Auslegung von 1Mose 49, 1 - 33 von Michael Strauch


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Inhalt:

  1. Der große, israelistische Segen über die Stämme Israels (V.1-28)
  2. Jakob geht nach Hause zum himmlischen Vater (V.29-33)

Exegese:

Zu 1: Der große, israelistische Segen über die Stämme Israels (V.1-28)

Jakob will seine Söhne segnen. Es ist nicht die Art des Segnens, wie wir Menschen segnen. Dieser Segen ist gepaart mit einer Feststellung der Person, seiner Art, seines bisherigen Wandels. Manche bekommen eine Verheißung, bei anderen bleibt es bei der Darstellung des Stammes. Es ist fraglich, ob z.B. im Falle Benjamins (V.28) der Sohn Benjamin gemeint ist oder vielmehr ein Ausblick auf die Art und Weise, wie der Stamm sich entwickelt.

Jakob beginnt mit dem ältesten Sohn, diesmal nicht mit dem Jüngsten:

  1. Ruben:
  2. Hier kann es ratsam sein, in der Stunde zu fragen, was den Besuchern an Eindrücken einfällt zur Person des Ruben:

Welches Zeugnis spricht Jakob seinem Ältesten aus? Wie sieht Bestandsaufnahme und Verheißung für seine Nachkommen aus?

Jakob lobt Ruben:

  1. Er ist sein erster Sohn. Ein Trost Gottes. Ein Segen.
  2. Er ist Jakobs Kraft. Sicher auch im Alter. Ein Erstgeborener ist viel wert, arbeitet oft hart und ist den Eltern oft sehr verpflichtet.
  3. Er ist der Erstling von Jakobs Stärke, der Oberste der Würde (Erstgeborene) und der Oberste der Macht. Nach dem Gesetz des Erstgeborenen ist Ruben der eigentliche Erbe seines Vaters. Er ist der Sprecher der Brüder (später von Juda abgelöst).

Ruben ist der Erstgeborene. Aber er verwirkt sein Recht, weil er mit Jakobs Nebenfrau geschlafen hat. Jakob sagt: du bist aufgewallt wie Wasser. Ruben war vermutlich eher ein ruhiger, besonnener Typ. Doch bei Bilha versagte sein Verstand. Das an sich ruhige Wasser kam in siedende Wallung. Jakob nimmt ihm die Erstgeburtswürde aufgrund dieser Tat, nicht aber seine Sohnschaft. Sexuelle Vergehen wirken schwer vor Gottes Angesicht. Doch Israel beschimpft seinen Sohn nicht. Rächt sich nicht. Macht aber deutlich, was im NT später auch bei Ämtern zum Tragen kommt. Wer sexuell sich verfehlt und es wird öffentlich, steht in der Gefahr, nicht enst genommen zu werden. Oder andere folgen diesem Beispiel. Vielleicht hätte Jakob anders reagiert, wenn Ruben vor seinem Vater Buße getan hätte. Es geht also nicht um ein Verurteilen Rubens, sondern um die Stellung und Akzeptanz des Obersten der Brüder. Für Ruben ist es besser, wenn er diese Stellung nicht hat.

2. Simeon und Levi

Man gewinnt von Simeon und Levi den Eindruck, dass sie ein ausgeprägtes Gerechtigkeits- empfinden haben. Freilich bestimmen sie, was gerecht ist. Für sie gilt das Prinzip Zahn um Zahn. Sie bilden dabei einen fast fanatischen Eifer. Für Dinas Vergewaltigung fordern sie den Tod Sichems, lange bevor es im mosaischen Gesetz verankert wurde. Nicht nur seinen Tod, sondern aller, die zu seinem Stamm gehören. Für Josefs scheinbarer Überheblichkeit fordern sie Josefs Tod. Sie sind strenge - man möchte fast sagen - Pharisäer.

Welche Worte findet Jakob für die beiden Söhne? Keine guten.

Und doch gebraucht Gott gerade den Eifer, um aus dem Stamm Levi ein priesterliches Geschlecht zu schaffen. Und doch gebraucht Gott den Zorn, die Gewalt, die heiße Glut, mit der einst Saul die Christen verfolgte um aus solchen Heißspornen große Theologen zu machen. Der Stamm Levi wird später durch seine priesterliche Funktion ganz an Gott gebunden sein, sie werden vom Unterhalt von ihren Brüdern abhängig sein.

3. Juda

Was hat nun der Vater Jakob ihm zu sagen? Juda, du bist`s. Damit ist schon alles gesagt. Du hast nicht besser gehandelt als deine Brüder. An Schuld und Elend bist Du gleichermaßen teilhaftig. Aber Du bist in Gott gereift und hast durch dein Schuldbekenntnis dein und das Leben vieler gerettet. Darum werden Dich deine Brüder preisen. Zu Recht.

In diesem Moment scheint es mit Israel durchzugehen. Er redet unglaubliche Worte. Es ist, als jagten Bilder von fernen Zeiten vor seinen blinden Augen vorbei. Es ist, als würden Begriffe einen viel tieferen Sinn erfahren: Der Löwe von Juda, sitzend auf einem Esel. Ein König am Kreuz. Der Fuss auf dem Nacken der Feinde, doch die Feinde werden durch diese Herrschaft gerettet. Der rote Saft der Trauben wird zum Bild eines blutdurchtränkten Gewandes, dass der Sieger, der König Israels, der König des Welt, des Universums trägt. Aus Juda wird dieser Held kommen. Buße, Vergebung der Schuld, die Wende durch Buße - das werden Attribute sein. Das werden Vokabeln im Mundes des Nachkommen sein. Christus wird ein Nachfahre dieses Juda sein. Jakob preist seinen Sohn wie Maria sich glücklich preist, dass sie den Erlöser gebären darf. Wer diesen Christus hat, wer sein Kleid im Blut dieses Helden, diese Löwen aus Juda wäscht, gehört zum Sieger. Unzählige Geschlechter preisen diesen Mann, der hier vor seinem Vater kniet. Juda, du bist`s.

Es folgt der Segen für die übrigen Söhne. Bis auf Josef fallen diese kurz und schnell aus. Auch finden wir sie kaum als redende Gestalten in den Geschichten wieder.

Über Josef, den ersten leiblichen Sohn der Rahel ergießt sich ein Sturzbach von Segnungen und guten Worten, wie sie wohl bei keinem anderen Sohn zu finden sind.

Zu 2: Jakob geht nach Hause zum himmlischen Vater (V.29-33)

So sehr Jakob an Rahel hing, so will er doch im Erbteil Abrahams begraben sein. Dort, wo seine Vorfahren begraben sind, dort, wo auch die Lea begraben liegt (1Mose 24). Jakob saß beim Segnen seiner Söhne. Nun legt er sich hin. Vom hebr.Wortlaut wird deutlich, dass ihn kein Todeskampf plagte. Er schloss die Augen und ging in das Land der ewigen Verheißung, zu Gott, seinem Hirten und zum Engel, der ihn erlöst hat.