Bibelarbeit über 4.Mose 11

Von Michael Strauch



Ein Wort zuvor:

Es stellt sich für mich immer wieder die Frage, wie man bei der Vorbereitung
z.B. eines Hauskreises oder einer Stunde vorgeht, wenn man besonders alttestamentliche
Texte hat. Und ich bin nicht immer ein Freund davon, gleich zu Kommentaren
zu greifen. Ich denke, dass ist auch nicht nötig. Man kann einen Kommentar
hinterher lesen, um zu schauen, ob man einigermaßen richtig liegt.

Wie in einigen Bibelarbeiten schon erwähnt, hilft mir eine Methode, die
ich auf einem Kurs für Kinderarbeit von Mitarbeitern der Bibelschule Adelshofen
gelernt habe: der P.o.z.e.k - Schlüssel. Ich will versuchen, ihn an diesem
Text anzuwenden.



1. P.O.Z.E.K. - Schlüssel

1.1. P = Personen (gemeint sind Personen, Tiere, alles Lebendige)

Welche Personen werden in diesem Kapitel erwähnt. Ich lese das ganze Kapitel
durch und schreibe mir die Personen heraus:

Der Herr und des Herrn Geist (V.1ff/V.17ff)

Das Volk (V.1ff) - Israel

Mose (V.2ff)

Das ?fremde? Volk - siehe dazu 2Mose 12,38 (Nicht-Israeliten, Ägypter etc.,
die mit beim Exodus mitgingen)

70 Männer aus dem Volk - Älteste (V.16)

2 Männer (V.26ff) Eldad und Medad

Josua (V.28)

Wachteln



1.Fazit:

Schon beim Aufzählen der Personen merkt man deutlich die sehr häufige Aufzählung
von ?Mose?, dem ?Volk? und dem ?Herrn?. In diesem Dreieck bewegt sich die
Geschichte des Kapitels. Als zweiter Schritt wäre nun wichtig, die Attribute
(Adjektive, Verben) zu diesen Personen kurz zu skizzieren:



Der Herr:

Hören (V.1)

Zorn entbrennen (V.1.10.33)

Hernieder kommen (V.25)

Nimmt vom Geist und legt ihn auf andere (V.25)

Wind senden (V.31) und Wachteln treiben

Schlagen mit Plagen (V.33)

Das Volk / das fremde Volk

Klagen (V.1)

Schlecht gehen (V.1

Schreien (V.2)

Lüstern werden (V.4 fremdes Volk)

Weinen (V.4.9)

Sammeln (Wachteln)

 

Mose

Bittet zum Herrn (V.2)

Hört das Volk weinen (V.10)

Verdrossen (V.10)

Gehorsam (V.24)

2.Fazit:

Wenn wir uns die Attribute anschauen, so stellen wir fest, dass das Volk
in einem sehr vermeckertem Zustand sich befindet. Sie klagen, sie schreien,
sie weinen. Hinzu kommt noch das ?fremde Volk?, das ?lüstern? ist.

Spätestens hier stellt sich die ganz praktische Frage nach dem Grund ihrer
Unzufriedenheit. Haben sie eine Not? Schreien sie zu Recht?

Die Gründe liegen meines Erachtens in Vers 4:

Israel isst das Manna. In Vers 8 wird deutlich, dass sie kulinarisch schon
einige Fertigkeiten entwickelt haben, um eine gewisse Abwechslung zu erzeugen.
Wir denken natürlich, dass uns das ewig gleiche Essen bald zum Halse heraushängen
würde. Bedenkt man aber, dass in asiatischen Ländern z.B. Reis das Hauptnahrungsmittel
ist und die Leute sehr froh sind, wenn sie es haben, dann merken wir, dass
unser Volk nicht der Maßstab sein kann. Ich glaube, Israel wäre auch zufrieden
gewesen, wären da nicht die fremdländischen Beisassen, die vermutlich in
den schönsten Farben sprachen vom Fleisch, von den Kürbissen, Melonen, vom
Lauch und den Zwiebeln sowie dem Knoblauch Ägyptens.

