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1. Klärung
von Begriffen
2. Das
„Stalingrad“ Israels(Verse 1-4)
3. Tage
des Zorns (Verse 5-9)
4. Not
und Verheißung (Verse 10-14)
5. Die
Taufe Israels (Verse 15-22)
6. Gericht
(Verse 23-31)
zu 1: Kärung von Begriffen
1. Pi-Ha(c)hirot:
Der Ort ist heute nicht mehr exakt zu lokalisieren. Vermutlich liegt er
westlich vom Bittersee (Nordwestlich im Sinai), kann aber auch in der Nähe des
heutige Suezkanals gelegen sein. Es gibt auch Quellen aus Ägypten, die ihn als
eine Ort be zeichnen, wo man eine Gottheit namens Hrt verehrt hat. In jedem
Fall war es der letzte Lagerplatz der Israeliten und muss im Westen des Sinais
gelegen sein.
2. Migdol:
meint wörtlich: Wachturm. Gemeint ist wohl eine Art Grenzposten im äußersten
Nordosten des ägyptischen Reiches.
3. Baal-Zefon:
Meint wörtlich: der Herr des Nordens. In der Antike war es üblich - siehe das
römische Pantheon, dass man auch fremde Götter verehrte. So fand man im
ägyptischen Memphis Hinweise, dass solch ein fremder Gott Verehrung fand. Die
Phönizier kannte n ebenfalls einen Gott des Windes, dem man in der Nähe
anbetete. Es handelt sich also vermutlich um Orte, die alle in der Nähe des
Schilfmeeres lagen. Zum Teil ägyptische Grenzposten, zum Teil Ort heidnischer
Anbetung. Das Volk Israel steht also sprichwört lich an der Schwelle in ein
neues Zeitalter. #
Fazit: Da die Orte heute zum Teil schwer zu lokalisieren sind, nehme ich
einfach an, dass das Volk Israel sich vom Nildelta zuerst Südöstlich wandte in
Richtung Bittersee und dann wieder am Rand des Meeres im Norden weiterwanderte.
Vermutlich liegt im nörd lichen Ufer des Sinais auch das Schilfmeer (siehe Vers
9).
zu 2: Das „Stalingrad“ Israels (Verse 1-4)
Als die deutschen Truppen im 2.Weltkrieg erst so massiv in die Sowjetunion
eintraten, bald darauf aber umzingelt und in Stalingrad in einen militärischen
Hexenkessel gerieten, dann war dies für Millionen von Menschen ein Desaster
unglaublichen Ausmaßes. Wo hin hatte die Hybris (Überheblichkeit) eines Mannes
die Vielen geführt? Wehe, wenn unser Schicksal in der Hand von Menschen liegt.
Unser Untergang ist gewiss. Auch Israel ist so siegreich aus Ägypten
ausgezogen. Doch recht bald beginnt, verfolgt man die Re iseroute Israels, eine
eigenartiger Zickzackkurs ohne erkennbare Orientierung. Erst wandern sie in den
Süden des Sinai nördlich vom Bittersee (Sukkoth), dann wandern sie wieder in
den Norden hoch nach Etam, dann kehren sie wieder um etc. Sie scheinen keine
Orientierung in der Wüste zu haben. Sie „drehen sich im Kreis“, sie sitzen
militärisch beobachtet in der Falle. Im Westen liegt Ägypten. Im Norden das
Meer, im Süden die feindliche Wüste und in Richtung Osten stocken sie. Hinzu
kommen die eigenartigen Ort e, die der Herr hier beschreibt: Pi-Harirot, Migdol
und Baal-Zefon. Sie stehen vor ägyptischen Grenzposten und in unmittelbarer
Nähe heidnischer Götter. Israel wird konfrontiert vom Meer, dass seit Altersher
für Israel feindlich war. Ägypten, heidnische Gö tter, Meer, Militär, Wüste,
Orientierungslosigkeit - Israel mußte hier es mit der Angst zu tun bekommen.
