Bibelarbeit zu 4.Mose 16
von Michael Strauch
Personen in Kapitel 16:
Korach Ben Jizhar, Stamm Levi
Datan und Abiram Ben Eliab, Stamm Ruben
On, der Sohn Pelets, ebenfalls ein Mann aus dem Stamme Ruben
Vorsteher der Gemeinde
Die Söhne Korachs entstammen dem priesterlichen Geschlecht der Leviten. Vermutlich aus diesem Grunde fordern sie für sich dieselben Rechte wie Aaron, sprich sie wollen ebenfalls vor dem Herrn opfern und räuchern. Das Beispiel Miriams hat offenbar nicht lange gewirkt.
Nach dem Strafgericht Gottes bleiben offenbar einige aus dem Geschlecht verschont. In 4Mose 26,11 heißt es bezeichnend, dass nicht alle von ihnen umkamen. Wenn man den Stammbaum in 1Chron 6,18 bis 22 von Heman verfolgt, so wird man feststellen, das aus diesem Geschlecht begabte levitische Sänger entspringen werden. Wir finden ihre Lieder in den Psalmen (wie z.B. Psalm 42).
Dies wird von Datan und Abiram nicht erwähnt. Wir finden beide z.B. in Psalm 106,17 als mahnendes Beispiel, sich vor dem Herrn zu fürchten.
Heilige Gerätschaften
Pfannen, Räucherwerk, Feuer vor dem Herrn
Die Kohle oder Räucherpfanne ist vermutlich mit einer modernen gusseisernen Bratpfanne gut zu vergleichen. Zuerst wurden glühende Kohlen (Feuer) in die Pfanne gelegt und darauf wurde dann bestimmte Pflanzen in ihrer Funktion als Räucherwerk verbrannt. Aus 2Mose 30,34 wissen wir, dass hier an Balsam, Stakte, Galbanum und Weihrauch zu denken ist.
In 3.Mose 10 waren es die beiden leiblichen Söhne Nadab und Abihu, die unaufgefordert und unauthorisiert ein "fremdes Feuer" vor den Herrn entzünden und räuchern. In Vers 3 sagt Gott, dass er sich heilig erweist an denen, die "ihm nahe sind!" Aarons Söhne sterben. Wie schwer muss es Aaron gefallen sein, mitzuerleben, wie der Hochmut Miriams und sein eigener (siehe 4Mose 12) und die geistliche Anmaßung seiner eigenen Söhne "böse Früchte" trägt im Volk.
Worin liegt die Unzufriedenheit in der Gemeinde Israel?
Ich bin mir nicht sicher, wenn ich den Stammvater Ruben hier erwähne. Erinnern wir uns an die Segensworte Jakobs über Ruben aus 1Mose 49,3: "Ruben, mein erster Sohn bist du, meine Kraft und der Erstling meiner Stärke, der Oberste in der Würde und der Oberste in der Macht. Weil du aufwalltest wie Wasser sollst du nicht der Oberste sein, denn du bist auf deines Vaters Lager gestiegen, daselbst hast du mein Bett entweiht, das du bestiegst!" Gemeint ist, dass Ruben mit einer Nebenfrau Jakobs Intimverkehr hatte (1Mose 35,22).
Bezeichnend auch, was Jakob über Levi aussagt in 1Mose 49,5ff: "...in ihrem Zorn haben sie Männer gemordet...in ihrem Mutwillen Stiere gelähmt...Verflucht sei ihr Zorn...Ich will sie versprengen in Jakob und zerstreuen in Israel." Jakob dachte besonders an 1Mose 34, bes. Vers 25ff, als zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, eine friedliche Stadt überfielen und die Vergewaltigung ihrer Schwester Dina meinten, so rächen zu müssen.
Zurück zu 4Mose 16. Meines Erachtens liegt in beiden Geschlechtern - im Stamm Ruben und im Stamm Levi - ein sehr eigenständiges Verständnis von Würde und Recht. Ruben war einerseits (siehe Josef) barmherzig, zugleich aber auch anmaßend. Er gab sich nicht zufrieden mit seiner Stellung, er wollte mehr. Levi wiederum ist ein Zelot, ein Eiferer, der im sprichwörtlich blinden Eifer "Selbstjustiz" verübte. Ist es denkbar, dass ein blinder Eifer und die Anmaßung Levi`s und Rubens noch in den Urenkeln nachschwingt? Tatsache scheint zu sein, dass das Sprichtwort "Wie die Alten so die Jungen!" hier zutrifft. Die Söhne Aarons Abihu und Nadab, die Krankheit Miriams, das ständige Gemecker des Volkes scheinen sie zu bestärken, dass Mose der falsche Mann sein muss!
