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Grundwort: Erwählung anhand von 1.Thess 1. 4-10

A. Eigene Übersetzung aus dem griech. Grundtext (V.1-10):

1: Paulus und Silvanus und Timotheus - an die Gemeinde in Thessalonich - in Gott, dem Vater und dem Herrn Jesus Christus: Gnade euch und Friede.

2: Wir danken Gott allezeit für jeden von euch, wenn wir in unseren Gebeten unaufhörlich an euch denken.

3: Wir erinnern uns an eure Arbeit im Glauben, an euren Einsatz in der Liebe (agapä)und euer Aushalten in der Hoffnung unseres Herrn Jesus Christus, der vor Gott steht, unsrerm Vater.

4: Wir wissen, Brüder, dass ihr von Gott Geliebte seid, seine Erwählten seid ihr.

5: denn die gute Botschaft von uns kam nicht zu euch in Worten allein, sondern auch in Kraft (dynamis) und im Heiligen Geist und großer Gewissheit; ihr wißt, wie wir unter euch gelebt haben.

6: Und ihr seid unsere Nachahmer (mimätei-Mimik) geworden und die des Herrn; trotz großen Leiderfahrungen ihr habt das Wort aufgenommen in der Freude des Heiligen Geistes.

7: Und so seid ihr zum Vorbild (tüpon - Typ, Prototyp) geworden für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja,

8: denn euer Glaube in Gott ist überall bekannt geworden, so dass ich es nicht nötig habe, noch ein Wort darüber zu sagen.

9: Denn sie (christlichen, mazed. Gemeinden) selbst verkünden uns, welche Aufnahme wir bei euch erfahren haben, und wie ihr euch Gott zugewandt (und abgewandt) habt von den Götzen, um dem lebendigen und wahrhaftigen Gott zu dienen.

10: in Erwartung seines (Gottes) Sohnes aus den Himmeln, den er von den Toten auferweckt hat: Jesus, der uns vor dem zukünftigen Zorn erretten wird.

B: zum Stichwort: Erwählung (V.4)

Paulus setzt in den ersten Versen ein solides Fundament für die Christen in Thessalonich, denn nicht alles gefällt ihm, was in der Gemeinde vor sich geht. Aber zuerst führt er viel Lob an und ermutigt mit der „Trias des Glaubens" (Arbeit im Glauben/Einsatz in der Liebe/Geduld in der Hoffnung), in dieser eingeschlagenen Spur zu bleiben.

Fast nebenbei erwähnt er folgenden Satz: „tän eklogän hümon": ihr seid erwählt/Erwählte seid ihr. Was meint nun „erwählt" sein im griech.biblischen Sprachgebrauch?

Das Substantiv „Erwählte" kommt im NT 7 mal vor. Allein Paulus gebraucht das Wort 5 mal. Als Verb (erwählen, erwählt sein) kommt es im NT 22 mal vor. Paulus gebraucht das Verb nur vier mal, am meisten Lukas. Im Profangriechischem Gebrauch wurde das Wort „eklegomai" im militärischen wie im politischen Sprachgebrauch angewandt. Jedesmal bedeutete es, aus einer großen Personengruppe bestimmte Leute herauszunehmen/auszuwählen. Im der Politik wurde das Wort auch gebraucht, wenn ein Mensch für ein Staatsamt „gewählt" wurde. Das AT, dass es auch in der griech. Übersetzung gibt (Septuaginta), übersetzt das hebr.Verb „bachar", sowie auch das seltene Wort „barar" (Aussonderung von Priestern) mit dem griech.Wort eklegomai.

Im AT gibt es verschiedenen Situationen, wo das Wort der Erwählung verwandt wird:

Erwählen tut Gott. Gott erwählt Orte und Menschen mit dem Ziel, dass alles dazu dient, dass sein Name geehrt wird. Somit gehört die Erwählung unlösbar zusammen mit der Erkenntnis und Annahme, dass er der Herr ist, dass Gott heilig ist und ihm die Anbetung, der Gehorsam und alle Liebe gebührt und gehört.

Gott erwählt Menschen, damit diese ihn erwählen. Gottes Liebe erwählt Menschen, damit diese seine Liebe erwiedern und ihm dienen. Im AT hat Gott ein Volk sich aus allen Völkern erwählt, damit es heilig sei. Damit es Gott lieben soll und ihm dienen (10 Gebote) und damit ihr Vorbild den Völkern zum Heil wird (typos).

Wie das Volk Israel erwählt wurde, so ist auch die christliche Gemeinde ohne die Erwählung Gottes mit den gleichen Zielen und Inhalten nicht denkbar. Ohne Erwählung, keine Gemeinde Jesu. Gott hat erwählt. Gott erwählt nicht nach Leistung, menschlichem Zutun oder irgend etwas, was der Mensch hätte Gott zuvor erbringen können. Gott wählt aus seinem Ratschluß, aus seinem Willen und aus seiner Gnade. Für Christen war dieses Wissen stets von großer Bedeutung in Zeiten der Anfechtung. Nicht meine Leistung, nicht meine Kraft, nicht mein Leben stützt, fördert, erhält die Erwählung. Gottes Ratschluss ist es.

C: Der Gebrauch des Wortes bei Paulus im Kontext des 1.Kapitels

Paulus geht es bei seiner Zuspruch, dass Gott die Christen in Thessalonich erwählt habe nicht um eine grundsätzlich Diskussion, ob der Christ schon immer erwählt sei und andere nicht mehr zum Glauben kommen könnten (Doppelte Prädestination), sondern es geht ihm um Ermutigung. Gott hat die Christen ewählt. Zu was?