Sie fühlten sich wie Schafe in einer römischen Arena. Alle Welt schaut zu, wie
Israel in einem Kessel vollständig vernichtet werden soll. Und tatsächli ch
resümiert Pharao: „Die Wüste hat sie eingeschlossen!“ (Vers 3)
Aber genau darauf zielt Gottes Strategie ab. Denn Gott überlässt den
Hochmütigen der Fallgrube seines eigenen Stolzes. Zuerst kommt der Hochmut,
dann der Fall. Das wird bei Pharao exemplarisch aufgezeigt. Und tatsächlich:
für einen erfahrenen Soldaten muss diese Situation ein militärisches Kinderspiel
gewesen sein.
Die Geschichte der Kirche wirkt gleichermassen orientierungslos bis heute.
Und die schlimmsten Verirrungen hat die Kirche Jesu erfahren im Gipfel ihrer
Macht. Menschen auf der Straße werfen bis heute der Kirche vor, dass sie
„Hexen“ verbrannt habe (Inquisi tion) , Andersdenkende zwangschris-tianisiert
(Konquistatoren), Ahnungslose (Ablass) das letzte Geld geholt und die
Wissenschaft (Galileo Galilei) ihres Fortschritts behindert habe. Schon kurz
nach den reformatorischen Veränderungen gab es auch in diesem L ager unter
Calvin in Genf eine erste, öffentliche Verbrennung eines Ketzers. Und
tatsächlich hat politische und militärische Macht (Kreuzzüge, Papsttum und
Kaiser) der Kirche selten gut getan. Sie stand immer in Konkurrenz zur
weltlichen Dienerin, des Staa tes. Die Macht der Kirche ist Gott selbst. Und
man muss bei all diesen historischen Begebenheiten immer auch hören, dass es
auch und gerade in katholischem Zeitalter die Mönchsbewegungen gab und diese
große Figuren hervorgebracht hat. Diese lebten in Armut und Schlichtheit und
veränderten ihre Welt. Israel ist am Höhepunkt seiner Ohnmacht. Alles um es
herum scheint stärker zu sein. Doch das ist Gottes Spezialität, dass er in der
Ohnmacht der Kirche seine Herrlichkeit beweist. Und der Welt, die ihre Hand an
die Gemeinde Gottes legen will, wird der eigenen Hochmut ein Fallstrick sein.
Gott wird handeln, zum einen, um Israels Glauben zu stärken, zum anderen aber
auch, um Ägypten zu gewinnen! Denn er sagt: (V.4)...die Ägypter sollen innewerden,
dass ich der Herr bin.
Zu 3: Tage des Zorns (Vers 5-9)
Im Mittelalter, zur Zeit der großen Kreuzzüge, gab es auch einen sogenannten
„Kinderkreuzzug“. Ein junger Mann, heute würde man Teenager sagen, glaubte an
eine göttlicher Erwählung und sammelte Tausende von Kindern, die zu Fuss in
Richtung Israel marschier ten. Sie glaubten, dass durch die Macht der Kinder
die Macht Gottes sich verherrlichen würde. Ein Trugschluss. Der Teenager war
ein Irrlehrer, die Kinder starben an Hunger, an Krankheiten und wurden zu
Tausenden in die Sklaverei verschleppt. Es gibt viele Berichte dieser Art,
wohin es führt, wenn die Gemeinde Jesu sich nicht an die Worte Gottes hält. Wie
schnell sucht man den eigenen Willen, glaubt an das eigene, erlesene Ego und
geht eigene Wege. Wieviel „Verstockung“ gab es in der Geschichte der Christenh
eit. Geht man vom deutschen Wort Ver-stock-ung aus, so steckt das Wort „Stock“
drin und meint wohl eine fehlende Flexibilität. So hart wie ein Stock, so hart
kann die Einsicht eines Menschen sein. Wie gut ist es, dass Mose ein Mann war,
der beständig Gotte s Worten lauschte. Dieses „und der Herr redete mit Mose...“
ist so ungemein wichtig und setzt ein Hören voraus. Pharao hörte nicht auf
Gott, nicht auf die Worte Gottes durch seine Propheten, sondern hörte viel
lieber auf die Worte seiner Gesandten, die ihm sagten: die Sklaven sind alle
abgehauen. Wir sind doch blöd, dass wir nun die Drecksarbeit machen müssen! Die
Kriegsherren sind verletzt in ihrem adligen Stolz und sprechen Pharao auch genau
hier an. Du bist doch der Größte, der Stärkste, der Sohn der Göt ter? Und dein
verstorbener Sohn? Ach, der ist an einer schweren Krankheit gestorben. Und was
ist mit den unseligen Begebenheiten in der Vergangenheit? Die hat es nie
gegeben. Auf, Pharao, steig in den Ring und zeige deine Macht. Sie sind ja nun
auch außerh alb Ägyptens. Ihr Wirken beschränkte sich immer nur innerhalb des
Landes. Vielleicht sind sie außerhalb wehrlos? Da atmet Pharao tief durch. Wie
gut das tut. Fast hätte er vergessen, was für ein toller Hecht er doch ist.
