Bibelarbeit zu 1Mose 39, 1 - 23 von Michael Strauch


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Inhalt:

  1. Josephs Karriereleiter im Haus des Ägypters Potiphar (V.1-18)
  2. 1.1. Joseph wird zum Spitzenmanager (V.1-6)
  3. 1.2. Joseph wird Opfer einer Denunzierungskampagne (V.7-18)
  4. Josephs Karriereleiter im Haus des Kerkermeisters (V.19-23)
  1. Josephs Karriereleiter im Haus des Ägypters Potiphar
  2. 1.1. Joseph wird zum Spitzenmanager (V.1-6)

Kapitel 39,1 greift den Faden dort wieder auf, wo er in Kapitel 37,36 aufgehört hat. Potiphar, von Gott bewußt gewählt als einen einflußreichen Menschen bei Pharao, kauft den jungen Hebräer und stellt bald fest, dass dem jungen Mann aber auch alles gelingt, was er anpackt. Es heißt in Vers 2: Jahwe war mit ihm! Gott liess ihm alles gelingen und Potiphar wurde immer wohlhabender.

Einschub:

Ich erinnere mich, in Spurgeons „Ratschläge für Prediger" gelesen zu haben, dass ein Verkündiger des Evangeliums auch in seinem säkularen Beruf gut gewesen sein muß. Das Denken, dass der Herr dem Frommen alles gelingen läßt, ist in vielen christlich geprägten Menschen verankert. Bis heute wird Besitz und Wohlstand als Segen Gottes angesehen. Diese Ansicht hat in der Bibel, besonders im AT - siehe z.B. das Ende Hiobs - auch seine Berechtigung. Aber es ist keine Regel. Joseph vermehrte ja auch nicht seinen Reichtum, sondern den des Potiphar. Die Jünger Jesu blieben vermutlich bis zum Rest ihres Lebens aus kapitalistischer Sichtweise „arme" Leute. Wenn der Herr einen Christen erfolgreich sein läßt und ihn materiell segnet, dann dazu, dass er den Segen an andere weiterleitet. (siehe den reichen Jüngling!). Die Frage, ob man reich wird, wenn man nur fromm lebt, wird in Kapitel 39 meines Erachtens nicht thematisiert. Es geht vielmehr um die „unsichtbaren Fäden, die Gott spannt". Nocheinmal: Gott möchte seine Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob erfüllen. Mit Jakob sind die zwölf Söhne gegeben, die zu Stammvätern der 12 Stämme Israels werden. Damit sie als Volk prosperieren, schafft Gott ihnen später im fruchtbaren Nildelta Raum und Möglichkeit. Den Weg dahin geht er über Josef, an dem die Brüder schuldig werden und durch den die Brüder Gott auf besondere Weise auch erfahren. Josef ist also der Erste, der nach Ägypten kommt. Über ihn wird der Herr alles andere in die Wege leiten. Gott Ziel: ein heiliges Volk!

Einschubende

Vermutlich war Joseph ein einfacher Sklave, der vielleicht auf den Feldern schuften mußte. Doch bald entdeckt man vermutlich seine „Managerqualitäten". Wie sie entdeckt wurden, wird nicht erwähnt. Vielleicht hat Joseph Vorschläge gemacht, wie man effektiver arbeiten kann. Und trotz anfänglicher Skepsis traf alles genau ein, wie Joseph es vorschlug. Eine Vermutung.

Potiphar, als Kämmerer und Vorgesetzter von Soldaten hat ein gutes Auge für gute Leute. Sehr schnell erkennt er den Wert seines „Glückfangs". Es dauert nicht lange, und Joseph „schmeißt den ganzen Laden!" Das meint, er wird zum Manager des ganzen Betriebs um Potiphar, sodass dieser sich nur um Essen und Trinken kümmern muß. Potiphar wird den Tag selig gepriesen haben, als er den Josef gekauft hat.

  1. 1.2. Joseph wird Opfer einer Denunzierungskampagne (V.7-18)

