Bibelarbeit über 4.Mose 17, 6-28

von Michael Strauch




Ein Wort zuvor:

Zur Vorgeschichte bitte meine Bibelarbeiten beachten von Kapitel 12 (Miriam
und Aaron) und Kapitel 16-17,6. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die "Nerven
blank liegen". Es kommt zu ständigem Aufruhr gegen Moses und/oder Aaron.
Nicht selten wie bei Miriam und Aaron, später die "Rotte Korach" will man
die von Gott gemachte, explizite Stellung von Mose und auch von Aaron nicht
akzeptieren. Es findet also in all den Kapiteln ein ständiges Machtgeplänkel
statt. Es wird mit vordergründig geistlichen Argumenten gearbeitet, der
Leser empfängt aber stets auch den Einblick in die wahren Motive. Im Grunde
wollen viele Israeliten wieder "zurück nach Ägypten" und Mose als Führer
absetzen. Vergessen scheint die Sklaverei, vergessen die Peitschenhiebe,
vergessen Pharao und die Plagen, vergessen der Engel des Todes.

Das 17. Kapitel beginnt ab Vers 6 auch mit dem furchtbaren und grausamen
Gericht. Der Riss in der Erdkruste ist vielleicht noch gut zu sehen. Erst
mit Schauder, dann mit Wut reagiert das Volk. Es heißt in Vers 6: "am nächsten
Morgen..." Das Volk murrt erneut. Selbst diese gewaltige Tat Gottes bringt
die Israeliten nicht zur Vernunft. Im Gegenteil, man gewinnt den Eindruck,
als sähen sie in Mose einen mächtigen Zauberer. Er, Mose, wird als Massenmörder
hingestellt.



A. In den Riss treten (Verse 6-16)

Wie viel ist hier schon geschehen. Wir denken an Nadab und Abihu, die beiden
Söhne Aarons, die selbstherrlich vor Gott räucherten ohne Befugnis dazu
zu haben. Sie starben furchtbar als lebendige Fackeln. Wir denken an Miriam
und Aaron, die glaubten, ebenfalls wie Mose besonders erwählt zu sein. Miriam
bezahlte dies mit einer fast tödlichen Krankheit. Und kurz zuvor finden
wir 250 ?der angesehensten Männer Israels zusammen mit Nachfahren Levis
und Rubens, wie sie sich gegen die Führer Israels erheben. Erneut endet
alles in einem Flammenmeer. Feuer und Krankheit sind die tödlichen Schwertspitzen
des Gerichts.

Hier müsste doch ein Einsehen stattfinden. Hier müsste doch - wenn nicht
Einsicht - dann doch Furcht vor dem Gericht einhergehen. Aber Fehlanzeige.
Warum ist das so? Warum kann eine ganze Gemeinde sich in offensichtlicher
Schuld dennoch vor Gott sich im Recht wähnen und den geistlichen Leiter
angreifen? Vielleicht finden wir Antworten in unserem Abschnitt:

Murren (Vers 6)

Ein Grundübel in der Gemeinde ist das Gemecker. Nach meinem Empfinden geht
es oft schon längst nicht mehr um die Ehre des Herrn. Es wird über alles
mögliche gemeckert. Der Moderator hat wieder mal vergessen, sich bei allen
Mitarbeitern zu bedanken. Der Chor hat schief gesungen. Die Predigt war
zu lang. Es war zu wenig geistlich und...und...und. Es liegt nahe, dass
der Pfarrer, Pastor, Prediger, Gemeinderat etc. schnell verantwortlich für
alle Fehler gemacht werden. Man selbst ist ja ?fehlerlos!?

