Auslegung von 1Mose 40, 1 -
23
von Michael Strauch
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Inhalt:
Exegese:
zu 1:)
Eine „traumatische Nacht" (V.1-8)
Im Alten
Orient war es üblich, dass der „oberste Amtmann" im Staatsgefängnis seine
Wohnung hatte. In ägyptischer Haft stand nun der hebräische Sklave Joseph in
führender Position und Männer aus Führungsrigen, der königliche Bäckermeister
und der Mundschenk. Vom hebräischen wird deutlich, dass Joseph nicht als Wächter
über sie gesetzt wird, sondern dass er ihnen „zur Seite" gewiesen wurde.
Vermutlich von Potiphar selbst.
Das
„Traummotiv" wiederholt sich (Kap 37). Joseph hat nicht selbst Träume, sondern
wird konfrontiert von Träumen. Der Mundschenk und der Bäcker hatten beide in
einer Nacht zwei Träume, die einandern ähnelten. Diese Träume, das ahnen die
Beiden mit einem stillen Grauen, haben irgendetwas zu tun mit ihrem Schicksal.
Sie empfanden die Träume als eine Art „böses Omen." Joseph findet die Beiden,
trübsinnig und voller Sorge. Ganz anders als seine Brüder nimmt er sie ernst und
beftragt sie wie ein antiker C.G.Jung nach seinen Träumen. Im Gegensatz zu den
heutigen Psychotraumdeutern und den damaligen Scharlatanen betont Joseph, dass
Träume dieser Art von Gott kommen. Sie sind ein Geschenk an den Menschen. Dabei
offenbart Gott die Zukunft immer nur in Bildern und benutzt andere Menschen, dem
er die Deutung offenbart. Zugleich wird die Traumdeutung eine Art „Garant", dass
Joseph bald frei kommt. Es ist eigenartig. Die Brüder haben ihren Bruder
ausgelacht, angefeindet und ihm übel mitgespielt. Die Edlen an Agyptens Hof
nehmen Josef hier ernst und weihen ihn ein, nachdem er sie aufgefordert hat, ihm
die Träume zu erzählen. Der Mundschenk fängt an.
zu 2:)
Erlösung für den Einen... (V.9-15)
Der Traum des
Mundschenks beschreibt in unverkennbarer Art die Aufgabe seines Metiers. Der
Pharao trank keinen fermentierten Wein, sondern den frischgepressten Saft der
Trauben. Das Wachsen der Reben, das Erblühen, das Fruchtbringen, wie die Früchte
in die Hände des Mundschenks gelangen und wie der Mundschenk den Becher Pharaos
in der Hand hält, legen die Deutung nahe.
Joseph legt
aus: die drei Weinrebenzweige bedeuten noch drei Tage, die vergehen sollen. Nach
drei Tagen wird Pharao den Mundschenk wieder aus dem Gefängnis holen und ihn in
sein Amt wieder einsetzen.
Zugleich fügt
Joseph an, dass auch ihm dieses „Haupt erheben" widerfahren möge. Und das geht
nur von höchster Stelle, in diesem Fall von Pharao. Denn er ist keiner Tat
schuldig, mit Gewalt ist er vekauft worden. Joseph fügt sich nicht einfach in
sein „Schicksal". Er zettelt keine Revolutionen an, besticht niemanden, aber er
versucht, ehrlich und bescheiden, dabei klar darauf hinzuweisen, dass Unrecht
Unrecht bleibt. Nach gutem Recht hat Joseph aber im Gefängnis nichts verloren.
Diese Deutung
ist gut. Der Bäcker ist ermutigt und erzählt nun seinerseits seinen Traum.
zu 3)
Dunkelheit für den Andern (V.16-23)
Der Traum des
Bäckers beginnt ähnlich wie der des Mundschenks mit der gewohnten,
ursprünglichen Arbeit. Doch dieser Traum weist bald eine Anomalie auf. Etwas
stimmt nicht.
Das der
Bäcker den Korb mit Backwaren auf dem Kopf trägt, ist typisch für das alte
Ägypten.