Schon eilen die Diener und bekleide n ihn mit seiner Schlachtentracht. In der
Hand den Bogen, im Rücken der Köcher. Jeder Pfeil durchbohre mehrere zugleich.
An der Seite das Krummschwert. Und das läßt er sich nicht nehmen. Er geht
selbst zu den königlichen Ställen (V.6), spannt den in der So nne blitzenden,
goldenen Streitwagen an. Seine gewaltigen Kriegsrosse scharren mit den Hufen,
Schaum gleitet aus ihren Nüstern, ihre Augen werden blutrot vor Kampfeslust.
Pferde, haben die Israeliten nicht von alters her Angst vor Meer und Pferden?
Allein das Erdbeben, dass dem Donnern der Hufe vorausgeht, läßt die Gemeinde
Israel in die Hosen machen. Alle verfügbaren Kampfwagen werden Pharao
bereitgestellt. Er zieht aus wie wenn er zu Löwenjagt hinauszieht. Er braucht
das Heer nicht, denn Israel hat keine Kampfkraft. Aber er will seinem Volk
imponieren, nochmal die Kampfkraft demonstrieren, die eingerosteten Gelenke
ölen. Unter Jubel zog die Heeresmacht langsam los und dann, auf ebenem Gelände,
auf Wink des Feldherren, donnerte die „Panzerbrigade“ gegen die Flüchtenden
los.
Ich bin selbst kein guter Reiter, aber wer schon einmal auf einem Pferd
gesessen ist und mit diesem „losgedonnert“ ist, der hat eine kleine Ahnung von
der Kraft, die in einem solchen Tier steckt. Kampfrosse sind nochmal andere
Kaliber als Ponys. Sie bringe n die Erde zum Beben, dazu das Scheppern von
Metall, das ohrenbetäubende Gebrüll einer zum Schlachten bereiten Heeresmacht.
Und dieser ganze Donner wälzt sich unaufhörlich auf Israel zu. Und Israel
wittert seinen Untergang. Tatsächlich - rein menschlich ge sprochen - befindet
sich Israel sehr bald in einem Kessel. Noch ahnen sie kaum, dass eine „starke
Hand (Vers 8)“ seine Macht ausführen wird. Es kommt alles unweigerlich zum
Schowdown.
Zu 4: Not und Verheißung (Verse 10-14)
Es gibt Momente im Leben, da fühlt man sich eingekesselt. Da denkt man, man
handelt im Willen Gottes und bezieht nur Nachteile dadurch. Wer heutzutage versucht,
Kinder nach christlichen Maßstäben zu erziehen, erfährt oft einen Schlag nach
dem andren. Da wi ll man seine Kinder bewahren vor all dem Müll, der - gewiss
nicht in allen - aber doch vielen Filmen auf die Kinder wartet, entladen zu
werden und schon können die Kinder in der Schule mit ihren Freunden nicht mehr
„mitschwätzen“. Da werden Computerspiele zuhauf illegal gebrannt, gespielt und
die Phantasie reicht dann nur noch von einer Kalaschnikov zum Panzergeneral.
