Auslegung von 1Mose
43, 1 - 34 von Michael Strauch
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Inhalt:
Exegese:
zu 1:) Jakob und seine
Söhne - Abschied und Hoffnung (V.1-15)
Jakob war nicht bereit, den
jüngsten Sohn, mittlerweile ca. 23 Jahre alt, den Brüdern anzuvertrauen. Es ist
vom Wirken Gottes kaum
etwas zu hören. Es kommt in Bitten und Wünschen zum Ausdruck, aber nicht
explizit. Und doch verstehen wir schon vom ersten Vers, dass der Herr seine
Fäden spannt. Und diese Fäden zieht der Herr enger. Jakob und seine Söhne
geraten zunehmend mehr in Bedrängnis durch lang andauernde Trockenperiode. Es
heißt, dass sie die letzten Vorräte aufgebraucht hatten. Ihre Gespräche, ihr
Suchen nach Lösungen wirkt gereizt, ge- schwächt und ist ständig mit Vorwürfen
durchzogen.
Jakob beginnt das Gespräch
damit, dass er - wie schon im Kapitel zuvor - von seinen Söhnen verlangt, nach
Ägypten zu gehen um erneut Korn zu kaufen. Das erstemal waren die Brüder schon
nicht sonderlich begeistert, weil die alten, schuldbehafteten Erinnerung an ihren Bruder auftauchten. Diesmal war es noch
schlimmer: sie standen da als Diebe. Sie sagten die Wahrheit, aber niemand
glaubte. Sie fühlten sich in die Enge getrieben von ihrem Vater auf der einen
Seite und von diesem ägyptischen Herrn auf der anderen Seite. Die einzige
Lösung aus dem Dilemma war Benjamin.
Ausgerechnet Juda meldet
sich zu Wort. Er, der den Mord auf Josef geplant hat, der sich nicht scheute,
seinen Bruder zu verkaufen. Er und Ruben, bei mit im Komplott, führen erneut
das Gespräch mit dem Vater und machen ihm überdeutlich: Benjamin muss mit. Doch
nun erleben wir, wie der Heilungsprozess in Juda seinen Fortgang nimmt. Im
Kapitel zuvor hat Ruben noch im Falle des Verlustes des Benjamin
das Leben seiner Kinder angeboten, nicht aber sein eigenes. Juda geht hier
einen Schritt weiter: Sein Leben für das Leben Benjamins. Indem Moment lenkt
Jakob ein. Er gibt den Brüdern „Früchte des Landes" mit. Balsam und Honig
(vermutlich nicht Bienenhonig, sondern Necktar von Früchten), Myrrhe, kostbare
Harze und Nüsse etc. In Jakobs Worten schwingt zum Teil die Angst, doch auch
die Hoffnung. Macht gut, was ihr verbrochen habt.
Gott heilt. Das ganze,
Jahrzehnte alte Geflecht von Lügen, Verschweigen, zerstörtem Vertrauen macht
der Herr heil, indem er seinen Geschöpfen - hier durch schwere und peinliche
Wege - beibringt, ehrlich zu sein, redlich und nicht auf Kosten anderer seine
unguten Gefühle loslassen.
Und die Brüder ziehen los.
Jakob bleibt zurück, diesmal ganz allein. Niemand ist mehr geblieben. Wenn
jetzt etwas schief geht in Ägypten, dann ist er „aller seiner Kinder
beraubt!"
Der lange Weg nach Ägypten
wird nicht erwähnt. Es erscheint dem Leser wie der Wechsel von einer Tür in die
andere. Plötzlich stehen sie vor Josef (V-15)
zu 2.) Josef und seine
Brüder - Wiedersehen und Hoffnung (V.16-34)
Diesmal ist die Begegnung
eine ganz andere. Der Stimmungswechsel muss für die Brüder völlig verwirrend
gewirkt haben. Sind sie das erste Mal dem Ägypter begegnet, so wurden sie beschuldigt,
gefangen genommen und eine Geisel wurde gehalten, obwohl sie nicht wußten, was
sie getan hatten.
Diesmal kamen sie in großer
Angst, doch der Landesherr lädt sie ein zu einem fürstlichen Mahl. Gewiss, die
Ägypter assen nicht mit den Hebräern. Hier muss man wissen, dass den Ägyptern
viele Tiere heilig waren. Sie assen auch keine weiblichen Tiere und würde nie
ein Tier essen, dass z.B. von einem griech. Messer
getötet wurde. So steht zwischen Joseph und den Brüdern die dem Joseph doch
nicht anerkannte ägyptische Religion. Er kann nicht mit seinen Brüdern, mehr
noch, mit Benjamin das Gastmahl halten.
Als die Brüder eingeladen
werden, ins Haus zu gehen, bekommen diese verständlicherweise Panik. Sie
fürchten einen Hinterhalt mit bösem Ende. Sie müssen bitter erfahren, was es
heißt, als Josef von seinen eigenen Brüdern in einen Hinterhalt gelockt wurde,
nichts ahnend. Die Brüder müssen jede Einzelheit der Angst des Josef - wenn
auch im gnädigen Zeitraffer - durchlaufen. Indem die Brüder „in den Mokkassins"
Josefs laufen, geschieht ihre Heilung. Diese wiederum versuchen, sich heimlich
den Dolmetscher zum Gespräch zu holen und überschlagen sich in ihrer
Ehrlichkeit. Es wirkt alles wie der Zöllner Zachäus: ich will alles vierfach
erstatten.
Doch dieser versichert,
dass es alles bestens ist. Der Preis sei bezahlt.
Nun kommt es zu der
Begegnung, auf die Josef so lange gewartet hat: er sieht seinen leiblichen
Bruder, genauer: den Bruder seiner leiblichen Mutter Rahel. Das Wiedersehen
dreht Josef die Eingeweide um. Er muss erneut sich entfernen, weil er die
Tränen nicht zurückhalten kann.
Nun wird, fast unscheinbar,
eine der wichtigsten Prüfungen vorgenommen: die Frage der Liebe, die den Neid
überwindet. Josef läßt den Jüngsten besonders sitzen und gibt ihm eine fünfache
Portion. Hier will Josef erkennen: sind die Brüder noch neidisch, so wie sie
damals auf ihn neidisch waren. War doch der Neid das Hauptübel allen Leidens.
Und siehe: die Schulderkenntnis ist bei den Brüdern gewachsen. Und es heißt am
Schluss des Kapitels: „Und sie tranken und wurden fröhlich mit ihm." Keine
Spur von Neid. Gott hat in den Herzen Heilung geschenkt. Und wo die Heilung
einsetzt vom alles zersetzenden Neid, kehrt auch die Freude wieder, das „Feiern
können".