiliges Volk sollte Israel sein. Ein Volk mit einem eigenen geistlichen Profil, das einmal diese geistliche Fackel in alle Welt hätte tragen sollen. Wie wichtig war es, Gott den ersten Platz im Leben zu geben. Wie sehr hätte Gott gesegnet.

g.. Esra betet in den abschließenden Worten, indem er um den verdienten Zorn Gottes weiß.

Hier wird die Macht der Sünde deutlich. Wie sie immer wieder die Oberhand gewinnt über das Leben der Menschen und wie nötig die Erlösung durch Christus ist. Nicht, dass wir durch diese Erlösungstat einen Freibrief für die Sünde bekommen, sondern dass wir Gott tief und ehrlich dankbar sind, daß wir am Ende eines Tages Gott wirklich und von Herzen um Vergebung bitten dürfen und wir wissen dürfen, dass Gott uns die Sünde vergibt. Das heißt aber auch, dass Sünde in unserem Leben, sofern wir sie vermeiden können, auch vermeiden sollen. In der Gemeinde Israel geschieht Gemeindezucht. Die Sünde wird ernst genommen und das Volk Gottes entledigt sich dem Anlass der Schuld.

Heute wird das Verweisen auf die Sünde meines Erachtens entweder gleich mit Hinweis auf rnoralischem Druck gleichgesetzt, oder sie wird "privatisiert." Es geht gewiss nicht darum, mit Fingern auf einen Menschen zu zeigen, aber wer um die krank machende Macht der Sünde weiß, wer darum weiß, wie die Sünde knechten kann, unglücklich macht und dem Christen das Heil noch in Gefahr bringen kann, der wird aus reiner Liebe ringen, dass der Christ frei wird davon. Es geht nicht um moralisierende Methoden, sondern um eine Liebestat, wenn ich Sünde in meinem und im Leben meiner Mitchristen ernst nehme.