Das fremde Volk hat die ?klagenden? Attribute nicht. Bei ihm heißt es ?lüstern?.
Somit haben wir auch den geistlichen Konflikt aufgedeckt: die Welt bietet
solch eine große Vielfalt, das Leben mit Gott ist dagegen so eintönig! Vergessen
ist die Sklaverei, vergessen die furchtbaren Bedingungen, vergessen all
das furchtbare Leid. Israel will die Vorteile Ägyptens und die Vorteile
der Freiheit mit Gott.



Bei Mose sind sehr positive Attribute. Er hört zu. Er hört Gott und gehorcht
ihm. Er hört aber auch das Weinen des Volkes. Er steht zwischen den Stühlen.
Die Situation zerreißt ihn. Er liebt das Volk, will nicht ihr Ende miterleben.
Er liebt aber auch den Herrn. Diese Zerreißprobe bringt ihn dazu, dass er
sich den Tod wünscht. In ihm vereinigen sich Elemente des Volkes (Unglaube
- V.22) und zugleich göttliche Elemente (göttlicher Zorn, verdrießen -V.10).


Beim Herrn finden wir zwei Elemente. Zum einen der flammende Zorn. Er entbrennt
gefährlich - und zwar sprichwörtlich ?am Rande des Lagers? (V.1), wie zur
Warnung. Zugleich erleben wir den Herrn so, dass er Abhilfe schafft, auf
die Forderungen des Volkes eingeht, sie ?ihre eigenen Erfahrungen? machen
lässt. Weiter erleben wir den Herrn, der zum Volk herabkommt, der mit Mose
diskutiert, der auch seinen Schmerz offenbart angesichts des Unglaubens
des Mose und der von seinem Heiligen Geist nimmt und Menschen damit erfüllt.


So erleben wir den Zorn des Herrn ?am Rande des Lagers? und die Verzückung
der Ältesten im Lager und rund um die Stiftshütte.





1.2. O - Ort

Hier wäre zu nennen, welche Länder, Städte oder Orte auftauchen. Zur Hand
haben wir ein Bibellexikon und schreiben uns auf, was es über diese Orte
zu sagen gibt. In Kapitel 11 wissen wir, dass das Volk sich in der Wüste
Sinai aufhält. Wo aber genau? Hier gibt uns Vers 34f Aufschluss: Lustgräber.
Wir lesen in Rieneckers Lexikon: ?Lagerplatz der Israeliten zwischen dem
Sinai und Hazeroth...50 km nördlich vom Sinai, gemeint ist das Gebiet um
den Mosesberg (Horeb). Auf einer Karte finden wir Hazeroth, das westlich
vom roten Meer liegt und nordwestlich vom Horeb.

Unter den Orten können wir auch die Stiftshütte noch mal in Erinnerung rufen
etc.



1.3. Z - Zeit

Hier ist gemeint, in welchem biblischen Zeitraum das Ganze sich abspielt.
Nicht Jahresdaten, sondern in der biblischen Heilsgeschichte in welchem
Zeitraum. Klar: Auszug aus Ägypten. Aus Kapitel 10 wissen wir, dass die
Gesetzgebung am Sinai stattgefunden hat. Das Volk zog nun danach weiter
in nordöstlicher Richtung und hier finden wir diese Ereignisse.

Die Zeit ist in diesem Fall darum von Interesse, da der Herr das Volk geheiligt,
gewürdigt, gesegnet hat. Kurz darauf entsteht dann dieses Theater.



