5.Mose 4,1–40
Das Entscheidende tun
Das 5. Buch Mose kann man als ein
Redenarchiv bezeichnen. Vier Überschriften unterteilen dieses Archiv in vier
lange Reden des Mose (1,1ff; 4,44ff; 28, 69ff.; 33,1ff.). Die erste von ihnen umfasst die Kapitel 1
bis 4. In ihr wird zunächst Rückschau gehalten auf die Zeit vom Erhalt der
Gebote am Horeb bis hin zur Ankunft des Volkes in Bet-Peor an der Grenze zum verheißenen Land (3,29). Diese
erste Rede wird dann dadurch abgeschlossen, dass Mose
das Volk ermahnt zum Gehorsam gegenüber dem Gesetz (4,1– 40), das den
anschließenden Hauptinhalt des Buches ausmacht (Kapitel 5–28). Diese Ermahnung
zum Gehorsam (4,1–40), sozusagen das Vorwort zum Gesetzesteil des 5. Buches Mose, ist unser Text.
Ein ferner Text aus dem Alten Testament?
Als Christen können wir nun aber die Aussagen in unserem Text
nicht eins zu eins auf uns beziehen. Warum? Erstens: Wir sind nicht Teil der
ursprünglich Angesprochenen, d.h. des Volkes Israel. Zweitens: In dem Gottesverhältnis,
das für Christen gilt, gibt es das Tun des Gesetzes nicht als Heilsweg.
Christen vertrauen dagegen darauf, dass ihr Glaube vor Gott ausreicht. Mit
dieser Haltung berufen wir uns als Christen auf Jesus Christus. Er hat uns in
ein neues Gottesverhältnis gesetzt. Von daher kommt seinem Lebenszeugnis wie
seinen Worten besondere Bedeutung für uns zu. Es ist daher nicht egal, wie wir
mit dem umgehen, was wir von Jesus Christus gehört haben. Es beansprucht
Verbindlichkeit. Ein anderes Wort dafür ist Gehorsam. Damit aber sind wir
wieder beim Thema des hier vorliegenden Textes: Gehorsam gegenüber dem gehörten
Gotteswort. Und weil es diese Übereinstimmung zwischen dem Anspruch Jesu Christi
und dem Anspruch des Gotteswortes im Alten Testament gibt, können wir unseren
Text vom Neuen Testament her befragen, was er uns für unser Gottesverhältnis zu
sagen hat.
Das Wort Gottes zu hören und zu tun (V. 1.40)
bedeutet …
… zu leben (V. 1–5)
Dem Volk wird versprochen, dass es leben und in das verheißene
Land hineinkommen werde, wenn es die Gebote Gottes halten werde. Entsprechend
vergleicht Jesus den Menschen, der „diese meine Rede hört und sie tut«, mit
einem Mann, der sein auf Fels erbautes Haus auch durch den Platzregen nicht
einstürzen sehen muss (Mt 6,24ff.). Unser einsturzgefährdetes Lebenshaus bekommt Stabilität, wenn es
das Wort Gottes zum Fundament hat.
… die Seele zu bewahren (V.
9–10)
Das Volk Israel wird aufgefordert, den Bund, den Gott mit ihm am
Horeb geschlossen hat, nicht zu vergessen und damit
seine Seele zu bewahren. Vergleichbar spricht Jesus von der Möglichkeit des
Menschen, an seiner Seele Schaden zu nehmen (Mk
8,34ff). Zu einem wesentlichen Teil sind wir verantwortlich für die Einflüsse,
denen wir unser Leben aussetzen. Sie werden uns prägen und uns binden –
hoffentlich an Gutes. Denn in vielen Fällen ist diese
Prägung »unauslösbar « (Mk 8,37).
… offen zu bleiben für die Dynamik Gottes
(V. 15–28)
In unserem Text wird ein Thema besonders hervorgehoben, das auch
unter den Zehn Geboten seinen Platz hat: Das Bilderverbot (V. 15–28). Ja, es
kann gesagt werden, dass der Verfasser des Textes im Verstoß des Volkes gegen
dieses Gebot die eigentliche Ursache für die Wegführung ins Exil im 6.
Jahrhundert v. Chr. sieht (V. 26–29). Warum wird das Bilderverbot hier und auch
an anderen Stellen im Alten Testament so hoch bewertet? Weil dort, wo klar
genormte Vorstellungen darüber bestehen, wie »Gott an sich« ist, kein Platz in
den Köpfen und Herzen mehr bleibt für die Lebendigkeit des wirklichen Gottes.
Das Bild des Menschen von Gott würde sein Gott werden. Und damit wäre dieser
Gott im Kopf so beschränkt und eingegrenzt, wie es der Mensch ja selbst schon
ist. Zudem könnte dieser selbst gemachte Gott der Dynamik des Lebens nicht das
Wasser reichen. Er wäre kein Gegenüber mehr zur menschlichen Lebenswelt,
keiner, bei dem es Sinn machen würde, auf ihn zu hoffen und zu ihm zu klagen.
Er wäre überflüssig. Aber gerade von Jesus Christus her sollten wir wissen,
dass Gott gerade da zu finden ist, wo wir ihn am wenigsten vermutet hätten: in
der Ohnmacht des Gekreuzigten. Gott sprengt die Bilder, mit denen wir ihn
fassen wollen (1.Kor 1,25).
… die Vergangenheit nicht zu vergessen (V. 31–40)
Der Text ist überzeugt: Dass Israel zum Zeitpunkt der Anrede das
ist, was es ist, hat es dem Handeln Gottes in seiner Geschichte zu verdanken.
Beim Rückblick in diese Geschichte wird klar, dass es keine
Selbstverständlichkeit ist, dass das Volk einen Platz unter den Völkern
gefunden hat. Dass wir als Christen das sind, was wir sind, haben wir ebenso
dem Handeln Gottes in der (Vor-)Geschichte unseres Lebens zu verdanken. Der
Apostel Paulus schreibt im Neuen Testament: »Was hast du, das du nicht
empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich dann, als
hättest du es nicht empfangen?« (1.Kor 4,7). Es ist
gut, manchmal im Leben innezuhalten und darüber nachzudenken.
Fragen zum Gespräch:
● Wo hat die Orientierung an
einem Gotteswort das eigene »Lebenshaus« stabilisiert?
● Kann man eigentlich an Gott
glauben, ohne sich ein »Bild« von ihm zu machen? Wenn nein, wie müsste es
beschaffen sein, um nicht vom Bilderverbot betroffen zu sein?
● »Was hast du, das du nicht
empfangen hast?«
Pfarrer z. A. Stefan Wittig, Ostfildern-Ruit
Impulse zur Veranschaulichung
für Kinder und Erwachsene:
● Beispielgeschichte: »Der
verbotene Pfad« aus »So groß ist Gott« von Patricia St. John. Hier wird
deutlich: Gebote schützen.
● Ein leeres Plakat aufhängen.
Während einer den Text liest, sollen die anderen Eigenschaften Gottes heraushören,
die jeweils zugerufen und auf dem Plakat festgehalten werden.
Lieder: 685, 312, 442
Entnommen aus dem Gemeinschaftsblatt des AGV