Meckern tut jeder Mensch, mehr oder weniger. Vermutlich gibt es kaum einen
Christen, der seinen Unmut nicht irgendwann und irgendwo Luft gemacht hat.
Es ist menschlich. Aber: murren ist gefährlich. Dabei möchte ich gerne unterscheiden
zwischen berechtigter Kritik und bloßem Gemecker. Ein positives Beispiel
von Kritik sehe ich im Schwiegervater des Mose - Jithro - in 2Mose 18. Bei
ihm fallen mir zwei Dinge auf:

Jitro freute sich über all das Gute, das der Herr an Israel getan hatte,
wie er sie errettet hat aus der Ägypter Hand (Vers 9)

?Es ist nicht gut, wie du das tust. Du machst dich müde, dazu auch das Volk...?
(Vers 18)

Jithros Grundhaltung ist die Freude am Herrn. Obwohl er mit manchem nicht
einverstanden ist hat er zuallererst die Sache des Herrn vor Augen!! Danach
übt er aber auch Kritik. Aber diese Kritik hat die Ehre des Herrn, das Wohl
und die Entlastung des Mose und den Segen des Volkes zur Grundlage und zum
Motiv. Solch eine Kritik dürfen wir gerne hören.

Aber das zerstörende Meckern um geringster Dinge willen ist schädlich und
ruft den Zorn des Herrn hervor.



2. Vorwürfe (Vers 6)

Wer im geheimen meckert, der ist nicht weit entfernt, auch irgendwann anzugreifen.
Das Volk erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen Mose. Was hat man ihm nicht
schon alles vorgeworfen. Wie oft wird er als Irrlehrer, falscher Führer
und hier sogar als Massenmörder bezeichnet. Schmerzlich wird Moses erinnert
an seine Vergangenheit, als er meinte, Selbstjustiz üben zu müssen und den
Ägypter tötete. Damals musste er in die Wüste fliehen, sozusagen ins Exil.
?Du hast das Volk des Herrn auf dem Gewissen!? ist die Anschuldigung.

Das ist leider in der Praxis ein ebenfalls gemeiner Vorwurf. Man macht das
Leben eines Leiters schwer. Dann, wenn aufgrund dessen der Segen ausbleibt,
muss ist er auch noch dafür verantwortlich. Wenn die Gemeinde nicht vorangeht,
wenn alles rückläufig ist, wenn die geistliche Arbeit stirbt, der Leiter
ist immer schuld. Es kann passieren, dass die Gemeinde sich trotz allem
so im Recht fühlt, dass sie sich sogar ?gegen Mose und Aaron? wenden, aber
sich vor die Stiftshütte stellen! (Vers 7).

Die Frage ist immer: wie kann man so offensichtlich in Schuld leben und
gleichzeitig christliche Aktivitäten und Angebote wahrnehmen. Ich weiß es
nicht. Ich will auch nicht fragen, sondern auf mich selber schauen. Ich
weiß, dass es Zeiten der Gleichgültigkeit gibt nach dem Motto: ?es steht
zwar in Gottes Wort, aber...? Was dann folgt, ist ein Nebel des Schweigens.
Einfach schweigen. Wir nehmen Gott nicht ernst, aber irgendwie lebt man
trotzdem weiter. Vielleicht suchen wir uns geistliche Nischen, wo wir meinen,
das Gott Wohlgefällige zu vollbringen. Für alles andere gibt es ja Kreuz
und Vergebung. Vielleicht ist es aber auch nur Verblendung. Grundsätzlich
gilt: jeder Angriff auf seine Mitchristen ist nicht erlaubt. Kein Argument
kann hier gelten. Es gilt nur eine positive Kritik, die dem anderen hilft.
Ein sehr hoher Anspruch, das ist sicher wahr. Es ist aber unumstößlich.




Es folgt nun eine Wiederholung der Schrecken zuvor. Wie bei Miriam und Aaron
die Wolke des Herrn hernieder kam, so auch hier. Allerdings zum Gericht.
Der Herr selbst erscheint in einem gewaltigen Zorn. Er ist wie ein Sturmwind,
wie ein rasend fressendes Feuer, wie ein Hurrikan. Es ist keine Zeit mehr
zu Reden. Alles Beschwichtigen, alles Diskutieren und Debattieren entfällt.
Es kommt der Zorn Gottes mit solch einer Gewalt, dass es Mose und Aaron
nur noch gelingt, sich vor den Herrn zu werfen und ihn durch diese Geste
zu besänftigen.