Je höher man steigt, desto dünner wird die Luft. Zumindest ist es bei den Bergen so. Joseph verschlägt es bald den Atem, als er Opfer einer gezielten Denunzierung wird. Potiphars Frau, gewohnt, dass ihre Befehle strikt ausgeführt werden, möchte auch etwas vom „Kuchen" haben. Joseph sieht ausgesprochen gut aus. Wer sich mit dem Alten Ägypten beschäftigt, hat ungefähr eine Ahnung, wie auch auf erotischem Gebiet gearbeitet wurde. Vermutlich hatte Joseph eine feine, pechschwarze Perücke. Dazu ein schönes, weißes Leinenkleid. Er duftet nach agyptischen Salben und „Wässerchen": kurz - die Brüder Josephs hätten ihn kaum erkannt. Sein muskulöser Bau, sein Erfolg und zugleich seine Geradlinigkeit weckt in Potiphars Frau den Wunsch, ihre Macht an ihm zu probieren. Sie will ihn „erobern". Vielleicht auch wissen, ob solch ein Junggeselle nicht tief in seinem Inneren erotischen Phantasien erliegt. In einem günstigen Moment, sie sitzt vermutlich auf dem Ehebett, spricht sie zu ihm im Imperativ. Damit macht sie ihm deutlich, dass er immer noch Eigentum Potiphars ist. Ihre Anweisung ist klar und eindeutig: „Leg dich zu mir!" Ob Joseph der erste, mißbrauchte Sklave ist, bleibt offen. Eines ist klar: ein Sklave, dem so eine Vergewaltung passierte, hatte keine Chance, Gehör zu finden. Im Gegenteil. Man wird ihm vorwerfen, den Namen der Herrin in den Schmutz zu ziehen. Potiphars Frau hat also die Macht. Doch das Ungeheure geschieht: Joseph verweigert ihr den Gehorsam. Seine Begründung ist für die Ägypterin nicht zu unterschätzen: Potiphar hat Vertrauen in ihn. Und: es ist eine Sünde gegen den Gott Israels. Letzteres wäre ihr vermutlich kein Hinderniss. Aber eine einfache Denunziation ohne Beweise würde Potiphars Vertrauen (der seine Frau ja auch sicher kannte), nicht so einfach erschüttern. Zwischen Beiden entpuppt sich nun ein vor Spannung knisterndes „Schachspiel". Wer behielt die besseren Nerven? Der Plan der Ägypterin war, Josef moralisch so zuzusetzen, bis er eines Tages schwach wurde. Jeden Tag bedrängte sie ihn. Joseph war nicht dumm. Er wußte: gab er ihr ihren Willen, so würder er u.U. seine Arbeit fortführen können wie bisher. Aber Gott würde nicht mehr mit ihm sein. Es wäre, als hätte er feurige Kohlen unter dem Mantel. Würder er sich aber auf Dauer verweigern, würde die Situation unerträglich werden.

Einschub:

Warum läßt Gott das zu? Ich vermute: Joseph muß raus aus Potiphars Haus und über Umwegen mehr und mehr in die Nähe Pharaos kommen. Seine Glaubwürdigkeit auch vor der Welt steigt, wenn hernach bewiesen werden kann, dass er Opfer und nicht Täter war.

Im übrigen kannte das alte Agypten ein ausgeklügeltes, erotisches Reservoir von Schminke etc. Die Kleider der feinen Damen waren stellenweise durchsichtig und ließ den Blick auf vieles zu. Joseph, vermutlich tagtäglich umgeben von Männern, dazu eben ein „junger Mann", stand in großer Anfechtung. Sein Beispiel gibt allen Geschlechtsgenossen ein wertvolles Vorbild. Ich nenne es das „Josefsprinzip". Das meint, wenn man als Christ in brenzlige Situationen kommt, ist es besser, zu fliehen, als gegen Gott zu sündigen. Sexuelle Vergehen haben die Eigenschaft, dass sie sehr tief in das Seelenleben der Betreffenden eingreifen. Hier sind alle Teeniemitarbeiter gefragt, ob sie gemischte Unterkünfte zulassen wollen. Hier sind junge, christliche Paare angesprochen, ob sie vor der Ehe gemeinsam Urlaub machen wollen. Es geht nicht um den moralischen Zeigefinger, sondern um den Tatbestand, dass der Sexualtrieb der stärkste Trieb im Menschen ist (S.Freud). Wer sich hier auf zu große Distanzlosigkeit einläßt, steht in Gefahr, das zu tun, was er eigentlich lassen wollte. Das kann „täglich" gut gehen. Es kommt der Moment, ein einziger Moment, wo man fällt.

Einschubende

Eigenartig: sobald Joseph das einfache Gewand eingetauscht hat gegen eine gehobene Kleidung, wird ihm das zum Verhängnis. Die Kleider waren das Erste, was die Brüder ihm vom Leib rissen. Nun wird ihm zum zweitenmal das Kleid weggerissen. Beim ersten Mal wird das Kleid zum „falschen Zeugen", indem Ziegenblut und Lügen den Vater auf den falschen Pfad führen. Beim zweitenmal wird das Kleidungsstück zum Lügenbeweis einer Tat, die den Tod verdient hat. Und zum zweitenmal entgeht Joseph dem Tod. Und zum zweitenmal muß er sein „Haus" eintauschen gegen eine „Zisterne", hier der Kerker. Zum zweitenmal wird ein Mann unglücklich, der Joseph liebte und schätzte. Jakob und dann Potiphar.

