5.Mose
7,1-26
Eine
große Liebesgeschichte
Vieles hatte Israel die letzten
vierzig Jahre mit seinem Gott erlebt und durchlebt: die überstürzte
Flucht aus Ägypten bei Nacht und
Nebel, die Angst vor den ägyptischen Verfolgern, die wunderbare
Begleitung, Versorgung und
Bewahrung durch Gott während der langen Wanderung durch die
Wüste. Und jetzt, kurz vor dem
Ziel der mühsamen Reise, kommen (mal wieder) heftige Zweifel
auf. Es ist allen klar, dass der
alte Mose die Reise über den Jordan nicht mehr
schaffen wird. Und
in dem gelobten und verheißenen
Land auf der anderen Seite des Jordans wohnen längst andere
Völker und Menschen. Wie soll
das alles nur gehen? Wer führt uns in das gelobte Land? Wer
schafft uns Lebensraum in einem
Land, in dem schon längst andere Völker leben? Wie können wir
als Volk Israel auch in Zukunft
(über)leben?
Auf all diese Fragen antwortet
der alt gewordene Mose in seinem letzten Buch. Im
fünften Buch
Mose findet sich sozusagen das
Vermächtnis, das Testament eines sterbenden Gottesmannes.
Mose überbringt seinem Volk ein
letztes Mal die Botschaft seines Gottes. Mose sagt:
Ihr werdet
nicht untergehen, ihr werdet als
Volk eine große Zukunft haben, weil ihr Gottes geliebtes und erwähltes
Volk seid, denn „...dich hat der Herr, dein Gott, erwählt zum Volk des
Eigentums aus allen
Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der Herr
angenommen und euch erwählt, weil ihr größer
wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter
allen Völkern –, sondern weil er euch
geliebt hat.....“ (V. 6-11).
Liebe
– der Beginn einer großen Liebesgeschichte (V. 6-11)
Am Anfang stand die Liebe und
Zuneigung Gottes. Gott hat sich Israel nicht deshalb ausgesucht,
weil etwa dieses Volk sehr groß,
stark oder besonders fromm gewesen wäre. Auch nicht deshalb,
weil ihn das Volk besonders
beeindruckt oder ihm imponiert hätte. Wenn man die Sache von dieser
Seite her erklären wollte, dann
hätte Gott Israel gerade nicht erwählen dürfen. Nein, Gott hat
sich das Volk Israel aus reiner
und bedingungsloser Liebe ausgesucht. Und wie bei jeder Liebesbeziehung,
so bleibt es auch hier für
Außenstehende unerklärlich, warum die Wahl Gottes gerade
auf Israel gefallen ist. Und
genau dieses Ereignis, diese Liebesbeziehung Gottes zu einem kleinen
und unscheinbaren Volk haben die
Menschen damals wie heute nicht verstehen und annehmen
können. Im Laufe der Geschichte
stand Israel darum nicht nur einmal auf der Liste der „unerwünschten
Völker.“ Und noch immer
versuchen einzelne Menschen und ganze Völker, diesem
kleinen Volk das Leben schwer zu
machen. Und dennoch, Israel ist bisher nicht von der Bildfläche
der Geschichte verschwunden und
wird es auch in Zukunft nicht, weil Gott sich dieses Volk erwählt
hat. Weil seine Liebe noch immer
gilt. Weil Gott zu seiner Liebe, zu seinem Volk steht. Die Zuwendung
Gottes zu seinem Volk ist mehr
als eine flüchtige Liebesgeschichte. Und genau dieser wichtige
Sachverhalt, die
uneingeschränkte Liebe Gottes zu seinem Volk hat auch für uns Menschen
heute eine Bedeutung, die wir
nicht zum erwählten Volk Israel gehören. Gott hat seinen Sohn Jesus
Christus an Weihnachten als
Mensch auf die Erde geschickt, damit er auch uns aus Liebe erwählen
kann: „Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben,
sondern dass er uns
geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für
unsere Sünden“ (1.Joh.
4).
Segen
– die Folge einer großen Liebesgeschichte (V. 12-15)
Nachdem Mose
deutlich gemacht hat, dass Gott zu seiner Liebe, zu seinem Volk uneingeschränkt
stehen wird, geht es nun um zwei
Konsequenzen dieser Liebeserklärung für Israel: Israel soll den
Herrn lieben und sich an seine
Gebote halten. Und wenn Israel auf diese Liebe Gottes antwortet
und sich an die Gebote hält,
dann wird Gott Israel „lieben und segnen und mehren“ (V. 13ff).
