Bibelarbeit über 3.Mose 16

gehalten von Michael Strauch

 

Gliederung:

1.       Eine harte Vorgeschichte (Vers 1 – vgl. 3Mose 9+10,1-3)

2.       Die Entsühnung Aarons und seiner Familie (Vers 2-28)

3.       Die ewige Ordnung des Versöhnungstages (Vers 29-34)

 

Vers 1:

Und der Herr redete mit Mose, nachdem die zwei Söhne Aarons gestorben waren, als sie vor dem Herrn opferten.

 

Ein verwirrender Moment. Das Feuer des Herrn fährt hinunter (3Mose 9) und „verzehrte das Brandopfer und das Fett auf dem Altar“ (V.24). Aaron hatte das Opfer gemäß den Worten des Herrn vorbereitet und der Herr bestätigte Priester und Opfer. Das Volk lobt Gott und fällt auf sein Angesicht.

Doch dann passiert es. In 3.Mose 10, gleich zu Beginn, treten Aarons Söhne Nadab und Abihu an den Altar. Man darf Vers 1 nicht zu schnell lesen. Stück um Stück – Atemzug um Atemzug: „nahmen eine Pfanne“ - „taten Feuer (ihr eigenes) hinein“ - „legten Räucherwerk darauf“ - „brachten so“ - „ein fremdes Feuer“ - „vor dem Herrn“ - „das er ihnen nicht geboten hatte“.

Das Feuer des Herrn fährt abermals herunter. Doch das Grauen ist groß, es nimmt sich die beiden Söhne als Opfer, sie sterben brennend auf der Stelle. Beim Vater Aaron heißt es: „Und Aaron schwieg!“ Sicher nicht, weil er die Entscheidung des Herrn missbilligte, sondern in tiefem Schmerz. Auch die Erklärung Moses, dass Gott heilig ist (V.3) wirkt keinen Trost.

In Kapitel 16 heißt es nun: als diese beiden gestorben waren, redete der Herr mit Moses...

 

Gedanke: Ist das Handeln des Herrn nicht brutal? Ist er nicht zu streng?

 

Wir werden erinnert an die Söhne Elis, die sich ebenfalls am Opfer des Herrn versündigen. Wir werden erinnert an den Transport der Bundeslade nach Jerusalem, und wie zwei Nicht-Leviten mitanpacken wollten und bei der Berührung sterben und wie selbst David darüber gram ist, wir werden erinnert wie Saul eigenmächtig ein Opfer darbringt und daraufhin das Königtum verliert. Warum handelt der Herr hier so streng. Moses gibt die einzige Antwort, mit der wir uns begnügen müssen: „Ich erzeige mich heilig an denen, die mir nahe sind...“ (3Mose 10,3) Der Herr prüft die Herzen. Und wer dem Herrn „nahe“ ist, konnte vor ihm bestehen. Aber auch nur, wenn er genau das tat, was der Herr vorgab. Wir hören das und schweigen dazu still. Denn uns erscheint es immer noch hart. Hätte eine deftige Ermahnung nicht genügt?

Hier spüren wir, wie weit entfernt wir sind von der Zeit des Alten Bundes und vor allem, falls wir diese Gefühle haben (ich habe sie), wie wenig wir die Heiligkeit Gottes begriffen und akzeptiert haben. Die Heiligkeit Gottes wiederum wird meines Erachtens oft verwechselt mit Amtswürde. Das Vergehen der Söhne käme dann einer Beleidigung des Amts, der Würde des Trägers gleich. Aber das ist nicht mit Heiligkeit gemeint. Gott ist heilig und heilig meint „besonders“, „abgesondert“ von allem, was widergöttlich ist. Im Wort Heilig ist das Wort „Heil“. Gott ist heil, er ist vollkommen, in ihm ist kein Makel, kein Fehler, keine Dunkelheit. Wer sich nun unheilig ihm nähert, ohne von Gott vorbereitet zu sein, muss die Folgen erleiden. Wenn ich – trotz des Verbotes der Feuerwehrmänner – ins brennende Haus springe, kann ich den Feuerwehrmann verantwortlich machen dafür, dass er es nicht verhindert hat? Wir möchten sagen, dass der Herr doch allmächtig ist. Es muss doch Wege geben, sich dem Herrn zu nähern auch mit seinem Makel. So seltsam es klingt, aber auch Gott setzt sich Grenzen. Mit Sünde kann ich vor Gott nicht bestehen. Wenn Gott hier eine Ausnahme machen würde, wo kämen die nächsten Ausnahmen? Wenn wir die Härte der Entscheidung betrachten, begreifen wir, was Jesus am Kreuz erlitten hat. Er hat wider Wünschen und Wollen unser „fremdes Feuer“ nach Jerusalem getragen. Das Feuer Gottes traf ihn tödlich. Doch weil er selbst unbefleckt war, konnte der Tod ihn nicht halten. Hier wird deutlich, dass es nicht um ein „Todesurteil“ geht, dass einfach ausgesprochen und durchgeführt wird, sondern um höhere „Gesetzte“, um unveränder-liche Wirkungen, die zur durchbrechen unser aller Unheil bedeuten würden. Selbst bei Jesus wurde keine Ausnahme gemacht. Gott „nahe zu sein“ hat den Tod Jesu und seine Auferstehung zur Voraussetzung gehabt.