Nun zu Kapitel 16. Es heißt:
Ihre Reaktion:
Sie empörten sich gegen Mose (Vers 2)
Dazu 250 von den angesehenen Männern (Älteste, Räte etc.)
Ihr Vorwurf:
Ihr geht zu weit. Die ganze Gemeinde ist heilig. Der Herr ist unter ihnen. Keiner ist "befugter" als der andere. Keiner prädestinierter, bevorzugter etc. Dieser Gedanke ist eigentlich doch nur zu begrüßen und wirkt neutestamentlich: Frater inter Fratres - Brüder unter Brüdern.
Ihre Forderung:
Sie begehren das Priesteramt Aarons (Vers 9+10)
Ähnlich wie Aaron und Miriam schützen sie zuerst geistliche Gründe vor. Obwohl Mose ein zutiefst demütiger Mann ist (siehe Vers 4: er fiel auf sein Angesicht...), machen ihm diese Männer sein Amt streitig. Oder gerade deswegen?
Nun kommt es zum eigentlichen Ärgernis. Und dies ist überhaupt nicht geistlicher Natur (Vers 13ff):
Vorwurf:
Du hast uns aus Ägypten geführt, obwohl das das Land war, indem Milch und Honig floss!
Du, Mose, hast vor, uns alle in der Wüste sterben zu lassen.
Du hat vor, selbst König zu spielen. Du bist ein ganz gerissener Betrüger und machthungrig.
Dein Plan wäre fast aufgegangen. Aber wir blicken durch! (Vers 14)
Die Anschuldigung wirkt sehr schwer. Wie konnte es dazu kommen?
In der Gemeinde Jesu gibt es leider viel Streit. Vielleicht ist das auch ein Stück weit normal, denn überall, wo Menschen mit festen Überzeugungen leben, kommt es auch zu Meinungsverschiedenheiten. Schlimm ist es nur, wenn man nicht mehr mit legalen Mitteln arbeitet. Ich bin mir sicher, dass Mose niemanden auch nur den geringsten Anlass gegeben hat, auf ihn und sein Amt eifersüchtig zu sein. Und doch weiß der Teufel über Eitelkeit und Ruhmsucht den Christen zu beeinflussen. Nicht selten geht der Kampf gegen die, die Gott besonders berufen hat für seinen Dienst.
Wie reagiert Mose auf diese schweren und heftigen Angriffe, die ja nur eines zum Ziel haben: die Absetzung der priesterlichen Alleinstellung des Mose.
Die Reaktion des Mose
Mose reagiert unterschiedlich.
1. Reaktion:
Entsetzen: "Als Mose das hörte, fiel er zu Boden!" (Vers 4). Der Gedanke ist für ihn so unwirklich, so lästerlich und abstoßend, dass er vor dem Herrn niederfällt.
Defensiv: Er nimmt das "göttliche Schild" vor sein Angesicht, d.h. er beruft sich auf den Herrn. Er soll entscheiden. Er soll seinen Willen kundtun. Keine Diskussionen über Amt und Würde. Der Herr selbst soll sprechen.
Offensiv: Darauf mahnt Mose die Leute und macht ihnen deutlich, dass sie sich gegen den Herrn selbst versündigen.
2. Reaktion:
Gewinnen: Mose sucht das Gespräch. Die Männer lehnen ab.
Zorn: Mose wird nun wirklich wütend. Doch in seiner Wut geht er zum Herrn! Bei ihm klagt er sich aus!
Konsequenzen: Mose führt die Konsequenzen durch immer im Angesicht vor dem Herrn. Der Herr soll richten, wer befugt ist, sich ihm zu nahen. Dazu nimmt jeder eine Räucherpfanne. Nimmt der Herr das Opfer an, so sei`s.
Die Reaktion Gottes.
Gottes Zorn ist gewaltig. Er erscheint wie ein fürchterlicher Racheengel, bereit, alle sofort zu vernichten. Schon beim Lesen treibt es mir den Schweiß. Der Herr ist heilig. Sein Zorn gewaltig. Wie muss das sein, dem Schöpfer des Universums gegenüber zu stehen, der gewillt ist, einen zu vernichten? Diesen Moment wollte Mose abwenden. Noch tritt er ein, spricht mit dem Herrn und der Herr führt eine Scheidung vor:
Die ganze Gemeinde Israel soll zurückweichen vor den Wohnungen Korachs, Datans und Abirams. (V.24).