Anders wie
heute trugen die ägyptischen Frauen ihre Lasten auf den Schultern, während die
Männer die Lasten auf dem Kopf zu transportieren pflegten.
Interessant
ist, wie der Bäcker seine Rede beginnt: „mir hat auch geträumt..." So, als hätte
er auch von Weinreben und Becher und Pharao geträumt. Ob der Bäcker bewußt das
günstige Schicksal auf sich kopieren wollte? Ob er meinte, Josefs Deutung könne
beeinflußt werden? Er hat nicht verstanden, was Josef zu Beginn sagte: Träume
kommen von Gott. Ihre Interpretation ist Gottes Sache. Und tatsächlich: die
Parallelen sind anfangs verblüffend: drei Reben und drei Körbe mit Backwerk. Wie
der Mundschenk im Dienst des Pharao, so sieht auch der Bäcker sich wieder im
Dienst des ägyptischen Monarchen. Doch statt das Pharao das Brot und Gebäck aus
der Hand des Bäckers nimmt, kommen freche Vögel und picken das begehrte Teiggut
auf.
Ohne
Umschweife, in einer geradezu eigenartigen Sachlichkeit interpretiert Joseph dem
Bäcker die furchtbare Bedeutung seines Traums.Und Josephs Deutung wirken auf den
heutigen Leser fast sarkastisch: drei Körbe sind drei Tage. In drei Tagen wird
Pharao auch dein Haupt „erheben", sprich der Kopf wird zum Knotenpunkt seines
Todes. Nach der Hinrichtung wird sein Körper aufgehängt nach alter
orientalischer Sitte zur Abschreckung. Für jedermann sichtbar und ein Fraß für
die Geier. Somit der Bäcker, der Ware schuf, um andere zu verköstigen, nun
selbst zum Gegenstand des Gefressenwerdens.
Die Träume
kamen von Gott. Die Interpretation ebenso. Joseph beansprucht nicht von sich,
eine Art Seher zu sein. Er weiß, dass die Erklärung von dem Gott Israels stammt
und scheint mir gewiss, dass Gott ihm einen Lichtblick der Hoffnung vermittelt.
Wie Joseph es
gedeutet hat, so trat es ein. Pharao veranstaltete in den kommenden drei Tagen
seinen Geburtstag, erhob beider Häupter, das eine, um wieder in den Dienst
gestellt zu werden, das andere, um die Strafe entgegen zu nehmen. Das Kapitel
endet mit dem traurigen Hinweis, dass der Mundschenk in seinem Glück den armen
Joseph schlichtweg vergass.
Weiterführende
Gedanken:
Für die
Stunde oder den Hauskreis könnte man dem Gedanken nachgehen, welcher Art und
Weise sich Gott bedient, um an Joseph zu handeln. Wieviele waren später
unschuldig im Gefängnis. Ich denke an Petrus und Paulus, die Engel machtvoll und
mit Getöse befreit haben. Bei Joseph handelt Gott ganz sanft, verborgen und
stets im Zusammenspiel mit Heiden. Die ägyptischen Menschen werden zu
Instrumenten in Gottes weiser Hand. Ihr Weg und auch ihre Schuld kreuzt den Weg
Josephs und dieser schaut still aus auf Rettung. So handelt Gott nie, dass man
sagen könnte: so ist es immer. Hier sind die Regeln. Gott bleibt souverän.
Ein zweiter
Gedanke, der Aufmerksamkeit wert, wäre das Verhalten Josephs. Ihm widerfährt
ständig Unrecht. Wie reagiert er? Er tut sein Bestes. Nachwievor. Er immigriert
oder kündigt nicht innerlich. Er tut sein Bestes, wo immer er ist, welche
Aufgabe er auch hat. Aber er begibt sich auch nicht in eine Schicksalshaltung.
Das sind nunmal Gottes Wege, ich muss sie ertragen. Er nennt das Unrecht beim
Namen und feinfühlig erwähnt er sein Anliegen bei passender Stelle.