Die Kinder, die die Spiele nicht machen, sind „out“. Es beginnt ein Kreislauf
der Lüge, des Ausweichens, der Angst. Denn „nicht dazuzugehören “ ist für ein
Kind unerträglich. Da möchte schon manche Mutter zu Gott schreien: was nützt
denn all die guten biblischen Ratschläge, wenn sie in der Wirklichkeit so
schwer umzusetzen sind? Und wie schnell gibt man dem Druck nach, gibt irgendwie
auf und ver sucht, eine fromme Fassade zu bewahren. Und wenn man auch Christen
darauf anspricht, dann bekommt man schnell die Reaktion: „Lass uns in Ruhe...!“
(Vers 12). In einem Lied heißt es: „Es ist oft schwer als Christ in dieser Welt
zu stehen...!“ Es ist schwer, schon zu Israels Zeiten. Denn ein Leben nach
biblischen Maßstäben ruft den Zorn der Umwelt hervor. Es wirkt immer, wenn
jemand sich „exklusiv“ verhält, die Macht der Gruppe in Frage stellt, sich
gegen den Strom der Zeit bewegt. Und wie schnell kann dann d er Glaube
Schiffbruch erleiden? Wieviel innere Resignation ist auch bei uns? Wir sagen:
die Bibel ist wichtig, Jesus mein Herr und ich glaube fest an Gott. Wir leben
Treue zu Veranstaltungen, Mitarbeit in gemeindlichen Aufgaben. Aber das
Ausleben des Chris tseins im harten Alltag, fern der Gemeindefrömmigkeit, wie
oft wird hier resigniert? Wie oft verschließt man seine Augen, wo das Herz
sagt: bekenne! Aber die Folgen, wie es in einem weiteren Lied heißt: Folgen,
mit Jesus zu leben hat Folgen, die eigenen Pl äne und Gedanken zählen nicht
mehr!“
Nun ist der Christ oft diesen Worten, wie ich sie eben äußere, oft auch
müde. Und ich möchte betonen, dass das Christsein wirklich nicht leicht ist.
Was aber können wir tun, wenn wir uns „eingekesselt“ fühlen? Meine Frau und ich
haben solche Situation scho n oft erlebt und erleben sie immer wieder. Wir
haben für uns das Gebet, gerade als Ehepaar, wieder neu entdeckt. Und darin
liegt auch das Vorbild Israels. Zwar wenden sie sich nicht an Gott, sondern an
Mose, aber sie sehen in ihm den Mittler zu Gott. Sie k lagen, sie sprechen ihre
große Angst aus. Sie sagen: wir haben nun alles verlassen und sind dir nachgefolgt,
was wird uns nun dafür? Das dürfen wir auch: klagen. Nicht vor Menschen, aber
vor dem Mittler, dem Herrn Jesus. Wir erfahren, dass Gott uns wirklic h Lasten
auferlegt, aber immer wieder auch hilft, Trost schenkt und auch oft wieder
herausführt. Gott läßt die vielen Ängste zu. Gott läßt Situationen zu, da
dröhnen uns die Ohren. Wir fühlen uns matt, mutlos, lustlos und das Christsein
wirkt wie eine Vers icherung, die im Ernstfall doch nicht zahlen will. Wir
sollen und dürfen all das im Gebet sagen. Es ist gut, wenn die Gemeinde Gottes
das „Klagen“ vor Gott wieder lernt. Und dann kann es geschehen, dass unsere
Nöte gelöst oder erträglich gemacht werden. Mo se sagte: „Denn wie ihr die
Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wieder sehen!“
Und dann spricht Gott dieses herrliche Wort aus: „Der Herr wird für euch
streiten, und ihr werdet stille sein!“ (Vers 14)
Gott verwandelt unsere Klage in einen Reigen, unser ängstliches Herz macht
er fest und unser Seufzen läßt er verstummen. Er trocknet unsre Tränen, und es
gibt niemand, der das zärtlicher kann als unser Herr. Er wird für dich
streiten, Du wirst still sein u nd staunen, was der Herr zu tun vermag.