1.4. E - Ereignisse

Hier ist gemeint, dass man die Bibel mal zuschlägt und sich versucht, in
Erinnerung zu rufen, was in diesem Kapitel vorkam. Einfach mit eignen Worten
erzählen oder stichpunktartig aufschreiben. Das hat den Sinn, dass man aus
einem Kapitel ?thematische Pakete? erkennt. Folgende Pakete könnte man erfassen:


Das klagende Volk (V.1-9)

Das Gespräch des Herrn mit Mose (V.10-23)

Die Wahl der siebzig Ältesten und ihre Geisterfüllung (V.24-30)

Gott sendet Wachteln ins Lager (V.31-32)

Das Strafgericht vor (V.1) und im Lager (V.33-35)

 

1.5. K - Kernaussage

Hier geht es nun darum, aus all dem Erarbeiteten die Hauptaussage zu finden.
In der Theologie spricht man vom ?Skopus?. Skopus kommt vom griechischen
Wort ?skopä?, was soviel wie "spähen" meint. Der Skopusberg in Jerusalem
heißt so, weil einst Alexander der Große dort stand und auf Jerusalem spähte.
Wir spähen von außen auf den Bibeltext und versuchen herauszufinden: wo
ist der Kernpunkt?

Fassen wir zusammen:

Das Volk Israel ist unzufrieden, vermutlich unzufrieden gemacht worden.
Gott prüft sie, indem er ihren Wohlstand einschränkt. Es entsteht trotz
großartiger Erfahrungen mit Gott sehr schnell eine Undankbarkeit, eine Meckern,
ein Weinen und Klagen. Die Welt erscheint nun in einem viel attraktiveren
Licht.

Dazwischen steht Mose. Das Volk und sein Leid liegen ihm schwer auf dem
Herzen. Obwohl er die Probleme an sich nicht kennt, macht er die Probleme
des Volkes zu seinen eigenen (siehe 4Mose 12,3). Hier haben wir christologische
Elemente. Gottes Sohn, Jesus Christus, der als der gute Hirte meine Sünde,
mein Elend auf sich nimmt und es zu seinem eigenen macht. Wie Mose ist der
Herr der Fürsprecher beim Vater.

Weiter schafft der Herr aktive Abhilfe in zweierlei Form:

Er hilft Mose, indem er seine explizite Stellung von Gott aufhebt und 70
Männer erwählt, denen die Verantwortung mitauferlegt wird. Durch die zwei
geisterfüllten Männer leuchtet Pfingsten auf. Gott hilft Mose durch seinen
Heiligen Geist.

Er hilft dem Volk und gibt ihnen, was sie wollen. Anders aber als bei Mose
wird der erfüllte Wunsch ihnen zum Fluch.



Was ist nun aber die Kernaussage? Ich glaube: Gott ist heilig! Es geht um
die Heiligkeit Gottes. Gottes Heiligkeit wird von Mose nicht so verstanden,
geschweige denn erlebt, dass er ihm nicht alles sagen darf. Das Volk jammert,
Mose ebenso. Dem Volk fehlt der Glaube, Mose ebenso. Und dennoch ist beiderlei
Herz anders. Mose ist nicht ?lüstern?.

Das entscheidende Parallelkapitel finden wir im Jakobusbrief. In Kapitel
1, die Verse 13-17 finden wir wichtige Aussagen zur geistlichen Haltung
bezüglich des Volkes. Der Unterschied zwischen Mose und dem Volk liegt im
Herzen: Jakobus 4,1+2: ?Ihr bittet und empfängt nichts, weil ihr in übler
Absicht bittet, nämlich damit ihr`s für eure Gelüste vergeuden könnt...?

So finden wir bezüglich der Heiligkeit Gottes eine zweite Kernaussage: das
rechte Beten.

Wir können also sagen und uns folgende Anfrage stellen: welch eine Stellung
und Beziehung habe ich zum Herrn? Geben Sie nicht zu schnell eine fromme
Antwort! Wie steht es um ihr Herz? Aus welcher Motivation tun Sie, was Sie
tun? Heiligt der Zweck die Mittel? Noch einmal: Antworten Sie nicht zu schnell.
Gehen Sie ins Gebet und lassen Sie sich vom Geist Gottes erfüllen und offenbaren,
wie Sie stehen. Der Herr ist voller Sanftmut, voller Verständnis und weist
ihnen den Weg, der Ihnen wirklich nützt.