Die Frage, die uns heute aber immer noch beschäftigen darf: welches fremde Feuer bringen wir vor den Altar? Wie oft bauen wir „Reich Gottes“ nach unseren Vorstellungen? Wie oft spreche ich von Gott und meine mich?

 

Vers 2-28: Die Entsühnung Aarons und seiner Familie

 

Es folgen nun eine ganze Reihe Anordnungen, die Mose aufgetragen werden für Aaron. Sie müssen penibel eingehalten werden und stehen unter der grundsätzlichen Aussage Gottes: „Aaron kann nicht zu jeder Zeit in das Allerheiligste“ (V.2). Ansonsten muss er sterben. Auch hier gilt: Gott will Aaron schützen, ihn nicht versuchen. Es handelt sich nicht um Symphatie für Mose und Antiphatie für Aaron. Hier spielen Gesetze eine Rolle, deren Übertretung eine zwingende, in diesem Fall tödliche Folge haben. Gott gibt klare Anweisungen, die in ihrer Art wie magische Formeln wirken, aber nichts anderes sind als ein Ablauf von Vorbereitungen und Handlungen, die quasi eine Art „neutrale Zone“ für kurze Zeit schaffen, um sich Gott zu nähern. Man würde heute vielleicht von einer Gesetzeslücke sprechen. Der einzig wirklich gangbare Weg zu Gott ist der Weg übers Kreuz. Einen anderen gibt es und gab es nicht. Der Weg, den Aaron beschreitet, ist eine Art Grauzone, die der Herr akzeptiert, die aber die Sünde im Kern nicht besiegt, wohl aber verdeckt. Doch eines bleibt auch dabei bestehen: es muss Blut fließen. Es muss gestorben werden. Die Sünde fordert den Tod, hat den Tod zur Folge. Zahn um Zahn. Für Sünde muss das Leben bezahlen. Stellvertretend hier das Tier. Weil aber auch das Tier nicht rein ist, kann es nicht die Sünde wegnehmen. Aber das Tier sündigt im Vergleich zum Menschen nicht „bewußt“, nicht „willentlich“. Es sündigt vielleicht im gewissen Sinne überhaupt nicht, weil es einem Instinkt folgt. In der Bibel heißt es aber: es ist mit dem Menschen gefallen. Alles ist unter dem Sündenfall beschlossen. Alles ist „gefallene Kreatur“. Aber weil das Tier nicht willentlich sündigt, vermute ich, kann es stellvertretend als Sündopfer dienen.

 

Was nun soll Aaron tun?

 

1.       Tiere

Aaron darf sich dem Heiligtum nur mit Opfertieren nähern. Es werden folgende Tiere genannt:

·         Junger Stier (Sündopfer für sich und sein Haus)

·         Junger Widder (Brandopfer für sich und sein Haus)

·         Ziegenböcke (zwei vom Volk als Sündopfer)

·         Widder (vom Volk als Brandopfer)

 

Der Stier wurde in fast allen damaligen Kulturen als der Inbegriff der Kraft und Fruchtbarkeit gehandelt. In Ägypten war der Apis-Stier gottgleich und Garant für Fruchtbarkeit. Diese Anschauung dürfte hier keine Rolle gespielt haben. Der Stier allerdings war ein wertvolles Tier! Und es erinnert an Aarons Sünde am Berg Horeb (das goldene Kalb). Der Widder war ebenfalls ein wertvolles Opfertier. Die Stiftshütte war mit rotgefärbten Widderfällen überdeckt. In den Visionen Daniels stellt ein Widder mit seinen Hörnern verschiedene Reiche dar.