Die Frau Potiphars rächt sich. Ihre Darstellung ist wiedermal äußerst geschickt gewählt. Achten wir genau auf die Worte:

  1. Sie ruft das Dienstpersonal.
  2. Diese mögen in Joseph einen guten Vorgesetzten gehabt haben. Aber in solchen Fällen liegt einem das eigene Hemd näher. Sie spielen also die Entrüsteten und der ein oder andere wird sich Gedanken gemacht haben, ob er Josephs Platz einnehmen kann. Sie sucht sich also „Zeugen" und greift dabei geschickt auf solche zurück, die aufgrund ihrer Stellung und u.U. ihrer Persönlichkeit schwache und leicht zu beeinflussende Menschen sind.
  3. Sie redet von „Er", von „uns" und vom „Hebräer"
  4. Eigenartigerweise nennt sie nicht den Namen Potiphars. „Seht, er hat uns...." Hochinteressant: Potiphar dürfte kaum beliebt gewesen sein. So setzt sie ihren eigenen Mann vor den Augen der Diener herab im Sinne von „der Alte hat mal wieder Mist gemacht..." Damit stellt sie sich (scheinbar) auf die Stufe der Bediensteten im Sinne der großen „Gönnerin". Ein Tor, wer hierbei Böses ahnt. Sie geht noch weiter: er hat u n s...! Hier wird sie außerordentlich dreist. Ihr Mann hat den Typen eingestellt, nicht für ihn, sondern er soll allen ein Nutzen sein. Obwohl Joseph der Vorgesetze aller Diener war, setzt sie ihn herab, indem sie auf ein bewährtes Mittel zurückgreift: den Hebräer! Ein Mann kann noch so groß sein, wenn er eine bestimmte Hautfarbe hat, einem bestimmten Volk angehört, dann ist er halt „der Neger", der „Jud" oder ähnliches. Schwache Menschen bedienen sich oft der Nationalität, um über einen anderen zu triumphieren.
  5. „dass er seinen Mutwillen mit uns treibe (besonders mit ihr!)
  6. Wieder bedient sie sich dem „uns", schafft einen völlig ohne Tatsachen begründeten Keil, stellt Josef und ihren Mann in ein schlechtes Licht und sie nimmt die Opferrolle ein. Nicht ihr Mann wurde Opfer, nicht die Bediensteten: sie wurde es! Nicht genug, dass ihr Mann den Kerl alles übertrug. Dem ist doch der Ruhm zu Kopf gewachsen. Das wissen wir doch alle. Und nun hat er wohl gedacht, er könne auch sexuell die Herrin sich gefügig machen. Aber sie weiß, was sich gehört. Was blieb ihr übrig? Schreien ist das beste Mittel gegen Vergewaltigung. Aber sie war auch tapfer. Sie entriss ihm ein Stück des Kleides. Der grausame, eindeutige Beweis seiner Schuld. Hochmut kommt vor dem Fall.

2. Josephs Karriereleiter im Haus des Kerkermeisters (V.19-23)

Potiphar fällt auf den Schwindel hinein. Versuchte Vergewaltigung seiner eigenen Frau, der Herrin des Hauses, einer Ägypterin. Ohnmächtiger Zorn bemächtigt sich seiner. Doch: er tötet Joseph nicht. Er läßt ihn ins Gefängnis werfen. Joseph ist chancenlos und versucht keinen Widerstand. Ich möchte deutlich betonen, dass diese Art der Bestrafung noch sehr, sehr moderat ist. Es zeigt, dass Potiphar vielleicht an die Unschuld Josephs glaubte, aber das Spiel war so geschickt geführt, dass er um seines Ansehens willen so handeln mußte. Viele Spekulationen bleiben möglich. Potiphars Frau hätte Joseph auch durch einen Diener um die „Ecke" bringen können, damit er für immer schweigt. Das Gefängnis, so seltsam es klingen mag, wird zugleich auch der Rettungsort für Joseph. Und das Wunder geschieht erneut. Die Hand Gottes läßt nicht von Joseph ab. Wiederum erweist sich Joseph als äußerst nützlich und tüchtig und beginnt eine erneute Karriere als Manager des Gefängnisbetriebes. In diesem Sinne war Joseph eigentlich nie wirklich Sklave bzw. Gefangener. Der Kerkermeister übergab Joseph volle Handlungsfreiheit und mußte feststellen, dass Joseph dieses Vertrauen nie mißbrauchte. Potiphar war in seiner Funktion auch Vorgesetzter des Kerkermeisters. Das Verhalten Josephs dürfte die restlichen Zweifel an Josephs Loyalität getilgt haben. Dies alles tat der Herr, damit der Weg nach oben geebnet wurde.