1. Zu Werken im Glauben (ergou täs pisteos)

Ergon meint im NT die Tat, die Handlung im Gegensatz zum untätig sein oder zum blossen Wort. Ergon meint: den Worten müssen Taten folgen. Wort und Tat müssen eine Einheit bilden. Schon bei den Griechen galt der Sinn: Die Schaffenden sind den Göttern lieber als die Faulen. Das Wort ergon fächert sich auf in:

a: der Bewältigung einer Aufgabe, die Gott den Menschen gegeben hat (Gen 2,15)

b: in der Arbeit, der Mühe, die durch den Sündenfall der Arbeit anhaftet (Gen 3,17)

c: schlechtem, bösen Handeln des Menschen (Hi 11,11)

Im Spätjudentum waren die Werke im Glauben vor allen die Gesetzeswerke, die Paulus (mit dem Ziel, damit Gott gefallen zu können) ablehnt. Und doch spricht Paulus vom „Werk des Herrn (Mission)" (1Kor 16,10). In Gal 6,10 sagt Paulus bezüglich der Ethik, dass jeder gute Werke an jedermann tun soll (sich umeinander kümmern!), Werke gelten als Qualifikation für ein Amt (1Tim 5,10), als Aufgabe der Reichen (1Tim 6,18) und als Aufgabe christlicher Leiter (Tit 2,7). Schlechte Werke kennzeichnen die Irrlehrer (Tit 3,16). „Pistis", was mit Glaube übersetzt wird, meint in erster Linie das persönliche Verhältnis, dass der Christ zu Jesus hat und aus dem er „seine Werke" tut. Wir sind also erwählt, in Gott gute Werke zu tun, wissend, dass die Werke nicht retten.

2. Arbeit in der Liebe (kopou täs agapäs)

Kopos wird im profangriechischen für Wehklagen benutzt, aber allgemeiner für Müdigkeit, Zerschlagenheit. Das Wort Kopos (Arbeit) meint aber auch alles, was zur Müdigkeit führt, was matt und ausgelaugt macht. Kopos ist ein Ausdruck für den Lebenspessimismus, einer Art Resignation, wie sie Juden im Spätjudentum erfaßte. Dieser Gedanke schwingt mit, wenn Paulus diesen Begriff auch für seine Arbeit in der Liebe gebraucht. Er benutzt dieses Wort im Bezug auf die alltägliche Arbeit, für seine Missionstätigkeit und überhaupt die Arbeit im Reich Gottes ist oft mit Mühe und Müdigkeit verbunden (1Thess 2,9; 5,12). So ist die tägliche Arbeit in Gottes Weingarten zum einen drückende Last (2Kor 6,5), begleitet von der Gefahr der Erfolgslosigkeit (Gal 4,11), andererseits auch Grund großer Freude (1Kor 15,10).

Wer aus der „Gottesliebe" lebt, arbeitet bis zum Rand der Erschöpfung. Das meint dieses Wort. Es verschönt nicht, dass die Arbeit im Herrn oft ohne sichtbare Frucht ist. Dazu sind wir auch nicht erwählt. Wir sind erwählt, aus der Liebe Gottes heraus uns für ihn einzusetzen. Mit oder ohne Erfolg erweist sich die Liebe als unermüdlich.

3. Geduld in der Hoffnung (hüpomonä täs elpidos)

Im Profangriech. meint hüpomonä Standfestigkeit und starkes Ausharren. Bei Plato galt die Geduld zu den hohen Mannestugenden. Wenn im AT Worte wie „harren, warten und hoffen" stehen, so werden in der Septuaginta diese Worte stets mit hüpomonä übersetzt. Gemeint ist das unbeirrbare Festhalten an Gottes Verheißungen. Die wirkliche Gefahr für den Glauben ist das Aufgeben vor dem Ziel (Hebr 10,39). Der Christ hält an Gottes Verheißungen fest, er weiß, dass der Herr wiederkommt und dem ganzen ein Ende setzen wird. Wörtlich meint nun hüpo (unter) monä (bleiben): drunter bleiben. Nämlich unter Gottes Zusagen.

Abschließend ist zu sagen:

Im Kontext von 1Thess 1 geht es nicht um die Diskussion um eine göttliche Prädestination. Paulus gebraucht dieses Wort der Erwählung, um den Christen in ihren Anfechtungen, ihrer täglichen Mühe und Kraftaufwendung Mut zu machen. Christen sind erwählt, nicht um Ruhm und Ehre zu bekommen, nicht um sich selbst zu verwirklichen, sondern um Gott zu ehren. Ehren tun Gott nicht die Ergebnisse, denn die hat er vollbracht. Ehren tut Gott, wenn der Glaube des Christen tätig wird in der Liebe zu den Mitmenschen, im Umgang mit Geld, in der Gemeinde, in der Mission etc. Christen sind dazu erwählt. Die Erwählung schließt mit ein, dass die Arbeit auch oft frustrierend ist. Frustrierend ist es aber oft nur, wenn wir auf Ergebnisse schielen. Gott hat uns erwählt, damit wir jetzt schon ein Volk sind, das seinen Willen tut. Es geht also letztendlich um den Gehorsam Gott gegenüber in diesem Abschnitt.