Zu 5: Die Taufe Israels (Verse 15-22)
Spätestens hier erfahren wir, dass auch Mose „schrie“. Das ist irgendwie
tröstlich, dass ein Mann, der solche Wunder mit Gott erlebt hat, es mit der
Angst zu tun bekommt. Er wendet sich Gott zu und schreit zum Herrn. Die
Reaktion Gottes ist souverän: „Was schreist Du zu mir?“ Vielleicht ist hier
auch die Trauer Gottes herauszuhören, dass Mose nicht glaubt, dass der Herr es
herrlich hinausführt. Wir werden erinnert an viele Situation der Jünger mit
ihrem Herrn, wo es heißt: und sie schrieen! Und der Herr muß te ihnen sagen:
Ihr Kleingläubigen. Moses sinkt, wie später Petrus. Aber er reckt seine Hand
aus zu Gott und dieser ergreift die Hand des Mose und damit des Volkes Israel
und zeigt auf, wie Gottes Volk „auf dem Wasser gehen kann!“
Gott enthüllt Mose seinen Willen:
·
Hebe deinen Stab auf (den Mose hat
fallenlassen?). Den Stab, mit dem ich Wunder tat. Dass Szepter meiner Macht.
Der Hirtenstab und das sichtbare Zeichen, mit der Gott seine Kraft ausübt.
Durch den Stab geschieht nichts, sondern es ist nur ein Zeichen. Der Stab wird
nicht zum Zauberstab a la Harry Potter. Es ist nur ein sichtbares Zeichen, eine
Glaubenshilfe für Israel.
·
Recke deine Hand übers Meer (nicht den Stab, wie
in vielen Bibelfilmen zu sehen). Die Hand des Mose wird zu Gottes Hand. Seine
Hand, wie zum Segnen erhoben, befiehlt dem Wüten des Meeres. In dieser Pose
wird Mose zum Vorschatten des Christus, der den Stürm en befiehlt und das Meer
ruhig werden läßt. Gott handelt durch Mose, Mose durch ihn. Gott ist der
Handelnde, Mose wiederum nur ein sichtbares Zeichen zur Glaubensstärkung seines
Volkes.
·
Teile es mitten hindurch! Hier gibt Gott dem
Mose einen Auftrag, den er nun aus eigener Kraft nicht bewältigen kann. Wie
schmal ist hier der Weg zwischen Demut und Größenwahn. Denn die Versuchung ist
groß, dass Mose sich selbst verherrlicht, so wie das spä ter viele Männer
Gottes taten. Doch Mose handelt fest im Glauben, fest in dem Wissen, dass
allein Gott der Handelnde ist, er nur Werkzeug. Und tätsächlich teilt sich
nicht sofort das Meer, sondern Gott bedient sich der Naturgewalten - wie einem
starken Ost wind. Auch weicht das Meer nicht mit einem Schlag, wie es oft in
Filmen dargestellt wird, sondern der Sturm bläst die ganze Nacht hindurch. Wie
wir uns das alles vorzustellen haben, bleibt allerdings unklar. Tatsache ist,
dass das Wasser wie bei Ebbe und F lut zurückwich, der Boden austrocknete und
das Volk Israel einen Weg beschreiten konnte, der vorher völlig verborgen
blieb.
Zu diesem Wunder tut Gott noch ein Zweites. Er bildet in der Gestalt des
Engels und der verhüllenden Wolkensäule statt Vor-und Nachhut nun nur noch die
Nachhut. Er stellt sich zwischen Ägypten und Israel. Im Angesicht Ägyptens ist
die Wolke finster. So fin ster wie die Mächte, die sich bei ihnen befinden, so
finster wie ihre Herzen, so finster wie ihr innerer Zustand. Sie sehen nichts,
können nur abwarten. Ihre Augen sind gehalten. Israel aber sieht klar die
Herrlichkeit Gottes. Bei Ihnen ist Licht und Erken ntnis des Herrn. So steht
bis heute die Finsternis und die Erkenntnis des Herrn zwischen Gemeinde und
Welt wie zwei feindliche Heere sich gegenüber. Die Welt kann es nicht erkennen,
wenn Gott sie nicht erläuchtet. Und so marschiert Israel im Sturm und umge ben
von Meereswällen durch die enge Gasse in die Freiheit. Der Weg, den Gott ihnen
eröffnet, ist herrlich, aber er bleibt auch bedrohlich. Es gilt, sich Gott ganz
anzubefehlen und stets zu wissen: alles steht und fällt mit Gottes Gnade und
Kraft. Israel ge ht durchs Wasser, wie ein Täufling durchs Wasser geht. Und
läßt das Alte hinter sich, Neues beginnt.
