Predigt über 1Mose 2, 4b-15: Thema: Christ und Umwelt - Ein Widerspruch?

gehalten im „Gottesdienst anders" am Sonntag, den 08.09.02 in Steinach und im normalen Gottesdienst in Hößlinswart


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Einleitung:

Eden - im hebräischen Grundtext bedeutet dieses Wort: „Wonne"! In der griechischen Übersetzung des AT heißt es „Paradies". Ein Ort, indem sprichwörtlich „paradiesische Zustände" herrschen. In diesem Ort wachsen Planzen in Hülle und Fülle. Man mag sich gar nicht satt sehen an der herrlichen Blütenpracht exotischer Blumen. Oder das für die menschliche Psyche so beruhigende Grün kühler Wälder, das herrliche Beige weit geschwungender Strände und das marine Blau des heranspülenden Meeres. Wie herrlich auch das tiefe Grün einsamer Seen, wie erfrischend das sprudelnde Geräusch von Bächen und Flüssen. Inmitten dieser Fauna und Flora wuseln, krabbeln, pirschen, fliegen, schwimmen ungezählte Tierarten. Auch sie entbehren nichts von der Farbenpracht und fügen sich ein in das Geheimnis von EDEN. Nicht nur die Bibel spricht von diesem Ort. Die iranisch-indogerma-nische Mythologie kennt einen Strom, der, vom Weltenberg kommend, durch das Paradies fließt und sich dann in alle Himmelsrichtungen verzweigt. In jener Vorstellung lag Eden an der Mündung von Euphrat und Tigris. Auch die arabische Mythologie spricht seit Urzeiten von diesem Ort. Eden - Wonne.

Hauptteil:

Noch nicht...

So schön wir uns den Urzustand der fruchtbaren Urweld vorstellen mögen, über allem schwebt das dreimalige „noch nicht!" Die schöne, neue Welt scheint in ihrer Pracht und Schönheit dennoch eigenartig allein zu sein. Wie eine Frau, die sich schön macht für niemanden, wie eine Blume, die in ihrer Schönheit die Insekten nicht anzieht, wie ein Bild, das in seiner Pracht den Betrachter nicht verzückt, wie ein Schauspieler, der vor leeren Rängen spielt, wie ein Fels ohne Bildhauer, wie ein Garten ohne Gärtner. Es gab noch kein wild wachsenden Feldpflanzen, es gab noch keine Kulturpflanzen - also weder Obst noch Gemüse, weder Kornfelder noch Ackerfrüchte. Es gab noch keinen Regen und es gab noch nicht den „Menschen!" Hier, in diesem leichten Erzählfluss wird ganz z art hervorgehoben, dass alles Sein, alle Pracht, alle Schönheit das Gegenüber braucht. Der Regen kommt von oben, vom himmlischen Gärtner, von Gott. Was er schenkt und was er läßt, besteht oder verdirbt. Alles ist auf Gott bezogen. Alles preist seinen Namen und den Namen seines Sohnes Jesus Christus. Zu diesem Gegenüber von oben schafft Gott sich selbst ein Gegenüber, einen Repräsentanten. In dieses komplizierte Geflecht botanischer, organischer und anorganischer Abhängigkeiten, inmitten von unvorstellbaren kosmischen und zeitlichen Größen und Räumen, inmitten des gandiös ineinander gefügten Teppich des Lebens holt der Schöpfer aus und erschafft den Menschen. Nur von ihm heißt es, dass Gott ihm gleich einem Ertrinkenden seinen Atem einhauchte. Nur von ihm heißt es, dass er die Krone der Schöpfung sei und auch nur von ihm heißt es, dass er aus dem niedrigsten, was die Materie aufzubieten hat, geschaffen wurde: aus vergänglichem Staub.

Bebauen und bewahren...

In der Antike stellte man gerne Standbilder von Königen auf. Sie hatten den Sinn, die Allgegenwart des jeweiligen Herrschers auch in der entlegensten Provinz zu repräsentieren. Genau diesen Gedanken verfolgt der hebräische Ausdruck vom „Ebenblild" Gottes. Der Mensch repräsentiert Gott auf Erden. Er selbst ist nicht Gott, er repräsentiert ihn. Er ist Statthalter der bewohnten Erde und Gott Rechenschaft schuldig. Dieser Stellvertreter wird von Gott in den Garten gesetzt und hat eine urprüngliche, alle Zeiten überdauernde Berufung und Aufgabe: die Welt „zu bebauen und zu bewahren!" Der hebräische Ausdruck „hineinsetzen" kann auch bedeuten: in dieser Schöpfung zur Ruhe kommen! Diese Schöpfung gehört zum Menschen, sie ist da, um ihn zu erfreuen.