Was nun folgt, wirkt gespenstisch, aber auch mitleiderregend. Die Ahnungslosen, zum Tode Verurteilten treten vor ihre Zelte. Mit ihnen ihre Frauen, ja sogar kleine Kinder.
Mose spricht es aus. Wenn Gott ihn nicht erwählt hat, dann soll den Klägern kein Leid geschehen. Sie werden eines Tages eines natürlichen Todes sterben. Denn der natürliche Tod ist Folge der Sünde. Dem sind alle unterworfen. Aber das Menschenleben ist Gnade und Frist Gottes. Wenn Gott diese Frist durch den sofortigen Tod abbricht, dann ist dies in diesem Fall Gericht. Darin sind sich alle einig.
Was nun geschieht, ist grauenvoll, erschreckend und furchtbar. Jedermann hüte sich, Gott anzuklagen. Betend und mit Ehrfurcht. Die Erde, also ihr Innerstes, ist lt. alttestamentlicher Vorstellung der Sitz der Totenwelt. Auch in vielen großen Kulturen ist dieser Gedanke fest verankert, dass die Toten in der Erde ihr “Reich” haben. Vielleicht spielt der Gedanke auch mit, dass der Herr im Himmel ist, die Toten folglich auf der Erde.
Äußerlich gesehen findet ein Erdbeben statt, wo die Erdkruste aufreist und Menschen in den Todesspalt fallen. Womöglich mit aufsteigendem Magma. Man könnte es sprichwörtlich einen “Höllenschlund” nennen. In Vers 33 heißt es “sie fuhren lebendig zu den Toten!” Hinzu entströmte eine Feuerfontäne - ich vermute aus der Erde - und vernichtete die 250 angesehenen Männer.
Nun bekommt Aarons Sohn Eleasar eine schreckliche Aufgabe, die ihn wohl erinnerte an seine Brüder: Er muss aus den verbrannten Leichen die Pfannen nehmen, sie platt walzen und den Altar mit diesen Blechen überziehen. Diese Bleche sollten direkt am Altar deutlich machen, dass der Herr entscheidet über Leben und Tod und dass er allein Gott ist (Kap 17,1ff).
Und heute?
Mose hatte eine einzigartige Stellung vor Gott. Sie ist nicht einfach übertragbar auf ein geistliches Amt. Vielmehr hat jeder Christ durch das Leiden und Sterben Jesu Christi, seine Auferstehung und Himmelfahrt die Möglichkeit eingeräumt, nicht nur ein Freund, sondern ein Kind Gottes zu werden! Welch ein Privileg.
Aaron hat eine priesterliche Bestimmung, Berufung und Aufgabe vor Gott. Er war nicht annähernd so demütig wie Mose. Er war Sünder und machte Fehler. Dennoch steht Gott zu seiner Berufung. Auch heute beruft Gott Menschen in seinen vollamtlichen, priesterlichen Dienst. Sie sind in gewissem Maße schutzlos. Sie sind angewiesen auf die Gelder ihrer Mitgeschwister. Ihre Arbeit wird oft nicht als “Handwerk” gewürdigt. Sie werden zwar für Dienste “herumgereicht”, aber sie dürfen nicht mahnen und nicht fordern. Was sie können, können andere auch. Man geht soweit, dass man sagt: Ich arbeite den ganzen Tag und mache noch ehrenamtlich in der Gemeinde mit. Und der Vollamtliche macht sein Hobby zum Beruf und bekommt sogar noch Geld dafür. Die Menschen sollen wissen, dass sie mit ihrer Anklage beim Herrn selbst vortreten sollten. Ob der Herr ihnen Recht geben wird?
Tatsache ist nun mal, dass der Herr manche Menschen aus dem normalen Berufsstand herausruft und sie weiht, ihre ganze Zeit für spezifisch geistliche Aufgaben einzusetzen. So hat Gott Propheten berufen, auf Lebenszeit waren es die Leviten. Diese Berufung muss nicht lebenslang sein, es gibt Berufungen auch auf Zeit. Vollamtliche sind nicht besser als andere Christen. Sie machen oft sogar nicht besser, was Menschen sogar noch nebenher schaffen. Sie sind durch ihr Studium theologisch zwar qualifizierter, aber das ist erst einmal nur Wissen. Was macht sie anders? Im Grunde nichts. Nur das Eine: das es Gott gefallen hat, sie in besonderer Weise für sein Aufgaben zu berufen und zu heiligen. Darin liegt ihre Würde. Sie anzugreifen heißt, Gott anzugreifen.