Also, Aaron muss für die Schuld seines Hauses einen hohen Preis bezahlen. Ein Opfer für die Sünden, ein Brandopfer als Zeichen, dass er sich dem Herrn ganz hingibt.

Das Volk übergibt Aaron ebenfalls einen Widder als Brandopfer. Als Zeichen, dass es bereit ist, sich dem Herrn ganz zu widmen und ihm allein zu dienen. Eigenartigerweise aber übergibt das Volk keinen Stier, sondern zwei Ziegenböcke als Sündopfer. Warum? Ziegen und Schafe weideten oft zusammen und mußten immer wieder getrennt werden. Jesus schildert in Mt 25, dass er die Gerechten von den Ungerechten trennen wird. Die Ungerechten sind im Vergleich „Ziegenböcke“. Der Bock steht oft für das Ungerechte, Gottlose. Nicht umsonst wird Satan in nachbiblischer Zeit als Ziegenbock dargestellt (siehe Walpurgisnacht etc.). Wir verstehen: das Volk Israel hat als die rechte Herde des Herrn oft religiöse Vermischung vollzogen. So finden wir den „Apis-Stier“ Aarons und die Vermischung des Volkes in den Opfern wieder.

 

2.       Asasel

Die Bedeutung dieses Wortes weiß bis heute niemand. Es könnte heißen: „verlassener Ort“, „der sich Entfernde oder Fortgeschickte“, „der abgefallene, der trotzige oder starke Geist“ (von Satan oder einem seiner Engel).

Mit größter Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei Asasel um einen Wüstendämon. Die Teilung der Tieropfer – eines für den Herrn, eines für Satan macht ebenfalls deutlich, dass es sich um das diabolische Gegenüber Gottes handelt.

Indem man nun die Sünden auf den Bock überträgt und (heute sogar redensartlich) „in die Wüste schickt“ (auch das deutsche Wort „Sündenbock“ kommt daher), wird die Sünde dem wieder überbracht, der sie verursacht hat und der dazu versucht hat: dem Vater der Lüge, dem Mörder von Anbeginn. Dieser Bock wird nicht geschlachtet, sondern lebendig „übergeben“

 

3.       Kleider und Reinigung

Gott will, dass Aaron die Priesterkleider anziehe. Davor soll er eine rituelle Reinigung vollziehen (V.4ff). Diese Kleider zieht Aaron aber nur an, wenn er ins Heiligtum geht. Die Kleider bleiben dann in der Stiftshütte und wenn er das Zelt verläßt, soll Aaron wieder seine normalen Kleider anziehen und außerhalb das Opfer durchführen. Hinzu kommt, dass der Stier und der Widder, dessen Blut man ins Heiligtum gebracht hat, danach nicht im „Bereich des Heiligtums“, sondern außerhalb vollständig verbrannte. Der die beiden Tiere dorthinführte (außerhalb des Lagers) und sie opfert und komplett verbrennt, muss danach seine Kleider waschen und erst dann darf er wieder ins Lager gelangen. Dasselbe gilt für denjenigen, der den Bock zu Asasel gebracht hat.

 

Gedanke:

Wenn man das alles so liest, dann kommt mir das so vor wie ein Arztbericht. Ungefähr in diesem Still: „Bei der Operation eines der Herzkranzgefäße ist folgendes zu beachten. Zuerst die Desinfizierung aller Geräte, das unbedingte Tragen der Schutzkleidung, allerdings erst im Operationssaal etc.