Zu 6: Gericht (Verse 23-31)
Die Welt hat für die Wunder Gottes immer eine Erklärung. Hier handelt nicht
Gott, sondern ein Naturphänomen. Oder noch besser: einer ihrer Götter. Pharao
sieht sich schon auf Wandreliefs verewigt, wie er im Windkanal des Todes die
Feinde vernichtet und den Naturgewalten gebietet. Früher, in den Zeiten der
Frösche, des Hagels, der Seuchen und der Finsternis haben sie sich beeindrucken
lassen und sind ängstlich zurückgewichen. Nun aber bieten sie in ihren Augen
der Hölle die Stirn und lassen sich von keinem W under aufhalten. Siegesgewiss
stürzen sie sich ohne Buße, ohne Gottesbeziehung, ohne Reue in den Weg Gottes
hinein. Und sie bleiben stecken. Die goldenen Räder versinken im Schlamm, der
trockene Boden scheint sich wieder mit Wasser zu füllen. Die rennenden Soldaten
stapfen bald in knietiefem Morrast und recht bald wird aus dem zornigen Heer
ein klumpiger, trostloser Haufen veränstigter Männer. Ein Schrecken ließ der
Herr über sie kommen, so heißt es hier. Gott schaut aus der Wolken und
Feuersäule. Beides ha t sich vereint. Da Gott die Nachhut bildet, stehen sich
nun Gott und Ägypter von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Und die Flammen
Gottes, die in der Zeit dämonischer Anfechtung für Israel Schutz und Wegweisung
waren, werden für Ägypten nun zu Flammen des Todes. Schon werden die ersten
Stimmen laut und das, was sie rufen, bringt den Leser zum Nachdenken: „Da
sprachen die Ägypter: Laßt uns fliehen vor Israel: der Herr streitet für
sie wieder Ägypten!“ Also wußten sie um den Herrn. Jahrhundertelang lebte die
Gemeinde Israel in Ägypten. Das Land und das Volk konnte nicht unberührt
bleiben von den Geschichten Josefs und damit der Geschichte Gottes. Und es
wurde Zeuge, wie groß und mächtig Gott ist. So sehr, dass sie sogar das
ausziehende Volk Israel noch beschen kten. Sie wußten um den Gott Israels, um
den HERRN. Und sie haben sich blenden lassen. Sie haben geglaubt, es ginge ohne
ihn. Sie glaubten dann doch lieber der sichtbaren Macht Pharaos und der
glorreichen Geschichte Ägyptens. Jesus sagt: da wird Heulen und Zähneklappen
sein! Doch für eine Umkehr ist es nun zu spät. Gott gibt Befehl, dass Mose
erneut seine Hand ausstrecke. Und das Wasser kehrte zurück. Die Ägypter
versuchten, schneller als das zurückfließende Wasser wieder das Ufer zu
erreichen (sie flohen d em Meer entgegen). Doch wer schon einmal Flut und Ebbe
erlebt hat (was es hier nicht gibt, es handelt sich um ein Wunder), der weiß,
dass unten und oben gegensätzliche Strömungen sind und auch die besten
Schwimmer zum tödlichen Verhängnis werden.
Israel aber kam sprichwörtlich trockenen Fußes ans andere Ufer. Am Morgen sehen sie ein schreckliches, bizarres Bild des Todes. Aufgedunsene Wasserleichen von Menschen und Pferden säumen das Ufer. Die goldenen Wagen liegen am Meeresgrund, die Waffen versin ken im schlüpfrigen Sand des Meeres. Gottes Gericht flößt dem Volk Israel jene göttliche Furcht ein, die hier einzig angebracht ist. Es heißt: „das Volk fürchtete den Herrn, sie glaubten an ihn und an den Knecht Moses!“ Gott hat sein Ziel erreicht. Glaube zu wecken in seinem Volk. Denn allein der Glaube an Gott und seinen Gesandten rettet den Menschen. Sola Fide.