Die Schöpfung dient dem Menschen zur Wonne! Sie bringt ihn zur Ruhe. Das hebräische Wort für bebauen meint nicht allein die Landwirtschaft, sondern jede Form von Arbeit. Die Arbeit gehört von Anbeginn als fester Bestandteil zum Leben, zum Menschsein. Wer s chon einmal arbeitslos war, weiß, was das für die menschliche Psyche bedeuten kann. Die Arbeit ist nicht zum Geldverdienen da, sondern ist für den Menschen gemacht. Der berühmte Theologe Westermann sagt: „Ein Leben ohne Arbeit ist kein menschenwürdiges Das ein!" Und der dritte hebräische Ausdruck „bewahren" meint eindeutig: dass der Mensch die Erde voll funktionsfähig erhalten soll. Die beiden Verben bebauen und bewahren meint, dass die Erde Gott gehört und der Mensch als eine Art Mitarbeiter diese Erde im d em nötigen Respekt behandeln, bearbeiten und pflegen soll.

Nötige Konsequenz

Was ist aus Eden geworden? Was aus der bebauten und bewahrten Erde? Das weltweit agierende, kompetente Geomagazin National Geographic gibt in ihrer brandaktuellen Ausgabe einen kleinen Einblick dessen, was besonders unsere Kinder erwartet: Menschen haben au s riesigen Urwäldern Grasland, Viehweiden, Baumplantagen und Städte gemacht. Als Folge geschädigter Böden ist der globale Ernteertrag seit dem 2.Weltkrieg um 13 Prozent gesunken. Der Bodenkundler Hari Eswaran bezeichnet dies als die Wurzel dessen, dass die Entwicklungsländer sozioökonomische Probleme nicht in den Griff bekommen. 40 Prozent aller Energie wird von Öl abgedeckt. Zweidrittel davon gewinnt man vom persischen Golf. Alternativen gäbe es, doch bleiben sie aus Machtpolitik ungenutzt. Ein Großteil de r Erde ist von Abholzung, Wilderei und Bergbau bedroht. Die Wälder, von denen die Schöpfung in vielen Begriffen spricht, sind die grüne Lunge unseres Planeten, weil sie große Mengen an Kohlendioxid binden und Sauerstoff abgeben. In den letzten 400 Jahren s ind mehr als die Hälfte aller Wälder zerstört worden!! Unser Energiebedarf an fossilen Brennstoffen hat sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt und macht 80 Prozent der Kohlendioxidemissionen aus. Hinzu kommt, dass die Erde sich erwärmt. Bis zum Jahre 205 0 dürfte sich die Kohlendioxidatmosphäre verdoppelt haben. Mit der Erwärmung schmelzen die Polkappen, der komplizierte Kreislauf des Lebens kommt ins Wanken, wie nie zuvor. Wer hier sagt, das gab`s schon früher, der irrt.

Was aber lösen diese Zahlen und Fakten in mir aus? Was löst es in mir als Christ aus, wenn ich darin geprägt wurde, dass Arbeit zum Geldverdienen und damit zur Erfüllung meiner Wünsche gehört? Was löst es in mir aus, wenn ich in einer Zeit aufgewachsen bin , in der die Bewegung sich auf den Sport konzentriert, statt sie besser in den Alltag zu integrieren. Es ist doch eigenartig, dass wir auf vier Rädern zum Gottesdienst fahren und danach die Jogging-Schuhe anziehen, um im Wald zu laufen? Christ und Umwelt - ein Widerspruch? Was mache ich, wenn ich als Christ geprägt bin von einem geistlichen Denken, dass betont, dass eh alles einmal zerstört wird?

Schluss

Mein Schwiegervater hat Hühner. Als ich sie füttern wollte, sagte er zu mir, ich müsse mit ihnen reden. Das tat ich und es dauerte nicht lange, da pickten sie mir aus der Hand und hatten großes Zutrauen. Meine Frau meint, dass man Pflanzen liebevoll behandeln solle, manche reden sogar mit ihnen. Die Schöpfung ist auf den Menschen in geheimnisvoller Weise bezogen. Sie ist für den Menschen und gerade für denjenigen, der ihren Schöpfer kennt, Eden - Wonne. Wir sind als Christen nicht beauftragt, uns für die letzten Brutplätze der Mönchskopftaube einzusetzen - Einzelne mögen von Gott durchaus den Auftrag bekommen - aber wir sollen diese Erde bewahren. Wir sollen Respekt vor ihr haben und sie als etwas behandeln, das nicht uns gehört. Christsein und Umwelt - ein Widerspruch? Der Mensch verhält sich zur Umwelt im Widerspruch und muss die Folgen ertragen. Doch der Christ, wenn er seinen Schöpfer recht begreift, darf nicht im Widerspruch zur Umwelt leben. (Bild:Firma)Was das für meinen Energieverbrauch heißt, was das für meine zwei oder drei Autos heißt, was das für meine Art des Müllvermehrung heißt, was das für mein Verhältnis zu Arbeit und Spasskultur heißt, muss jeder Christ aus seiner Beziehung zum Schöpfer klären. Aber wenn es dem Christen gelingt, seinen Auftra g neu zu verstehen, dann wird für ihn die Natur zu Eden - zur Wonne. Die Zerstörung der Erde ist Gottes Sache, ihre Bewahrung mein Auftrag.

Mit dem Bild der Firma sagte ich, dass ein Mitarbeiter nicht verantwortlich ist für den Niedergang seiner Firma, aber er hat bis zuletzt treu seine Arbeit zu tun. So ist es mit der Schöpfung. Die Zerstörung der Erde ist Gottes Sache, ihre Bewahrung die meine.