Was nun folgt, ist grandios und von eigenartiger Faszination. Moses, der
Umgang mit dem Herrn hat wie mit einem Freunde, weiß nun, dass Worte beim
Herrn nichts mehr ausrichten können. Nun muss jemand in den Riss treten.
Wie einst der Todesengel in Ägypten an den vorbeiging, wo an den Pfosten
das Blut des Lammes klebte, so muss nun ein Mann sühnend durch die Verlorenen
gehen und retten, was zu retten ist. Doch was kann Aaron nehmen? Er hat
weder Macht noch Stärke. Dem Herrn in seinem Zorn, wer kann sich ihm widersetzen?
Wer wagt es, einem Löwen die Beute zu entreißen?

Die Pfanne! Mit der Pfanne haben Nadab und Abihu mit ihrem Leben bezahlt.
Mit der Pfanne starben die Menschen in der Rotte Korahs. Die Pfannen wurden
aus den Händen der Unwürdigen genommen und ihr Blech als Mahnmahl an den
Altar geschlagen. Die Pfanne kann nur von Mose und Aaron genommen werden.
Die Pfanne mit den heißen Kohlen darin und dem Räucherwerk in den Händen
des Berufenen vor Gott möge den Zorn Gottes lindern. Und Aaron macht sich
auf, stürzt sich in das Geschrei, stellt sich dem Tod entgegen, ?steht zwischen
den Lebenden und den Toten? und weist dem Tod die Schranken. Ein eigenartiges
Bild, weil Gott ja selbst der Rächer ist. Hier steht Aaron, den man angegriffen
hat. Dort steht die verurteilte Gemeinde, die zu Recht die Strafe empfängt.
Aber der Berufene Gottes stellt sich Gott entgegen, nur mit seiner Räucherpfanne
und macht damit deutlich: Sühne, mein Gott. Sühne, mein Gott. Sühne für
dieses Volk.

Aaron hat nichts zu bieten. Eine lächerliche Pfanne, mit billigen Kohlen
und billigem Räucherwerk. Aber der Herr hat dieses Zeichen eingesetzt in
seiner Gnade. Der Herr lässt sich besänftigen, hält sich zu seiner Verheißung,
lässt ab von seinem Tun. Doch es haben viele für den Frevel bezahlen müssen.


Natürlich wird dem Christen schmerzhaft bewusst, dass dies alles ein Bild
für unsere Sünde darstellt! Paulus sagt im Römerbrief: "Denn wir sind allzumal
Sünder und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten."

Wir haben den Zorn Gottes verdient, seine Rache müsste uns im Nu ereilen
und zerstören. Es wäre nur recht und billig. Doch der Herr Jesus trat für
uns in den Riss. Mit nichts anderem als einem gekreuzten Holz. Mit nichts
anderem als dass er sich zwischen den Tod und das Leben stellte und Sühne
schuf. Der Zorn traf den Sohn mit solcher Wucht, dass er sein Leben ließ.
Für uns zur Sühne, zur ewigen Sühne.

Wenn ich mir also meiner Sünde bewusst bin und der Größe des Kreuzes Jesu,
dann wird das Meckern verstummen und ich werde die Art Jithros mir zu eigen
machen wollen.









B: Der Stab der Hoffnung (Verse 17-27)

Gott schenkt einen zweifachen Beweis: den des Gerichts und den seiner Gnade.
Beides gehört in Gottes Wesensart untrennbar zusammen. Der Auszug Israels
war auch immer mit dem Gericht verbunden ? dort über die Ägypter. Die Gnade
in der Wüste ebenfalls mit der Anfechtung. Die Gnade Gottes und der Missbrauch
derselben lassen Gottes Gericht immer wieder entflammen. Aber danach ist
der Herr wieder gnädig.

Gott schickt sehr oft keine theoretischen, wortlastigen Beweise. Nicht durch
Argumente, durch Fürsprache oder irgendwelcher Privilegien handelt Gott,
sondern er handelt so, dass der Mensch es auch sehen kann.