Ist Sünde eine „ansteckende, tödliche Krankheit“? Ist Sünde eine „Pest“, voller Keime und tödlicher Viren? Ist Sünde ein tödlicher Cocktail verschiedenster Gifte, die bei bloßer Berührung und Kontaktierung den Tod zur Folge haben können? Ich würde dieses Bild nicht 1:1 übertragen, aber ich denke, es geht in diese Richtung. So wenig, wie man mit bloßem Auge Viren und Bakterien erkennt, sie aber unsichtbar das Werk der Zerstörung vollbringen, so wie ein kleiner Virus sich vermehrt und das im Vergleich viel größere Lebewesen töten kann, so führt auch noch die kleinste Sünde zum Tod. Darum bedarf es immer wieder der „Reinigung“, des Anlegens „heiliger Kleider“. Christus ist das Opfer für unsere Sünde. Er ist außerhalb des Lagers geopfert worden.

 

4. Räucherwerk

Aaron soll eine Pfanne nehmen, bestimmtes Räucherwerk hineintun und es erhitzen, sodass der Rauch den Gnadenthron umhüllt. In der katholischen Kirche ist das noch Praxis. Wir werden erinnert an Jesaja, wenn er (Jes 6) ausruft, seine Lippen sind voller Sünde. Ein Engel nimmt eine Kohle vom Altar und reinigt ihn damit. Weiter erinnert uns die Offenbarung, dass das die Gebete der Heiligen wie Räucherwerk zum Herrn dringen. Abgesehen davon, dass das „Räuchern“ in – wie ich denke – allen Religionen unterschiedlich zelebriert wurde und wird, ist der Duft des verbrannten Räuchermaterials Ausdruck der Gebete vor Gott. Laut dem Hebräerbrief haben wir seit dem Sühnetod Jesu freien Zugang zum Vater, zum „Gnadenthron“. Wir dürfen und wir sollen beten und das „Gesetz des Herrn“ betrachten.

 

Fazit:

Es gäbe hier noch sehr viel zu sagen. Die Bedeutung des Blutes, das Besprengen und die Art und Weise und was besprengt wird. Alles weist letztendlich auf die Passion, Tod und Auferstehung Christi hin. Er ist das Opfertier, geschlachtet für die Welt. Sein Blut hat den Gläubigen erlöst. Durch Christi Blut und Gerechtigkeit (das ist unser Ehrenkleid) können wir vor Gott bestehen.

Das eine ist also, was Christus für mich tat, um meine Sünde zu besiegen und damit den Tod!

Dem steht gegenüber, dass ich als erneuerte, erlöster Mensch so etwas wie einen neuen Adel habe. Ein Christ, der lt. 1Petrusbrief nun einem priesterlichen Geschlecht angehört, trägt die heiligen Kleider. Das heißt, dass das bewußte Leben aus der Vergebung Jesu, ein Gebetsleben, ein Betrachten der Heiligen Schrift und nicht zuletzt der Gehorsam Gott gegenüber zum Christsein einfach dazugehört. Dazu gehört, dass ich gerade als „Priester“ nicht ein fremdes Feuer vor dem Herrn bringe. Ein fremdes Feuer aber ist alles, was den Herrn erzürnt. Dazu gehört das, was Paulus in seinen Lasterkatalogen aufführt wie z.B. Neid, Habgier, Unzucht etc.

Das zweite ist also die Berufung, die aus dem Geschenk erfolgt.

 

 

Verse 29-34:

Das Geschilderte ist Gott so wichtig, das er es als „ewige Ordnung“ für sein Volk proklamiert. Folgendes wird dazu festgehalten:

 

1.       Am 10.Tag des siebenten Monats soll ein Feiertag sein. An dem Tag wird keine Arbeit getan. Der Tag ist zum Fasten bestimmt.

2.       An diesem Tag wird das Volk erlöst von seiner Sünde. Komplett und ohne Ausnahme. Das verspricht der Herr zu tun.

3.       Die Entsühnung soll ein „ordinierter“, das heißt vor Gott gewählter, ausgerüsteter und berufener Priester machen. Dem man die „Hände“ aufgelegt hat (gesegnet und vom Heiligen Geist erfüllt) und dem man die Hände gefüllt hat.

4.       Entsühnt wird nicht nur das Volk, sondern die ganze „Kirche“. Es ist im Grunde genommen ein „Buß-und Bettag“. Genau solch einen Tag, ausgerechnet dieser, hat Deutschland als Feiertag abgeschafft!