Es ist heute sehr schwer zu
sagen, was Segen eigentlich ist. Viele Menschen verstehen darunter
Reichtum und Wohlstand. Für
andere ist der Erfolg ein Segen. Und eine dritte Gruppe von Menschen
sieht in der Gesundheit den Segen.
Kann man so Segen verstehen? Ist jeder Erfolg, jedes
Erreichen von persönlichen Zielen immer
ein Segen? Jeder Misserfolg und jede Krankheit Unheil?
Mose macht hier eines ganz deutlich:
Segen ist mehr als Erfolg, Wohlstand und Gesundheit. Segen
ist die Folge der
Liebesgeschichte zwischen Gott und uns Menschen. Segen ist die Gegenwart
Gottes in unserem Leben. Der
Segen, von dem Mose im Text spricht, hat seinen
Ursprung
einzig und allein in Gott. Der
(echte) Segen ist also die Frucht, die auf dem Garten unserer Liebesbeziehung
zu Gott wächst. Im Hören auf
Gottes Wort, im Annehmen seiner Liebe und im Bewahren
seiner Gebote wird der Boden
bereitet, auf dem sich Gottes Segen entfalten kann. (Vgl.
5.Mose 28,1-8). Im Neuen
Testament werden gesegnete Menschen, also Menschen, die in der
Gegenwart Gottes leben, Heilige
genannt. Christen sind nicht deswegen heilig, weil sie erfolgreich,
reich und gesund sind. Christen
sind heilig, weil sie die Liebe Gottes in Jesus Christus annehmen
und seine Ordnungen und Gebote
ernst nehmen.
Zweifel
– die Gefahr einer großen Liebesgeschichte (V. 17-26)
Israel hatte in der Geschichte
schon viel mit seinem Gott erlebt. Und eigentlich müsste es das Volk
inzwischen verstanden haben,
dass Gott seiner Liebeserklärung gegenüber Israel auch in Zukunft
treu bleiben wird. Aber wie das
so ist, je größer die Gefahr, je höher die Mauer, über die ich nicht
hinaussehe, desto größer werden
auch die Zweifel im Glauben: Ist es nicht doch ein zu großes
Risiko, wenn ich mich ganz auf
die Liebesgeschichte mit Gott verlasse? Was, wenn Gott am Ende
tatsächlich nicht eingreifen
wird? Was, wenn Krankheit und Nöte die Oberhand über mich bekommen,
weil Gott sich (noch) nicht
rührt?
Die Angst und der Zweifel daran,
dass die Liebesbeziehung vielleicht doch nicht das hergibt, was
sie verspricht, gewinnt immer
mal wieder Raum in meinem Herzen. Damals war es die ganz konkrete
Angst vor den übermächtigen
Völkern im gelobten Land: „Diese Völker sind
größer als ich,
wie kann ich sie vertreiben?“ Und was ist es heute, was uns an
der Liebesgeschichte Gottes mit
uns Christen zweifeln lässt?
Mose macht seinem Volk eindringlich
Mut, trotzdem an der Liebesgeschichte mit Gott festzuhalten.
Mose erinnert sein Volk in Zeiten
des Zweifels und der Anfechtung daran, was „der Herr dein Gott
durch große Machtproben, die du
mit eigenen Augen gesehen hast,“ getan hat. Das
Geheimnis im
Zweifel und in der Anfechtung
besteht darin, dass ich mich an das erinnere, was Gott bisher Gutes
an mir getan hat. Und dass ich
versuche, trotz der Anfechtung und trotz der Zweifel bei Gott zu
bleiben, und darauf vertraue,
dass der Herr meine Hand festhält.
Pfarrer Jochen Wolber, Baiersbronn
Impulse
zur Veranschaulichung für Kinder und Erwachsene:
Veranschaulichung
zu V. 7f: Ein
Gefäß mit Süßigkeiten und sonstigen Gegenständen mitbringen.
Mehrere Leute (oder alle) dürfen
etwas herausnehmen. Anschließend die Frage: Warum
habt ihr gerade das gewählt? _
Überleitung zur
Frage, warum wohl Gott sich gerade Israel
erwählt hat.
Zu
V. 17ff: Nicht
nur Israel, auch wir haben immer wieder Angst vor der Zukunft. Auf Plakat
oder Folie sammeln wir
verschiedene Stichworte dazu. Mit einer anderen Farbe schreiben wir
dick quer darüber: FÜRCHTE DICH
NICHT! – s. V. 18a.
Lied dazu: „Ich bin bei dir,
wenn die Sorge dich niederdrückt …“ (Liederkalender 2002).
Entnommen aus dem Gemeinschaftsblatt des AGV