Gott fordert 12 Stäbe. Der Stab war ein Gegenstand des Herrschers oder Führers,
also eines Menschen mit Verantwortung. In 1Mose 49,10 sagt Jakob, dass der
Stab des Herrschers nicht von Juda weichen wird. Wir denken natürlich auch
an 2Mose 4,4, wo der Stab des Mose zur Schlange wird und gleichzeitig wieder
zum Stab. Sinnbild dafür, dass die Verantwortung, die ihm auferlegt wird,
schwer wiegt. Nimmt er sie aber im Glauben an, dann wird es ihm gelingen.
Mit dem Stab hat Mose ?das Meer geteilt? und Wasser aus dem Felsen sprudeln
lassen. Wir denken nicht zuletzt an Psalm 23,4: Dein Stecken und Stab trösten
mich. In Micha 7,14 wird der Stab zum Sinnbild des Schutzes und der Fürsorge
Gottes: Du aber weide dein Volk mit deinem Stabe. In Markus 6,8 sagt Jesus,
die Jünger sollten nichts mitnehmen als nur ihren Stab ? sprich das Bild
der Herrschaft Gottes. Durch den Gläubigen will der Herr mächtig wirken.
In Offenbarung schließlich lesen wir in Kap 2,27, dass der Stab in der Hand
Jesu zum Gerichtsinstrument wird: und er soll sie weiden mit eisernem Stabe,
und wie die Gefäße eines Töpfers soll er sie zerschmeißen.

Wir sehen den Stab des Herrschers oft in den Händen mächtiger Könige, Diktatoren
und Herrscher. Selbst der Papst stützt sich auf einen mittlerweile reich
verzierten Hirtenstab. Der Stab hat also eine reiche Tradition und gehört
dem, der Verantwortung trägt für eine größere Schar. Für Mose wurde der
Stab stets Sinnbild dafür, dass der Herr seine Kraft ist. D e i n Stecken
und Stab trösten mich.

Jeder der Führer der Stämme Israels soll nun den Namen des Stammes in seinen
Stab ritzen. Der Name Aarons soll auf dem Stab Levis stehen, dem priesterlichen
Geschlecht. Gott bezeugt, dass der Stab grünen wird ? und das ohne Wasser
und mitten in der Wüste ? den der Herr bestimmt hat.

Mose legt die Stäbe in die ?Hütte des Gesetzes?. Er legt sie vor das Recht
Gottes. Gottes Wort ist wahrhaftig und man kann darauf bauen. Wer nun aber
in besonderer Weise diesem Gesetz Gottes dienen darf und soll, der bringt
Frucht am Stab. Es geht also um den Diener am Gesetz des Herrn. Totes Material
bringt Gott zum Leben. Im Grunde wieder Sinnbild, dass (Joh 1) das Wort
Fleisch geworden ist. Das Gesetz, das Wort Gottes ist untrennbar mit Gott
selbst. Er ist das Wort und spricht das Wort.

Mose geht am nächsten Morgen zu den Stäben und findet den Stab Aarons grünen.
Ja er trägt sogar Mandeln. Warum Mandeln? Weil der Mandelbaum der erste
Baum im Jahr ist, der blüht und Früchte bringt in dieser Landschaft. Man
nennt ihn im hebräischen auch den ?Wachen? oder den ?Frühen?. In Jeremia
1,11f sagt Gott: ?Jeremia, was siehst du? Ich sprach: Ich sehe einen erwachenden
Zweig (Mandel). Und der Herr sprach zu mir: Du hast recht gesehen: denn
ich will wachen über meinem Wort, dass ich es tue!

Wortlos nimmt jeder der Stammesführer den toten Stab. Denn tot ist der Stab,
tot ist all unser Tun, unser Leiten und Führen und ohne Frucht, wenn es
nicht in der rechten Haltung dem Herrn gegenüber geschieht. Tot ist unser
Stab, wenn wir uns untereinander bekriegen in Rechthaberei, Eitelkeit und
Ehrsucht. Tot ist der Stab, wenn wir diejenigen, die Gott berufen hat für
den priesterlichen Dienst, das Leben schwer machen und sie verzagt machen.


Die Gemeinde Israel aber hat verstanden. Mehr als Erdbeben, Donner und Blitze
versteht die Gemeinde dieses Zeichen. Der Herr hat endgültig gesprochen.
Und sie wissen, dass ?der Sünde Sold der Tod ist!? Doch der grünende Stab
ist ein Signal der Gnade, der gnädigen Herrschaft Gottes, die in seinem
Sohn Jesus Christus ihren Höhepunkt findet.